Gamma Ray
Gamma Ray
Interview
Vier Jahre sind seit dem letzten GAMMA RAY Studioalbum „No World Order“ vergangen. Nun meldet sich die Hamburger Power Metal Institution mit ihrem neuen Werk „Majestic“ zurück. Mastermind Kai Hansen verriet mir, was sich in den letzten vier Jahren getan hat.
Ihr habt dieses Jahr auf dem Bang Your Head gespielt. Was habt Ihr von dem Unwetter mitbekommen?
Viel. Als das Unwetter losging, haben wir im Tourbus und das war schon ziemlich beeindruckend. Es waren etwa 10-15 cm Hochwasser, die Leute rannten verwirrt in der Gegend rum, Zelte wehten weg und selbst einige Cases hielt es nicht lange auf der Bühne. Das war schon erstaunlich. Unseren Bus hat es aber zum Glück nicht umgeweht, haha!
Habt Ihr denn so etwas schon einmal miterlebt?
Nein, so krass nicht. An dem Tag war ja die ganze Zeit eigentlich Bombenwetter und der Witz war, dass es am Tag nach dem Unwetter aussah, als sei gar nichts passiert. Als ich aus dem Bett gekrochen kam und rausgeguckt hab, war eigentlich alles trocken und sonnig.
Es ist ja mittlerweile einige Zeit ohne wirkliches Lebenszeichen von GAMMA RAY vergangen. Was habt Ihr in der Zwischenzeit getrieben?
Tja, es ist witzig, dass immer alle so tun, als wäre eine Livescheibe kein Lebenszeichen [GAMMA RAY veröffentlichten 2003 das Livealbum „Skeletons In The Closet“, Anm.d.Red.] aber gut, das muss man wohl so akzeptieren. Man muss sich aber mal überlegen, dass wir für die „Skeletons“-Scheibe extra eine Tour gemacht haben, um Sachen zu spielen, die wir normalerweise nicht spielen. Das ist ja an und für sich schon mal ungewöhnlich, macht ja eigentlich auch sonst keiner. Für diese Tour haben wir die Fans über die Setlist entscheiden lassen. Dementsprechend mussten wir viel proben, weil da dann viel Zeug dabei war, das wir nie oder ganz selten gespielt haben. Dann kam die Nachbearbeitung, die auch die Zeit in Anspruch genommen hat, die wir für ein neues Studioalbum hätten nutzen können. Nebenbei habe ich noch zwei STORMWARRIOR-CDs und eine EP produziert, wir haben eine IRON MAIDEN-Supporttour und eine Südamerikatour gemacht, wir haben auf diversen Sommerfestivals gespielt und logischerweise noch die „No World Order“-Welttour absolviert, die auch ziemlich lang war. Somit waren vier Jahre doch schon ziemlich voll.
Nun gibt es mit „Majestic“ ein neues Album von Euch. Was habt Ihr vielleicht anders gemacht, wir des Überraschungen geben oder gewohnt GAMMA RAY?
Ich sag es mal so: bisher war kein GAMMA RAY-Album genau wie das vorrige, die waren alle ein bisschen anders. Dieses ist auch wieder anders als sein Vorgänger „No World Order“. „Majestic“ ist komplexer, es gibt mehr Abwechslung in den Songs, es gibt vertracktere Arrangements und es ist progressiver. Zudem klingt es mehr nach „live“, da wir viele Songs ohne Klick-Track eingespielt haben und sie oft im Proberaum geübt haben und dementsprechend aufgenommen haben. Es gab also nicht dieses Baukastenprinzip, bei dem der Drummer aufs Demo drauftrommelt. Die Scheibe hat zudem eine gute, gesunde Aggressivität, ist also auch ein bisschen böse geworden, hehe.
Du hast gerade gesagt, „Majestic“ sei komplexer geworden, was man vom Cover nicht behaupten kann. Es ist diesmal im Gegensatz zu den sonstigen Illustrationen Eurer Alben ziemlich simpel ausgefallen…
Das ist richtig, wir wollten auch etwas plakatives, simples haben, das ist eigentlich der einzige Grund für seine Einfachheit. Es gab natürlich auch einige Ideen, die in die Richtung von Thronsaalszenen mit Clowns und Narren und was weiss ich nicht alles gingen. Aber letztendlich ist sowas auf einem CD-Cover eigentlich waste. Solch komplexe Bilder kommen auf CD auch nicht so gut rüber, wie auf einem LP-Cover und von daher haben wir gesagt, wir wollen irgendwas, das einfach „Bang!“ macht und das ist uns glaube ich auch ganz gut gelungen.
Es war zu lesen, dass Ihr einige Probleme während der Aufnahmen gehabt habt. Welcher Art waren diese?
Ja, davon gab es haufenweise. Es kam halt immer etwas dazwischen. Privat hatte jeder von uns sein Schärflein zu tragen, was halt das Gemeinsame im Studio ein bisschen schwierig gemacht hat. Was letztendlich der Ultrahammer war, war die Nachricht, dass wir unsere Studioräume innerhalb von zwei Monaten räumen müssen. Das war natürlich so eine „Hä? Wieso? Warum? Was? Wie?“-Situation. Du kannst nun mal nebenbei keine Produktion machen, wenn du dir neue Räume suchen musst und dir überlegen musst, wie du mit dem ganzen Scheiss umgehst. Wir haben dieses Studio 15 Jahre gehabt und haben mehr oder weniger jede Schraube selbst in die Wand gedreht und dementsprechend war es unsere zweite Heimat. Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn du weisst, dass es alles enden wird und du keine Ahnung hast, wohin. Ein neues Studio findet man nicht eben so an der Ecke.
Heutzutage wird die Musikwelt von Charts oder, in unserem Genre, von populären Stilen wie dem Metalcore beherrscht. Kommt eine traditionelle Metalband wie GAMMA RAY überhaupt noch an jüngeres Publikum heran?
Da brauch ich nur in unser Publikum zu schauen, da tummelt sich doch einiges, was ganz deutlich jünger ist, als 20…
Also nicht nur kuttentragende Fans der ersten Stunde…
Nee, das war mal so ´92/´93. Da haben wir uns dann auch auf unseren Konzerten gedacht „Sag mal, haben wir immer die gleichen Fans?“. Es kamen immer wieder die gleichen und die wurden ja auch immer älter, haha! Das hat sich jetzt aber komplett geändert, die Zeiten sind heute sehr gut.
Wenn Du „Majestic“ einordnen solltest, wo würde es im Vergleich zu den bisherigen Scheiben stehen?
Also ich würde sagen, es ist ein sehr reifes Album. Man merkt einfach, dass wir im Zusammenspiel eine super Chemie haben und dass wir auch eine gute Live Band sind, was wir versucht haben auf der Scheibe einzufangen. Mittlerweile haben wir uns über die Jahre einen ziemlich guten Status erarbeitet. Man kennt uns, man mag uns…wir sind zwar jetzt nicht der Überflieger, die hippste Metalband der Welt aber wir stehen ziemlich gut da.
Eure Texte sind stark von politischen Ereignissen beeinflußt. Denkt man an Anschläge wie die in Londen oder Tragödien wie die von Dimebag Darrel, geht ihr mit gemischten Gefühlen auf die Bühne?
Ähh…nö. Das tun wir eigentlich nicht. Klar kann es sein, dass irgendein voll Durchgeknallter im Publiku ist, der meint, er müsse die Band erschießen, weil Gott es ihm befohlen hat. Aber das ist kein Spiegel der Weltsituation, das kann immer passieren. Ich war jetzt kürzlich in London und es war schon komisch. Wenn so einer von diesen roten Bussen vorbeifährt oder an der Straße hält, denkt man schon nach „Was wäre, wenn…?“. Als z.B. die Sirene eines Krankenwagens losging, haben sich alle Menschen umgedreht oder zusammengezuckt. Eine Anspannung ist auf jeden Fall da.
Kommen wir zurück zur Musik. Du bist dieses Jahr mit STORMWARRIOR auf dem Earthshaker-Fest aufgetreten. Wie war es?
Lustig! Das war richtig geil! Es war killermäßig und ich hab mich sauwohl gefühlt. Es war voll, sechs- oder achttausend Leute waren da und die alten Kracher sind echt gut rübergekommen.
Was für ein Gefühl war es, die alten HELLEOWEEN-Klassiker zu spielen?
Es war ein Riesenpaß. Man hat das Gefühl, die Dinger wären zeitlos und einfach geil!
Habt Ihr denn mal dran gedacht, das alte Line Up zusammenzutrommeln?
Nein, es wäre auch sinnlos. Zum einen ist Ingo [Schwichtenberg, Drummer, R.I.P. 08.03.1995, Anm.d.Red.] nicht mehr präsent, zum anderen mit Markus [Grosskopf, Bass, Anm.d.Red.] und Michael [Weikath, Gitarre, Anm.d.Red.]…ich weiss nicht. Ich habe es mal angeregt aber es gab einen Haufen Einwände, so „Ja, es könnte aber…“. Und so zieht sich sowas über Jahre hinweg und wenn dann eine Band wie STORMWARRIOR kommt und sagt „Lass uns das doch einfach machen“, dann sag ich „Jo, lass uns das mal machen“ und dann machen wir das einfach.
Ihr werdet mit dem neuen Album auf Welttour gehen. Wer unterstützt Euch und wo geht es hin?
Wir haben zwei Supports, einmal NOCTURNAL RITES und dann POWERWOLF. Zuerst einmal beackern wir Europa, lassen aber Skandinavien, England und Griechanland erstmal aussen vor, das machen wir im Januar nächsten Jahres. Im November gehen wir nach Südamerika, Japan und dann noch ein bisschen etwas exotisches, Korea, Taiwan, Indonesien und so was. Wir enden dann in Moskau und im nächsten Jahr gucken wir mal. Australien steht noch auf der Liste, Amerika…abwarten.
Dann viel Spaß auf der Bühne und Abseits davon und danke für das Interview!
Jau, danke dir auch!
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