Grizzly
Wir wollten keine komplizierte Diplomarbeit schreiben

Interview

GRIZZLY heißen sie. Aus Karlsruhe kommen sie. Heavy Pop Punk machen sie. Mit ihrem Stil oder auch ihrem selbsterfundenen Genre haben sie offensichtlich einen kleinen Volltreffer gelandet. Ihr Album „Polaroids“ verbuchte einen Chart-Entry direkt auf Platz 51 in der ersten Woche. Da kann man sich schon etwas mehr freuen.  Wir haben uns Dominik, den Bassisten der Bärenbrüder, geschnappt, einfach mal bei ihm durchgeklingelt und nachgefragt, wie die aktuelle Laune so ist. Das Ergebnis: Ein Gespräch über Pläne, Ziele, kostenloses Bier, spurlos verschwundene Frontmänner und die Bosse im Wald. Die Tatsache, dass es sich für Fans der Band lohnen könnte, bis zum Ende des Interviews zu lesen, sei hier mal nur am Rande dezent gespoilert.

Auf geht’s (an dieser Stelle bitte Telefon-Durchwahl-Geräusch einfügen).

Hey. Wo habe ich dich denn gerade erwischt?

Hey. Hallo. Ich stecke gerade noch im Probenraum.

Du hattest kürzlich erst Geburtstag, also nachträglich noch alles Gute. Hast du denn ordentlich feiern können und habt ihr es ein bisschen krachen lassen?

Das haben wir. In der Tat (lacht). Nein, war echt gut.

Fantastisch, dann lass uns doch jetzt etwas über eure Platte sprechen. „Polaroids“ ist draußen und macht sich sehr gut. In den Charts auf Platz 51 eingestiegen. Wie geht es euch damit? Wie fühlt sich das an?

Also natürlich haben wir damit überhaupt nicht gerechnet. Überhaupt, dass das so funktioniert. Das Musik, wie unsere, in den Charts funktioniert. Da steckte auch wirklich kein großartiger Plan dahinter. Dennoch sind wir sehr froh darüber, dass es passiert ist. Es ist für uns irre aufregend, weil ja niemand vorher von uns musikalisch auch nur irgendetwas mit den Charts zu tun hatte. Obwohl jeder einzelne von uns schon Ewigkeiten Musik macht. Ja, alles extrem aufregend gerade.  Vor allem zusehen, was durch den Chartseinstieg jetzt alles passiert. Das macht gerade unheimlich Spaß.  Um ehrlich zu sein, kommen jetzt natürlich schönere und größere Bookinganfragen ins Haus. Wir haben mit dem Einstieg in die Charts so ein kleines Aufsehen erregt bei Veranstaltern. Da rieseln jetzt schöne Festivals ins Haus. Wir haben jetzt auch noch drei neue Videos abgedreht, das vierte Video ist in der Planung. Man merkt auch irgendwie von allen Seiten, dass man mehr an uns glaubt.  Alles durchweg positiv das Ganze.

 

Wie ist denn „Polaroids“ entstanden? Wie muss ich mir das bei euch vorstellen?

Oh, ich muss zugeben, der Entstehungsprozess war extrem aufregend, extrem gestresst. Sehr extrem einfach. Dadurch, das wir wenig Zeit hatten. Für die Produktionsphase hatten wir nur einen kleineren Zeitraum zu Verfügung. Das kam daher, weil wir im Sommer letzten Jahres unheimlich viele Konzerte gespielt hatten und im Herbst direkt wieder auf Tour gegangen sind. So mussten wir diesen kleinen Slot zwischen Sommer und Herbst für das Schreiben von Songtexten, Aufnehmen etc. verwenden. Dieses kleine Zeitfenster hat es stressig gemacht. Das hat uns z.B. auch gezwungen, in mehreren Studios aufzunehmen. Nicht, weil wir total toll sind (lacht) oder weil wir soviel Geld haben. Nein, es war einfach nur so logistisch möglich. Der eine hat in Berlin aufgenommen, der andere in Bruchsal usw. Etwas chaotisch und ein Stressfaktor, dass auch alle Deadlines eingehalten werden und alle Abläufe ineinandergreifen.

Wie läuft das Songwriting bei euch? Gibt es einen der auserkoren wurde und sich komplett tagebuchtechnisch austobt?

Ha, nein, Songs entstehen bei uns grundsätzlich immer zusammen. Es gibt keine Songs, die jemand komplett alleine schon fertig mitbringt. Im Alleingang passiert es dann höchstens, dass jemand einen Text im Kopf hat oder geschrieben hat. Aber dann setzten wir uns alle zusammen daran und tüfteln, bis er vollständig und fertig ist. Grundideen kommen von einem einzelnen, das Ergebnis aber dann letztendlich von uns allen.

Wenn wir schon gerade beim Entstehungsprozess sind. Warum der Name „Polaroids“? 

(Lacht) Es hat tatsächlich einen Hintergrund. Der Name ist nicht aus dem Nichts entstanden. Es hängt so ein bisschen mit unserer ersten Platte „Kidlife Crisis“ zusammen. Wir sind alle in einem Alter, wo man sich Gedanken darüber macht, ob alles so richtig ist, wie man es macht, ob die Werte, die man pflegt, die richtigen sind. Das haben wir so ein bisschen in „Kidlife Crisis“ thematisiert und ich meine, dass all die Zwiespalte und Ungewissheiten in der Zeit nach „Kidlife Crisis“ irgendwie geordnet und glattgebügelt wurden. In „Polaroids“ verarbeiten wir einfach, was in den letzten Wochen/ Monaten so passiert ist. Klingt zwar plump, ist aber so. Das beschreibt es mit dem Albumtitel sehr gut. Die Songs sind wie einzelne Bilder der letzten Jahre zu verstehen. „Polaroids“ ist kein Konzeptalbum, die Tracks haben nicht unbedingt etwas miteinander zu tun, sondern sind einzelne Bilder der Vergangenheit. Man muss sie als einzelne Werke sehen.

Und in frühester Vergangenheit gab es eine kleine, eigene Clubtour. Bisher alles super gelaufen? Seid ihr zufrieden?

Ja das war echt ziemlich cool. Die Tour läuft offiziell noch bis Mitte März 2018. Der erste Tourblock, neun Shows, lief komprimiert. Jetzt spielen wir, mit Pausen zwischendrin, an den Wochenenden noch Gigs.  Das Gefühl ist schon irre krass, weil es die erste Headliner-Tour ist. Man hat so ein bisschen das Gastgebergefühl. Alle Leute, die kommen, sind wegen dir da und wenn sie keinen Spaß haben, bist du Schuld. Und bisher ist alles auch gut gelaufen. So ganz schlimme Sachen sind nicht passiert (lacht).

Keine Aussetzer, keine Patzer?

Ja..hahaha…Was mir jetzt aber einfällt, ist eher etwas Lustiges. Und zwar bei einer Show in München zusammen mit den EMIL BULLS. Es war eine lange Nacht und dann der nächste Morgen: wir wachen in der Bandwohnung auf und stellen fest: Scheiße, einer von uns fehlt. Wir haben keine Ahnung wo er ist, dafür liegt aber jemand anderes, ungeplanterweise im Zimmer. Und dieser Jemand hat dann über Umwege herausbekommen, wo unser fehlender Mann steckt. Und zwar, ist der beim Christoph, beim Sänger von den EMIL BULLS, im Wohnzimmer aufgewacht. Das haben wir über drei Umwege erfahren und sind dann nach der Abschiedsshow unserer ersten, großen Tour als Support mit hängenden Köpfen morgens zum Sänger des Headliners gefahren und haben da dann unseren Frontman abgeholt. Christoph von den EMIL BULLS meinte noch so: „Echt geil. Ihr habt ne Moral. Bei uns in der Band hätten wir die Person liegen lassen.“ Das war eine geile Nummer.

Also passt ihr immer schön aufeinander auf?

Ganz genau. Aber ansonsten lief die Tour bisher echt schön, also die eigene. Die Shows waren bisher immer gut besucht, also kein Reinfall, was wir erst dachten und befürchtet hatten. Aber so hatten wir bisher ganz viele tolle Momente,weil das auch alles für uns neu war. Das geht über den direkten Kontakt zum Merchandise, bis hin zu, wie es ist neun Gigs am Stück zu machen und körperlich dann irgendwann am Ende zu sein. Alles ganz neu. Wir haben auch von allen Seiten unheimlich viel Support bekommen. Das ist gerade echt spannend alles. Und wir sind mega gespannt darauf, wie es, nachdem sich der Release-Hype gelegt hat, in den nächsten Monaten weitergeht. Alles was mehr wird ist super, alles was weniger wird, müssen wir akzeptieren.

Euer Sound ist keine schwere Kost. Ihr nennt es „Heavy Pop Punk“. Habt ihr euch den Sound gesucht oder hat er euch gefunden?

Also es ist definitiv so, dass unser Sound ein Zufallsprodukt ist. Das ist aber auch relativ selbst erklärend.Wir sind halt alle gute Kumpels, und jeder macht einfach das, was er am Besten kann.Wir haben einen Shouter auf der Bühne, der auch rappt. Wir haben jemanden, der total nach Thrash Metal aussieht, aber total clean singt. So gesehen, haben wir uns gefunden und haben einfach mal losgelegt. Das hat sich dann einfach so ergeben. Für uns war einfach nur klar, wir machen keinen Metalcore oder Pop-Rock. Wir stehen auf Sing-Alongs, wir stehen darauf, dass man sich an die Songtexte erinnert, wir stehen darauf, dass man in der Bahn oder im Auto sitzt und den Song im Kopf hat. Wir wollen etwas schreiben, wo die Leute danach grinsen und den Song singen. Wir haben nicht den großen, musikalischen Anspruch (lacht), so weh es mir auch tut, das zu sagen, aber wir wollen auch keine komplizierte Diplomarbeit schreiben.

Im Track „Parent’s Nightmare“ geht es um ein „Zwei-Klassen-Ding“. Erinnert mich etwas an AVRIL LAVIGNEs „Skaterboy“.

Jaaa…Das finde ich super.  Deinen Vergleich finde ich echt klasse. „Skaterboy“ ist ein super Song und die Frau verdient heute noch ihr Geld damit. Jeder kennt den (lacht).

Seid ihr denn Parent’s Nightmare oder eher das Gegenteil?

Hmmm….wenn überhaupt, sind wir glaube ich „Schafe im Wolfspelz“.  Wir sind grundsätzlich liebe Menschen. Der Track spielt nicht direkt etwas aus unserem Leben wieder. Eher so ein Erfahrungsbrei. Da spielen so Situationen mit rein wie: wenn ich als Metaller, und wie ich nun mal aussehe, in ein schickes Autohaus gehe, und sage: „Ich möchte mir dieses teure Auto kaufen“, dann wird man weniger Ernst genommen. Obwohl die Leute gar nicht wissen, ob man das Geld hat oder nicht. Und es gibt sicher den ein oder anderen, der unsere Musik hört, dem es vielleicht ähnlich geht, wie in „Parent’s Nightmare“.

In „Til Sunrise“ geht es dafür darum, welche Geschichten man erzählen kann, wenn man alt und grau ist. Hast du jetzt schon eine Story parat, die du deinen Enkelkindern erzählen würdest?

Oh. Das ist eine schwierige Frage. Letztendlich ist es glaub ich aber immer eine tolle Geschichte zu erzählen, dass wir alle mit Ende zwanzig, Anfang dreißig noch total viel Bock darauf hatten, mit einem vollgepackten, stinkigen Bus irgendwo hinzufahren, auf dem Küchenboden zu pennen, während andere sich überlegen, wieviel Geld sie noch in Bitcoins investieren. Oder, ah, jetzt wo ich im Probenraum stehe, fällt es mir ein: Wir haben seit kurzem einen fantastischen Sponsor: BITBURGER. Für uns ist das ein Olymp, diesen Partner erreicht zu haben. Wir müssen nämlich, solange der Vertrag mit Bitburger läuft, nie wieder für Bier zahlen (lacht). Das wäre eine Geschichte, die ich meinen Kindern erzählen würde. Das ich es erreicht habe, in meinen Zwanzigern jahrelang nicht für Bier zahlen zu müssen. Ich finde das total super.

Ich habe übrigens gelesen, dass ihr euch „GRIZZLY“ nennt, weil der Grizzlybär der Boss des Waldes ist.

Tatsache. Ist wirklich auch der einzige Grund.

Ok, Boss des Waldes. Wann hast du selber zuletzt Stress mit sogenannten Bossen oder Menschen, die sich für wichtig hielten, gehabt?

So generell, das Finanzamt (lacht). Nicht das da was falsch laufen würde. Nein, ich muss da nur leider fürs Finanzamt Dinge tun, auf die ich keine Lust habe. Dieser ganze Behördenkram halt. Der Samu, unser Schlagzeuger und ich, wir haben das Glück, dass wir selbständig sind. Und so haben wir keine direkten Bosse, die uns im Nacken sitzen. Klar, muss auch ich Deadlines, Termine o.ä. einhalten. Aber mich nervt halt kein direkter Chef.

Was sind denn eure nächsten Pläne und Ziele?

Geplant sind erstmal ein Haufen Shows, auch im Sommer. Unser Ziel ist es, dass wir bei den ganzen Shows auch noch nen Haufen Spaß haben, dass den Leuten tatsächlich auch unsere Show gefällt und wir dann im Herbst nochmal auf Tour gehen können. Vielleicht auch wieder zusammen mit einer größeren Band, als Support. Ich glaube, das wäre dann ein schöner Abschluss.

So, das wars: Du hast noch die Chance letzte Sätze loszuwerden.

Hm ok. Warte, ich habe eine gute Idee. Jeder der Leser, der eine von unseren „Polaroids“-Deluxe-Boxen gekauft hat und mit der nur in der Box befindlichen Snapback auf eine unserer Shows kommt, und darauf verweist, dass er auf diese Show gekommen ist, weil er das metal.de-Interview gelesen hat,  der  bekommt von uns noch etwas vom Merchandising obendrauf.

Eine zauberhafte Idee. Danke für deine Zeit.

Ich danke dir. Machs gut.

Danke für das Interview.

So, wer also jetzt total neugierig geworden ist auf Heavy Pop Punk, und die Bosse des Waldes mal live probieren möchte, oder einfach nur Bock hat sein Merchandise upzugraden: immer Feuer frei. Die Gigliste wächst stetig. Wir haben hier schon mal einiges an Daten zusammengetragen.

Shit, veraltete Infos!Die Tourdaten, die hier einmal standen, sind veraltet. Hier findest Du aktuelle Tour- und Konzertdaten.

 

Quelle: Dominik Würth / Grizzly
11.02.2018

It`s all about the he said, she said bullshit.

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