Grendel's Sÿster
Wie in einem Zauberwald jenseits von Raum und Zeit, voll mit seltsamen Pflanzen und Tieren
Interview
GRENDEL’S SŸSTER haben gerade ihr Debütalbum „Katabasis Into The Abaton / Abstieg in die Traumkammer“ veröffentlicht, dass neben einer stilistischen Vielfalt auch mit Zweisprachigkeit aufwartet. Was dahintersteckt, klärten wir im Interview mit Gitarrist Tobi.
GRENDEL’S SŸSTER lautet der Name eurer Band. Handelt es sich bei Grendel um den Unhold aus dem Beowulf Epos und in diesem Fall dann um seine Schwester? Wie seid ihr auf den Bandnamen gekommen und welche Bedeutung steckt dahinter?
Genauso ist es. Der ganze „Beowulf“ ist offensichtlich total Metal. Und Caro gibt mit den Qualitäten ihres Gesangs sozusagen der im Versepos ungenannten Schwester des Monsters Gestalt. Abgesehen davon: Es ist ja generell heutzutage kaum noch möglich, einen neuen Bandnamen zu finden, ohne irgendwelche Symbole oder Sonderzeichen einzufügen. Da muss man etwas verwegener werden.
Welche musikalischen Erfahrungen und Erlebnisse konntet ihr vor GRENDEL’S SŸSTER machen und welche haben euch zur Gründung getrieben?
Till (Schlagzeuger, Anmerk. d. Verf.) hat bei THE DALLAS HANGOVER Hardcore gespielt, Caro hat von Rock-Covern bis Klassik musikalisch alles Mögliche und Unmögliche gemacht, ich war trotz eindeutiger Metal-Sozialisierung lange live im Folkbereich unterwegs, Simon (Bassist, Anmerk. d. Verf.) hat sich mit Elektro-Zeug im stillen Kämmerlein abreagiert. Das klingt nach einer wilden Mischung, aber unsere gemeinsamen Favoriten sind dann doch Sachen wie QUEEN oder IRON MAIDEN. Ich hatte immer einen stillen Metal-Traum, hatte aber nie die richtigen Leute zur Umsetzung gefunden, bis ich dann nach einem Treffen mit Till Morgenluft gewittert habe. Es sollte eigentlich einfach alles eine kleine Huldigung meiner Metalhelden werden, frühe MANOWAR und BLIND GUARDIAN, WARLORD, LORDIAN GUARD, VINTERSORG und so weiter. Irgendwie ist die Folkmusik aber dann doch deutlich präsenter geworden als ursprünglich veranschlagt, und nun klingt unsere Musik wohl für manche Leute unorthodoxer als für uns selbst.
Eure Musik ist eine Mischung klassischem Epic Metal, (Kraut)Rock und Folk. Was sind eure wichtigsten Einflüsse und wie seid ihr auf diese spezielle Kombination gekommen?
Wie wahrscheinlich bereits klargeworden ist, haben wir uns in dem Sinne zu überhaupt nichts so richtig entschieden. Die spezielle Kombination hat sich einfach aus den etwas ungewöhnlichen Umständen ergeben. Wir haben einfach immer nur die Musik gemacht, die uns selbst gefallen hat bzw. die sich durch mich als Trichter ihren Weg in diese Welt gebahnt hat.
Mir gefällt euer Ansatz in GRENDEL’S SŸSTER, eure Songs sowohl in Englisch wie in Deutsch zu veröffentlichen. Was macht für euch den Reiz aus, beide Sprachen zu verwenden?
Ich habe es so empfunden, dass im traditionellen Metal deutsche Texte mit einer bestimmten märchenhaften Atmosphäre kaum eine oder gar keine Rolle spielen. Das fand ich schade und wollte mich mal daran versuchen, ob und wie so etwas funktionieren könnte. Es hat uns dann so Spaß gemacht, dass wir das Experiment einfach fortgesetzt haben. Auf Englisch wollte ich aber auch nicht verzichten, weil das nun mal die Sprache der großen Klassiker ist.
Ihr verwendet dabei archaisch wirkende Sprachen. Kannst du uns das bitte näher erläutern?
Für mich waren Texte auch im Metal immer wichtig, weil sie zur Atmosphäre der Musik beitragen. Wenn wir also Musik spielen möchten, die von der Stimmung irgendwie nach „Geschichten aus grauer Vorzeit am Lagerfeuer“ klingt, sollte sich das auch an den Texten zeigen. Dabei möchte ich auch noch die Klippen des Marktsprechs und des Wagner-Librettos umschiffen. In meiner Vorstellung ist das ein bisschen wie die Verbindung von Text und Musik auf den alten Märchenkassetten, nur eben auf Metal.
„Katabasis Into The Abaton / Abstieg in die Traumkammer“ strahlt eine märchenhafte Stimmung aus. Werdet ihr von alten Sagen und Geschichten beeinflusst? Was sind die lyrischen Hintergründe zu eurem Debütalbum?
Das trifft es sehr gut und zumindest Caro und ich sind davon von Kindesbeinen an beeinflusst. Caro ist in einem winzigen Nest in Franken aufgewachsen, und da war das wohl ziemlich präsent. Dass erklärt wahrscheinlich auch, warum wir uns auf dieser Ebene ohne Absprache sehr gut ergänzen und verstehen. Allerdings erzählen wir nicht Mythen oder Märchen nach, sondern wir betrachten sie durch die Linse der Jungschen Psychologie, was auch ihre persönliche Bedeutung für mich einschließt.
Manche Motive sind historisch inspiriert, wie der mykenische „Eberzahnhelm“, manche an Legenden angelehnt, wie „Rose Arbor“, andere haben mythologische Inhalte wie „Night Owls Beak“ oder haben einen eher märchenhaften Beiklang wie „The Plight Of A Sorcerer“. Von einer anderen Warte aus betrachtet handeln sie von manchmal mehr und manchmal weniger geglückten Transformationserlebnissen. Dazu gehört auch die numinos-traumhafte Stimmung, die mit dem Transrationalen, nicht Irrationalen, in Verbindung steht.
Welche Verbindung hat das Cover zu euren Inhalten des Albums?
Das Cover ist zum einen einfach ein Tribut an einen US Metal-Klassiker. Ttausch mal das Eichhörnchen durch einen wohlbekannten Helden aus und den Wiedehopf durch einen Flugsaurier. Zum anderen stellt es unsere folkig-märchenhafte Seite dar. Abgesehen davon könnte man sagen, dass der „Abstieg in die Traumkammer“, in der antiken Heilkunde mit Tempelschlaf verbunden, auch einen Zugang zum Unbewussten darstellt, aus dem uns die Motive einfach „zufließen“ und uns erfüllen, jenseits unser analytisch-kognitiven Bemühungen.
Habt ihr auch von diesem seltsamen Gerücht gehört, es gäbe auch nach „Triumph Of Steel“ noch MANOWAR? Kann ja nicht sein, oder? Und in diesem Zusammenhang und da ihr auch beide Sprachen verwendet, „Herz aus Stahl“ oder „Heart Of Steel“?
Hehe. Um fair zu sein, es gibt ja schon einige beachtliche Songs nach 1992, z. B. „The Dawn Of Battle“. Ansonsten: Eine absolut unbeantwortbare Dilemma-frage der Kategorie „Frankfurter Kranz“ vs. „Donauwelle“!
Musik, Texte, Artwork, das alles wirkt bei euch wie aus der Zeit gefallen. Mal denkt man an die Siebziger, dann wieder an die frühen Achtziger. Fühlt ihr euch mit dieser Zeit eher verbunden oder anders gefragt, wie fühlt ihr euch in der aktuellen Musikszene? Früher war alles besser, weil zum Beispiel das Entdecken neuer Platten spannender war? Oder heute ist alles besser, weil man ganz andere Möglichkeiten als Band hat?
Ich vermute, wir fühlen uns überhaupt nicht einer bestimmten Zeit verbunden, sondern einer bestimmten Art von Atmosphäre. Was die Vor- und Nachteile anlangt, hast Du mit beiden Vermutungen gleichzeitig recht. Ich habe als Jugendlicher die alten muffigen und verqualmten Plattenläden geliebt, gleichzeitig habe ich manchmal jahrelang suchen und fragen müssen, wenn ich nach bestimmten Alben und Bands gesucht habe.
Sarah Ann von SMOULDER hat eure Musik als „Ursprüngliche, bardische Hymnen für Waldbewohner“ beschrieben. Wie würdet ihr selbst eure Musik in Worten beschreiben? Und warum eigentlich ausgerechnet Waldbewohner?
Ich denke, damit ist einfach eine ganz bestimmte Art von Stimmung gemeint, eben wie in einem Zauberwald jenseits von Raum und Zeit, voll mit seltsamen Pflanzen und Tieren. Ich finde das gar nicht schlecht, aber man kann unsere Musik natürlich auch gerne ganz anders klassifizieren.
Eure Musik hat auch einen heroischen Charakter was natürlich die Fantasie anregt. Wie wichtig ist euch dieser Aspekt und seht ihr Heroismus auch im hier und jetzt?
Finde ich sehr wichtig, einen Energieschub mit gereckter Faust kann man eigentlich immer gebrauchen, oder? Heroismus gibt es auf jeden Fall auch im hier und jetzt, wobei die leiseren und kleineren Spielformen oft zu Unrecht übersehen werden. Drachenhöhlen gibt es nach wie vor genug, und zwar in unterschiedlichen Größen.
Was habt ihr in nächster Zukunft alles geplant?
Bissel live spielen, bissel Demos aufnehmen.
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir!
Hat Spaß gemacht! Support random kindness and senseless acts of beauty!