Grabak
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Interview

Die Leipziger Black Metal-Heroen von GRABAK haben jüngst mit "Agash Daeva" einen trefflichen Schwarzwurzel-Bastard aus dunkler Melodie und der Härte schwarzen Stahls geschmiedet. Sänger Jan gab bereitwillig Auskunft, was die Band und ihr neuestes Werk der Dunkelheit betrifft.

Zunächst mal möchte ich dir sagen, dass ihr mit eurem neuen Album „Agash Daeva“ ein knüppelhartes Brett auf die Menschheit loslasst. Aber lass uns erst mal einen kleinen Rückblick in die Bandvergangenheit werfen. Wann genau habt ihr beschlossen, GRABAK zu gründen und was geschah bisher in eurer Bandgeschichte? Und kannst du kurz etwas zu den bisherigen Veröffentlichungen sagen?

Hallo erstmal, ich weiß gar nicht so genau, ob wir wirklich beschlossen haben, Grabak zu gründen oder ob es sich nicht eher so ergeben hat. Jedenfalls war das 1995 und wir legten damals zwei Bands zusammen, sprich diejenigen, die jeweils weitermachen wollten, haben sich letztlich in Grabak wiedergefunden. 1997 haben wir unser erstes und einziges Demo veröffentlicht, jedoch nicht wirklich gut promotet, na ja, aus Fehlern lernt man. 1999 haben wir bei CCP Records unterschrieben und unser Debüt „Der Prophet des Chaos“ veröffentlicht. Ein eher experimentelles Konzeptalbum mit hörspielartigen Zwischensequenzen. Zwei Jahre später folgte „Encyclopaedia Infernalis“ ebenfalls auf CCP. Und schließlich 2003 das bis dato letzte Album „The Serpent Within Paradise“. Ende 2006 unterschrieben wir bei Black Blood Records und haben nun das oben erwähnte Album „Agash Daeva“ auf den Markt gebracht.

Was bedeutet eigentlich der Bandname GRABAK? Wofür steht er? Und was bedeutet der Titel des neuen Albums „Agash Daeva“?

„Grabak“ ist der Edda entlehnt. Dort ist „Grabakr“ der Name der größten Schlange, die an den Wurzeln der Weltesche Yggdrasil ihr Unheil verrichtet.
„Daevas“ sind in der persischen Mythologie und im Zoroastrismus gefallen Engel oder auch Dämonen.
„Agash“ ist eine der sieben „Druis“, das sind weibliche Dämonen, die zur Gruppe der Daevas gehören und Ahriman dienen. Wörtlich übersetzt bedeutet ihr Name „der böse Blick“ und zeichnet sich verantwortlich für Krankheit, Übel und Verderben.

Edda und persische Mythologie vereint? Das werde ich mal nachlesen… Das „Agash Daeva“-Album war mein Einstieg in die Welt von GRABAK. Es ist ein harsches, hartes, treibendes, dabei jedoch mit einiger Wiedererkennbarkeit ausgestattetes Album geworden. Wo siehst ihr die Unterschiede zu früheren Werken?

Nun ja, wir haben uns kompositorisch entwickelt. Die Songs sind einfach besser strukturiert und gehorchen nun eher musiktheoretischen Idealen, wenn man im Black Metal von etwas derartigem sprechen möchte. Wesentlichster Unterschied zu früher ist dabei das variablere Drumming. Wir haben uns 2005 von unserem langjährigen Schlagzeuger getrennt und ihn durch Basti ersetzt. Er hat ziemlich viele Death Metal-Einflüsse in unsere Musik gebracht, die wir vorher einfach nicht umsetzen konnten.

In der Tat, das Drumming ist auffallend berserkerhaftes DM-Schlagwerk. Wie würdest du denn euren Stil definieren? Immerhin finden sich bei euch auch atmosphärische Zwischenspiele neben dem vorwärtstreibenden Schlagzeug und den schmetternden Gitarren-Äxten.

Es ist wirklich schwer zu sagen. Wir können es selber kaum definieren, schließlich findet man neben klassischen Black Metal-Elementen viele Charakteristika aus Death-, Thrash- und Heavy Metal.

Das DARK FUNERAL-artige des Gesanges ist nicht nur mir aufgefallen. Allerdings seid ihr härter und gemeiner als unsere schwedischen Freunde. Und weniger auf Hall produziert. Liege ich da richtig bzw. gefällt euch diese Art des harschen Keifens?

Härter und gemeiner? Na wenn Du meinst. Die schwedischen Jungs haben einige der markantesten Songs der BM-Geschichte abgeliefert. Da freut uns der Vergleich eher. Was die Produktion betrifft, ich denke, jede Band findet irgendwann den ihr zu eigenen Sound. Unserer ist halt durch unsere Instrumentierung mit verzerrtem Bass etwas exotischer. Da musst Du schauen, dass sich die Soundstrukturen gut differenzieren lassen und bei viel Hall würden sich einige Details eher verlieren. Das „harsche Keifen“ wie Du es nennst, ist eigentlich erst auf dem neuen Album so zu finden. Die früheren Werke waren stimmlich etwas höher, aber damit unverständlicher und weniger extrem. Wir haben einfach irgendwann beschlossen, dass der Gesang etwas tiefer sein sollte, um sich besser in die neuen Songs zu integrieren.

Mir gefällt es so. Wie schaffst du es eigentlich, diesen charismatischen, gepressten Gesang von dir zu geben? Schüttest du dir Vitriol in die Kehle? Ist es nicht sehr mühsam und schwierig, über einen Song oder ein Album so zu keifen? Ich schaffe das keine zwei Minuten…

Ich schütte mir ganz sicher kein Vitriol in den Hals. Sieh es mal so, ich mach das jetzt seit über zwölf Jahren, da gewöhnt man sich an vieles. Früher habe ich vor und nach Konzerten mit Salbeitee gegurgelt. Heute geht es auch ohne. Auch über die Länge eines Konzertes oder eben mehrere Tage im Studio…

Salbei? Das muss ich mir für meine Band merken… Nun zu den Gitarren-Licks: sie sind sirrend, flirrend, typisch old-school eingespielt. Neben den norwegischen Vorbildern hört man bisweilen rhythmisch orientierte Hooks heraus, ohne dass ich jetzt Black And Roll dazu sagen würde. Liege ich da völlig falsch? Unter anderem der Beginn von „The Beauty…“ bringt mich darauf, dieses sägende Riff, das sehr geil ist, übrigens.

Falsch ist es sicher nicht, wir haben natürlich nordische Einflüsse, schließlich sind wir mit der 90er Welle skandinavischen Black Metals entstanden. Jedoch sind wir nicht ganz frei von thrashigen Riffs, die wir unseren deutschen Thrash-Bands schulden, welche uns auch ganz klar beeinflusst haben.

Dann gibt es immer wieder diese ungewöhnlich düsteren Black Metal-Passagen. Für mich ist das immer, als käme da gleich ein Hornissenschwarm vorbei, der mal kurz innehält, aber sich dennoch immer neue Opfer sucht. Und euer Drummer muss nach der Aufnahmesession unters Sauerstoffzelt gekommen sein oder? Der hämmert ja alles weg.

Basti hat im Laufe der Zeit ein paar Techniken erlernt, effizient und effektiv zu spielen. Das heißt, wie alle High Speed-Drummer spielt er eben recht kraftsparend. Das Drum-Set ist so aufgebaut, dass nur kurze Wege zu überwinden sind und vom Anschlag bemüht er sich eben auch so wenig wie möglich außer Atem zu kommen.

Mit seinen Oberarmen schafft der das schon… Eure neuen Songs sind derart komponiert, dass einige Durchläufe nötig sind, die Feinheiten zu erkennen. Beim ersten Anhören dachte ich, ein Orkan erfasst mich, dann waren es Hornissen, inzwischen höre ich differenzierter. Ihr mischt Groove mit Speed-Attacken, die man sich erstmal erschließen muss. Legt ihr Wert auf Songs, die wachsen?

Die Songs waren schon immer darauf angelegt, entdeckt zu werden, jedoch sind diesmal wirklich viele Details vorhanden, die ein Hören spannend machen. Was nützt es denn, wenn der Hörer nach dem ersten Durchlauf gähnend abwinkt? „Wachsen“ ist ein guter Vergleich, denn wir versuchen wirklich, dem einzelnen Song einen Höhepunkt zu geben, der ihn besonders macht. Auch in Sachen Produktion und Effektsamples haben wir diesmal sehr viel mehr Wert auf Kleinigkeiten gelegt, die den Spannungsbogen mitgestalten.

Gerade auch die gebotene Abwechslung in u.a. „Homo Diabolus“, „Furia“ und anderen Tracks steht euch gut zu Gesicht. Die Düster-Passage während des Chorus bei „Furia“ ist sehr gelungen, fies, dunkel, archaisch, das Solo kryptisch. Traditioneller Metal scheint euch auch zu gefallen.

Hatte ich ja schon erwähnt, wir alle sind irgendwie mit Heavy Metal, Thrash und auch ein wenig Death aufgewachsen. Der eine mehr der andere weniger. So haben wir alle kein Problem damit, die verschiedensten Einflüsse zuzulassen und umzusetzen.

Instrumental seid ihr gut. Ihr könntet bei eurer musikalischen Ausrichtung auch epische Akustikpassagen oder narrative Vocals einbauen. Werden wir so etwas in Zukunft vermehrt zu hören bekommen?

Wenn Du die die alten Alben anhörst, wirst Du feststellen, dass wir das alles schon gemacht haben. Dieses Album jedoch ist wesentlich direkter und hätte extrem an Härte verloren, wenn wir mehr der von Dir genannten Elemente verwendet hätten.

Das stimmt. Außer NEGATOR fällt mir eigentlich keine deutsche BM-Band ein, die so gekonnt immer auf die zwölf geht wie ihr. Am schwarzen Thron rüttelt ihr schon. Aber ihr seid doch nicht zu gemein zur Konkurrenz, oder?

Wer sitzt noch mal auf dem Thron? Ich denke, es ist eher ein Ratssaal, in dem verschiedene Bands sitzen. Allerdings gebe ich Dir Recht, es gibt kaum Bands, die derart schnell spielen. Zumindest nicht im deutschen Black Metal.

Das mit dem Ratssaal gefällt mir; CRIMSON MOONLIGHT sind auch noch drin, TRIMONIUM und BLACK HORIZONS ebenso. Ihr spielt größtenteils Speed-Tempo. Passt das zu eurer Musik und den Texten am besten?

Es scheint so. Letztlich haben sich die Songs irgendwie organisch entwickelt. Wir haben die Musik geschrieben und die Songs wurden immer schneller angelegt. Auch während der Entstehungszeit verändert sich das Tempo noch bis man dann das Gefühl hat, ein „flüssiges“ Hörerlebnis zu haben. Die Kombination aus Geschwindigkeit und Melodik ist offenbar unsere Nische. Auf der anderen Seite würde es sicher sehr schnell eintönig werden, wenn alle Songs nur dahin gehämmert wären. Da sind einzelne ruhige Passagen oder halt ganze Songs, die etwas langsamer sind, eine willkommene Abwechslung.

Auch da geb ich dir Recht. Ich finde, ihr macht das schon ziemlich gut, Atmosphäre mit Raserei zu verbinden. Worum genau geht es eigentlich in euren Texten? Warum verwendet ihr die deutsche Sprache?

Das ist ganz unterschiedlich. Wir haben mythologische, satanische oder halt literarisch inspirierte Lyrics. Wenn Milton oder Dante wüssten, was wir aus ihren Werken gemacht haben… Warum die deutsche Sprache? Nun, es stimmt, bis jetzt hatten wir auf jedem Output mindestens einen deutschsprachigen Song. „Encyclopaedia“ basierte sogar auf einem komplett deutschen Textkonzept. Ich denke, für manche Inhalte lässt sich das phonetisch relativ weich klingende Englisch nicht verwenden. Da braucht es ein eher hartes Klangmuster, wie das Deutsche nun mal auf Grund von Flexion und Rhythmik aufweist.

Ein sehr stimmiger Gedanke bezüglich eurer Musik. Gerade auch bei den ruhigeren Momenten ist das harsche „deutsch“ passend, sozusagen als Gegenpol zur Melodik. Wie entstehen eigentlich eure Songs? Wovon lasst ihr euch leiten, inspirieren?

Sie entstehen zu 80% bei uns im Proberaum. Entweder ein Saitenquäler kommt mit einer Idee oder sie setzen sich gemeinsam hin und tüfteln ihre Strukturen aus. Irgendwann kommt dann der Text dazu und alles wird aufeinander abgestimmt. Eine Mischung aus Intuition bzw. Bauchmusik und Musiktheorie…

Das finde ich interessant, dass du die Musiktheorie ansprichst. Das geschieht nicht allzu oft im Black Metal. Interessiert sich eine heidnische Horde wie ihr sie seid eigentlich dann auch für modernere bzw. andere Musikstile?

Wir sind keine heidnische Horde (Sorry! Anm. Stendahl), weder im historischen Sinne noch aus heutiger neopaganistischer Sicht. Wir haben auch absolut nichts für die heutigen Auswüchse im Pagan Metal übrig (Ich auch nicht! Anm. Stendahl). Was meinst du mit modernen Musikstilen? Wenn damit die derzeitige Radiolandschaft gemeint ist, eher nein, sie dudelt vielleicht mal im Hintergrund aber das ist kein interessiertes Auseinandersetzen. Vielleicht eher bestimmte klassisch geprägte Komponisten wie PROKOFIEW, RACHMANINOFF oder MUSSORKY. Opern von VERDI und PUCCINI. Aber das ist eher meine Präferenz, da will ich mich nicht allzu weit aus dem bandeigenen Fenster lehnen.

Die von dir genannten russischen Komponisten und ihre Werke sind ebenso phantastisch wie die kraftvollen Opern der italienischen Meister. Übrigens werden selbige durchaus öfters genannt, was musikalische Vorlieben/Vorbilder im Black Metal angeht. Darüber könnte man mal ein Special verfassen… Nun aber noch kurz zur Produktion eures Albums: die auf Details angelegte Produktion von „Agash Daeva“ trägt wesentlich zum angenehmen Hörerlebnis bei. Untergrund transparent eingespielt, dadurch eine treffliche Atmosphäre erzeugend, so würde ich es mal beschreiben. Seid ihr zufrieden mit der Produktion?

Ja, die Produktion ist sehr gut und der Produzent A. Schmidt vom KicktheFlame Studio hier in Leipzig hat einen wirklich tollen Job geleistet und sich auf angenehme Art eingebracht. Es war notwendig unseren Albumsound umzustrukturieren. Soll heißen, wir haben keinen „Links versus Rechts-Sound“ im Sinne der Gitarren, sondern sie sind gut miteinander verwoben, um die oftmals gegenläufigen Melodiebögen auszudifferenzieren.

Habt ihr eigentlich schon Pläne für die Zukunft?

Um uns halt nicht auf „Agash Daeva“ auszuruhen, haben wir schon wieder angefangen neue Sachen zu schreiben. Mal sehen, wie es mit Black Blood Records und Einheit Produktionen weitergeht. Die Jungs tun wirklich alles in ihren Möglichkeiten befindliche. Wir spielen größere Konzerte, vielleicht mal eine Tour. Mal abwarten, was kommt.

Das Cover von „Agash Daeva“ finde ich sehr düster. Was steckt dahinter?

Es passt zum Inhalt. Was man sieht ist die bildliche Umsetzung von Agash. Uns hatte von Anfang an die Dualität des Motivs fasziniert. Einerseits hast Du eine recht zarte Frau in verängstigter Pose, verstümmelt, morbide und dem Verfall sehr nahe. Auf der anderen Seite kannst Du die gleiche Pose äußerst aggressiv interpretieren, als Wurzel des Verderbens – quasi als personifizierter Fluch. Tja, und das Motiv von Krankheit und Verderben setzt sich auch auf den Bandphotos fort.

Und in den Texten… Habt ihr es als deutsche Black Metal-Band eigentlich schwerer als es eine schwedische oder norwegische Combo hätte?

Inzwischen nicht mehr. Es gab sicher eine Zeit, in der auch zweitklassige Bands einen Vertrag bekamen, nur weil sie aus Skandinavien stammten. Heute muss jeder Qualität abliefern, um bestehen zu können. Allerdings haben es bereits etablierte Bands immer etwas einfacher, da sie ja schon einen Namen haben.

Mit welchen deutschen Bands seid ihr besonders befreundet? Kann man überhaupt von einer echten Szene sprechen?

Hier in Leipzig gibt es ein paar Bands mit denen wir recht gut können. Wir hatten mal gute Kontakte zu AEBA, DUNKELGRAFEN und ein paar anderen. Inzwischen hat sich das Ganze wieder etwas verloren. Man sieht sich, grüßt sich halt und redet eine Weile. Anderseits muss ich auch gestehen, dass ich irgendwann den Überblick verloren habe, wird denn nun überhaupt noch aktiv ist. Abgesehen davon, dass bei der Flut an Bands ein Überblick eh nur schwer zu halten ist.

Das kann ich bestätigen. Könnt ihr uns noch was zu Touraktivitäten sagen? Gibt es Konzerte, und wenn ja, doch hoffentlich auch hier in der Nähe?

Konzerte gibt es logischerweise. So spielen wir dieses Jahr ein paar Festivals, z.B. auf dem ZABBADUSCHDER OPEN AIR, SATAN’S CONVENTION oder jetzt IN FLAMMEN OPEN AIR. Sicher werden noch ein paar kleinere Shows dazukommen. Ende des Jahres ist wohl noch eine Tour avisiert, aber da gibt es noch nicht viel Konkretes. Es ist auch schwer alle Bandmitglieder unter einen Hut zu kriegen, da alle immer noch irgendwie Geld verdienen müssen.

Wollt ihr noch was loswerden?

Vielen Dank für das Interesse und vielleicht läuft man sich ja mal über den Weg, grüßt sich und redet eine Weile über die gute alte Zeit…

Von mir aus sehr gerne. Und danke für deine Geduld und die ausführlichen Antworten.

13.07.2007
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