Glittertind
Interview mit Torbjørn und Geirmund zum Album "Djevelsvart"

Interview

Glittertind

Innerhalb weniger Jahre wurde aus dem Ein-Mann-Projekt GLITTERTIND eine vollwertige Band, die uns gerade mit ihrem aktuellen Album „Djevelsvart“ verzaubert. Bei uns heimste die Band damit 9 von 10 Punkten ein und generell gab es für das düstere Werk von der Fachpresse einstimmig Zuspruch. Wir unterhielten uns mit den Norwegern Torbjørn und Geirmund ausführlich über ihre Einflüsse, die Entstehung, Inspiration und Details der neuen Platte.

Torbjørn, im „normalen Leben“ arbeitest du als Psychologe, wie beeinflusst diese Tätigkeit deine Musik?

Torbjørn: Von meinen Klienten und während meiner Ausbildung habe ich gelernt, dass man immer versuchen muss die Grundaussage der Gefühle zu finden, in dieser Basis findet du die wichtigsten Informationen. Diese wahren Gefühle sind der Kitt für unser Selbstwertgefühl, wenn wir die Verbindung zu Ihnen verlieren, dann wissen wir nicht mehr wer wir eigentlich sind. Aber es ist schwer schmerzhafte oder verbotene Gefühle anzuerkennen. Diese Gefühle rauszulassen, also auch die verbotenen, war immer mein Ziel bei der Erschaffung dieses Albums – Ich wollte, auf künstlerische Art und Weise, tief in meinem Selbst graben.

„Sprekk For Sol“ ist inspiriert vom Amoklauf in Norwegen oder um genauer zu sein, von einem Fan eurer Musik, der in das Drama involviert war und dabei gestorben ist. Bitte erzähl uns mehr über dieses Statement gegen Rassismus und Gewalt. Es muss ein schmerzhafter Prozess gewesen sein dieses Lied zu erschaffen, mit der grausigen Tatsache im Hinterkopf.

Torbjørn: Hass-Ideologien sind die falsche Lösung für die Gesellschaft für jede Art von Krise, ganz gleich ob Wirtschaftskrise, den Verlust von sozialem Kontakt oder den Verlust einer Bedeutung. Der Song richtet sich an alle, die denken sie wäre eine Art Insel und soll ein Weckruf für sie sein. Kehr zurück zum „menschlichen Stamm“, verbinde dich mit anderen Personen! Gleichzeitig ist er für diejenigen, die andere in Extremismus abdriften sehen. Versucht diesen Menschen herauszuhelfen und sie wieder zu integrieren. Es ist außerdem auch ein Hard Rock Song, denn Torjus Jakobsen Blattmann mochte diese Musik sehr gerne und eben GLITTERTIND. Wir wollen dieser wertvollen, mutigen und fantastischen Person damit die letzte Ehre erweisen und an ihn erinnern. Es ist entscheidend, dass wir Torjus‘ Mission für die Erschaffung einer sozialen, gerechten Welt gegen das Risiko von Extremismus und bedeutungslosem Hass einsetzen.

Das zeigt ja, dass du deine Inspiration aus dem normalen Leben nimmst und transferierst. Machst du dir Notizen von besonderen Begegnungen im täglichen Leben?

Torbjørn: Ich mache mir die „Notizen“ hinterm Ohr, spreche jeden Tag mit Menschen und versuche zu beobachten und zu inspirieren. Außerdem lese ich viele Bücher über Soziologie und Psychologie und versuche mich selbst zu verstehen und die Welt. Reflexionen davon spiegeln sich in meinen Texten und Songs und andere behalte ich für mich oder verwende sie um Essays zu schreiben.

„Utgang“ hat mich wirklich sehr berührt und sagt viel ohne Worte. War es von Anfang an als Instrumentalstück geplant oder habt ihr erst nachträglich entschieden, es ohne Worte zu lassen?

Geirmund: Es war von Beginn an so geplant. Das Album wurde dunkler als wir es erwartet hätten, je mehr es wuchs. Wir mussten einen Weg finden es anständig und angemessen zu beenden. Ich schlug diese Melodie vor – eine alte schöne, beruhigende, schwedische Folk-Melodie. Das zu hörende Instrument ist unser altes Familien-Klavier, ein Klavier von 1912. Darauf habe ich vor sehr, sehr langer Zeit gelernt zu Musizieren, so hat es auch eine sehr sentimentale Note.

GLITTERTIND begann damals als Ein-Mann-Projekt und mittlerweile habt ihr euch zu einer Sechs-Mann-Kapelle gemausert. Wo habt ihr die passenden Musiker gefunden und was sollte ein Musiker mitbringen, um ein Teil von GLITTERTIND sein zu können?

Torbjørn: Die Hauptmotivation sollte zweierlei sein, musikalisch und sozial. Dafür ist das Wichtigste Leute zu nehmen, die in erster Linie gut an ihrem Instrument sind und es muss auch zwingend auf sozialer Ebene passen. Geirmund und ich haben zum Glück gleiche Freunde, die tolle Menschen und tolle Musiker sind. So hatten wir schnell die Gang zusammen, mit der es Spaß machte zu spielen und bei der es im Ergebnis auch sehr gut klingt.

Das Album hat einen einzigen negativen Punkt, die Spieldauer erscheint mir definitiv zu kurz. Ihr habt letztendlich zehn Stücke ausgewählt, aber wie viele habt ihr denn innerhalb des Schaffensprozess verfasst?

Torbjørn: Wir hatten eigentlich 11 Songs, aber einer passte einfach zum Gesamtergebnis nicht dazu, sodass wir uns entschieden ihn hinten runterfallen zu lassen. Ich denke 36 Minuten ist perfekt und hinterlässt dieses gute Gefühl, noch mehr zu wollen. Das ist ja ein ganz guter Indikator, dass dir die vorangegangenen 36 Minuten gefallen haben. Besser als eine Menge Füllmaterial einzubauen, wir konzentrierten uns auf jeden einzelnen Tracks besonders intensiv.

„Djevelsvart“ erscheint mir grundsätzlich etwas dunkler, als die vorherigen Alben. Würdet ihr mir zustimmen und falls ja, was waren die Gründe dafür?

Torbjørn: Ja. Ich habe meine Freundin vier Jahre in ihrem heftigen Kampf gegen den Krebs begleitet. Das hat mich sehr betroffen gemacht und meine Arbeit am Album maßgeblich beeinflusst, meine Sicht auf Dinge des Lebens grundsätzlich geändert. Krise hat in China zwei Bedeutungen: Gefahr und Chance. Um aus einer Krise eine Chance zu machen, muss man einen Prozess durchlaufen und wachsen, dass ist eine sehr schmerzvolle Erfahrung. Ich denke eine meiner Wege mich auszudrücken lief eben über die Musik und die Texte für dieses Album.

Parallel dazu durchlief Norwegen einer der größte Krisen der zweiten Welt, mit dem Terror vom 22. Juli 2011. Ein lustiges Album zu machen war etwas, dass meiner Meinung nach gar nicht gepasst hätte. Es musste so dunkel werden.

Meiner Meinung nach ist „Djevelsvart“ gerade deshalb euer bestes Album bis jetzt. Wie zufrieden seid ihr selbst, wie waren die Kritiken und mit welcher Emotion würdet ihr das Werk zusammenfassen?

Torbjørn: Danke! Wenn du ein Album drei Jahre lang immer und immer wieder durchkaust, dann kannst du den Geschmack nicht mehr genießen. Glücklicherweise fahren noch viel Leute auf den Geschmack ab. Wir haben bis jetzt nur fantastische Kritiken bekommen, aus dem Folk und aus dem Metal-Bereich und sogar von den Mainstream-Medien in Norwegen. Der Song „Kvilelaus“ wird sogar regelmäßig vom bekanntesten Radiosender in Norwegen gespielt. I

Wir warten noch auf einige Rückläufe von der Metal-Presse in Deutschland und England. Das Review von dir hat gezeigt, dass man auch mit norwegischer Musik die Herzen von Anderen erreichen kann – es ist eine universelle Sprache.

Achtet ihr auf die Reaktionen der Fans, also wenn sie sich euch gegenüber (auf Konzerten oder im Netz) äußern, dass sie GLITTERTIND gerne etwas softer oder härter hätten?

Torbjørn: Nein, in dieser Hinsicht sind wir sehr arrogant. Wir versuchen etwas zu machen, dass in erster Linie wir mögen und wir versuchen uns weiterzuentwickeln. Also wenn die Fans das mögen, bis jetzt ist das so, dann ist das sehr gut und wenn nicht, dann eben nicht.

Geirmund, als Produzent musst du dich ja etwas länger mit dem Material befassen und es auch aus einer anderen Perspektive als die Kollegen betrachten. War es manchmal hart die Distanz zu wahren und es genauso hinzukriegen, wie du und die anderen es klingen lassen wollen?

Geirmund: Du lässt mich ja wie einen richtigen Produzenten klingen! Ehrlichgesagt kann ich alles nur aus meiner Sicht sehen und hören. Ich bin nicht so gut darin, wenn es darum geht auf Hinweise zu hören oder den Sound der aktuellen Zeit einzufangen. Ich mag es auch gar nicht so sehr im Hier und Jetzt zu bleiben, was auch immer gerade „aktuell“ sein mag. Wie schon erwähnt, habe ich auf einem sehr alten Klavier gelernt und meine Erfahrung sagt mir: Das Instrument sagt dir, ob es gut klingt was du machst und wenn es um Songerschaffung geht, dann sagt der Song dir, ob er fertig ist.

Auf „Djevelsvart“ verwendet ihr einige Segmente aus Film-Soundtracks, wie kam es dazu?

Geirmund: Das hat wahrscheinlich mit meinem Hintergrund zu tun, denke ich mal. Ich mag sehr gerne klassische Musik und Filmmusik hat ihren Ursprung sehr oft in klassischer Musik. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Segmente, die du meintest, also ihren Ursprung im 19. Jahrhundert haben – aus Deutschland!

Leider habe ich bis jetzt noch nie eine Show von euch gesehen, wie kann man sich das vorstellen und wie kriegt ihr die Magie auf die Bühne?

Geirmund: Während die Band eifrig mit Proben beschäftigt ist, bin ich eifrig damit beschäftigt etwas zu erschaffen, dass ich „den Button“ nenne.  Das erzeugt einen Teil der Atmosphäre vom Album, sobald der Knopf gedrückt wird. Eigentlich lustig, wir haben gerade ein Album veröffentlicht, welches sich an der Zeit um 1920 orientiert. Also eine Zeit in der Leute im Zuge der Automatisierung ihren Job verloren haben. Die Verwendung solcher Technologien ist also ein zweischneidiges Schwert, du erhöhst die Effizienz und gleichzeitig bleibt etwas auf der Strecke. Trotzdem denke ich, dass der „der Button“ sehr nützlich ist. Kleine Prisen der Atmosphäre hier und da entlasten den Rest der Band und lockern die Show auf.

Erzählt uns mehr über das Cover, wer hat es gemacht?

Torbjørn: Wir trafen Linda Kristin Røed beim Karmøygeddon Metal Festival, eines der größten Metal Festivals in Norwegen. Sie hatte dort eine Ausstellung und später wurden wir Freunde. Es war ganz selbstverständlich sie anzusprechen, sie hat großes Talent und wollte uns helfen, da sie ein großer Fan von der Band ist.

Die Muster sind von mittelalterlichen norwegischen Rosenbildern, welche normalerweise den romantischen Teil des Landes sehr anschaulich darstellen. Hier sind sie zerrissen und schattiger. Der dunkle Wald in der Mitte hat den Sternenhimmel in sich, aber man könnte es auch als Zähne interpretieren. Der Sternenhimmel könnte das Gefühl von Leere sein, außerdem mag ich den Hinweis auf den „Sternenhimmel“ von van Gogh. Keine Frage, wir sind an die Grenzen der Vernunft gegangen, wir sind sehr zufrieden mit ihrer Arbeit!

Welche Musik hört ihr denn privat?

Geirmund: Alles und nichts. Ich bin sehr mit klassischer Musik verbunden und ganz besonders mit Bach. Gleichzeitig mag ich aber auch schräge elektronische Musik, also generell alles was für mich gut klingt.

Die Presse nennt eure Musik oft „Folk Punk“, was ist eure persönliche Sicht auf Punk Rock und seht ihr Übereinstimmungen zu GLITTERTIND?

Torbjørn: Ich höre ebenfalls viel unterschiedliche Musik. Mittlerweile hauptsächlich Folk und Folk Rock, aber während meiner Jugend hörte ich viel Punk Rock und Metal. Punk Rock hatte schon immer einen Einfluss auf mein Songwriting und meine Art über Musik zu denken. Wie auch immer „Djevelsvart“ resultiert ja aus den Einflüssen von sechs verschiedenen Personen. Aber den größten Einfluss hat schon Folk und Rock und natürlich Geirmunds Hintergrund mit der Erschaffung von Soundtracks für TV und Kinofilme.

Die letzten Worte gehören euch- eine Nachricht von GLITTERTIND an die Leser von metal.de.

Torbjørn: Ich hoffe, dass viele Leute die uns schon kannten und unsere alten Sachen vielleicht nicht so mochten, einfach mal in unser neues Album reinhören. Und ich hoffe, dass unsere treuen alten Fans das Album mögen. Danke, dass ihr Interesse an uns gezeigt und das Interview bis zum Ende gelesen habt. Hoffentlich sehen wir uns bald mal in Deutschland.

Danke an beide, Metal.de wünscht viel Erfolg für die Zukunft!

04.12.2013
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