Genepool
Genepool
Interview
GENEPOOL liefern auf "Everything Goes In Circles" coolen, düsteren, gut abgehangenen Punk-Rock mit Achtziger-Schlagseite. Klingt unspektakulär, hält die Abspielgeräte des Schreiberlings aber schon seit Monaten warm. Das war auch schon Ende 2004 absehbar, als die frisch gemasterten Tracks auf einem Rohling ihren Weg nach Berlin fanden. Besagter Schreiberling fand darauf den Weg in den Magnet Club, um der versammelten Mannschaft ein Aufnahmegerät unter die Nasen zu halten. Dieses Geplauder und ein paar aktuelle Statements gibt es nun als leicht verdaulichen Textsalat.
Fangen wir erstmal mit dem Gig im Vorprogramm der Beatsteaks an. Wie kam es eigentlich, dass ihr gleich zu eurem ersten Auftritt von den Jungs eingeladen wurdet (Anm.: 3.12.2004 in Fürth)? Habt ihr da Kontakte oder seid ihr alte Helden?
Kolja: Auserwählt.
Thilo: Alte Helden.
Chris: Ich glaube, das hat eher mit dem Tourmanagement zu tun, oder?
Thilo: Nein, das war glaub‘ ich so, dass die unsere Platte gehört haben, über ihren Booker, weil die sich kennen, fanden das gut und haben uns eingeladen.
Kolja: Ist also die platteste, klassischste Schiene, die du dir so vorstellen kannst.
Und gut angekommen?
Guido: Also Hut ab! Die haben gedacht, wir wären die Beatsteaks. (Gelächter)
Man sieht ja dann im Gästebuch auch die ersten Groupies…
Thilo: Ja, der Süße, der knuddelt bestimmt gerne. (bezieht sich auf einen Kommentar zu Guidos Vollbart)
Guido: Unsere Groupies sind ja hauptsächlich aus der männlichen Sado-Maso-Szene.
Chris: Haha, ja genau.
Thilo: Wie meinst du denn das jetzt??
Zu welchem Bandmitglied die Leder-Groupies nun genau gehören ließ sich leider nicht klären. Dafür war die Antwort zum Thema Bandgründung ergiebiger.
Kolja: Also ich weiß nur, dass mich GANZ am Anfang – gehen wir mal in die Steinzeit zurück – da hat der Thilo mich angesprochen und meinte: Hör ma‘ … isch will ’ne Band machen. So, und dann haben wir dumm auf ‚m Dachboden rumgesessen und versucht einen Song zu machen. Damit fing die ganze Kiste an und jetzt stehen wir mit ’ner kompletten Band vor 2500 Leuten im Vorprogramm von den Beatsteaks.
Thilo: Also eigentlich ist es so, dass in der Entstehungsgeschichte bei uns eins gezählt hat: Der Funke musste überspringen. Weißt du, wir machen das nicht, um irgendwie Asche zu machen oder sonst irgendwas, sondern wir machen das jetzt für uns. Und wenn wir mit irgendjemanden Musik gemacht haben und haben gemerkt: Eh, das ist geil, dann war das halt geil und deswegen gibt es die Band so wie sie ist, deswegen klingt die Platte so und deswegen sitzen wir jetzt hier.
Wie seid ihr dann darauf gekommen, die Helden eurer Jugend zu covern bzw. warum ist das Album so nah an diesem Sound aus den 80-ern dran?
Kolja: Na ja, gecovert haben wir sie ja nicht. Wir haben halt angefangen Songs zu machen, sind ins Studio gegangen, haben festgestellt wie es klingt und da war halt viel 80-er drin. Das liegt einfach daran, dass wir unsere Roots da haben und keinen Bock mehr hatten, jetzt krampfhaft was anderes zu machen. Früher war es immer so, dass es was Neues sein musste – aber das ist nicht GENEPOOL. GENEPOOL muss nicht das Rad neu erfinden.
Welche Ziele man beim Songschreiben hatte, wollte ich aber trotzdem noch wissen.
Thilo: Die Songs entstehen schon im Prinzip im Proberaum, also die müssen schon so im Grundgerüst funktionieren, aber wir versuchen natürlich dann schon so immer – also auch wenn wir dann Overdubs machen, auf der Platte sind Overdubs, das ist ja nicht zu überhören…
Chris: Laber nicht soviel Scheiße!
Thilo: Ich versuch’s. Also wir haben wirklich schon immer versucht den Moment einzufangen. Und das ist auch das Songwriting. Das so zu übersetzen ist uns eigentlich, glaub‘ ich, ganz gut gelungen.
Chris: Totaler theoretischer Schwachsinn. Du kannst niemals einen Moment den du einmal erlebt hast noch mal reproduzieren. Das geht einfach nicht.
Thilo: Ham wir ja nicht, wir haben das ja direkt aufgenommen…
Chris: Ja, ja.
Thilo: Na das hab‘ ich doch gesagt.
Chris: Ich hab‘ da andere Sachen gehört. (wieder mal Gelächter)
Was denn? (investigativ!)
Kolja: Erzähl mal, was hast du denn so gehört?
Chris: Das machen wir beim nächsten Interview. (und – exakt – Gelächter)
Wie kam es eigentlich, dass gleich nach den ersten Demos und Singles die großen Magazine und Zeitungen über euch sehr positiv berichtet haben? Habt ihr da irgendwie besondere Kontakte?
Guido: Wir fangen ja nicht an. Also wir machen das ja schon länger und man hört schon, dass es nicht klingt wie irgendeine Band, die gerade mal ihre erste Platte macht. Von daher brauchen wir da keinen zu bestechen, die finden das einfach von selbst cool.
Kolja: Wie gesagt, ich denke, das spricht auch für die Platte, denn wenn die scheiße wäre, dann würde die auch wenn wir sonst wie Kontakte hätten…
Chris: …wär‘ die Platte immer noch scheiße…
Kolja: dann würde sich auch niemand dafür interessieren. Also schön reden und schön kontakten kann man das nicht.
Guido: Mit den Kontakten und so, das ist glaube ich komplett überbewertet, da sind die Leute schon relativ objektiv und unbeeinflussbar. Wenn die das cool finden, dann ist das cool und wenn nicht, dann kann der liebe Gott kommen und sagen: Mach mal…
Ich frage auch, weil ich mir vorstellen kann, dass es relativ schwer ist, überhaupt wahrgenommen zu werden, wenn man Demos/Singles an Stellen verschickt, bei denen im Monat vielleicht ein paar hundert Platten eintreffen.
Guido: Na gut, den Bonus haben wir schon. Aber den haben wir uns auch erarbeitet. Wenn halt zehn Tapes oder zehn CDs rumliegen, dann hören die mit Neugier schon mal eher bei uns rein, als bei einer Band aus Gamisch-Badenkirchen.
Chris: Was nicht heißt, dass die Band dann schlechter ist. Vitamin-B-Spritze funktioniert bis zu einem Punkt: Ich hör mir das mal an. Aber wenn das Mist ist, dann bist du genauso weit wie alle anderen auch … ne, Stück weiter, weil die anderen gar nicht erst angehört werden.
Wisst ihr schon wie euer nächstes Album klingen soll? Wollt ihr da gezielt was anderes machen?
Kolja: Ne, also gezielt machen wir sowieso nichts. Wir haben jetzt angefangen neue Stücke zu machen und die gehen schon in dieselbe Richtung – sind teilweise noch ein bisschen diabolischer. Aber ich weiß nicht ob dann alle Stücke so werden. Die, die wir jetzt gemacht haben sind noch rhythmusbetonter, Gitarren … noch mehr aufs Schlagzeug drauf.
Fühlt ihr euch eigentlich irgendeiner Szene zugehörig? Zum Beispiel mit dem Kitsch-Gothic von heute oder so habt ihr ja nichts zu tun.
Kolja: Nö, das war ja früher sowieso anders. Du bist auf ein Metalkonzert gegangen, da waren Punks und Raver. Du bist auf ein Punkkonzert gegangen, da waren Metalheads, Punks und Raver – das war eh alles ein Ding. Und erst durch die Musikindustrie, als die das spitz bekommen haben wie das läuft, haben die das in Schubladen gesteckt, um es einfach besser zu verkaufen. Aber für mich ist das immer noch eine Sache, ein Denken und ich bin nicht der Typ, der da was trennen will, ich hab‘ da keinen Bock drauf.
Live tretet ihr bis jetzt mit Christian von den Rostok Vampires als Sänger auf. Wird das jetzt so sein, dass ihr immer mal die Mitglieder wechselt, wenn die keine Zeit haben?
Chris: Also ich war mit meiner Band, den Rostok Vampires, im Studio bei Guido und Thilo. Die beiden fanden wir dann sehr sympathisch und die sollten dann die Aufnahmen machen. Über die Aufnahmen haben wir uns dann ein bisschen kennen gelernt und dann hat mich der Thilo gefragt, ob ich nicht Lust hätte bei GENEPOOL mal ein paar Songs einzusingen. Da hatte ich natürlich Bock und so ist es dann entstanden.
Thilo: Eigentlich ist es so, dass wir schon immer nicht auf den Letten (Anm.: Sänger auf Everything…) festgelegt waren, sondern der Letten hat halt mitgespielt hat, genauso wie der Christian mitgespielt hat und für uns ist das alles eine Band. Wir sind zu sechst ’ne Band, auch wenn jetzt einer nicht da ist.
Ihr seht euch aber schon als Band. Es ist nicht nur so ein Projekt, wo ihr jetzt nur mal nebenbei was macht?
Thilo: Ne, das ist eine Band oder sieht das hier jemand anders?
Guido: Es ist auf jeden Fall eine Band. Ich meine nur weil irgendwie zwei Leute singen … also das kommt ja öfter schon mal vor.
Was ist eigentlich mit den Rostok Vampires? Momentan scheint sich da ja nicht allzu viel zu tun.
Chris: Die Platte ist aufgenommen, aber da sehen wir mal weiter.
Hängt noch so in der Schwebe?
Chris: Joa.
Kolja: Aber die Platte ist geil.
Nachdem kurzzeitig Nuclear Blast an der Veröffentlichung dran war, ist dies inzwischen wieder der aktuelle Stand. Die Suche nach dem passenden Label geht also weiter.
Ihr seid ja alle schon in verschiedenen Bands aktiv gewesen bzw. immer noch aktiv. Verdient man da eigentlich sein Geld rein mit der Musik und ist deswegen auch ständig unterwegs oder geht man nebenbei auch arbeiten?
Kolja: Äh, ich denk‘ schon… (sichtlich irritiert, wie ich überhaupt fragen konnte)
Ich kann mir vorstellen, dass das doch auch alles schwer zu organisieren ist?
Kolja: Das wird ja alles von langer Hand geplant, da kann man sich halt drauf einstellen.
Da geht es den GENEPOOLern also nicht viel anders, als dem restlichen Untergrund (wobei hier noch der Faktor der Szenelosigkeit hinzukommt).
Entweder man arbeitet im Studio (wie Guido am Bass), bastelt wie ein Mitglied von Dark Tranquillity an Cover-Entwürfen oder malocht halt, wie Jack Letten, als tätowierter Kindergartenleiter.
Apropos lang (Master-Überleitung!)
Wie kam es eigentlich, dass sich die Veröffentlichung von eurer Platte immer weiter verschoben hat? Warum nicht von Anfang an Nois-O-Lution, bei denen ja auch schon einige von euch mit ihren anderen Bands unter Vertrag stehen?
Kolja: Wie haben uns halt einfach Zeit gelassen, haben auch mit vielen Leuten gesprochen und Nois-O-Lution erschien uns einfach als eine sehr gute Lösung. Auch wieder die klassische… (schmunzelt)
Haha, also eine langweilige Band.
Kolja: Super, scheiß langweilig! Nein, wir haben den Arne (Anm.: Labelchef) eigentlich gefangen genommen und….
Der Rest vom Satz geht unter, da die restlichen Herren gerade über Plätzchen, Rauchen und sonstige Genüsse sowie deren Auswirkungen diskutieren.
Ähmm…genau, was hört ihr eigentlich so privat?
Es folgt ein kurzes Geplauder, in dessen Verlauf man sich einigt, dass dies eine Killerfrage sei.
Guido: Du musst nach den Lieblingssongs fragen.
Thilo: Ja, was ist dein Lieblingssong?
Guido: „I’m Only Sleeping“ von den BEATLES.
Immer noch BEATLES? Jetzt wieder neu entdeckt oder seit Anfang an?
Guido: Ne, neu entdeckt. Ich musste mich ja damals entscheiden. Man war ja früher irgendwie so Beatles oder Stones … Mercedes oder BMW. Und da war ich halt sofort bei den Stones. Mittlerweile hör‘ ich mehr Beatles und fahr‘ Volvo.
Also das Gerücht habe ich auch gehört, dass man sich früher irgendwie ziemlich … es war glaub‘ ich auch AC/DC oder Kiss und so.
Guido: Ja, das ist eine komische Sache, kennst du das nicht auch? Man muss sich halt entscheiden.
Also heute…
Guido: Heute ist eh…
Chris: Pubertierender weiß-ich-nicht-was – denkste immer: So, das ist Heavy Metal und das ist Pop … und Pop ist scheiße, weil Metal ist cool. So denkt man, wenn man jung ist, aber aktuell ein Song, der mir wirklich Freudentränen in die Augen treibt, wo ich jedes Mal mit so einem breiten Grinsen dasitze, ist ‚Neue Zähne Für Meinen Bruder Und Mich‘ von Superpunk aus Hamburg.
Guido: Haha.
Chris: Das ist so ein großartiger Song. Das ist einfach groß und ich bin dankbar dafür, dass die Band diesen Song aufgenommen hat.
Guido: Okay, Beatles, Superpunk, jetzt weiter.
Thilo: Mein momentaner Lieblinssong. Oje, ganz ehrlich?
Paco: Yvonne Catterfeld. (Ge…nau: Gelächter)
Thilo: Ne, also die neue 2Raumwohnung finde ich ziemlich gut.
Kolja: Und ich die Hot Snakes im Moment.
Chris: Whitesnakes… (beäumelt sich)
Kolja: Ja, die waren damals auch total groß und ich find‘ die immer noch geil.
Was wird jetzt mit der Band eigentlich noch so gehen? Also könnte man sich auch vorstellen, dass GENEPOOL auf VIVA gespielt werden … theoretisch?
Kolja: Klar, hoch und runter. Findest du nicht?
Also ich sag mal das Potential wäre ja da. Man müsste auch erstmal ein Video drehen…
Kolja: Ach, das machen wir schon.
Thilo: Video, Klingelton – alles am Start.
Dann so zwischen Geh an dein Handy ran, es ist ’ne Pussy dran?!
Thilo: Ja, ja, super: Ruf mich an! Ist doch super, der GENEPOOL-Klingelton. Eigentlich ganz einfach, könnten wir eigentlich mal machen.
Kann man mehr mit verdienen, als mit ’ner Single.
Kolja: Ja, das stimmt leider.
Chris: Darum geht’s ja auch beim Musik machen: um Geld verdienen, nicht um die Musik an sich.
Thilo: Gefühle, was für’n Scheiß.
Chris: Ach, Gefühle doch nicht. Also wir sind knallharte Rationalisten und der Paco kennt sich auch aus, der studiert, der ist also auch so ein bisschen wirtschaftlich … also wir komponieren halt nach Tantiemen.
Kolja: Der Paco hat auch die Melodien am PC errechnet.
Soll es ja jetzt auch geben – Programme, wo man die Lieder auf Hit-Tauglichkeit testen lassen kann.
Kolja: Das fände ich übrigens auch echt cool, wenn wir das mal auf der Homepage hätten, dass sich einer seinen persönlichen GENEPOOL-Song zusammenstellen kann. Das hat mal Phillip Boa gemacht.
Und wie funktioniert das dann?
Kolja: Der hat Spuren zur Verfügung gestellt und die Leute konnten sich dann die Spuren wie sie wollten zusammenstellen und dann ihren Phillip-Boa-Song machen.
Ist da auch wirklich was bei rausgekommen?
Kolja: (grinsend) Er meinte, es wäre nur Scheiße bei rausgekommen.
Joa, gut, dann bedank ich mich noch mal…
Kolja: Wir haben zu danken.
Paco: He, ich bin auch noch da. Du hast mich nicht nach meiner Lieblingsband gefragt. Das ist natürlich SLAYER und mein Lieblingssong „Angel Of Death“. Das musst du als letztes abzocken in dem Interview.
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