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Interview

Mosaik => Ein aus Teilen zusammengesetztes, sinnvolles Ganzes. "Mosaik" von FRAMES ist ebenfalls aus vielen einzelnen Teilen zusammengesetzt, und ergibt nicht nur Sinn, sondern ist auch einfach nur schön. Ein tolles Album voll rein instrumentaler Musik, irgendwo im progressiven Post Rock angesiedelt. Was es damit auf sich hat, klärten wir mit Schlagzeuger Kiryll Kulakowski.

Da ihr einem Großteil unserer Leser bisher sicherlich noch nicht bekannt sein dürftet, möchte ich dich zuerst bitten, die Band selbst sowie die einzelnen Mitglieder vorzustellen!

Moin. Wir sind FRAMES aus Hannover. Unser Label sagt wir machen Art-Rock, wir selbst wissen es nicht so genau. Wir haben keinen Gesang aber dafür eine Gitarre, Keyboards, Bass und Drums. In dieser Reihenfolge spielen Jonas, Manuel, Moses und Kiryll, das bin ich, darauf.

Anfang 2009 erschien euer Demo „124EP“, welches ja in der Presse verdammt gut ankam. Unter anderem konntet ihr Demo des Monats im Rock Hard und Visions erreichen. Was war das für ein Gefühl? Gab es überhaupt auch negative Reaktionen?

Wir waren nie darauf bedacht, Erfolg mit dieser Musik zu haben, da hat es uns entsprechend überrascht und überwältigt, dass das Material so gut ankam, und das eben mal noch in namhaften Printmedien. Die EP war für uns schon eine sehr dankbare Sache. Geschmäcker sind verschieden, deshalb gibt es natürlich immer Leute, die nichts mit dem Zeug anfangen können, wir hatten aber wirklich nie einen Grund zur Klage.

Ein weiterer Erfolg eurer bisherigen Karriere war die Teilnahme am Local Heroes Contest. Von 1.700 teilnehmenden Bands hattet ihr es bis ins Bundesfinale geschafft, um schließlich den dritten Platz zu belegen!

Richtig, genau so ein beflügelndes Erlebnis. Diese ganze Periode hat uns als Band sehr gefestigt und ermutigt. Ich meine, Bundesfinale mit introvertiertem instrumentalem Rock, das mussten wir erst mal schlucken.

Das Angebot eines Plattenvertrags erscheint mir da schon fast zwangsläufig. Wie kam es letztendlich dazu, dass ihr bei Steamhammer/SPV unterschrieben habt?

Manuel arbeitet dort als Produktmanager, somit haben die Leute von SPV unsere stetige Entwicklung und die vielen positiven Resonanzen mitgekriegt. Zu der Zeit als „Mosaik“ im Kasten war, führten wir Gespräche mit mehreren Indie-Labels. Wir hatten uns fast schon auf einen Favoriten geeinigt, als SPV uns ein Angebot machte. Die Erfahrung und Aufstellung der Jungs sowie die Einzelheiten des Deals haben uns völlig überzeugt, der Rest ging sehr schnell.

Dieser Tage erscheint euer Debütalbum „Mosaik“. Befinden sich darauf auch Stücke vom Demo? Wie verliefen die Aufnahmen?

Ja, die Titel „Insomnia“ und „M“ waren bereits auf der „124EP“, wir wollten sie jedoch noch mal „richtig“ veröffentlicht haben. Die Aufnahmen verliefen insgesamt eher stressig für uns, was allein unsere Schuld war. Wir haben uns in vielen Bereichen nicht genug Zeit gegeben und kamen so unter großen Zeitdruck, obwohl es eine Vorproduktion gab und eigentlich alles sorgfältig durchgeplant war. Wir hätten auch gern noch mehr Zeit für den Mix gehabt, wollten aber unbedingt im Frühjahr veröffentlichen. Zum Glück ist am Ende alles gut geworden und die Erfahrung war in jedem Fall eine gute und wichtige für uns. Ich denke, das nächste Album werden wir trotzdem anders angehen 🙂

Ihr macht eine Art instrumentaler Musik, die man am treffendsten als Post Rock bezeichnen kann. Wie würdest du selbst eure Musik jemandem beschreiben, der noch nie etwas von euch gehört hat? Fühlt ihr euch dem Genre Post Rock zugehörig, oder lehnt ihr entsprechende Schubladisierungen ab?

Man kann versuchen Schubladen abzulehnen, aber die Erfahrung zeigt, dass man einfach nicht umhin kommt, was mich trotzdem nicht davon abhält, mich so oft wie möglich um eine Beschreibung unserer Musik zu drücken. Meistens sage ich so was wie „instrumentaler Prog-, Post-, Art-. Irgendwas-Rock“. Wie genau das klingt, kann man eh nicht beschreiben. Zum Glück kann man sich ja Sachen von uns kostenlos anhören, darauf verweise ich dann gerne. Ich meine, wie will man den Sound von MESHUGGAH beschreiben? Oder TOOL? Post-Rock an sich halte ich für einen sehr schönen Begriff, er beschreibt für mich den Versuch, mit typischen Rockinstrumenten etwas zu machen, was über Rock hinaus denkt. Aber für den Begriff hat sich bereits ein bestimmter Sound etabliert, den wir nicht machen, weshalb ich uns eher zum Prog im weitesten Sinne zählen würde.

Eure Musik erscheint mir ziemlich offen und experimentierfreudig. Welches sind eure hauptsächlichen Einflüsse?

Schwer zu sagen, da gibt es wirklich viel. Die hörbare Schnittmenge liegt wohl irgendwo zwischen PORCUPINE TREE, OCEANSIZE, TOOL und A PERFECT CIRCLE. Alles keine instrumentalen Bands, ich weiß.

Eure Stücke sind ja recht ausladend. Wie entstehen denn die Songs bei euch? Gibt es einen Hauptsongwriter oder wird im Proberaum wild drauflos gejammt?

Ich hab letztens in einem Interview gesagt: „Wir sind eine Band aus einem Autor und drei Interpreten“. Das trifft es wahrscheinlich am besten. Jonas schreibt die Stücke zuhause, notiert sie mehrspurig in einer ab hörbaren Form und schickt das Material rum. Nachdem wir wissen, welches Material wir als Band umsetzen wollen, hört sich jeder von uns intensiv rein und schreibt seine Spuren auf bzw. um, so wie er den Song versteht. Wenn wir dann in den Proberaum gehen, kennt jeder bereits das Arrangement und weiß, was er dazu spielen will. Details und Sounds entstehen dann über Wochen und Monate im Proberaum, auch Grooves und Licks ändern sich dann oft noch. Ursprung allen FRAMES-Materials ist also Jonas, das Ergebnis ist eine Interpretation der Band.

Wie oft probt ihr gemeinsam?

Da Jonas in Osnabrück studiert, können wir nur am Wochenende proben. Je nachdem dann zwei oder drei Tage.

Welche Bilder erscheinen vor deinem Auge, wenn du dir deine eigene Musik anhörst?

Hauptsächlich Farben. Und wie ich spiele 🙂 Man übt ja auch im Kopf.

„Mosaik“ lautet der Titel des Albums. Welche Message steckt dahinter?

Keine, die ist eher im Album-Artwork versteckt. „Mosaik“ beschreibt für uns das Verhältnis der Songs zueinander. Als wir nach einem Titel fürs Album gesucht haben, mussten wir schnell feststellen, dass es kein wirkliches Konzept gibt, keine Geschichte oder Message. Gleichzeitig ergibt es alles zusammen ein Bild, einen emotionalen Sinn, und es ist irgendwie schön. Wir wüssten auch nicht, welchen Song wir weglassen könnten. Für uns waren das gewissermaßen Merkmale eines Mosaiks, da lag es nahe, das Album beim Namen zu nennen.

Nicht nur die Musik lässt aufhorchen, auch die Gestaltung eurer CD ist sehr schick! Gestaltet ihr eure Layouts, welche mich an die frühen Siebziger erinnern, eigentlich selbst? Gab es da irgendwelche Vorbilder?

Dankeschön, ich bin bei uns der Mensch fürs Visuelle. Vorbilder kann ich dir leider keine nennen, ich hab keine Ausbildung in dem Bereich genossen und hab mich auch nie sonderlich für Design-Geschichte interessiert. Ich habe mich drangesetzt, verschiedene Dinge ausprobiert, und das ist dabei rausgekommen. Es hat mich selbst sehr überrascht. Es steckt zwar ein vom Thema Mosaik inspiriertes Konzept dahinter, das ist aber eher eine persönliche Sache. Das Schöne ist, dass die Leute sehr individuelle Interpretationen dazu haben, was gut zu unserer Musik passt. Es geht bei uns stark ums individuelle Erlebnis, weshalb wir vorsichtig damit sind, zu viel vorzugeben.

Was ist für euch das Besondere an Instrumentalmusik? Worin seht ihr die Vorteile? War es von Vornherein klar, dass ihr ohne Sänger arbeiten werdet?

Die Stimme ist das Instrument mit dem größten emotionellen Ausdrucksvermögen, wenn die fehlt, fehlt viel. Der Versuch, das auszugleichen, führt oft zu sehr spannenden und intensiven Arrangements, man hat im wahrsten Sinne des Wortes mehr Freiraum als Instrumentalist und bei der Komposition. Ich als Schlagzeuger zum Beispiel könnte mir nicht erlauben, so dicht zu spielen, wenn wir Gesang hätten – ich würde ihm damit in die Quere kommen. Allein die Musik muss überzeugen und für den Hörer eine Art Stringenz oder Erzählung haben.

Letzten Endes ist das auch einfach das, was wir am liebsten machen. Lustiger weise hatten wir nicht immer vor, instrumental zu bleiben. Jonas und ich waren vorher bereits in ein instrumentales Projekt involviert, als aber die Idee zu FRAMES Form annahm, stand für uns fest, dass Gesang dabei sein soll. Wir wollten einfach „was Neues“ machen. Nachdem wir schlicht keinen passenden Sänger gefunden haben, ging es erst mal ohne weiter. Dann kam der erste Auftritt inklusive SixPack-Sieg, und für uns war klar: Es funktioniert! Man unterschätzt die Leute, wenn man meint, sie könnten mit einer Band ohne Sänger nichts anfangen. Also haben wir’s sein gelassen und uns auf das konzentriert, was wir am besten können.

Beobachtet ihr die immer stärker aufblühende Szene der instrumentalen Musik? Mittlerweile gibt es hier auch immer mehr Bands, so dass die Überschaubarkeit doch ziemlich darunter leidet. Besteht bei euch keine Sorge, in dieser Masse unterzugehen? Denkst du, dass es im Bereich der instrumentalen Musik überhaupt noch viel (neues?) zu sagen gibt?

Nein, wirklich beobachten tun wir das nicht. Es ist wahr, dass Post Rock gewissermaßen boomt, wenn man es allerdings in Relation zu einem Genre wie Metal betrachtet, sieht das mit dem Untergang in der Masse schon mal entspannter aus. Genauso sieht es meiner Auffassung nach mit dem „Neuen“ aus. Post Rock ist im Vergleich zu anderen Genres ein sehr junges Feld, Metal-Bands wärmen im Allgemeinen doch sehr viel mehr auf, und es bleibt trotzdem ein florierendes Genre mit konstantem Zuwachs.

Dazu kommt etwas, was ich neulich irgendwo perfekt formuliert gelesen habe: „In der Musik wurde bereits alles gesagt. Jetzt kommt es darauf an, wer am besten zitiert“. Leider weiß ich nicht mehr, von wem das stammt. In Anbetracht all dessen, kann ich dir berichten, dass wir uns keinerlei Gedanken oder Sorgen um so was machen, wir spielen einfach Musik. Wenn man sich zu viel Gedanken darum macht, wie man aus der Masse hervorsticht, gerät man leicht in einen konstruierten Individualismus, das ist nicht unser Ding.

Woran denkst du liegt es, dass die Szene immer mehr Bands hervorbringt, auch wenn man mit dieser Musik auf dem breiten Markt nicht riesige Verkäufe erzielen kann?

Zuallererst denke ich, dass es die ganz normale Entwicklung eines spannenden jungen Genres ist. Irgendwo fängt irgendwer an, einen neuen Sound oder Ansatz zu etablieren, der mit der Zeit seine Kreise zieht. Meistens geschieht das aus Überzeugung und Leidenschaft, nicht aus lukrativen Aussichten. Nachdem Erfolg und damit Multiplikatoren sich einstellen, fängt der Stil an überzugreifen und sich mit jeder neuen Band weiterzuentwickeln. Was ich speziell an diesem Genre aber so spannend und schön finde ist, dass es nicht wie in den letzten Jahren um aggressive Energie geht, sondern eher um intensive, subtile Gefühlswelten. Mir scheint es manchmal tatsächlich wie eine neue Ausrichtung der Jugend, ein romantischer Gedanke den ich nicht ganz loswerde.

Im Gegensatz zu regulären Rock-Bands habt ihr keinen Frontmann, welcher mit dem Publikum interagieren kann. Wie gestalten sich eure Konzerte, wie heizt ihr dem Publikum entsprechend ein? Möchte man dem Publikum nicht einfach mal eine Textzeile ins Gesicht schleudern?

Nein, eigentlich nicht. Wir sind ganz zufrieden so. Wir sind auch nicht wirklich darauf bedacht, dem Publikum einzuheizen, uns geht es eher darum, unser Ding zu machen und es zu genießen, da vergisst man das Publikum schon mal. Ich als Konzertbesucher kriege auch eher Kotzreize, wenn der Frontmann mir sagt, wo ich klatschen soll oder mich anschreit, ob’s mir gut geht und es die obligatorischen drei Male wiederholt. Das ist doch echt ausgelutscht, ich verstehe bis heute nicht, warum das trotzdem jeder macht.

Für mich als Besucher ist das Konzertglück am perfektesten, wenn ich der Band zuschauen kann, wie sie selbstverloren abgeht, einen guten Teil unserer Konzertbesucher schätze ich da ähnlich ein. Ein wichtiges Thema fürs Live-Erlebnis, insbesondere bei Bands wie uns, ist das Licht. Wir haben da bereits einige sehr gute Erfahrungen gemacht und überdenken im Moment unsere Optionen, um eine gute Lichtshow zum festen Bestandteil der FRAMES-Konzerte zu machen. Auch über Visualisierung in Form von Videos denken wir nach, da steht aber noch kein Konzept.

Was kannst du uns über eure lokale Szene in Hannover berichten?

Hier ist sicher nicht so viel los wie in Berlin oder Mannheim, aber Hannover hat im Moment eine ganze Menge sehr spannender junger Bands zu bieten. Einige persönliche Anspieltipps sind KADOSH, HERMELIN, FIBRE, WHITEBUZZ und NOETICS. Sehr professionelle, individuelle, sympathische Bands, denen man als Musikliebhaber wirklich mal eine Chance gegeben haben sollte, vor allem und ganz besonders Live.

Was steht bei euch in nächster Zukunft so alles an?

Seitens des Labels läuft im Moment die Promo für „Mosaik“ an, während wir an Merch basteln, so oft es geht proben und parallel so gut es geht Shows suchen. Für Herbst planen wir eine Tour, im Mai versuchen wir noch eine Supporttour zu kriegen. Wir sind alle keine geborenen Booker und uns fehlen die Kontakte eines Profis, deshalb suchen wir noch nach einem Partner für diesen Bereich. Wir nehmen demnächst an der BandFactory teil, einem niedersächsischen Coaching- und Workshop-Programm, planen professionelle Live-Mitschnitte sowie einen Videoclip. Vorhin erwähnte Bühnenshow-Elemente gehen demnächst auch in die nächste Planungsphase und, naja, natürlich so viel Live spielen wie geht 🙂

Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!

Wer neugierig ist kann unsere EP noch immer für lau runterladen. Es könnte sein, dass sich das tatsächlich noch wegen der Gema ändert, also greift zu, solange wir die Möglichkeit haben, sie zu verschenken! Einfach auf framesmusic.com gehen, zu den Releases runter scrollen und auf Download klicken.
Vielen Dank auch dir, und alles Gute!

22.03.2010

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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