Golem
Golem
Interview
Dass man ein Werk wie "Dreamweaver" lediglich mit einer "absonderlichen Phantasie" erschaffen kann, dürfte wohl spätestens beim ersten Durchlauf der aus der Veröffentlichungsflut weit herausragenden Death Scheibe einleuchten. Wie es sonst um Golem bestellt ist, erzählt uns Mastermind Andreas Hilbert.
Ein absolutes Klassealbum ! Wie seht ihr „Dreamweaver“ selbst ?
Wir denken, „Dreamweaver“ ist kein Album für jederman, aber für einige Leute dürfte es wie für uns ein sehr außergewöhnliches, vielleicht sogar wegweisendes Album sein. Wir sind mehr als zufrieden mit dem, was wir uns dort erarbeitet haben.
Nachdem Euer zweiter Longplayer bei Ars Metalli erschienen ist, seid ihr nun bei einem recht großen Label gelandet. Inwieweit seid Ihr mit der Zusammenarbeit zufrieden ?
Die Zusammenarbeit ist sehr professionell, genau wie wir uns das erhoffen., realistisch und zuverlässig. Wir freuen uns, unser Album so an die Öffentlichkeit bringen zu können.
Glaubst Du, dass Ihr Euren Kultstatus nun gegen einen größeren Bekanntheitsgrad tauschen könnt ?
Wir denken schon. Immerhin gibt es schon sehr viele enthusiastische Reaktionen. Allerdings ist „Dreamweaver“ nicht unbedingt leicht verdaulich, so dass wir uns mit Vorhersagen über die allgemeine Akzeptanz ein wenig zurückhalten.
Mit NB habt Ihr ja auch einen finanzstarken Partner im Rücken – wie sieht es mit künftigen Liveauftritten aus – wie intensiv werdet Ihr „Dreamweaver betouren?
Wir sind gerade dabei, einige Angebote zu checken. Momentan ist noch nichts fest geplant, wir hoffen aber, dass sich entsprechendes ergibt.
Ihr habt Euch 5 Jahre mit dem neuen Studioalbum Zeit gelassen – woran lag’s ?
Hauptsächlich lag das wohl daran, dass wir uns nach „The 2nd Moon“ von unserem langjährigen Schlagzeuger trennen mussten. Dadurch haben wir sehr viel Zeit verloren, freuen uns aber natürlich, dass wir mit Eric einen so fähigen Mann an Bord hieven konnten. Die Produktion war auch mit einigen organisatorischen Tücken gespickt und der Weggang von Ars Metalli hat auch nicht unbedingt zu einer Beschleunigung beigetragen. Generell halten wir zudem nichts davon, ein Album zu machen, dass wir nicht als „Meilenstein“ unserer Geschichte sehen. So etwas braucht schon seine Zeit, mal abgesehen von unseren alltäglichen Verpflichtungen. Mit jährlichen Veröffentlichungen braucht man bei uns nicht zu rechnen, dafür kann man dann aber etwas besonderes erwarten.
Mit „Dreamweaver“ habt Ihr für mein Verständnis Euren Stil weiterentwickelt und hört Euch noch eigenständiger, aber auch durchaus eingängiger an. Allerdings komme auch ich nicht umhin, hin und wieder an Carcass denken zu müssen. Nervt Euch der ständige Carcass Vergleich ?
Mittlerweile ist es wirklich nur noch nervig. Wir dachten, die Sache sei jetzt endlich aus der Welt und wir müssten uns dazu nicht mehr äußern. Aber es liegt dann wohl doch am Gesang und solange ich diesen Part übernehme, wird sich daran auch nicht sonderlich viel ändern. Es behindert uns auch beim Songwriting, da man sich dadurch doch ein wenig eingeengt fühlt, wenn man ständig darüber grübeln müsste, ob dies oder das eventuell entfernt nach Carcass klingt. Ich glaube, dass andere Bands es da um einiges leichter haben, selbst wenn dort unbestreitbare Parallelen auftauchen. In diesem Punkt ist die Werbung von NB auch nicht gerade hilfreich.
Als Ihr die Nummer Breeder geschrieben habt, lag bestimmt irgendwo die „Covenant“ rum – Ist Breeder Eure Version von „God of Emptiness“ ? Welchen Stellenwert nimmt Morbid Angel für Euch ein und welche Bands betrachtet Ihr eigentlich als Inspirationsquell ?
Zurzeit dürften Morbid Angel im Metalbereich wohl zu unserer stärksten Inspirationsquelle zählen, da sie neben leider nicht mehr existierenden Formationen wie Emperor oder Oxiplegatz es einfach wagen, neue musikalische Wege jenseits des lieblichen Metal-Schlagers zu gehen. Der Großteil an Inspiration stammt aber nicht aus dem Metalbereich und „Breeder“ hat in der Entstehungsphase auch recht wenig mit MA zu tun. Der Song ist eigentlich als Gegenreaktion zu „Diaspora“ entstanden, der wiederum nur eine Antwort auf gewisse Vorwürfe bezüglich unserer Eingängigkeit war.
Und wie geht Ihr generell beim Songwriting vor ? Stammt das Material hauptsächlich von Dir ?
Musik und Texte stammen hauptsächlich von mir, wobei ich auch auf das Gespür meiner Mitmusiker zurückgreife und mich in der einen oder anderen Sache gerne beraten lasse. Ansonsten entstehen die Sachen größtenteils bei mir zu Hause am PC, wo ich dann nach belieben mit den Arrangements und den Harmonien experimentieren kann. Ein feine Sache, wenn man an die Zeiten mit dem Taperecorder zurückdenkt. Das Schlagzeug arbeite ich zwar auch grob am Rechner vor, belasse das Feintuning dann aber im Proberaum. Ähnliches gilt auch für die Basslinien und die Soli.
Das CoverArtwork halte ich auch für sehr gelungen – kannst Du uns dazu und zum Künstler Niklas Sundin ein paar Informationen geben ?
Etwa zu Produktionsstart kam Andy Siry von Grind Syndicate mit diesem Vorschlag zu uns und er gefiel uns wirklich außerordentlich gut, da es doch ein eher ungewöhnliches Design für ein Death-Metal-Cover ist. Genau das Richtige für uns. Tja, Niklas Sundin ist Gitarrist bei Dark Tranquility und wer sich für seine Sachen interessiert, dem kann auf deren Homepage geholfen werden.
Euer zweiter Longplayer „The 2nd Moon“ handelt textlich DUNE ab – welche lyrischen Hintergründe hat „Dreamweaver“ ?
„Dreamweaver“ ist nicht so sehr ein Konzeptalbum wie „The 2nd Moon“ aber thematisch geht es hauptsächlich um die lyrische Auseinandersetzung mit meinen Träumen, die doch manchmal recht ungewöhnlich sind. Ansonsten finden sich aber auch noch andere Einflüsse aus verschiedenen literarischen Quellen oder meiner absonderlichen Phantasie.
Halte mich jetzt nicht für verrückt, aber ab und an erkenne ich auf „The 2nd Moon“ ein paar Einflüsse des Toto Soundtracks der David Lynch Verfilmung von Dune. Einbildung ?
Mich wundert manchmal, wie wenigen Leuten auffällt, dass wir den Soundtrack sehr stark in das Songmaterial einfließen lassen haben. Die meisten waren wahrscheinlich viel zu sehr mit der Suche nach Carcass-Vergleichen beschäftigt. Filmsoundtracks sind übrigens auch eine sehr große Inspiration für uns und auf „Dreamweaver“ gibt es da auch etwas zu entdecken.
Technisch gesehen seid Ihr ja längst unantastbar, vor allem Euer neuer Schlagwerker hat mich ( bin da eher Hobbytrommler) enorm beeindruckt … für wie stabil hältst Du denn das aktuelle Line-Up ? Euch in dieser Form auch weiterhin erleben zu dürfen wäre schon Klasse !
Rainer und Carsten sind bei Golem nicht mehr wegzudenken und auch Eric wird immer mehr zum Teil der Familie. Man kann natürlich nie sicher sein, wie sich eventuelle persönliche Veränderungen oder anderweitige Belastungen auf die Band auswirken, aber ich hoffe auf eine stabile Zukunft. Spielfreudig und professionell!
Leider ist es ja oft so, dass deutsche Death Bands außerhalb der Heimat nicht gerade viel reißen können … woran glaubst Du liegt das ? Bands wie Harmony Dies und eben Golem brauchen sich ja schließlich nicht hinter ausländischen Kapellen zu verstecken – ganz im Gegenteil.
Das Marketing für deutsche Death-Metal-Bands ist wohl eher bescheiden, weshalb man auch selten ohne die lästigen Vergleiche auskommt. Ob sich das noch jemals ändern wird bleibt fraglich. Fakt ist, dass der technische und kompositorische Standard durchaus konkurrenzfähig sind, es aber noch an entscheidenden deutschen Beiträgen zur internationalen Death-Metal-Geschichte fehlt. Aber das dürfte auch wieder zu gewissen regionalen Klassifikationen führen, wie das ja überall üblich ist.
Golem ist ja auch schon gut 15 Jahre unterwegs – wie beurteilst Du als alter Hase die Entwicklung im Metalbereich , sowohl was das Biz betrifft als auch die Szene selbst ?
Ich bin immer wieder sehr begeistert zu sehen, dass es doch noch eine Menge interessanter und frischer Entwicklungen gibt. Im Allgemeinen langweilt mich die Tendenz des Mainstreams aber zusehend und deshalb klinke ich mich auch immer mehr aus diesem ganzen Trubel um die x-te Molltonleiter aus. Ich will da niemandem Unrecht tun, aber mehr Sachen als je zuvor gehen auch einfach an mir vorbei. Die emotionalen Herausforderungen sind einfach nicht im gleichen Maße mit mir gewachsen. Das Business scheint auch um einiges kaufmännischer und schwerer geworden zu sein, der Markt ist ja auch sehr überfüllt. Schwierig, sich da heutzutage einen Namen zu machen. Aber glücklicherweise müssen wir ja nicht davon leben und können so unseren eigenen künstlerischen Ansprüchen treu bleiben und soviel „schräge“ oder „harmonische“ Töne spielen, wie wir wollen.
Wie wird sich Golem in künstlerischer Hinsicht entwickeln – was habt Ihr noch vor ?
Das ist eine gute Frage. Zurzeit genießen wir erstmal „Dreamweaver“ und werden hoffentlich richtig viel live unterwegs sein. Ansonsten habe ich ja schon betont, dass wir nur dann neue Alben machen, wenn wir wirklich der Meinung sind, neue essentielle Beiträge zu dieser Art von Musik leisten zu können. Wie das dann aussieht, wird sich in dann beim Schreiben neuer Stücke herausstellen. Ich habe da aber schon ein paar Ideen, denen ich aber erstmal noch ein wenig Zeit zum Reifen geben muss.
Und eine Frage, die ich schon immer stellen wollte : Seid Ihr Prag Fans und dort mal dem Golem begegnet ? Wie kam’s zu dem Bandnamen ?
Eigentlich ist Protectors gleichnamiges Album daran schuld, welches uns den Denkanstoß gab. Ein kurzer, prägnanter Bandname, der etwas von der Urgewalt der Musik ausdrückt, die wir zu erschaffen versuchen. Das war genau das, wonach wir gesucht hatten und ist bis heute eine gute Wahl geblieben. Ich war zwar auch schon in Prag, das letzte Mal liegt aber schon ziemlich lange zurück. Nur dumm, dass es im Moment zu einigen Verwechslungen mit Tolkiens Gollum kommt – die beiden haben nichts miteinander zu tun!
Ach ja – bevor ich’s vergesse :
Fast jede Band hat ne Seite im Netz ! Wo bleibt denn bitte Eure ?
Da ich mich um alle Belange der Band selbst kümmere, hatte ich mich bisher davor gedrückt, mir den entsprechenden Zeitaufwand zu genehmigen. Aber die Seite ist jetzt fertig und wird in den nächsten Tagen unter golem-metal.de erreichbar sein. Zeit wird’s!
Vielen Dank für das Interview ! Hast Du noch ein paar Worte für die werte Leserschaft ?
Traut nicht dem schönen Schein – Er kann eure eigene Intelligenz nicht überstrahlen!