Grave
Interview mit Ronnie Bergerståhl zu "Endless Procession Of Souls"
Interview
Man braucht nicht viel zu erzählen um die schwedischen Death-Metal-Meister GRAVE vorzustellen. Sie sind seit gut 25 Jahren am Start und mittlerweile eine feste und nicht mehr wegzudenkende Größe in der Todesstahlszene. Nachdem die Band Mitte der 90er nach „Hating Life“ erstmal verstummte, meldete sie sich 2002 mit „Back From The Grave“ wieder. Seitdem haben sie ordentliche und auch gute bis sehr gute Alben vorgelegt und nun mit „Endless Procession Of Souls“ ihr bisher vielleicht größtes Werk abgeliefert. Was also blieb übrig, außer sich einen der Jungs zu schnappen und ihn über die Band und das neue Album auszuquetschen. Drummer Ronnie Bergerståhl, der seit drei Alben fest im Sattel sitzt und den Sound von GRAVE maßgeblich beeinflusst, stand mit seiner freundlichen, aufgeschlossenen Art Rede und Antwort.
Hallo Ronnie und Glückwunsch zum neuen Album. Es ist ein verdammter Knochenbrecher geworden und beinhaltet großartige Songs vom Anfang bis zum Ende. Ich würde sagen, dass „Endless Procession Of Souls“ ein klares Statement dafür ist, dass schwedischer Death Metal noch lange nicht tot ist. Was sind denn deine ersten Gedanken, wenn du ans Album denkst. Eine Menge Arbeit, Schweiß und Blut oder Spaß, Bier und eine gute Zeit?
Hi und vielen Dank!
Wir sind sehr zufrieden mit dem Album. Soweit ich das bis jetzt mitbekommen habe, gab es seitens der Presse nur positive Resonanzen und das fühlt sich natürlich gut an. Das Album ist GRAVE pur, nur vielleicht etwas simpler gestaltet als die vergangenen 2-3 Platten. Mehr Midtempo- und Vers-/Refrain-orientierte Stücke mit ’ner Prise Thrash, wie in den guten alten Tagen.
Na sowas, ich würde eher sagen, dass ihr selten so viele Uptemposongs am Start hattet…
OK. Nun, wir haben hart an den Songs gearbeitet, aber der Entstehungsprozess hat insgesamt nicht sehr lange gedauert. Ich würde sagen, wir haben alle Stücke in drei Wochen geschrieben und arrangiert; sehr effizient sozusagen.
Hast du denn bereits genug Abstand zwischen dem Entstehungsprozess und der Aufnahme bis jetzt, also bis zur Veröffentlichung, um eure Arbeit entsprechend zu reflektieren?
Absolut und ich kann ehrlich sagen, dass es nichts gibt, was ich anders machen würde, weder mit den Stücken, noch mit der Produktion. Klar, das Gespielte an sich ist nicht „perfekt“, aber es wird dem Hörer genau die Energie geliefert, welche die Songs beinhalten.
Um ehrlich zu sein habe ich nicht solch ein fantastisches Album von euch erwartet. Ich meine, „Burial Ground“ und „Dominion VIII“ sind auch großartig, aber die neue Scheibe ist ein fucking Killer!
Wir haben das Album komplett ohne Click, also ohne Metronom aufgenommen. Alles was du hörst ist tatsächlich genau das, was GRAVE live bringen, bzw. spielen. Keine Rumschnippelei hinterher oder sowas. Wir haben maximal zwei bis drei Takes pro Song aufgenommen und dann den besten ausgewählt. Und Olas Vocals sind auch stäker denn je, Tobias spielt den Bass total geil und Mikas Soli… meine Fresse, dieser Typ spielt Gitarre wie kein anderer. Sein Spiel ist absolut beeindruckend!
Was is’n mit den anderen Bands aus Schweden los? Fast alle haben aufgegeben oder krebsen irgendwie im Niemandsland rum. ENTOMBED versuchen verzweifelt ihre Death-Metal-Wurzeln wiederzubeleben, DISMEMBER haben aufgegeben, DESULTORY versuchen auch an ihre alten Tage anzuknüpfen… und so geht es weiter. Neben GRAVE gibt es als große Band doch nur noch UNLEASHED, die sich um die Kronjuwelen der schwedischen Szene kümmern. OK, EVOCATION könnte man noch nennen, aber was ist mit all den ganzen anderen Bands los? Gibt es überhaupt noch eine echte (old school) Szene in Schweden?
EVOCATION machen ziemlich einen auf AMON AMARTH heutzutage, was ich nicht so sehr mag.
Ha! Dann sind wir uns da schonmal einig!
Es gibt einige kleinere Bands in letzter Zeit, die richtig Arsch treten, wie zum Beispiel meine frühere Band DEMONICAL, Mikas andere Band FACEBREAKER, MORBUS CHRON, TORMENTED, INTERMENT, NOMINION und FERAL. Ich hab übrigens bereits neue ENTOMBED-Songs im Pre-Demo-Status gehört und sie sind verdammte Killer! UNLEASHED… Hm, sie haben mittlerweile einen anderen Pfad eingeschlagen, sie spielen mehr so Semi-Black-Metal in letzter Zeit, was nicht mehr ganz soviel mit dem zu tun hat, was sie früher gemacht haben. Ich weiß nicht so recht ob ich ihren neuen Sound bevorzuge oder den alten, hab das noch nicht für mich entschieden, haha. Wie dem auch sei, es gibt immer noch eine starke Underground-Szene für Old School Death Metal in Schweden.
Ich muss sagen, dass ich persönlich GRAVE nach meinem Lieblingsalbum „You’ll Never See…“ ein wenig aus den Augen verloren habe, weil die Nachfolger „Soulless“ und „Hating Life“ überhaupt nicht meinen Nerv getroffen haben. Dann kam irgendwann das nette Comeback-Album und auch die beiden danach fand ich OK, jedoch nicht berauschend. GRAVE haben mein Interesse erst langsam wieder mit „Dominion VIII“ wiedergewonnen, das übrigens auch das erste Album ist, auf dem du Schlagzeug spielst. Wie stark ist denn eigentlich dein Einfluss auf die Musik von GRAVE. Mir scheint es, dass du der Musik von GRAVE den Spirit der alten Schule zurückgebracht hast.
Das war tatsächlich so, als wir damals darüber sprachen, in welche Richtung wir gehen wollen. Ola war ziemlich durch mit diesen ganzen Blastbeats und so und ich stimmte ihm zu, denn GRAVE sollten derartige Beats nicht in ihrem Sound haben, und schon gar nicht in jedem Song, wie es nahezu auf „Fiendish Regression“ und „As Rapture Comes“ der Fall war. Ich meine, Pelle ist ein fantastischer Drummer, keine Frage, und ich konnte damals einige seiner Parts schlichtweg nicht spielen, das ist so… naja, wie dem auch sei, ich bin anscheinend der erste Schlagzeuger bei GRAVE, der auch Gitarre und Bass spielt und ich habe eine Menge der Musik von „Dominion VIII“ und „Burial Ground“ (auf dem ich auch Bass gespielt habe) geschrieben. Demnach war es die gemeinsame Entscheidung von Ola und mir mehr zurück zum ursprünglichen GRAVE-Sound zu gehen. Mehr bratzige Beats, weniger Blastbeats. Auf „Burial Ground“ ist das Verhältnis ziemlich genau 50/50 zwischen Olas und meinen Riffs. Ola hat allerdings alle Texte geschrieben. Ich möchte nicht die Credits dafür kriegen, den alten Sound zurückgeholt zu haben, aber ich war wohl die treibende Kraft dahinter.
Ich denke, die Produktion des neuen Albums ist schlichtweg die beste die GRAVE je hatten. Was war eure Idee als ihr den Sound zurechtgeregelt habt? Es scheint, als ob ihr absolut kein Interesse an einer Trigger-Produktion hattet.
Ich HASSE Trigger!!! Ich verstehe diese Hysterie nicht, wenn es darum geht, erst die Drums richtig gut aufzunehmen nur um sie dann komplett durch Samples zu ersetzen. Das macht in meinen Augen überhaupt keinen Sinn.
Wir hatten produktionsmäßig nur ein Ziel, nämlich die etwas matschig klingenden Sounds von „Dominion VIII“ und „Burial Ground“ zu vermeiden. Und ich glaube, uns ist das gelungen.
Das Cover sieht übrigens richtig geil aus. Halt GRAVE, Metal, dunkel, faulig und brutal. Wer ist für das Bild verantwortlich?
Es ist derselbe Typ der auch die letzten beiden Cover gemacht hat, Costin Chioreanu aus Rumänien. Er hat seine eigene Firma namens Twilight13 Media Design und er ist einer der talentiertesten Künstler heutzutage. Costin ist extrem schnell bei dem was er macht. Wir gaben ihm nur den Albumtitel sowie ein paar Richtungen bezüglich der Farben, die wir wollten. Was du nun auf dem Album sehen kannst ist die erste Idee mit der er kurz danach ankam.
Hattet ihr denn mehrere Bilder zur Auswahl oder nur das eine?
Nur das eine, mehr brauchten wir auch nicht.
Was ist denn, mal abgesehen vom neuen, dein Lieblings-Cover von GRAVE?
Ich mag das letzte wirklich sehr gerne. Es ist roh und sieht vergammelt aus, halt wie die Musik auf dem Album. Das Cover kommt auch total gut auf T-Shirts, was sehr wichtig ist, wenn du dir ein Bild aussuchst. Es muss halt geil auf einem Shirt aussehen. Das Album-Cover von „Into The Grave“ sieht auch top aus. Es erinnert mich an das „Domination“-Cover von MORBID ANGEL, die Farben und das gesamte Gefühl, wenn ich das Bild anschaue.
Hast du ein Lieblingslied von GRAVE?
Na klar, einige sogar. Von den alten Sachen mag ich „Inhuman“, „For Your God“, „Day Of Mourning“, „You’ll Never See“ und „Christi(ns)anity“ sehr gern. Da sind auch ein paar auf der neuen Scheibe, die ich wirklich sehr mag, „Passion Of The Weak“, „Plague Of Nations“ und „Disembodied Steps“ sind meine Faves davon.
GRAVE haben mittlerweile 10 Alben veröffentlicht und es wird übrigens langsam schwieriger eine Setlist einzurichten, die jeden zufriedenstellt. Wir spielen momentan keine Songs von „Hating Life“, „Back From The Grave“, „Fiendish Regression“, „As Rapture Comes“ und „Burial Ground“. Wir legen derzeit das Hauptaugenmerk auf das ganz alte Material, noch vor „Into The Grave“, die Demotage sozusagen und auf das neue Album, weil wir das natürlich erstmal live bewerben wollen.
Ola sagte in einem Interview, dass er die derzeitige Besetzung für die beste hält. Weißt du, warum genau er so denkt und was meinst du dazu?
Ich stimme ihm zu 100% zu! Das ist bei weitem die beste Besetzung, die GRAVE seit vielen vielen Jahren hatten. Vom Spielerischen her ist es meiner Meinung nach sogar DIE beste Besetzung, die wir je hatten und wir alle Vier kommen auch richtig gut miteinander aus. Wir haben verdammt viel Spaß, nicht nur auf der Bühne. Wenn es um die grundsätzliche Diskussion über Musik geht, sind es eher Ola und ich, die sich behaken, haha. Wir haben absolut nicht denselben Musikgeschmack, hehe. Oh Mann, da werden schonmal heftige Worte hin- und hergeschossen zwischen uns, wenn wir mal stramm im Tour-Bus hocken, aber so ist das halt. Wir sind da nicht nachtragend. Wir sind in den sechs Jahren, in denen wir uns kennen, zu richtig guten Freunden zusammengewachsen.
Sag mal, wenn du dir die GRAVE-Alben anhörst, auf denen du nicht trommelst, hörst du da mehr auf die Feinheiten, um die Songs live richtig umsetzen zu können, oder achtest du vielmehr auf Spielfehler deiner Vorgänger?
Ich achte auf die Details. Wenn ich Bock auf Fehlersuche habe, lege ich eher ein Album auf, auf dem ich spiele, hahaha. Es ist so eine Art Schlagzeugerkrankheit, denke ich. Ich kenne keinen Drummer, der mit seinem Spiel vollends zufrieden ist. Manchmal missfällt mir mein eigenes Spiel total und keiner merkt das. Irgendwie ist das übrigens faszinierend und erschreckend gleichzeitig. Ich meine, hört niemand auf das Schlagzeugspiel oder macht das einfach nichts wenn man nicht genau spielt?! Ich finde es immer komisch, wenn ich auf einer Show bin und da ein Drummer spielt, der einen bestimmten Part, zum Beispiel einen Doublebass-Part, etwas anders oder gar nicht so spielt wie auf der Aufnahme, also wie auf dem entsprechenden Album. Das ist mir immer suspekt und ich frage mich jedesmal, warum er das nicht genauso macht. Der Grund kann nur sein, dass er ihn nicht spielen kann oder er ist einfach zu faul dazu. Sowas in der Art zumindest. Ich erinnere mich da an eine DVD von BLIND GUARDIAN, auf der Thomen einen Doublebass-Part im Song „Mirror Mirror“ nicht gespielt hat. Ich war total enttäuscht.
Wessen Spiel magst du mehr, Jensas oder Pelles?
Man kann sie nicht miteinander vergleichen, da sich ihre Stile ziemlich voneinander unterscheiden. Ich denke, dass ich mehr mit Jensas Art zu spielen gemeinsam habe als mit Pelles. Pelle ist mehr „modern“ würde ich sagen, mit super schneller Doublebass und Blastbeats mit einer Billion bpm und so, aber das alles passt nicht wirklich zu GRAVE. Jensa ist mehr ein schlampiger Rock’n’Roll-Schlagzeuger, halt wie ich, und dieser Stil passt besser zu den Gitarren bei GRAVE, denke ich.
Wann können wir euch in Deutschland wieder live erleben?
Wir beginnen morgen (am 5. September) eine kurze Europa-Tour in Hamburg und wir haben elf oder zwölf deutsche Shows dabei, glaube ich. Schaut einfach auf unsere Facebook-Seite für alle Details, das ist der einfachste Weg.
OK, ich hoffe, dass ihr in der jetzigen Besetzung noch einiges reißen werdet und bis zum Ende GRAVEs zusammen bleibt. Danke, dass du dir die Zeit genommen hast, Ronnie.
Vielen Dank dir, es war mir eine Freude. Wir werden natürlich eine Menge für das Album touren. So, wie es sich gehört! Cheers!
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Stile | Death Metal, Old School Death Metal, Stockholm Death Metal |
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