Glittertind
Glittertind
Interview
Das ehemalige Ein-Mann-Projekt GLITTERTIND unter der Leitung von Torbjørn Sandvik hat erneut Fahrt aufgenommen und schippert unter Zuhilfenahme von Kollege Geirmund Simonson an den Gestaden von Norwegen entlang. Folk-Metal, Punk, traditionelle Gesänge und noch Einiges mehr ist eingepackt auf der neuen Scheibe "Landkjenning“. Die Musik ist wohl alles andere als alltäglich und aus diesem Grund liegt es natürlich auf der Hand einmal genauer nachzuforschen, was der Stand der Dinge ist. Torbjørn war so freundlich uns zu allem Möglichen was ihn, das Album und letztlich den Prozess drum herum anbelangt, offen Rede und Antwort zu stehen.
Hey Torbjørn, wie geht es Dir? Besonders jetzt, da Euer aktuelles Album seinen Weg zu den Fans gefunden hat? Wie sind die bisherigen Reaktionen von den Leuten um Dich herum?
Es fühlt sich einfach unvorstellbar an! Wir haben einige ausgezeichnete Reaktionen hier in Norwegen. „Går Min Eigen Veg“ wird täglich im nationalen Radio gespielt. Scream, das größte Hardrock Magazin hat „Landkjenning“ 6 von 6 Punkten gegeben, es ist alles sehr vielversprechend. Meine Freunde und Fans sind ebenfalls sehr zufrieden. Sie sind alle davon überzeugt, dass dies das beste Album ist, was ich bisher geschaffen habe. Sie sind der Meinung, dass Songwriting, der Gesang und alles andere schlicht eine höhere Ebene erreicht hat. Und ich muss zugeben, es macht mich wirklich glücklich zu hören, dass ich nicht stehen geblieben bin. Wir haben also einen ganzen Sturm der Unterstützung und ich hoffe, dass wir damit auch ein paar neue Fans erreichen können.
Gab es irgendwelche Schwierigkeiten oder Probleme während Ihr das Album aufgenommen habt?
Die größte Herausforderung war Kompromisse zu schließen mit der Aufnahme des neuen Bandmitglieds Geirmund Simonson. Wir sind sehr verschieden. Wir haben verschiedene Auffassungen von allem Möglichen und wir haben unterschiedliche Fähigkeiten, wenn es um die Musik geht. Wir hatten viele Diskussionen darüber, was cool ist und was nicht und es gab viele Meinungsverschiedenheiten. Aber wir sind gute Freunde und respektieren uns gegenseitig zu 100%, deshalb wurden daraus Diskussionen, die wir austragen mussten. Das hat sich eine ganze Weile in der Vorproduktionsphase hingezogen, aber dann, auf einmal liefen die Dinge glatt. Wir haben uns gegenseitig verstanden. Es ist einfach magisch, wenn zwei verschiedene Welten symbiotisch in einer vereint werden. Mit Geduld und gegenseitigem Respekt ist das eine wundervolle Erfahrung. Eine weitere Schwierigkeit, wenn man dies so nennen kann, war die Tatsache, dass meine Freundin im September 2008 an Leukämie erkrankte. Es waren dramatische und harte Zeiten, besonders als sie ins Koma fiel. Ich stellte die Arbeiten am Album für ungefähr einen Monat ein, besann mich aber dann darauf, der Realität mit eben der Arbeit an dem Album zu entfliehen. Die spirituellen Konflikte auf diesem Album spiegeln das wieder, was ich in erlebt habe. In dieser Zeit erfuhr ich Wunder auf religiöser Ebene, die mir viel Hoffnung für das Leben gaben. Dies und die Musik waren es, was mich oben hielt. Glücklicherweise hat meine Freundin das Schwerste überstanden. Sie ist auf dem Weg der Besserung und wir hoffen natürlich, dass es keinen Rückfall geben wird. Wir müssen lernen mit diesem Risiko für die nächsten drei Jahre zu leben.
Erzähle uns doch bitte etwas über den Schreibprozess ganz allgemein, wer von Euch beiden ist denn nun für was verantwortlich?
Ja, lass uns über etwas Angenehmeres sprechen. Zunächst erforsche ich sehr viel, also wie die traditionellen Kompositionen gespielt wurden und dann versuche ich herauszufinden, wie ich eben diese in ein neues Kleid stecken kann, in dem sie härter und schneller gespielt werden können. Wenn es sich allerdings um Eigenkompositionen handelt, dann habe ich meiste eine Melodie im Kopf. Man könnte meinen, es wäre eine Eingebung von oben. „Går Min Eigen Veg“ kam genau auf diesem Weg zu mir. Wie auch immer, wenn ich etwas im Sinn habe, versuche ich es festzuhalten in Form eines Demos, das präsentiere ich Geirmund, der sich das anhört und seine Meinung dazu kundtut. Wenn es groovt, cool ist und für uns beide passt, dann packen wir es an.
Wenn der Hörer sich „Landkjenning“ widmet, wird er mitgenommen in eine andere Zeit und an einen anderen Platz. Einmal ist man mitten in der Natur, dann mitten im Leben, plötzlich zieht eine Schlacht herauf und im Anschluss darf wieder getanzt und gelacht werden. Was ist denn das eigentliche Gefühl, das Du mit der Musik transferieren willst? Und wie würdest du diese beschreiben?
Ich möchte ein Gefühl von Leben und Tradition kommunizieren. Ich möchte, dass der Hörer den Fortbestand der Geschichte und Kultur in einem gesunden Maß erfährt. Für mich ist es ein Beitrag zur Europäischen Identität. Wir haben so viel Kultur in Europe und wir sollten den Staub von den alten Büchern pusten, damit die Leute sie wieder genießen können. Es ist zu viel Individualismus ohne Wurzeln da draußen. Ich denke Folk-Metal steht dem gegenüber und ist ein großartiges Medium, um interessante Geschichten damit zu erzählen. Die Menschen sollten sich zu dieser Art von Musik versammeln, Bier trinken und ihre Bruderschaften teilen. Wenn man unsere Musik dabei betrachtet, würde ich sagen, dass sie authentisch ist, abwechslungsreich, dynamisch und folkig. Und am aller wichtigsten: sie ist „Powered By Metal“!.Ein paar norwegische Berichterstatter benutzten den aus der romantischen Zeit abgeleiteten Terminus „Bildhafte Musik“. Vielleicht haben sie recht. Ich bin auf jeden Fall kein Fan von Kategorien und ich denke, dass man das auf dem Album merkt. Wir wollen einfach gute Musik machen, ohne die Leute damit zu langweilen.
Es gibt eine Storyline hinter den Songs, es geht um die Christianisierung, es geht um Norwegen. Wieso hast du genau diese Themengebiete ausgewählt?
Dazu ein kurzer Überblick. Aus dem geschichtlichen Blickwinkel heraus, gibt es mehrere Versuche Norwegen zu missionieren. Einer davon entstand aus der romantischen Ära heraus, Mitte des 19. Jahrhunderts. Bjørnstjerne Bjørnson war einer der meist geachtetsten norwegischen Schriftsteller in dieser Zeit, um genauer zu sein zu jeder Zeit. In vielen seiner Schriften präsentierte er die ersten christlichen Vorreiter mit einer gewissen Hingabe zu deren Anhängerschaft und sah in ihrer mutigen Mission einen wichtigen Part, das moderne Europa nach Norwegen zu bringen. Unsere norwegischen Vorfahren waren wohl alles, nur nicht zivilisiert, als man sie mit diesem Europa konfrontierte. So wurde Norwegen vom Christentum, wie so oft mit Gewallt überrannt und wer weiterhin an seine norwegischen Traditionen glaubte, wurde verfolgt, gefoltert und getötet. Mit dem Album „Landkjenning“ wollen wir Lyrics präsentieren, die zwei Sichtweisen dieser Geschichte aufweisen. Wir legen einige Texte des Romantikers Bjørnstjerne Bjørnson dar. Auf der anderen Seite zeigen wir unsere Sichtweise, wie unsere Vorfahren diese Zeit erlebt haben. Sahen manche es als wichtig und richtig an? Oder waren sie durch und durch kompromisslos wenn es um ihre alten und traditionellen Werte ging? Diese Themen ziehen sich mehr oder weniger konsistent durch das gesamte Album. Auf „Landkjenning“ geht es nicht ausschließlich um die Christianisierung Norwegens. Wie bereits gesagt, haben wir alte Liederbücher aus dem Schrank geholt und leider feststellen müssen, dass sich kaum noch jemand an solch alte Schätze erinnert und damit auch nicht an unsere reiche Kultur. Und um diese Lieder nicht der vorbeifliegenden Zeit zu schenken und zu vergessen, haben wir unser Bestes gegeben, diesem Erbe neues Leben einzuhauchen.
Wir haben hier zehn Stücke, die für den interessierten Hörer doch sehr interessant sein können. Wie interessant und beeindruckend sind sie für Dich? Was gefällt Dir an dem Album besonders?
Das mag sich jetzt arrogant anhören, aber ich liebe dieses Album! Jeder einzelne Track hat seine eigene Identität, ohne den Gesamteindruck von „Landkjenning“ zu zerstören. Wir haben drei Stücke nicht auf das Album gebracht, weil wir der Überzeugung waren, dass sie nicht gut genug sind. Obwohl wir Wochen in deren Produktion gesteckt haben. Wir haben uns dazu entschieden, nur Lieder zu nehmen, welche uns wirklich gefallen und durchschnittliche Stücke ließen wir dann außen vor. Was ich besonders mag, ist die Abwechslung, das ganz Konzept, die traditionellen Instrumente, das wir Gitarrensoli und anderen langweiligen Kram ausgelassen haben, die Energie, die Echtheit und die Dynamik. Ich habe ein Album geschaffen, von dem ich mir wünsche, jemand anderes hätte es getan. Aber die Musik hat schlicht so nicht existiert, also mussten wir es selbst tun. Wir Du sehen kannst, bin ich echt stolz auf das, was wir getan haben und ich hoffe, andere sehen das ähnlich und machen die gleichen Erfahrungen.
Welcher ist den dann Dein persönlicher Lieblingstrack auf dem Album? Und weshalb?
„Går Min Eigen Veg“ ist mein Favorit! Das Stück hat wundervolle Lyrics über die Einsamkeit und darüber seinen eigenen Weg im Leben zu gehen. Der Song hat auch eine sehr persönliche Geschichte. Nachdem ich die ersten beiden Verse im Studio aufgenommen hatte, rief mich meine Freundin an und erzählte mir, dass etwas nicht stimmte. Wir gingen zum Arzt und den Monat darauf durch die Hölle. Ich erlebte Dinge, die mir so noch nie widerfuhren. Ich dachte, ich könnte nie mehr er selbe sein, dass es nicht meine Freundin ist, der dies gerade zustößt. Und dann entschloss ich mich ein Teil des Gesangs zu diesem Lied aufzunehmen. Ich dachte, ich bekomme das Album nicht hin und alles würde nun anders klingen. Als ich im zweiten und dritten Vers feststellte, dass sich meine Stimme immer noch gleich anhörte, war mir klar, dass ich immer noch der bin, der ich war. Es war eine unglaubliche Erfahrung. Jedesmal wenn ich das Lied höre, weiß ich dass ich immer noch der gleiche Typ bin, der die Möglichkeit hat, seinen Weg im Leben zu gehen, wenngleich ich auch von Einsamkeit umgeben bin. Das ist sehr viel Wert.
Auf dem Album hast Du „Longships And Mead“. Wieso ist dieser Song, als einziger, in Englisch gehalten?
Ganz einfach, damit wir einen leicht zugänglichen Partysong haben. Du weißt ja, die Leute lieben Bier und wir können ihnen nicht abverlangen zu jedem Song die englischen Erklärungen zu lesen, deshalb haben wir uns entschieden einen englischen Song in das Album zu stecken. Die Musik ist sehr inspiriert vom irischen Folk, deshalb sind unserer Meinung nach englische Lyrics passender als norwegische. Die Wikinger haben Dublin gegründet, also von dem her….
Deine Musik wird oft als Folk-Metal betitelt. Wie bist Du eigentlich dazu gekommen?!
Ich bin ein großer Fan von OTYG und VINTERSORG. Ich mag aber auch die DROPKICK MURPHYS ziemlich gerne. Warum also nicht das Ganze vermischen und ein norwegisches Ding draus machen? GLITTERTIND ist das, was dabei heraus kommt. Wie ich schon vorhin sagte, Folk-Metal ist eine großartige Sache in der gesamten Musikwelt und ich denke mehr Bands sollten sich auf intensiver um ihre Texte, um den Gesang und darum kümmern, etwas einzigartiges aus ihrer Kultur heraus zu holen. Das verlangt viel Recherche und nicht nur ein bisschen Gejamme von Folk Riffs, anstelle von METALLICA Riffs!
Norwegen ist bekannt für extreme Metal Bands, hauptsächlich im Black-Metal Bereich, wie zum Beispiel EMPEROR; GORGOROTH und von mir aus noch MAYHEM. Ihre Musik steht mit GLITTERTIND nicht unbedingt in einer Reihe. Wie siehst Du die Szene in Norwegen?
Oh, ich bin ein großer Fan von WINDIR und den frühen EMPEROR. Diese Bands haben etwas Herausragendes und Ästhetisches geschaffen. GORGOROTH, SATYRICON oder MAYHEM sind aufgrund ihrer vulgären, geschmacklosen Einstellung nicht mein Fall. Viele Black-Metal Bands aus der Stadtnähe haben diese Einstellung und die zieht mich überhaupt nicht an. Im Gegenteil dazu sind es WINDIR und EMPEROR, aus der ländlichen Gegend kommend, die eine ganz spezielle Atmosphäre aufbauen. Ich denke es ist die Inspiration der Natur, die dafür verantwortlich ist.
Deine Liebe zu Norwegen scheint tief verwurzelt zu sein. Du hast am Unabhängigkeitstag von Norwegen einen Song von „Landkjenning“ für die Fans freigegeben. Was ist es, das Norwegen für Dich, als einen Fan dieses Landes ausmacht? Würdest Du lieber in einer anderen Zeit leben?
Haha, also lass mich zunächst einmal sagen, dass ich kein Fanatiker bin. Ich finde eine Menge Länder toll und zufälligerweise lebe ich nun mal hier und finde zusätzlich noch ein paar feine Dinge, über die es sich zu singen lohnt. Daraus ergibt sich für mich ein Zugehörigkeitsgefühl, ein Gefühl irgendwo hinzugehören. Wir leben in einer Zeit in der Traditionen oft nicht mehr viel wert sind und wir alle von der Wirtschaft auf den Konsumenten reduziert werden und nicht als kulturelle Lebewesen. Das hat natürlich Konsequenzen. Ich versuche das für mich und andere zu lösen, indem ich Musik mache. Wäre ich ein Deutscher, würde ich das gleiche tun und über spannende Geschichten singen. Ich denke es ist wichtig ein Zugehörigkeitsgefühl zu haben, egal aus welchem Land oder welcher Kultur man kommt. In einer anderen zeit würde ich nicht leben wollen. Meiner Meinung nach haben wir die großartigste Zivilisation aller Zeiten, aber wir dürfen niemals aufhören uns zu verbessern. Die individualistische Weltanschauung hingegen ist bereits zu weit fortgeschritten, wir müssen uns wieder mehr gegenseitig um uns kümmern.
Wie sieht es eigentlich mir Plänen aus, Deine und Eure Musik nach draußen zu bringen? Werden Fans eine Chance haben, Euch live zu sehen?
Wir sind alle Studenten, deshalb ist es ein echt großes Zugeständnis auf Tour zu gehen, wenn die Anwesenheitspflicht großgeschrieben wird. Jetzt warten wir erst einmal und sehen, was für ein Feedback wir noch auf diese Platte bekommen. Wenn es passt, steigen wir vielleicht irgendwo ein, um eine größere Band zu supporten.
Vielen Dank für Deine Zeit und alles Gute für die Zukunft. Die letzten Worte sind die Deinen:
Hört Euch auf www.myspace.com/glittertind unser neues Album an und sagt uns, was Ihr davon haltet!
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