Gluecifer
Gluecifer
Interview
Gluecifer bringen einfach Spaß! Neben den Hellacopters und Turbonegro sind sie zur Zeit einer der heißesten Skandinavien-Importe was Rock’n Roll angeht. Oder sollte man besser Rotz’n Roll, dreckiger und harter Rock’n Roll oder Schweinerock sagen? Egal, irgendwie passt alles. Mit der neusten Scheibe "Basement Apes" im Gepäck waren die Jungs in letzter Zeit kräftig am Touren. In Hamburg – vor einem der letzten Auftritte – stand mir Captain Poon Rede und Antwort.
I denke, dass es wirklich gut war. Wir haben kurz nachdem das Album veröffentlicht wurde mit der Tour begonnen. Wir sind durch die Gegend getourt, dann kamen die Festivals und dann wieder Club-Konzerte. Wir haben versucht, an so vielen Orten und in so vielen Ländern wie möglich zu spielen – das ist das einzige, was wir tun können.
Ihr habt ein paar Auftritte als Special Guest der Hellacopters gespielt. Wie war das?
Die Jungs haben uns für vier Shows in Norwegen unterstützt. Dann sind wir rüber nach Schweden gefahren und haben unsererseits die Hellacopters dort unterstützt. Das war im September diesen Jahres. Das ganze war ein guter Deal.
Manche Bands werden im Laufe einer Tour immer besser, andere werden einfach nur immer erschöpfter und müder… oder erst das eine, dann das andere. Wie sieht es bei Euch im Moment aus?
Wir werden immer besser, weil wir niemals davon genug bekommen, auf der Bühne zu stehen. Für uns ist es Spaß. Live spielen ist nun einmal das, was wir machen und lieben – wir versuchen uns also ständig zu verbessern.
Wie hat Euch denn das Bizarre Festival im Sommer gefallen?
Es war okay – es war leider ziemlich stressig, weil wir an einem Tag zwei Auftritte hatten, so dass wir nicht die Chance hatten, ein bisschen mehr Zeit beim Festival zu verbringen. Wir sind einfach nur zum Bizarre gefahren, haben unsere Show gespielt und sind dann sofort nach Köln gefahren, um beim Ring-Fest aufzutreten. Das war wirklich ein stressiger Tag. Außerdem war es auch noch ein Sonntag… Du kannst Dir ja vorstellen, dass die Festivalbesucher seit ihrer Ankunft kräftig gefeiert hatten. Wir haben beim Bizarre nachmittags gespielt – ich glaube, einige waren recht kaputt.
Wie sehen Eure Pläne nach dieser Tour und für nächstes Jahr aus?
Wir werden erstmal für eine Weile zurück nach Norwegen fahren. Wir gehen ins Studio, um ein paar neue Songs aufzunehmen und Ende Januar werden wir wieder auf Tour gehen. Wir haben also ein wenig Zeit, um neue Songs zu schreiben und um uns zu Hause auszuruhen bevor es wieder losgeht. Wir werden zum Beispiel Konzerte in Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Italien und Großbritannien geben. Ich glaube, es wird dieses Mal nicht viele Shows in Deutschland geben – hier haben wir ja in diesem Jahr recht viele gemacht. Wir haben darüber geredet, vielleicht ein Konzert in Berlin und eines in München auf unserem Weg gen Süden zu geben… aber wir werden sehen.
Basement Apes ist Euer viertes Studioalbum, dass hier veröffentlicht wurde. Wie würdest Du Eure musikalische Entwicklung beschreiben?
Ich weiß nicht… Ich denke, dass wir mittlerweile viel besser zusammen spielen. Wir sind eine engere Gemeinschaft, bewegen uns in dieselbe Richtung. Früher habe ich die meisten Songs alleine geschrieben. Bei unserem letzten Album haben Biff, Raldo und ich das zusammen gemacht. Wir haben einfach alle mehr zusammengearbeitet. Das ist wohl der Grund, weshalb es so geworden ist, wie es ist. Wir werden auch so weiterarbeiten, weil es einfach mehr Spaß bringt. Jeder fühlt sich ein Stück mehr involviert. Auf den anderen Album gab es mehr aggressive Songs zu hören, wir waren näher am Punk Rock. Aber wir sind nun mal alle große Fans des Classic Rock, deshalb kommen diese Einflüsse wohl jetzt auch stärker zur Geltung.
An welche Bands denkst Du? Auch an Whitesnake usw…?
Nein. Natürlich sind wir damit aufgewachsen, ich habe also eine Menge Mist gehört, als ich ein Kind war. Es gibt aber natürlich bestimmte Bands, die wir seit unserer Kindheit sehr gerne hören… Bands wie AC/DC, die Rolling Stones und viele Punk Bands… Sex Pistols, The Damned – all so etwas.
Eure Musik in drei Worten…
Harter Rock’n Roll!
Würdest Du Folgendem zustimmen: Basement Apes ist ein Party Album. Zum Beispiel wunderbar dafür geeignet, wenn man mit Freunden irgendwo sitzt, ein gutes Bier – oder auch einige mehr, ein paar Zigaretten,…
Ja doch. Ich glaube, das letzte Album ist ein bisschen mehr die CD zum hinsetzen und zuhören – es passiert mehr mit den Instrumenten, der Sound ist etwas anders und all diese Dinge, aber es ist immer noch Rock’n Roll. Es sind immer noch wir und es ist immer noch Gute-Laune-Musik.
Basement Apes ist nicht nur purer Rock’n Roll, es gibt auch einige langsamere Songs. Ich denk da an „Litlle man“ und „Losing ends“.
Wir haben einfach Songs geschrieben und als wir das Album zusammengesetzt haben, hatten wir etwa 23 Songs zur Auswahl. Wir konnten also wählen, ob wir nur den klassischen Gluecifer Stil nehmen, oder ob wir das ganze etwas erweitern wollen. Wir fanden, dass die ausgewählten Songs gut klingen und so war es uns egal, was die Oldschool Gluecifer Fans dazu sagen würden. Wir kümmern uns nicht darum, denn wir haben die Songs veröffentlicht, die wir mögen.
„Little man“ zeigt eine – für mich jedenfalls – unerwartete Seite an Euch. Ihr betretet so ein wenig dunkles Territorium. Bekommen wir davon in Zukunft mehr?
Ich weiß nicht. Der Song ist irgendwie verrückt und irgendwie besonders. Es wäre albern gewesen, wenn man versucht hätte, noch so einen ähnlichen Song zu machen. Ich glaube nicht, dass wir das machen werden. Als der Song fertig war, dachten wir: Okay, der ist gut, lasst ihn uns auf das Album tun… „piss some people off and invite some new people“.
Was waren Eure Ziele, als Ihr Gluecifer 1994 gegründet habt? Die Rettung des Rock’n Roll, der Rockmusik…?
Wir wollten einfach nur den Spaß zurückbringen. Zu der Zeit gab es so viele langweilige Bands. Wir wollten dem Publikum bei den Konzerten eine gute Zeit bescheren, wollten nicht, dass sie bewegungslos vor uns stehen. Es gab so viel langweiligen Mist damals. Es gab kaum „Entertaining Rock Bands“, aber dann – einige Jahre später – gab es auf einmal eine große Anzahl. Ziemlich viele versuchen, sich in diesem Genre zu bewegen – lass es uns „Action Rock“ nennen.
Warum habt Ihr alle diese Spitznamen?
Unsere wirklichen Namen sind – wenn man international denkt – ziemlich langweilig. Die Spitznamen sind wie Künstlernamen und es gab sie schon bevor wir die Band „Gluecifer“ nannten. Einige Jahre später haben das viele andere auch gemacht und das ist irgendwie langweilig, aber damals war es sehr spaßig. Es sind die Namen, unter denen uns die Leute kennen. Die Fans sagen „hey, there is Biff, there is Captain Poon“ – das sind unsere Namen.
Wie sieht es mit dem geschäftlichen Part aus? Die meisten Musiker mögen diesen ganzen Business-Kram nicht, der nichts mit Musik zu tun hat.
Wir hatten mit einer Menge von diesem ganzen Mist zu tun. Wir haben erst seit zwei Monaten zum ersten Mal eine Managerin. Vorher haben wir alles selbst in die Hand genommen, da es in Norwegen nicht viele Leute gibt, die das wirklich richtig gut können. Also hatten wir uns gedacht, dass wir es lieber selbst machen, ehe es irgendein Idiot macht, der von seinem Job nichts versteht. Wir haben nun diese Frau aus Norwegen, die mit uns zusammenarbeiten wird – und das wird wirklich gut werden.
Was habt Ihr jetzt noch mit der geschäftlichen Seite zu tun?
Wir wollen immer eine gewisser Weise Kontrolle über die Dinge haben, die unsere Karriere betreffen. Es gibt aber eine Menge langweiliges Zeug auf der Business-Seite – wir wissen das aus unserer Erfahrung recht gut. Es ist also eine Erlösung, jemanden zu haben, der sich darum kümmert.
Wann war der Punkt gekommen, als Ihr neben der Musik nicht mehr arbeiten musstet?
Das war vor etwa drei Jahren. Ich habe davor eigentlich nicht wirklich etwas gemacht, weil ich mich seit der Bandgründung damit beschäftigt habe, dass es mit Gluecifer aufwärts geht – ich hab mich also auch um den ganzen Managment-Kram gekümmert und hab mir den Arsch dafür aufgerissen, dass wir alle von der Musik leben können. Irgendwo irgendetwas anderes arbeiten – das ist für mich nicht möglich. Das würde nie funktionieren.
Euch live auf der Bühne zu sehen ist ein Erlebnis. Es bringt einfach Spaß. Eine Rock-Show…
Ich weiß nicht, ob die Art und Weise, wie ich mich auf der Bühne gebe, zu mir passt oder ob es daneben ist. Wenn wir auf der Bühne nicht Entertainer wären, wäre es langweilig. Ich sehe so viele Bands, die versuchen, genau das gleiche zu machen. Es wirkt aber meistens nicht natürlich. Bei uns kommt es einfach aus uns heraus – das ist unsere Art des Entertainment. Rock’n Roll ist immer so etwas wie Unterhaltung, es ist nicht das wichtigste auf der Welt. Für uns aber ist es natürlich wichtig – es ist unser Job, die Masse zu unterhalten, also machen wir alles, was wir tun können, um das zu schaffen.
The Hellacopters, Turbonegro, Gluecifer… Skandinavischer Rock ist recht beliebt im Moment. Was glaubst Du: Hält das lange an?
Ich glaube nicht, dass es mit der Begeisterung bald vorbei ist. Es gibt immer noch viele Leute, die nichts von uns gehört haben. Wir haben also noch etwas zu erledigen und ich glaube nicht, dass Rock’n Roll so etwas wie den Höhepunkt erreicht hat. Ich weiß nicht wie lange, aber ich denke, es dauert noch eine ganze Weile, bis es abwärts geht.
Ihr hattet mit dem amerikanischen Label Sub Pop Records einen Vertrag, seid in den Staaten aufgetreten. Mittlerweile habt ihr mit dem Label keinen Vertrag mehr. Das war für mich alles ein wenig verwirrend. Kannst Du kurz zusammenfassen, wie die Dinge mit Gluecifer in den USA stehen?
Wir unterschrieben den Vertrag mit Sub Pop Records und sind dann zweimal in den Staaten getourt. Nachdem das Album veröffentlicht wurde, haben wir dort eine Master Tour gemacht. Und dann Sub Pop… besser: die wirtschaftliche Situation war schlecht. Sie mussten vielen Supportbands absagen und solche Sachen. Also haben wir gesagt: „Okay, wenn ihr nicht das Geld aufbringen könnt, um uns auf Tour zu schicken, haben wir keine Möglichkeit zu kommen.“ Wir können das Geld nicht aus unseren eigenen Taschen vorschießen. Wir haben also gesagt, dass wir unter diesen Voraussetzungen nicht mehr mit den Jungs zusammenarbeiten können, dass sie dann nicht das richtige Label für uns seien. Nach einigen Monaten konnten wir dann gehen, worüber wir glücklich waren.
Aber es gibt doch sicherlich Zukunftspläne für die USA?
Ja, das aktuelle Album wird dort Mitte März veröffentlicht – ich glaube durch SPV. Im April werden wir dort wahrscheinlich eine Tour starten. Wir werden eine Menge Gigs spielen, wieder eine Fangemeinde aufbauen und sehen, was geschieht. In den Staaten ist mit skandinavischen Bands im Moment einiges los. The Hives und The International Noise Conspiracy schlagen sich dort gut, ebenso die Flaming Sideburns aus Finnland. Es ist also definitiv an der Zeit für uns, dass wir wieder dort auftreten.
Welche Ziele habt ihr generell für die Zukunft?
Wir sollten einfach nur glücklich darüber sein, dass wir von unserer Musik leben können, dass wir nicht irgendeinen Scheiß machen müssen, den wir nicht machen wollen. Mit der Art von Musik, die wir spielen, laden wir jeden ein. Je mehr Leute zu unseren Shows kommen, je mehr Alben wir verkaufen, desto besser ist es für uns. Wir wollen keine Band sein, die mit ihrem Underground Image wirbt. Das war niemals unser Ding. Wir wollen so viele Menschen wie möglich ansprechen. Wenn das jetzt einige „Ausverkauf“ nennen wollen, sollen sie das tun, aber das ist es nicht, was wir tun. Wir wollen einfach Spaß haben und den Leuten Spaß bringen.