Fvneral Fvkk
"Wir machen's einfach!"
Interview
Bereits mit ihrer EP „Lecherous Liturgies“ sorgten FVNERAL FVKK musikalisch fast einhellig für positive Reaktionen, obwohl über den Bandnamen gerne diskutiert wurde. Mit ihrem Longplay-Debüt „Carnal Confessions“ konnte die Gruppe aus Musikern, die u.a. bereits in Bands wie FÄULNIS, OPHIS oder VOIDHAVEN aktiv waren bzw. noch sind, nochmal ordentlich einen draufsetzen. Wir befragten Gitarrist Decanus Obscaenus und Sänger Cantor Cinaedicus zu ihren Ursprüngen, dem Konzept hinter FVNERAL FVKK und natürlich zum Album.
Hallo zusammen! Bitte erzählt zu Anfang mal ein wenig, wie FVNERAL FVKK überhaupt entstanden ist. Wer hatte die Idee und wie habt Ihr letztlich das Konzept der Band entwickelt?
Decanus Obscaenus: Entstanden ist die Band eigentlich aufgrund einer Idee von unserem Schlagzeuger Frater Flagellum und mir. Wir wollten schon lange Musik zusammen machen und es war zunächst überhaupt nicht so gedacht, dass wir in Richtung von melodischem Doom gehen. Eigentlich sollte es viel rauer und dreckiger werden, daher auch der Bandname, der im Prinzip als erstes entstanden ist. Dann hat sich die Musik aber in eine völlig andere Richtung entwickelt, als ursprünglich gedacht und wurde, als das Grundgerüst soweit stand, immer melodischer. Ich wollte außerdem gerne einen Sänger haben, der auch clean singt, da ich bislang immer in Bands gespielt habe, wo Schreigesang oder Gegrunze angesagt war. So kamen wir dann relativ schnell auf Cantor Cinaedicus und auch sonst fand sich die Formation recht zügig zusammen. Daraus ergab sich dann der Sound so, wie wir jetzt klingen.
Cantor Cinaedicus: Vielleicht noch ergänzend: Für zwei, drei Monate gab es noch einen anderen Sänger, was aber aus diversen Gründen nicht so richtig funktioniert hat. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich zu der Zeit noch bei OPHIS Gitarre gespielt habe, gemeinsam mit Frater Flagellum und Vicarius Vespillo. Als ersterer mir von der Idee erzählte, meinte ich noch eher aus Spaß, dass ich das Material auch einsingen könnte, wenn die anderen Bock darauf hätten. Da ich die Mucke geil fand, habe ich ein paar Gesangsdemos rüber geschickt und so ist dann auch recht schnell die EP („Lecherous Liturgies“, Anmerk. d. Verf.) entstanden.
Decanus Obscaenus: Es hat sich also alles relativ locker von selbst ergeben, wir haben da wenig geplant.
Das erklärt für mich auch ganz gut Euren Sound. Ihr werdet in der Regel als „Epic Doom“ eingeordnet, was insoweit stimmt, dass Ihr keinen gutturalen Gesang verwendet. Aber gerade was die Gitarren angeht, klingt Ihr eher nach alten MY DYING BRIDE als nach gerade in diesem Bereich aktuellen Bands wie z.B. SOLSTICE.
Decanus Obscaenus: Ja, da hast Du im Prinzip Recht, das liegt aber auch in erster Linie daran, dass ich aus der Richtung Black- und Death Metal komme und mit Doom bis dahin gar nicht so viel zu tun hatte. Für mich ist es also das erste Mal, dass ich mich in diese Doom-Gefilde vorwage. Deshalb der etwas „deftige“ Gitarren-Sound, der der Band nun letztlich auch ganz gut tut.
Cantor Cinaedicus: Ich war auch recht erstaunt, als ich dazu kam, da die Gitarren eher in einem Death- Metal-Tuning gestimmt waren. Ich mochte das aber auch sehr gern. Es soll also auch ein wenig derber klingen, als beispielsweise CANDLEMASS, auch wenn diese durchaus einen Einfluss auf das Songwriting hatten. Ich hoffe, wir haben das hinbekommen.
Decanus Obscaenus: Ich finde es aber ganz spannend, dass Du gerade MY DYING BRIDE ansprichst, da wir schon die Idee hatten, dass unser Sound ein wenig in Richtung 90er Death Doom gehen soll. Früher habe ich beispielsweise auch viel OPETH gehört, was mich vermutlich in Sachen Melodieführung auch ziemlich geprägt hat.
Allein Euer Bandname zeigt ja schon recht deutlich, dass Ihr eher mit einem gewissen sarkastischen Humor an die Sache herangeht. Die angesprochenen Themen, allen voran der sexuelle Missbrauch innerhalb der Kirche, sind aber keineswegs zum Lachen. Sagt Ihr da eher „Satire darf alles“ oder könntet Ihr auch verstehen, wenn neben Vertretern der Kirche, denen Ihr ja vermutlich gerne auf die Füße tretet, möglicherweise Betroffene Anstoß an Eurem Konzept nehmen?
Decanus Obscaenus: Deine Frage zielt eigentlich schon genau dahin, wo wir hin wollen. Ganz wichtig ist uns, dass wir uns in den Texten nicht über die Opfer lustig machen, sondern der Kirche einen Spiegel vorhalten. Das ist natürlich ein schmaler Grat, soll auch explizit sein und erst einmal anecken, aber wir machen uns hier über niemanden lustig. Das ist uns ein wirkliches Anliegen. Natürlich sprechen wir über ein ernstes Thema, was uns alle in der Band sofort gekriegt hat. Als wir anfingen, uns intensiver mit der Thematik auseinanderzusetzen, war uns deren Tiefe aber noch gar nicht wirklich klar.
Cantor Cinaedicus: Vielleicht kommt daher auch noch die natürlich durchaus vorhandene Diskrepanz zwischen dem Bandnamen und unserer jetzigen Herangehensweise an die Themen, die wir ansprechen. Das ist auch bedingt durch die Entstehungsgeschichte der Band die, wie schon angesprochen, eigentlich in eine ganz andere Richtung gehen sollte. Man merkt das vielleicht auch noch ganz gut an den Songtiteln der ersten EP. Da mussten wir selbst erst einmal herausfinden, wie ironisch oder wie ernst wir eigentlich sein möchten. Mit dem Album sind wir uns jetzt aber sehr sicher: „Carnal Confessions“ soll eine bitterböse Parodie und Satire sein, die ganz klar den Finger in die Wunde legt, um Missstände anzusprechen, die in der Kirche unter den Teppich gekehrt werden. Dort werden Täter geschützt und Opfer praktisch ein zweites Mal zum Opfer gemacht. Wie Decanus Obscaenus bereits gesagt hat, ist es uns aber natürlich sehr wichtig, dass eben jene Opfer sich nicht von uns verspottet fühlen. Ich kann aber verstehen, wenn sich daran jemand stört, da es eben in der Tat ein schmaler Grat ist zwischen Anecken, um Aufmerksamkeit für ein Thema zu erregen und einfach zu weit zu gehen – besonders wenn man einen Namen hat wie wir. Aber man kann es natürlich nie allen Recht machen.
Decanus Obscaenus: Was uns extrem aufgefallen ist: In den USA wird viel stärker auf unseren Bandnamen reagiert, als hierzulande. Da gab es wirklich Leute, die gesagt haben: „Die Musik gefällt mir total gut, aber ich kaufe die Platte wegen des Namens nicht.“ In Europa scheint man da wesentlich weniger empfindlich zu sein.
Wobei es ja wenig überraschend ist, dass gerade aus einem Land wie den USA, in dem es nach wie vor sehr viele strenggläubige Christen gibt, solche Reaktionen kommen…
Decanus Obscaenus: Prinzipiell hast Du schon Recht, aber dass auch innerhalb der Metal-Szene wirklich sehr harsch darauf reagiert wird, das hat mich doch überrascht.
Cantor Cinaedicus: Wenn wir schon bei dem Thema sind, kann ich auch noch ergänzen, dass es durchaus auch bandintern lange Diskussionen darüber gab, ob wir den Namen so beibehalten. Gerade als klar wurde, dass wir textlich ernsthafter werden wollen, da es sich um ein ernstes Thema handelt, bei dem man noch nicht einmal tief graben muss, um wirklich krasse Geschichten zu finden. Wir stellten uns also selber die Frage, ob der Name FVNERAL FVKK noch zu uns passt, oder eben nicht. Wir haben uns diese Entscheidung nicht einfach gemacht, da es auch gute Argumente dafür gab, den Namen zu ändern.
Die Titel auf der EP sind, wie von Euch schon erwähnt, mit Nummern wie „Erection In The House Of God“ oder „Fvkking At Fvnerals“ ja doch recht… sagen wir plakativ ausgefallen. Auf dem Album geht ihr jetzt ein wenig subtiler zu Werke. Nach dem, was Ihr gerade erzählt habt, gehe ich davon aus, dass es sich dabei um eine ganz bewusste Entscheidung handelte?
Decanus Obscaenus: Ja, das war eine absolut bewusste Entscheidung. Wir wollten textlich einfach ein wenig weg von diesem ganz rauen, fast schon plumpen. Das lag damals daran, dass die EP einfach komplett aus dem Bauch heraus entstanden ist. Wir sagten uns damals: „Wir machen einfach, wonach uns gerade ist, worauf wir gerade Bock haben.“ Zu diesem Zeitpunkt konnten wir aber natürlich noch nicht wissen, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Unser Ziel war damals einfach nur, eine EP herauszubringen, mit ein wenig Glück vielleicht noch über ein Label. Was daraus jetzt geworden ist, das ist einfach viel mehr, als wir je erwartet hätten. Wir haben uns da nicht so viele Gedanken gemacht. Bei „Carnal Confessions“ war das anders, da die Erwartungen recht groß waren und wir auch fanden, dass die bisherige Art der Texte nicht mehr zu dem passt, was wir eigentlich sagen wollen.
Nun bietet die organisierte christliche Religion ja wahrlich genug Abgründe. In Euren Songs geht es teils um Themengebiete, aber auch um konkrete Ereignisse. Wie wählt Ihr die Thematiken, die in Euren Songs aufgegriffen werden, aus?
Cantor Cinaedicus: Schwer zu sagen. Wir haben angefangen, bewusster darauf zu achten, was in den Nachrichten und allgemein in den Medien auftaucht. Da fliegt einem ziemlich viel bereits von selbst zu. Man muss gar nicht mal viel recherchieren. Es gibt natürlich auch Songs wie „The Hallowed Leech“, die eher einen historischen Hintergrund haben. Viele der zugrunde liegenden Geschichten sind aber tatsächlich eher jüngeren Datums. Es gehen ja immer wieder, sei es jetzt auf Deutschland bzw. Europa bezogen oder weltweit, Meldungen über diverse Missbrauchsskandale in der Kirche durch die Medien. Das muss man eigentlich nur noch aufgreifen.
Decanus Obscaenus: Die Kirche nimmt uns im Prinzip die Arbeit ab. Das ist erstaunlich, aber natürlich auch erschreckend. Uns fliegen diese Themen zu und sobald man versucht, ein klein wenig tiefer zu schürfen, tut sich ein Loch ohne Boden auf. Wir haben jetzt bereits unendlich viele Ideen für das nächste Album – falls noch eines kommt – zumindest was die Texte angeht. Besonders erschreckend finde ich auch, dass die Kirche nichts dafür tut, dass die Vorkommnisse irgendwie verarbeitet werden, sondern sie deckelt, vielleicht kurz sagt, dass es ihnen leid tut und große Synoden einberuft, bei denen überhaupt nichts herauskommt.
Cantor Cinaedicus: Wenn sie denn überhaupt sagen, dass es ihnen leid tut. Das ist ja eigentlich das Schlimmste. Das Widerlichste daran ist ja meistens, dass die Kirche irgendwie versucht, die Fehltritte zu rechtfertigen, auf völlig absurde Art und Weise. Dabei wird den Opfern eigentlich nochmal ins Gesicht geschlagen. Das ist für mich wirklich unfassbar.
Decanus Obscaenus: Dabei kann man fast zynisch werden. Wir finden uns dann plötzlich in einer Rolle wieder, dass wir als Underground-Doom-Band anfangen, solche Themen anzusprechen, obwohl das ja ganz klar Kirchenaufgabe wäre.
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Stile | Doom Metal, Epic Doom |
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