Forgotten Tomb
Interview mit Herr Morbid zu "Hurt Yourself And The Ones You Love"

Interview

Forgotten Tomb

„Hurt Yourself And The Ones You Love“ ist der Name des neuen Albums der suizidalen FORGOTTEN TOMB, die musikalisch wieder ordentlich die Rasiermesser schleifen und für akustische Finsternis mit rauem Charakter und hoher Qualität sorgen. Herr Morbid hat das Wort!

Forgotten Tomb

Euer neues Album „Hurt Yourself And The Ones You Love“ klingt sehr organisch und rau, was perfekt zur Musik passt. Wie habt ihr das neue Album aufgenommen?

Wir fühlten, dass die vorherigen beiden Alben ein klein wenig zu überproduziert klangen, vielleicht etwas zu poliert, also entschieden wir uns dieses Mal für eine organischere und natürlichere Produktion, mit mehr Durchschlagskraft und etwas dreckiger als sonst. Es klingt stärker nach „Negative Megalomania“ als die letzten beiden Alben. Wir wollten, dass sich das Schlagzeug natürlicher anhört und die Gitarren dir direkt ins Gesicht springen. Ich wollte grundsätzlich etwas erreichen, was man in den Neunzigern als eine gute Produktion bezeichnet hätte, was bedeutet dass vieles individuell Live im Studio gespielt wurde, mit so wenigen Softwaretricks wie nur möglich und stattdessen realistisch klingendem Zeug. Die Produktionen heutzutage klingen sehr verfälscht und standardisiert, mit all den Triggern, unmenschlicher Performance und automatisch abgestimmtem Gesang. Wir sind der Meinung, dass das nicht unserer Musik nutzt.

Das Cover erinnert mich einerseits an „Songs To Leave“, andererseits aber auch an SHININGs „V: Halmstad“. Was kannst du uns über das Artwork sowie die Idee dahinter erzählen?

Ich würde sagen es steht eher in einer Linie mit dem zensierten Cover von „Love’s Burial Ground“, das auf der ursprünglichen CD enthalten war. Es zeigte ein kleines Mädchen mit einer Pistole in ihrem Mund. Dieses Album wurde ein Jahr vor „V: Halmstad“ veröffentlicht und ich sehe keinen Grund Vergleiche zu zeichnen. Dieses Mal bemerkten wir, dass das Material ziemlich aggressiv und abgedreht war, also pushten wir uns in diesen Wahnsinn weiter. Wir wollten etwas, das extrem aussieht und die Aufmerksamkeit der Fans auf sich zieht. Unsere letzten Alben hatten eher künstlerische Designs daher dachten wir, es wäre an der Zeit zurückzukehren zu etwas mehr rohem, simplen, speziell da die Texte und der Sound auf diesem Album sehr rau und Gewalttätig sind. Ich mag auch Fotografien auf Covern, aber wir wollten keine Fotos aus Archiven verwenden. Daher heuerten wir einen Fotografen und ein Model an und machten es selbst. Ich finde, die Fotos sind sehr gut gelungen, nicht nur was das Konzept anbelangt, sondern auch die Qualität.

Für mich klingt „Hurt Yourself And The Ones You Love“ aggressive und straighter als „…And Don’t Deliver Us From Evil“, aber in derselben Richtung, die ihr damals mit „Negative Megalomania“ eingeschlagen hattet. Worin siehst du selbst die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten verglichen mit euren bisherigen Arbeiten?  Wie beurteilst du eure musikalische Entwicklung?

Ich finde die sludgy und doomigen Elemente sind seit „Negative Megalomania“ relevanter geworden und wir erforschten diese Klänge auf allen folgenden Veröffentlichungen. Dieses neue Album ist wahrscheinlich das heavieste was wir jemals gemacht haben, aber gleichzeitig enthält es auch viele Black-Metal-Elemente. Ich finde dieses als auch das vorherige Album sind beide sehr dunkel und aufreibend, sowohl lyrisch als auch musikalisch. Ich mag die Songs von „…And Don’t Deliver Us From Evil“ noch immer sehr, wenngleich ich finde, dass eine andere Produktion und wenige Details hätten besser sein können, dann wäre das Album wahrscheinlich auch besser gelaufen. Das Feedback war größtenteils gut, aber ich glaube einige Leute hatten das Album nicht wirklich verstanden was schade ist, da ich das Songwriting für exzellent halte. Ich finde die bessere und passendere Produktion auf „Hurt Yourself And The Ones You Love“ sowie die Frischheit im Songwriting machen dieses neue Album zu unserem besten verglichen mit den letzten zwei oder drei. Die beste Leistung auf diesem Album verglichen zu dem vorherigen ist, dass die verschiedenen Elemente unseres Sounds sich besser zusammenfügen auch wenn es experimentierfreudiger ist. Da ist viel grooviger Stoff aber das Black-Metal-Feeling ist konstant vorhanden, es klingt sehr böse und massiv in seiner Gesamtheit. Dieses Album ist etwas weniger atmosphärisch und dafür etwas mehr auf der harscheren Seite der Dinge. 

Auffallend ist auch, dass du auf klaren Gesang verzichtet hast. Was waren die Gründe hierfür?

Ich hatte immer gesagt, dass wir klaren Gesang nur dann einsetzen, wenn es notwendig ist, oder dem Song etwas Besonderes gibt. Ich wollte niemals aufhören, Screams einzusetzen um klaren Gesang zu bevorzugen oder umgekehrt. Gesang ist wie ein weiteres Instrument, man setzt ihn ein je nachdem wie der Song und die Musik klingen sollen. Das neue Album wurde sehr aggressiv und wir dachten, Klargesang wird nicht benötigt und passt auch nicht zu diesen Songs. Wir werden aber vielleicht wieder in Zukunft Klargesang einsetzen, wer weiß. Auf diesem Album habe ich mit verschiedenen Gesangslinien und Gesangsrhythmen experimentiert, der Gesang ist dieses Mal komplizierter angelegt was das Tempo und die Metrik anbelangt, aber ich schätze das wird nicht jedem auffallen.

Was kannst du uns vom Songwriting erzählen? In welcher Zeit entstanden die Songs für das neue Album und wer nahm alles am Songwriting teil?

Ich schreibe gewöhnlich mehr oder weniger alles was du auf unseren Alben hören kannst, da ich die Demotracks für alle Instrumente aufnehme und danach an die anderen Jungs zum Lernen weitergebe. Auf diesem Album jedoch gab es mehr Kollaboration was dazu führte, dass wir von Andrea den Instrumentalsong „Swallow The Void“ sowie den Song „Mislead The Snakes“, welcher von mir und Alex (Algol) geschrieben wurde. Wir saßen auch einige Male zusammen, hörten uns die Demos an und legten Dinge fest, die wir modifizierten usw. Wir proben nicht wirklich viel, daher schreiben wir nichts im Proberaum wie es sonst viele Bands tun. In der Vergangenheit hatten wir manchmal einige Riffs verwendet, die wir seit vielen Jahren in der Schublade hatten, aber dieses Mal waren 90% des Materials auch für uns brandneu und es wurde 2014 geschrieben.

Was hat dich zu „Hurt Yourself And The Ones You Love“ inspiriert? Wovon handeln die Texte?

Die Erforschung des Todes in seinen verschiedenen Facetten ist mit Sicherheit eine Konstante in unseren Texten. Der Angriff auf die Gesellschaft in ihrer Moralvorstellungen und Werten ist ein weiteres Thema das ich schätze, genauso wie die Glorifizierung einiger negativer Aspekte menschlicher Verhaltensweisen. In einem älteren Song den wir für das „Under Saturn Retrograde“ Album machten gibt es eine Linie die sagt „Harm Yourself And Your Loved Ones Tonight“ und ich wollte dieses Konzept erweitern. Daher änderte ich leicht diesen Satz für den neuen Titel und arbeitete daran. Grundsätzlich ist es ein sehr nihilistischer Titel und er drückt meine Verachtung der Gesellschaft als Ganzes aus, es ist eine Einladung alle moralischen Werte zu zerstören und der dunklen Seite des Lebens beizutreten. Ich würde sagen dieses Album wurde unter einer erwachseneren Art von alltäglicher Trostlosigkeit geschrieben, nicht wirklich Depression oder sowas aber Stimmungsschwankungen, Dekadenz, urbanes Elend, Enttäuschung, Versagen, ein generell trostloser Ausblick in die Zukunft. Träume spielten auch eine wichtige Rolle in den Texten auf diesem Album. Ich hatte all die verrückten Träume die wie einige Botschaften aus einer anderen Ebene der Existenz erschienen, oder einige dunkle Omen und ich dachte die weisere Sache zu tun wäre es, diese Gefühle die ich von diesen Träumen bekam in die neuen Texte einzubinden. Aber ich nehme meist viel Inspiration aus meinem eigenen Leben und was ich um mich herum sehe und da ist eine große Anzahl an negativen Dinge, aus welchen ich Inspiration ziehe. 

Was die Musik anbelangt höre ich eine große Vielfalt an Musik und über allem höre ich selten Black Metal oder Bands die unseren Fans gefallen würde. Das scheint seltsam zu sein aber so ist es. Aufgeschlossen zu sein in dem was ich höre ist eine gute Sache für mich, aber wenn ich einige Einflüsse habe findet man die sicher in der Vergangenheit, meist in den Neunzigern speziell wenn es um Metal geht. Ich mag selten wenn überhaupt aktuelle Bands.

In den Songs „Mislead The Snakes“ und „King Of The Undesirables“ habt ihr Sprachsamples verwendet. Bitte erzähle uns mehr darüber sowie die Intention dahinter!

Wir wollen immer Samples in unseren Songs einfügen, besonders seit ich ein Filmfreak bin, aber immer sind wir im Studio in Eile weshalb es keine Zeit mehr gibt, um an ihnen zu arbeiten. Während dieser Sessions hatten wir mehr Zeit über all die kleinen Details nachzudenken, daher schafften wir es letztendlich einige Samples in diese Songs einzufügen. Ich finde sie sind großartig gelungen und geben ihnen etwas Industrial Feeling. Einer stammt aus einem Film namens „Deadbeat At Dawn“ und der andere von einigen Richard Ramirez (der „Night Stalker“ Serienmörder) Interviews. Ich finde sie passen nett zu den Songs.

Was habt ihr in nächster Zukunft geplant?

Wir spielten kürzlich in Portugal und Großbritannien und es war ein großer Erfolg. Für die nächsten Monate haben wir 10 gebuchte Konzerte in Litauen, Lettland, Estland, Ukraine, Russland, Italien und Mexiko. Danach werden wir im Oktober eine richtige Headlinertour in Europa haben, unterstützt durch unsere französischen Alliierten NOCTURNAL DEPRESSION. Wir werden von jetzt an bis Ende 2015 so viel wie möglich Live spielen und vielleicht auch 2016 noch touren, während wir neues Material schreiben.

09.05.2015

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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