Godslave
Was wirklich wichtig ist

Interview

GODSLAVE sind die Freudebringer des Thrash. Das zeigt die Band auf ihrem neuen Album „Positive Aggressive“ ein weiteres Mal. Weichgespült klingt ihre Musik aufgrund der positiven Atittüde aber noch lange nicht. Ebenso wenig nehmen GODSLAVE ein Blatt vor den Mund, wenn es darum geht, ernste Themen anzusprechen. Das beweisen Frontmann Thomas Pickard und Gitarrist Bernhard Lorig im ausführlichen Gespräch.

„Gemeinsam was reißen!“

Moin Männers, mit GODSLAVE propagiert ihr schon seit Jahren eine für Thrash Metal ungewohnt gut gelaunte Attitüde. Bei „Positive Aggressive“ schlägt sich das nun sogar im Albumtitel nieder. Hat die Pandemie bei euch da eine Art „jetzt erst recht“-Mentalität heraufbeschworen?

Thommy: Ich würde nicht sagen, dass die Pandemie das „Positive Aggressive“-Konzept heraufbeschworen hat. Diese Richtung hatten wir schon leicht seit „Welcome To The Greenzone“ 2016 und verstärkt auf „Reborn Again“ 2018 eingeschlagen. Was die Intensität dieser auf „Positive Aggressive“ allerdings betrifft, da möchte ich nicht abstreiten, dass die Pandemie und andere Faktoren eine Rolle spielten. Sie hat uns den letzten Schub verleitet, dass man besonders solche Situationen einfach positiv angehen muss, um irgendwie vernünftig au der Sache herauszukommen.

Wie hängt denn das Albumcover mit dem Titel zusammen?

Thommy: Du siehst Horst in einer angreifenden Stellung und zu 100 Prozent nach vorne gerichtet, er schaut auch nicht zurück. Er packt also das Problem direkt an, schreit befreiend auf. Das siehst du daran, dass er sich das, was versucht, ihm die Mund zuzuschnüren, mit seiner eigenen Kraft aufreißt. Dadurch kommt auch seine innere Power in Form des Grünen zum Vorschein. Wenn du dir die vorherigen Cover anschaust, hat Horst immer mit einer schwarzen Macht wie auf „Into The Black“ oder Dämonen wie bei „In Hell“ und „Reborn Again“ zu kämpfen. Diese Dämonen sind nun nicht nur besiegt, sondern stehen nun mit voller Power hinter ihm und diese Armee greift jetzt gemeinsam an – ein schönes Symbol dafür, dass man gemeinsam deutlich mehr erreichen kann als allein. Nicht immer gegeneinander kämpfen und alles scheiße finden, sondern gemeinsam was reißen!

GODSLAVE sind mit der Szene unzufrieden

Im vergangenen Jahr hattet ihr als Band ganz schön zu kämpfen und sogar das Ende von GODSLAVE stand im Raum. Was habt ihr getan, um diese Probleme in den Griff zu bekommen?

Thommy: Das vergangene Jahr hat mit Sicherheit bei vielen anderen auch einen Impuls gesetzt. Wir hatten auf einmal mehr Zeit, um über alles nachzudenken. Zusätzlich zur Pandemie kamen auch von einigen Mitgliedern private Faktoren, die ordentlich in den Bandalltag einschlagen dazu. Bei mir zum Beispiel die berufliche Situation mit teils Wochenendarbeit, welche natürlich auch auf die Band einen Einfluss hatte.

Wir nutzen gern das Bild, dass uns die Pandemie den Spiegel vors Gesicht gehalten und ihn dann über unseren Schädeln zerdeppert hat. So wie wir bis dahin glaubten zu funktionieren, wäre es nicht mehr lange gut gegangen, wir standen also unbewusst schon an der Wand, Corona hat uns dann durch die Wand durchgeprügelt. Das war keine schöne Zeit und ‘ne ganz schön harte Nummer für jeden einzelnen. Dass es wirklich so war, haben wir aber nie wirklich besprochen, das kam gar zufällig nur raus. Es hätte also alles implodieren können, ohne dass wir gewusst hätten, was uns passiert.

Von daher sind wir in dieser Hinsicht sogar froh, dass es so gekommen ist, weil wir somit die Kurve noch gerade so gekriegt haben. Wir haben durch diese Erkenntnis gelernt, ganz anders miteinander umzugehen und auch unsere Arbeit anders zu strukturieren. Und mitten in dem erlebten Shitstorm kam dann das Angebot von Metalville, rückblickend der perfekte Zeitpunkt! Wir hatten letztes Jahr mal die Gelegenheit, zu zeigen, ob wir das, was wir die ganze Zeit propagieren, auch selbst leben können, haha. Die „Positive Aggressive“-Attitude war also unsere Leuchtfackel durch das letzte Jahr.

Die Texte auf dem Album sind oft sehr persönlich gehalten. „Show Me Your Scars“ zum Beispiel beschäftigt sich mit dem Thema Mental Health innerhalb der Metalszene. In der Gesellschaft werden psychische Krankheiten oft noch stiefmütterlich behandelt. Wie habt ihr das Gefühl geht unsere Szene damit um?

Bernie: Furchtbar geht unsere Szene damit um! Genauso wie die gesamte Gesellschaft nach wie vor und das ist leider eine absolute Schande! Ich habe aber ganz persönlich das Gefühl, dass das Thema gerade in der Metalszene, wo viele gern mal auf starken Wikinger mit dicken Eier machen, ganz besonders ignoriert wird. Denn ein solcher Wikinger, männlich oder weiblich, das gibt sich nix, wäre ja keiner, wenn er oder sie zugibt, verletzlich zu sein und eben nicht alles hinzubekommen, nur wenn man sich halt genug anstrengt oder wütend genug ist. Überraschung: So ist aber das Leben, wir tragen alle unser Kreuz.

Unsere Hoffnung ist, dass sich ein paar Leute, die mentale oder auch physische Narben haben, durch „Show Me Your Scars“ ermutigt fühlen, offen darüber zu sprechen. Niemand muss irgendetwas, aber es kann halt nicht sein, dass man Angst hat, über etwas zu sprechen ob der Reaktion, die man befürchtet, gerade in einer Szene, in der Brüderlichkeit so großgeschrieben wird!
Ich bin mir ganz, ganz sicher, dass der absolute Großteil der Leute offen und unterstützend reagieren wird, wenn man sich traut, sich zu öffnen. Den Rest kann man eh vergessen. Aber diesen einen Schritt muss man eben gehen, wäre toll, wenn wir dazu etwas Kleines beitragen könnten!

„Wir achten darauf, dass es uns gut geht!“

Der Titel „Straight Fire Zone“ klingt derweil eher nach typischer Metal-Lyrik. Worum geht es in diesem Song?

Bernie: Es geht grundlegend um zwei Dinge. Auf der einen Seite um „Straight Fire“, was wir in unserem Kontext als „No Bullshit“ interpretieren. „Straight Fire“ ist auch der Name unseres neuen Logos by the way. Für uns heißt das: Wenn wir zusammenkommen und da sind wir bei der zweiten Seite, dann zählt nichts, als dass es uns zusammen gut geht! Oftmals wird ja behauptet, dass man als Band dies und das machen und was anderes lassen muss. Als Metaller muss man ja auch unbedingt dieses und jenes und darf auf keinen Fall blablabla. Das geht uns so tierisch auf den Sack, ich kanns dir nicht in Worte fassen. Wenn wir zusammen sind, dann spielt das alles keine Rolle, wir tun das, was uns guttut und nichts anderes hat in diesem Moment Macht über uns. Und ob das Metal-Klischees entspricht, spielt nun wirklich keine Rolle dabei.

Die „Straight Fire Zone“ ist der Ort, an dem wir zusammenkommen. Durch die Pandemie war uns dieser leider nicht mehr zugänglich, deshalb habe ich mir Gedanken darüber gemacht. Wir müssen gar nicht an einem physischen Ort zusammenkommen, die „Straight Fire Zone“ ist überall, wo wir sie haben wollen! Wenn wir in den Wald gehen, mit Freunden zoomen oder und einfach nur zurücklehnen und geile Mucke hören – mit GODSLAVE funzt das am besten, haha – dann betreten wir die „Straight Fire Zone“ und achten darauf, dass es uns gut geht!

Und was hat es mit der abschließenden Ansage „Final Chapters First“ auf sich?

Bernie: Der Song greift die Idee des „Buch des Lebens“ auf, also dass das Leben wie ein Buch mit verschiedenen Kapiteln ist. Die Message ist simpel, schreibt das Ende zuerst! Überleg dir, wie das Ganze ausgehen soll. Wie willst du dich auf deinem Sterbebett fühlen? Willst du viel bereuen, viele Feinde gemacht haben oder willst du umringt sein von deinen Lieben und beruhigt abtreten, weil du schon während der Kapitel vorher dafür gesorgt hast, dass am Ende alles cool wird? Denkt mal drüber nach, was ist wirklich wichtig?

GODSLAVE und ihre Metal-Zirkus-Freunde

Trotz aller aktuellen Widrigkeiten bezüglich sozialer Kontakte habt ihr gleich zwei Gäste für das Album gewonnen. Damir Eskic von DESTRUCTION hat ein Gitarrensolo beigetragen. Mit der Band verbindet euch eine langjährige Freundschaft. Wie ist diese entstanden und wie kam es zu Damirs Beitrag auf „Positive Aggressive“?

Thommy: Eines unserer allerersten Konzerte spielten wir in Passau auf dem Metal Invasion Festival als blutjunger Opener. An diesem Tag lernten wir den Headliner des Festivals, DESTRUCTION, persönlich kennen. Wir hatten kurzerhand einen zusammen getrunken und etwas gequatscht und es stellte sich schnell heraus, dass die Jungs zeitnah in unserer Heimatstadt Saarbrücken spielen. Wir verabredeten uns für den Tag und ich versprach ihnen auch den saarländischen Exportschlager Lyoner.

Seitdem gehört es zur Tradition, dass wir uns mit Lyoner auf einer Show von Zeit zu Zeit treffen, haha. Auf einer der letzten Shows vor der Pandemie spielten die Jungs nochmal in Saarbrücken, wir trafen uns und da war auch „der Neue“ dabei, welcher sich sofort als super sympathischer Typ herausstellte, der Manni direkt ‘ne Gitarre abschwatzen wollte, haha. Wir fragten ihn daher kurzerhand, ob er Bock hätte und er hat zugesagt.

Im Opener „How About NO“ ist derweil Britta Görtz von CRITICAL MESS zu hören. Warum brauchte ausgerechnet dieser GODSLAVE-Song ihre Gastvocals?

Thommy: Das ist auf meinen Bockmist gewachsen, haha. Tatsächlich braucht es ihre Vocals nicht in dem Song, allerdings passen ihre Vocals nun mal perfekt zu diesem Song! Die Growl-Parts standen schon vorher als solche und da lag mir die Idee nahe, unsere langjährige Freundin zu fragen, ob sie nicht Bock hätte. Auch hier: Sie hat direkt zugesagt, was uns sehr freut.

Bernie: Bei zwei gemeinsamen Shows hatten wir „Burn You All“ schon zusammen auf der Bühne gespielt, die Chemie backstage funktionierte auch on stage. Neben ERADICATOR sind CRITICAL MESS unsere engsten Freunde im Metal-Zirkus. Das ist eins der schönsten Dinge, mit den Leuten was zusammen zu machen, die man auf der Reise kennenlernt.

20.07.2021

"Irgendeiner wartet immer."

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