Graupel
Interview mit GRAUPEL über "...Am Pranger"
Interview
Ganze fünf Jahre liegt das Release des letzten Full Length-Albums „Auf Alten Wegen…“ der Aachener Black Metal-Kombo GRAUPEL nun zurück und nur die wenigstens hätten wohl noch mit einem Nachfolger gerechnet, besonders im Hinblick auf Zingultus Einstieg bei ENDSTILLE im vergangenen Jahr. Doch plötzlich melden sich GRAUPEL zurück aus der Versenkung und pünktlich Heiligabend erscheint endlich ihr zweites Werk „Am Pranger…“. Grund genug, der Band einige Fragen zu stellen.
Grüßt euch! Wie geht es denn heute?
Zingultus:
Joa, passt schon!
Glückwunsch zum neuen Album “Am Pranger…”. Wie fühlt ihr euch damit? Zufrieden mit dem Resultat?
Hiemos:
Ich denke, dass alle Beteiligten mit dem Resultat zufrieden sind, sonst hätten wir auch noch ein wenig mit der Veröffentlichung gewartet. Zwar war es ein langer, mitunter auch beschwerlicher Weg, aber im Ganzen betrachtet, hat sich der Aufwand und unser vorhergegangenes Hadern in Bezug auf einen Releasetermin definitiv gelohnt.
Bestimmt haben Freunde, Label, Presse usw. das Album inzwischen schon gehört. Wie fallen die bisherigen Reaktionen darauf aus?
Gnarl:
Ich weiß, dass jeder im Freundeskreis froh war, dass es endlich soweit ist. Man hat ja nicht mehr wirklich damit gerechnet, verständlicherweise. Die persönlichen Feedbacks, die ich bekommen habe, waren alle positiv. Ich habe mich allerdings, und das sage ich ganz ehrlich, nicht sonderlich um Feedbacks bemüht, da ich froh bin nach dem starken Fokus, den die Platte erfordert hat, einmal Abstand zu gewinnen. Die Rückmeldungen, die du aus dem engsten Umfeld erhältst, berühren dich zunächst zwar am stärksten, sind aber, und das kennt wohl jeder, recht subjektiv geprägt. Somit wird die Platte zeigen, was sie kann, wenn sie objektive Kritik bekommt… Und ich habe keinen Zweifel daran, dass sie sich beweisen wird!
Fünf Jahre liegt die Veröffentlichung eures letzten Albums “Auf Alten Wegen…” nun schon zurück. Dies ist besonders verwunderlich, da ihr nach dem Release 2005 angekündigt habt, das neue Album würde schon 2007/2008 erscheinen. Haben private Verpflichtungen oder die Arbeit mit euren anderen Bands euch zeitlich so in Anspruch genommen, dass ihr so lange Zeit gebraucht habt, um neues Material zu schreiben? Oder habt ihr euch schlichtweg die Zeit genommen, um eure Kompositionen “ausreifen” zu lassen?
Gnarl:
Naja, wir hatten mit verschieden Schwierigkeiten zu kämpfen. Das ursprüngliche Veröffentlichungsdatum war auch 2007/2008 geplant. Niemand konnte allerdings mit meinem damaligen Verkehrsunfall rechnen, der uns weit zurück warf, und genau es gab auch verschiedene private Schwierigkeiten, die es dann nicht leichter machten. Die Songs standen im Prinzip zum Zeitpunkt 07/08 bereits. Allerdings, wenn man einmal den roten Faden als Band verloren hat, fällt es schwer, diesen wieder aufzugreifen. Wenn dies einige Male hintereinander passiert, macht es das natürlich nicht leichter. Darüber hinaus arbeiten wir alle im Schichtbereich und ich bin aus privaten Gründen ins Ruhrgebiet umgezogen. Hiemos wohnt ohnehin eine gute Autostunde vom Proberaum entfernt, was bedeutet, dass eine Probe auch eine aufwendigere Planung erfordert, als wenn alle fünf Minuten vom Proberaum entfernt wohnen.
Ja, wir haben uns auch Zeit genommen die Songs reifen zu lassen und detailliert zu bearbeiten. Aber dies ist allerdings bei weitem nicht der einzige Grund für diese immense Verzögerung gewesen.
Seit dem letzten Album gab es einige Wechsel in eurer Besetzung. Drummer Ratatyske hat die Band nach 12 Jahren verlassen und Bassist Hiemos ist zu euch gestoßen. Wie kam es dazu? Und sucht ihr derzeit aktiv Ersatz am Schlagzeug? Gibt es vielleicht sogar schon Kandidaten?
Hiemos:
Ursprünglich kam mein Einstieg in die Band durch einen Freundschaftsdienst zustande, anlässlich des ersten Live-Gigs mit LUNAR AURORA im September 2007. Da kein Auftritt ohne Bassbesetzung möglich gewesen wäre, sprachen Gnarl und Ratatyske, mit denen mich bereits seit Jugendzeiten eine tiefe Freundschaft verbindet, mich an, ob ich für das Konzert einspringen könnte. Da ich sowieso schon immer ein Freund der Musik von GRAUPEL gewesen bin und den Jungs den Auftritt ermöglichen wollte, stimmte ich zu. Im Anschluss stellten wir jedoch fest, dass wir uns aufgrund unserer musikalischen Vorstellungen und der Einstellung zur Musik so gut ergänzten, dass es schade gewesen wäre, im Anschluss auszuscheiden. Daher beschlossen wir, die Position vom Sessionmusiker zum vollwertigen Mitglied auszubauen.
Dass Ratatyske GRAUPEL verlassen hat, hatte persönliche Gründe, die jedoch nichts mit uns als Freunden oder Musikern zu tun hatten oder auf einem Streit etc. beruht hätten. Ich denke, dass für ihn persönlich einfach die Luft raus war und seine persönliche Entwicklung für ihn nicht mehr in Einklang mit der Musik zu bringen war. Derzeit suchen wir nach einem ihm würdigen Ersatz, was sich bisher jedoch als schwieriger herausstellt als wir dachten. Jedoch haben wir zur Zeit jemanden in Aussicht, der als potentieller Ersatz in Frage kommen könnte.
Ihr habt das Release Date des neuen Albums auf den 24. Dezember festgesetzt. Was verbindet ihr mit diesem Tag als christlichem Feiertag? Speziell, da man sich dem Hype um dieses Fest heutzutage nur schwerlich entziehen kann.
Hiemos:
Unter kulturellem Gesichtspunkt verbinde ich mit diesem Tag heute eigentlich nur noch einen anerzogenen Zwang zum Konsum. Der Releasetermin ist für mich eher als ein Statement zum eigentlichen Hintergrund zu sehen, der sich hinter diesem Datum verbirgt und der für mich die Entzweiung des Menschen mit sich selbst widerspiegelt, was am Beispiel Jesú und dessen Auslegung durch Paulus und die Kirche deutlich wird. Denn wie kann jemand, der den Begriff der Schuld abgeschafft hat und eine Lehre vom Diesseits verkündet zu einer Lehre von Gericht, Schuld und Jenseitigkeit ausgelegt werden? In meinen Augen wird dem Leben dadurch sein Schwerpunkt genommen. Wenn es also jemals so etwas wie einen Christen gegeben hat, so ist er am Kreuz gestorben. Für mich spiegelt er lediglich den Versuch wider, eine Lebenspraxis zu entwickeln, die zu innerer Seligkeit führen soll und das ist ein Weg den man nur allein gehen kann.
Aber kommen wir mal zum Album selbst. Was bedeutet der Titel “Am Pranger….”? Wen oder was genau stellt ihr denn aus welchen Gründen an den Pranger?
Zingultus:
Der Titel des Albums resultiert aus den Inhalten unserer Texte allgemein. So versuche ich auch stets kritisch mit meinem Umfeld umzugehen und es reflektiert zu verarbeiten, wobei oftmals Missstände offen gelegt werden. Irgendwann sagte mal jemand, dass wir vehement lyrisch anprangern. Ich nahm dies sofort auf und es war der perfekte Albumtitel für uns.
Allerdings wurden und werden auch wir gelegentlich an den Pranger gestellt, da nicht jeder mit unserem speziellen Humor oder Eigentümlichkeiten zurecht kommt. Da wird schon gelegentlich die Szenekeule raus geholt und auf uns drauf gehauen. Können wir mit leben, weil wir uns ja nicht limitieren lassen und einen gewissen Zynismus beibehalten.
Vielleicht kannst du etwas mehr über die Lyrics selbst sagen? Wie verarbeitet ihr diese Thematik lyrisch?
Zingultus:
Lyrisch habe ich mich keinen Schritt von meiner bisherigen Schaffensweise und deren Inhalte weg bewegt. Es sind weiterhin weitgehend rein fiktive Geschichten mit kritischem Inhalt zum Leben und den alltäglichen Begebenheiten an sich. Es fällt mir jedoch schwer, ein Konzept pauschal in Worte zu fassen. Die Umsetzung meiner Gedanken auf Papier erschrecken mich immer wieder selbst, als dass ich merke, dass sie oftmals mehr Seelenspiegel sind, als mir lieb ist. Dies ist mir beim Schreiben an sich nicht so bewusst, da ich sie in einer Mischung aus Trance und fortlaufenden Wahn schreibe. Jedoch fiel mir dies für dieses Album eher schwer, da ich mich nur noch selten in entsprechende Stimmung versetzen kann. Mir ging/geht es streckenweise sehr gut und da fehlt mir entsprechendes Potenzial und Einfluss.
Das Cover ist relativ schlicht und sagen wir gewöhnungsbedürftig, zugleich aber passend zur Musik und in diesem Sinne sehr ausdrucksstark. Wie kamt ihr auf die Idee zu diesem Motiv und wer hat das Artwork entworfen?
Hiemos:
Das Artwork wird von uns in Gemeinschaftsarbeit konzipiert, jedoch stammt die Idee des Frontcovers von Zingultus, der im Rahmen unserer Arbeit am Album darüber stolperte. Ob das Cover den ästhetischen Empfindungen eines jeden Hörers trifft, geht uns ehrlich gesagt am Arsch vorbei, aber ich denke, dass diejenigen, die sich eingehender mit dem Gesamtkunstwerk auseinander setzen, die Wahl nachvollziehen können werden. Das Cover entstammt einem klassischen Holzstich aus dem Mittelalter von unbekannter Herkunft und es spiegelt für uns
das Wesen des Albums am besten wider, denkt man beispielsweise an den Opener „Daemonicum“.
Als Eröffnung des neuen Albums kann man ein Zitat hören von Tertullian, einem christlichen Schriftsteller, der im 2./3. Jhd. lebte. Das Zitat stammt aus seinem Werk “De Spectaculis”, in dem er die Schauspiele im alten Rom als Missbrauch von Gottes Geschenken an die Menschheit und als Perversion anklagt. Wer als Christ diese Spiele besuchte, begab sich seiner Meinung nach in die Gesellschaft von Dämonen. Wie kamt ihr gerade auf dieses Zitat aus diesem Werk dieses Schriftstellers und wie steht es im Zusammenhang mit dem Album?
Zingultus:
Tertullian ist für mich ein gutes Beispiel für die Übertreibung oder Radikalisierung von Glauben. Ich mag diese Polemik, mit welcher er seine Streitschriften gegen diverse Häresien verfasste, wobei er aber auch stets in Widersprüche fiel und somit auch seinen strengen Glauben auf wackeligen Füßen baute. Im Speziellen mochte ich dieses Bild des Konflikts der Ethik im Vergleich mit dem Spektakel im Zirkus selbst, wenn man doch bedenkt, dass Tertullian auf der einen Seite dieses vom Kaiser inszenierte und geförderte Spiel verteufelt, wiederum aber den Christ zur Vereinbarkeit und Loyalität mit dem Kaiser mahnte.
Ebenso äußert er, dass ein Christ, der dieses Schauspiel besucht, sich in die Gesellschaft der Dämonen begibt, die dort herrschen. Ich sehe da durchaus eine Parallele zur heutigen, sensationsgeilen und medienbeherrschten Zeit, in der sich die Gesellschaft mit Trash TV und Events zuballert, um ihr eigentlich eher leeres Leben mit „Erfahrungen“ zu füllen. Eine Abart der heutigen Zeit, in der sich die Kinder darüber wundern, dass Kühe nicht lila sind und aktive Erfahrungswerte und Bereicherungen ALLER Sinne nur selten sind.
Der Text selber ist im Kontra ein Spiegelbild der Gedanken eines der Protagonisten, welcher sich über dieses Schicksal hinweg setzt und sich unabhängig macht. Er strebt nach einer anderen Vollkommenheit, bei der selbst der Tod nicht die Grenze ist. Hierbei ist völlig offen, wer dies sein mag. Es kann der Gladiator sein, es kann ein Freigeist der heutigen Zeit, ein Taliban-Kämpfer oder gar du selbst sein.
Meiner Meinung nach spielt ihr immer noch rohen, aggressiven Black Metal der alten Schule, doch sind die Kompositionen auf “Am Pranger…” etwas detaillierter und auch einen Ticken abwechslungsreicher und schlicht “origineller” als früher veröffentlichte Songs. Das soll keineswegs heißen, dass die Stücke auf “Auf Alten Wegen…” primitiv oder gar langweilig sind, der neue Fokus auf die Details stellt für mich nur einen wichtigen musikalischen Unterschied im Vergleich der beiden Alben dar. Wie siehst du das? Habt ihr euch bewusst zu dieser Entwicklung entschlossen oder kam das ganz automatisch in der langen Zeit, die ihr euch fürs Schreiben der Songs genommen habt?
Gnarl:
Hehe, ich will diese Frage eingangs mal mit „jein“ beantworten. Es ist schlichtweg ein Entwicklungsschritt gewesen. Dieser war zunächst auch nicht beabsichtigt, sondern ist einfach so geschehen. Ich kann noch nicht einmal sagen, warum. Ich empfand das Konzipieren der Songs bereits als detaillierter. Man hat einfach andere Ideen. Vieles hängt wohl auch mit den spielerischen Fähigkeiten zusammen. Bei „Auf alten Wegen…“ ließ unser eigenes Können manche Sachen einfach nicht zu, die wir damals gerne umgesetzt hätten. Es waren Limits vorhanden, die wir damals nicht überschreiten konnten. Es war ja nun auch lange genug Zeit zwischen den Platten, um gewissen Schwächen auszubügeln und man bildet natürlich auch das Verständnis für das musikalische Denken des anderen Mitspielers aus. Ich habe für mich festgestellt, dass wir einfach ganz anders an „Am Pranger…“ heran gegangen sind, als wir die bei „Auf alten Wegen…“ getan haben.
Worauf habt ihr beim Komponieren von “Am Pranger…” ansonsten besonderen Wert gelegt? Was macht eurer Meinung nach eure Musik aus?
Gnarl:
Die Musik soll viel „Drive“ entwickeln. Wir wollten die Platte nicht durch bolzen, aber sie sollte immer Druck und Power haben. Kurz & knackig sozusagen, denn die reine Spielzeit ohne Outro ist ja recht überschaubar. Es sollte für uns eine Kombination aus aggressiver Musik und kräftigem Sound werden.
GRAUPEL haben es sich aufs Banner geschrieben, den Spirit des Black Metal der 90er am Leben zu erhalten. Was bedeutet das für euch genau? Was macht diesen Spirit aus? Und wie steht ihr zu den unzähligen pseudo-satanischen, supertrven BM-Bands der heutigen Zeit? Und welche Bands dieses Genres schätzt ihr persönlich, entweder aufgrund der Musik oder eben auch ihrer Prinzipien?
Gnarl:
Black Metal hat im Laufe der 90er eine Entwicklung vollzogen, musikalisch, stilistisch wie auch soundtechnisch, die mit den 80er nicht wirklich zu vergleichen ist und bis heute immer noch klar raus zu hören ist. BM der 90er muss nicht zwangsläufig nach Demotape klingen, wie es sich leider von vielen Bands heutzutage auf die Fahne geschrieben wird. Da geht aber leider zu viel zu oft unter, wo ich mir als Musiker dann doch wünsche, dass es zumindest gehört wird. Das bedeutet nicht zwangsläufig einen Studiosound (haben wir mit „Auf Alten Wegen…“ auch nicht wirklich hinbekommen, was mich im Nachhinein etwas ärgert). Ich habe aber den Eindruck, dass viele Bands nicht allzu viel Anspruch an das hegen, was sie tun, das finde ich schade. Damals konnte man praktisch jede Platte kaufen und sie war gut. Das tue ich heute nicht mehr. Black Metal in den 90ern bedeutet mir daher so viel, da dieses Musik-Genre noch nicht so übersättigt war wie heute. Heute ist es kein Subgenre mehr. Ich finde das die Songs aus dem (man muss ja bald sagen vorletzten Jahrzehnt) mehr „Gefühl“ hatten im Vergleich zu heute. Ich mag das auch nicht pauschalisieren, denn das wäre falsch, aber eine Entwicklung ist da für mich nicht zu übersehen, eine die ich oft nicht gut finde. Wir haben im Prinzip dieses Jahrzehnt alle durchgängig miterlebt. Jeder kennt das Erlebnis, die Sachen sind dann nun mal am prägendsten. Ich liebe den okkulten Charme dieser Zeit, das macht für mich den Spirit aus. Irgendwie vermisse ich dieses Gefühl heute. Ich denke, dass viele Hörer unseres Alters das nachempfinden können, auch wenn das schwer in Worten auszudrücken ist. Es war etwas Eigenes, Besonderes und Düsteres. Man war unter sich. Mit dem heutigen Zeitgeist ist das ganze Genre transparenter geworden, was dem ganzen etwas den dunklen Schleier nimmt und den Nebel wegbläst der für mich die Musik immer eingehüllt hat… Und somit auch viel an Reiz, den es für mich ausgemacht hat.
Pseudosatanismus… naja. Satanismus gab es damals und gibt es heute in der Musik. Ich finde dies gut, denn für mich persönlich hat es immer viel zum Gesamtbild und zum Gefühl der Musik beigetragen. Ich finde es in keinster Weise verachtenswert, wenn man damit spielt, auch wenn man sich selber nicht zur satanischen Riege zählt. Das tue ich auch nicht. Man mag nur bitte ehrlich sein, das ist dann für mich auch authentisch.
Sehr geschätzt sind diesbezüglich natürlich die üblichen Verdächtigen wie BATHORY, IMMORTAL und DARKTHRONE, SATYRICON u.v.m. Da hat aber jeder aus der Band seine eigenen Vorlieben.
Ihr habt auch “Am Pranger…” wieder in Eigenregie aufgenommen und produziert und das Ergebnis kann sich wirklich hören lassen. Zwar trug der recht dreckige, sehr rohe Sound sehr zu der Wirkung des Debüts bei, doch die etwas bessere, sauberere Qualität der neuen Aufnahmen erlaubt überhaupt erst den Blick auf die musikalischen Neuerungen und Facetten. Wieso wollt ihr bei der Aufnahme eurer Musik das Zepter nicht aus der Hand gegeben und woher rührt dennoch die enorme qualitative Steigerung?
Hiemos:
Nun, wir haben in Gnarl einen überaus fähigen Mann, was das Abmischen von Alben angeht, und da er besser als jeder Mischer, den wir engagieren könnten, weiß, was wir uns von unserem Sound erwarten, wäre es Unsinn, diesen Vorteil aus der Hand zu geben. Ich kenne genug Beispiele an Bands, die im Nachhinein mit dem Sound der ihnen im Studio „aufgedrückt“ wurde unzufrieden gewesen sind. Abgesehen davon eignet man sich natürlich im Laufe der Jahre Fähigkeiten an, die ein größeres Feld von Möglichkeiten bieten, so dass ein Ausreizen der selbigen natürlich mit der musikalischen Seite einhergeht.
Ihr habt für “Am Pranger…” bei Ván Records unterschrieben. Wie kam es dazu und was kannst du über die noch recht junge Zusammenarbeit berichten?
Gnarl:
Wir kennen uns schon seit vielen Jahren. Sveinn ist ein langjähriger Freund. Wir fühlten uns ganz klar in freundschaftlicher und musikalischer Ebene bei Ihm bestens aufgehoben. Für mich persönlich ist die Zusammenarbeit auf Grund der VERDUNKELN-Releases nicht wirklich jung. Aber aufgrund der langen Freundschaft kann man hier auch nicht von einer jungen Zusammenarbeit sprechen. Und wir sind beidseitig sicher, dass diese Zusammenarbeit auch weiter fortgeführt wird.
Wird man in absehbarer Zeit die Gelegenheit haben, GRAUPEL live zu sehen? Ihr habt meines Wissens nach eine Weile nicht gespielt.
Gnarl:
Das ist korrekt, wir haben schon länger nicht mehr live gespielt. Aktuell kann ich diese Frage schwer beantworten, da wir momentan ohne Drummer unvollständig sind. Daher wird sich diese Frage nur beantworten lassen, wenn wir einen neuen Drummer haben. Wir sind zuversichtlich, dass dies auch funktionieren wird, aber vorher wird das logischerweise nichts.
Wie wird es jetzt generell mit GRAUPEL weiter gehen? Gibt es konkrete Pläne für neues Material o.ä. oder lasst ihr einfach alles auf euch zu kommen?
Hiemos:
Natürlich haben wir im Moment noch das Problem der letztlichen Schlagzeugneubesetzung, was uns hinsichtlich der Live-Fähigkeit einschränkt, aber es existieren bereits Pläne und Material für ein neues Projekt. Wie wir dieses schlussendlich noch umgestalten und definieren, wird sich erst durch den kreativen Prozess ergeben. Dass wir uns bei unserer Arbeit nicht hetzen lassen, sollte spätestens nach dem jetzigen Album klar sein. Ein Ende für GRAUPEL ist noch lange nicht in Sicht.
Zum Schluss noch ein paar Fragen an Zingultus persönlich. Du bist letztes Jahr als neuer Sänger bei ENDSTILLE eingestiegen und nur zu schnell wurden die Stimmen laut, die dich des “Verrats am Underground” anklagten und dir das Streben nach größerem kommerziellen Erfolg sowie größerer Bekanntheit vorwarfen. Würdest du dazu vielleicht Stellung nehmen?
Zingultus:
Nein… Das ist meine Entscheidung gewesen und diese ist so zu tolerieren, wie sie ist. Ich muss mich dafür nicht rechtfertigen! Wer maßt sich denn an, mir vorzuschreiben, was ich zu tun habe und was nicht? Vor allem, mich zu be- oder verurteilen, ohne mich persönlich zu kennen. Ich bin Herr meiner eigenen Gedanken und meines eigenen Handelns. Und wer das Geschäft „Black Metal“ (und kaum noch etwas anderes ist es noch) einigermaßen realistisch sieht und mein Schaffen kennt, weiß, dass es hier nicht um Ruhm oder Reichtum geht. Ich muss niemandem mehr etwas beweisen. Erst recht mir nicht!
Auch ich war anfangs skeptisch gegenüber deinem Einstieg bei ENDSTILLE, zumal ich nach den ersten Auftritten (z.B. Summer Breeze 2010) ehrlich gesagt nicht wirklich das Gefühl hatte, dass diese Konstellation gut funktioniert. Inzwischen aber hat sich das geändert, spätestens bei der Show beim Helion Festival konntest du mich auf jeden Fall überzeugen. Wie kam es eigentlich dazu, dass du der neue Sänger wurdest und wie würdest du deine bisherige Laufbahn bei der Band beschreiben?
Zingultus:
Das wir mit GRAUPEL bereits lange ein sehr freundschaftliches Verhältnis zu ENDSTILLE pflegten, ist ja kein Geheimnis. Als Iblis die Band vorletzten Sommer verlassen hat, sprach mich Mayhemic Destructor an, ob ich nicht für diverse Festivals im Sommer aushelfen könnte. Dies lag aber überhaupt nicht in meinem Zeitplan. Dass ich fest bei ihnen einsteige, war eigentlich lange kein Thema, da sie genau um meine Prioritätensetzung wussten, sprich, ich mich in erster Linie meiner Verantwortung gegenüber der Familie verpflichtet fühle und dann erst die Musik kommt. Da ENDSTILLE in der Vergangenheit jedoch viel unterwegs waren, konnte dies nicht vereinbart werden, auch wenn sie klares Interesse bekundeten.
Beim Besuch in Köln auf der letzten Tour kam allerdings spontan nochmals das Thema auf und die Band fragte mich, was konkret meine Bereitschaft und Möglichkeiten wären, welche ich ihnen klar darlegte. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als das Angebot anzunehmen oder mich komplett von der Wunschliste zu streichen. Drum schlugen sie zu. Sie machten mir wahnsinnig viele Zugeständnisse und das Konzept, welches mir dargelegt wurde, bot mir viele Möglichkeiten, mich in die Band einzubringen und Veränderungen zu leisten. Dies war mir sehr wichtig, da ich keine Kopie von Iblis sein wollte und zum Glück war dies auch sehr im Sinne ENDSTILLEs, da auch sie mit dem Fortgang von Iblis freier agieren wollten und konnten. Die neuen Kreationen sind unheimlich variabel, jedoch nicht ohne den typischen ENDSTILLE-Stil zu verlieren. Aber es hört sich alles sehr frisch und neu an. Uns ist klar, dass wir so einige Anhänger verlieren werden, jedoch sind wir uns sicher, dass ENDSTILLE nun musikalisch deutlich ernster genommen werden kann, da ganz neue Facetten gezeigt werden. Wir fangen eine ganz neue Ära an.
Wie haben deine Bandkollegen eigentlich deine Entscheidung aufgenommen, bei ENDSTILLE mitzumachen?
Zingultus:
Man hat es zunächst zur Kenntnis genommen. Aber ich denke, dass sie von meiner Tätigkeit dort nur profitieren können, da ich eine ganz neue Lust auf Musik bekommen habe.
Müssen GRAUPEL-Fans evtl. Angst haben, dass du ENDSTILLE als bekannterer, größerer Band, die häufiger live spielt und Alben veröffentlicht, künftig den Großteil deiner Zeit widmest und GRAUPEL so auf der Strecke bleibt?
Zingultus:
Das würde nicht in meiner Absicht liegen. Aber es ist tatsächlich so, dass ENDSTILLE bei mir aktuell Priorität genießt, da ich mich hier sehr wohl fühle und deutlich freier agieren kann. Ich lasse meine Arbeit an den diversen Bands immer von meinen Bedürfnissen lenken. Wie und wie intensiv es mit GRAUPEL weiter geht, liegt ja nicht nur in meiner Hand und da die Band ohne Schlagzeuger lange brach lag und wir uns selber nicht im Klaren darüber waren, wie und ob es mit der Band weiter geht, brauchte ich nun mal ein weiteres Betätigungsfeld. Ich sitze nicht zuhause rum und drehe Däumchen und warte, bis sich mal wieder einer in der Band bewegt.
Fakt ist, dass wir uns wieder bewegen werden. Es gibt auch schon konkretere Pläne. Dafür ist mir GRAUPEL viel zu wichtig, zumal ich eine differenzierte Sichtweise innerhalb der einzelnen Bands habe. Und GRAUPEL bin ich nun mal emotional an stärksten verbunden, da ich mich dort auch am besten nach außen kehren kann. Wie auch immer. Bei ENDSTILLE geht es mir in erster Linie um den ausgestreckten Mittelfinger! Fuck Hell und vorwärts! GRAUPEL hat für mich zeitgleich Therapiecharakter. Den kann und will ich nicht missen.
Vielen Dank für das Interview und dass ihr euch die Zeit genommen habt, meine vielen Fragen zu beantworten 🙂 Wollt ihr zum Schluss noch etwas los werden?
Zingultus:
Danke für Dein Interesse! Haltet die Flamme am leben!
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