Frankenstein Drag Queens
Frankenstein Drag Queens
Interview
Den Anlass für dieses Interview gab ursprünglich die Wiederveröffentlichung des allerersten FRANKENSTEIN DRAG QUEENS FROM PLANET 13-Albums "The Late Late Late Show". Da sich die Band allerdings nach einigen Reunion-Shows mittlerweile zum zweiten Mal aufgelöst hat, bat ich Mastermind und Namensgeber seiner Soloband, WEDNESDAY 13 (bürgerlich Joseph Poole), auch um ein paar Statements zu seinem superben aktuellen Werk "Fang Bang", weiteren Projekten und der Horrorpunk-Szene. Die Horrorpunk-Ikone, die unter anderem auch bei den MURDERDOLLS (mit unter anderem SLIPKNOT-Drummer Joey Jordison) die Fäden zog und augenscheinlich ein absoluter Workaholic ist, gab zu allen Themen knapp, aber ausreichend detailliert Antwort.
Die Reunion war ein wenig voreilig, und das Boxset „Little Box Of Horrors“ ist als Auslöser dafür zu betrachten. Wir haben drei Shows gespielt, dann wurde aber die Arbeit an meiner Solo-Karriere zu zeitaufwändig, so dass die Geschichte genau so schnell wieder erledigt war, wie sie angefangen hat.
Das Boxset war bereits kurz nach dem Release ausverkauft. Wäre dieser Erfolg nicht Anreiz genug, mit der Band weiter zu machen?
Das ist zwar absolut großartig, meiner Meinung nach sollte aber alles zu seiner Zeit geschehen. Und für die FRANKENSTEIN DRAG QUEENS ist es gerade einfach nicht die Zeit.
Warum habt ihr „The Late Late Late Show“, das seinerzeit auf eurem eigenen Label erschien, über People Like You-Records erneut veröffentlicht?
Weil niemand jemals die Chance hatte, das Teil zu Gehör zu bekommen. Wir haben 1996 tausend Stück davon gemacht, und das war’s. Wir haben das Album nur bei unseren Shows verkauft und niemals im weltweiten Vertrieb.
Das Album war ja schon Teil des Boxsets, warum habt ihr es noch einmal separat veröffentlicht?
Wir wussten von vorn herein, das das Boxset aufgrund seiner strikten Limitierung schnell ausverkauft sein würde. Somit geben wir den Leuten, die die Box nicht gekauft haben, die Gelegenheit, das Album zu erwerben.
Magst du die Scheibe heutzutage noch? Nach so langer Zeit stehen viele Musiker ihren Veröffentlichungen ja eher kritisch gegenüber.
Ich bin auf alles, was ich je gemacht habe, sehr stolz. Wenn ich die Scheibe höre, kann ich den Enthusiasmus, den wir damals in uns trugen, immer noch hören. Ich weiß immer noch, was mich damals beschäftigt hat, und das Anhören des alten Materials erinnert mich immer daran. Es ist ein spaßiges Album mit einigen guten Songs, und für mich ist es absolut zeitlos.
Wie würdest du das Album in den FRANKENSTEIN DRAG QUEENS-Kontext einordnen? Meiner Meinung nach finden sich weniger Horrorpunk- und dafür mehr Psychobilly- und Rockabilly-Einflüsse darauf.
Ich habe noch nie analysiert, nach was wir klingen. Ich weiß aber noch sehr genau, was für Musik ich mir zu der Zeit bevorzugt reingezogen habe, nämlich jede Menge SEX PISTOLS, RAMONES und ALICE COOPER. „The Late Late Late Show“ ist trotzdem auf natürlichem Wege entstanden, das Album sollte nach niemand anderem als nach uns selbst klingen.
Ist es eigentlich ein Versehen, dass das neu gestaltete Artwork der Scheibe sich deutlich von den Covers der anderen Alben unterscheidet? Es ist deutlich Horror-lastiger und farblich ganz anders.
Nein, das war kein Versehen. Ich wollte bei allen FRANKENSTEIN DRAG QUEENS-Wiederveröffentlichungen in Europa andere Artworks haben. Ehrlich gesagt war ich nie besonders glücklich mit den Artworks unserer Eigenproduktionen.
Ist „The Late Late Late Show“ denn der Originaltitel des Albums?
Eigentlich sollte das Album zunächst „Cross-Dress“ und später „Galactic Chicken Shit“ heißen, dann haben wir uns aber doch noch einmal umentschieden.
Wie würdest du die Entwicklung deiner Musik beschreiben, wenn du „The Late Late Late Show“ und das aktuelle WEDNESDAY 13-Album „Fang Bang“ direkt miteinander vergleichen würdest?
Die Musik hat sich weiterentwickelt, und ich selbst habe wesentlich mehr Erfahrung als damals. Der Spaßfaktor, der Kitsch und die zahlreichen Wortspiele sind nach wie vor vorhanden. Ich denke, dass ich heute aber fokussierter arbeite und versuche, die Songs mehr auf den Punkt zu bringen und ihnen mehr Tiefe zu verleihen.
WEDNESDAY 13 geben wesentlich mehr Konzerte als die DRAG QUEENS. Hat das etwas mit der eingängigeren Ausrichtung der Songs zu tun, ist es für den Hörer einfacher, die Musik zu verstehen?
Ich denke eigentlich nicht, dass die Unterschiede zwischen den Bands so gravierend sind, die Musik der DRAG QUEENS war nicht schwerer nach zu vollziehen als mein Solo-Zeug. Leider wurde den FRANKENSTEIN DRAG QUEENS aber erst nach ihrer Auflösung mehr Beachtung zuteil, weshalb wir natürlich auch zu Lebzeiten nicht so häufig auf die Bühne kamen. Jetzt naturgemäß noch weniger.
Deine Texte waren ja schon immer stark Richtung Horror orientiert, worum drehen sich die Texte von „Fang Bang“?
Vermischtes Zeug, manchmal weiß ich selbst nicht so genau, was in meinem Kopf vor sich geht. Es gibt kein bestimmtes Konzept bei „Fang Bang“, es ist einfach eine Rock-Scheibe. Mir fallen einfach ein paar lustige Titel und Texte ein, ich schnappe mir die Gitarre und schreibe Songs dazu. So einfach ist das.
Wie sieht es denn mit dem Line Up aus, ist das mittlerweile fest? Da hat sich ja in den letzten Jahren viel geändert.
Meiner Meinung nach bringt ein neues Line Up auch immer eine gewisse Frische mit. Die Leute, mit denen ich jetzt arbeite, erfüllen genau mein Anforderungsprofil für die Scheibe und das Touring. Die Leute für die letzte Scheibe und Tour passten zu der Zeit ebenso gut.
Warum hast du dir als Coverversion eigentlich ausgerechnet MOTÖRHEADs ‚R.A.M.O.N.E.S.‘ ausgesucht?
Ich bin ein riesiger Fan beider Bands und fand es eine gute Idee, allen beiden mit der Wahl dieses speziellen Songs meinen Tribut zu zollen.
Gib mir doch mal ein paar Informationen über das BOURBON CROW-Projekt, in das du involviert bist!
BOURBON CROW ist ein reines Spaßprojekt, das ich letztes Jahr zusammen mit dem ehemaligen Bassisten Rayen „Kid Kid“ Belchere aus der Taufe gehoben habe. Wir wollten einfach ein cooles Outlaw-Country-Album machen, und ich denke, das Endresultat ist eine tolle Scheibe.
Gibt es momentan noch irgendwelche anderen Projekte, bei denen du mit wirkst?
Ich mache eine Serie namens „Weirdo A Go Go“, die irgendwann dieses Jahr erscheinen wird. Hauptsächlich stelle ich darin alte Filme vor und beschäftige mich mit verrückten Puppen, Charakteren und so weiter. Es ist ein Riesenspaß und genau so eigenartig und gestört, wie man es von mir erwarten kann. Wir haben die Arbeiten an der ersten Episode gerade abgeschlossen.
Wird es irgendwann mal wieder was von den MURDERDOLLS zu hören geben?
Momentan ist nichts geplant, aber wer weiß…?!
Was sind denn deine persönlichen Lieblingsscheiben aus deiner Diskografie?
„Songs From The Recently Deceased“ und „Fang Bang“.
Was passiert in nächster Zeit bei WEDNESDAY 13?
Wir werden am 12. Januar mit der US-Tour starten, und ab dem 20. März sind wir in Europa unterwegs. Direkt danach werden wir ins Studio gehen und die nächste Platte aufnehmen und im Anschluss wieder touren. Desweiteren werde ich im Laufe des Jahres weitere „Weirdo A Go Go“-Folgen produzieren und ein weiteres BOURBON CROW-Album aufnehmen.
Was hältst du von dem Begriff „Horrorpunk“?
Ich habe den Begriff nie dafür benutzt, was ich getan habe oder heute tue. Vor dem DRAG QUEENS-Split habe ich den Begriff auch nie gehört.
Kennst du denn Bands aus dem Genre, zum Beispiel SHADOW REICHENSTEIN, ZOMBINA AND THE SKELETONES oder BLITZKID? Vielleicht sogar deutsche Bands wie THE OTHER oder THE CRIMSON GHOSTS?
Ich habe mit allen genannten Bands schon die Bühne geteilt, und sie haben ein paar gute Sachen am Start. Ich wünsche ihnen allen viel Erfolg!
Was sind denn deine fünf Lieblingsscheiben aus dem Horrorpunk-Genre?
Der komplette FRANKENSTEIN DRAG QUEENS-Katalog. So würde ich jedenfalls Horrorpunk definieren. (wie überaus bescheiden – Verf.)
Und was sind deine fünf Lieblings-Horrorfilme?
„Texas Chainsaw Massacre 1 +2“, „Return Of The Living Dead“, „Halloween“ und „Phantasm“.