Flame, Dear Flame
"Wir sind nicht plötzlich eine Classic-Rock-Band geworden."
Interview
Zwei Jahre sind mittlerweile ins Land gegangen, seitdem FLAME, DEAR FLAME viele Doom-Fans mit ihrer ersten EP „The Millenial Hearbeat“ auf sich aufmerksam machen konnten. Jetzt steht endlich der erste Longplayer „Aegis“ in den Startlöchern, der den eher ungewöhnlichen Weg geht, alle drei Songs der EP noch einmal zu integrieren. Außerdem kam und ging ein Gitarrist, eine weltweite Pandemie wollte überstanden werden und natürlich wurde auch neue Musik geschrieben. Genügend Gesprächsstoff also, um Gitarrist David Kuri und Bassist Martin Skandera um einen Skype-Call zu bitten.
Hallo David, hallo Martin! Seit unserem letzten Interview 2019, als Ihr gerade Eure EP „The Millenial Heartbeat“ heraus gebracht hattet, hat man nicht mehr viel von Euch gehört. Bringt uns doch bitte ein wenig auf den neuesten Stand, was ist in der Zwischenzeit passiert?
Martin: Da ist in der Tat eine ganze Menge passiert. Wir haben, unter anderem, mit dem lieben Johannes einen neuen Gitarristen angeheuert, der uns leider nach der Album-Produktion schon wieder verlassen hat, da er sich musikalisch anders orientieren wollte. Bis dahin hat er aber fantastische Arbeit beim weiter schreiben von „The Wolves And The Prioress“ geleistet, was damals allerdings noch gar nicht so hieß, sondern noch einen Arbeitstitel hatte. Wir haben uns also hauptsächlich damit beschäftigt, diese Songs auf Vordermann zu bringen, zeitgleich aber auch bereits begonnen „The Millenial Heartbeat“ teilweise noch einmal neu aufzunehmen, mit Johannes an der Gitarre und mir am Bass. Songwriting, Ideen entwickeln und ausprobieren, herumexperimentieren – dafür haben wir uns wirklich viel Zeit genommen, um daraus ein möglichst rundes Paket nach unseren Vorstellungen zu bauen. Dann kam, wie wir alle wissen Corona, wodurch sich das Zusammensetzen natürlich deutlich erschwert hat. Letztlich haben wir das aber auch ganz gut aus der Ferne geregelt bekommen. Jetzt stehen wir vor dem Ergebnis und sind gespannt, wie es so ankommt.
Hat Euch der Lockdown während der „harten Phase“ ansonsten noch weiter eingeschränkt, oder habt Ihr einfach digital weiter gemacht?
Martin: Genau, wir haben einfach viele Dateien hin und her geschickt. Jeder hat am Rechner ein paar Snippets aufgenommen und David hat quasi als „Mastermind“ die Sachen zu einem großen Ganzen zusammengefügt.
David: Das „Mixmind“ vielmehr, gemastert hat es wer anders. Wir hatten das Glück, dass wir bevor der Lockdown so richtig los ging schon den Großteil der Aufnahmen im Kasten hatten. Im Januar 2020 hatten wir mit dem Schlagzeug angefangen, im Februar/März war bereits der Großteil aufgenommen. Im April haben dann wirklich nur noch die Vocals gefehlt. Natürlich hat sich durch Corona alles verzögert. Quasi bei jedem Einzelnen hat sich durch irgend etwas eine Deadline verzögert. Sei es, weil die Leute erst einmal persönliche Angelegenheiten regeln mussten oder weil Lieferketten in der Produktion nicht mehr wie gewohnt funktionierten. So war vieles im Jahr 2020 auch für uns einfach gespanntes Warten darauf, dass sich die ganzen Puzzleteile zusammenfügen.
Die Vorgehensweise, sich Dateien hin und her zu schicken, ist aber eher aus der Not heraus geboren, ansonsten entstehen die Songs bei Euch klassisch im Proberaum?
Martin: Wir haben da eigentlich eine ganz gute Kombination aus beidem, auch wenn ich schon gar nicht mehr weiß, wie es sich anfühlt, gemeinsam im Proberaum zu stehen. Aber gerade, wenn einem von uns spontan etwas einfällt, ist die digitale Variante natürlich super praktisch. Man kann einfach den anderen einen Link schicken und schreiben: „Hier, hört mal rein.“ Zumal es dann auch keine Terminkonflikte gibt, da jeder darauf zugreifen kann, wenn es gerade passt. Aber wenn es jetzt mit Proben wieder ernsthaft los geht, werden wir natürlich auch wieder mehr zusammen sitzen. Ich muss auch sagen, dass ich es tierisch vermisse mit anderen Leuten zusammen Musik zu spielen.
David: Die Grundideen entstehen bei uns meistens zu Hause, so haben wir dann schon etwas, was wir in den Proberaum mitnehmen und dort ausprobieren können. Das ist dann auch oft ein gewaltiger Kontrast, zwischen dem schnellen Demo-Recording, bei dem man sich denkt: „Das kommt bestimmt cool.“ Wenn man es dann aber im Proberaum ein paar Mal hin und her dreht merkt man entweder, dass es auf andere Art noch viel cooler wäre oder es ist eben doch gar nicht so schön, wie man es sich ausgemalt hat. Dadurch, dass im Proberaum jeder an seinem Instrument das tut, was er am besten kann, bekommen diese Ideen oft eine neue Ausrichtung und man sagt dann gemeinsam: „Wäre es nicht cool, von hier in diese Richtung zu gehen?“ Einen kompletten Song „mal eben“ im Proberaum zu schreiben, könnte ich mir persönlich aber nicht vorstellen.
Die EP ist jetzt quasi als erster von zwei Zyklen auf Eurem Debüt-Album „Aegis“ enthalten. Stand von Anfang an fest, dass die „alten“ Songs auch nochmal auf dem Album verwendet werden sollen oder gab es auch einen Plan, nur neues Material aufzunehmen?
David: Wenn ich mich richtig erinnere, hatten wir damals gar nicht wirklich den Plan, „The Millenial Heartbeat“ überhaupt als EP zu veröffentlichen. Das war eigentlich eher eine Art „Unfall“. Auf dem Hammer Of Doom 2018 habe ich Götz Kühnemund eine von den EPs quasi als Demo zugesteckt und meinte zu ihm: „Hör mal rein, mal schauen, ob es Dir gefällt.“ Er hat dann eine Review dazu in der Deaf Forever geschrieben und auf einmal haben sich die Leute auf unsere „Gitarrist gesucht“-Anzeige gemeldet, weil sie wissen wollten wo man die EP kaufen kann. Bis dahin hatten wir also gar keinen festen Plan die EP zu diesem Zeitpunkt schon zu veröffentlichen, hatten auch im Hinterkopf vielleicht erst das Album fertig zu machen und mit einer kompletten Platte nach einem Label zu suchen. Aufgrund der Nachfrage haben wir uns dann aber entschieden, die EP schon einmal vorab digital herauszubringen, was sicherlich auch die richtige Entscheidung war. Da es noch keine physische Auflage gibt und uns das sehr wichtig ist, war aber immer klar, dass diese drei Songs noch einmal Teil vom Album werden.
Es war außerdem schon immer das Konzept hinter FLAME, DEAR FLAME, diesen sehr narrativen Songwriting-Stil zu verfolgen, wir wollten aber gleichzeitig nicht unbedingt ein komplettes Konzeptalbum machen. Das wäre schon eine riesige Aufgabe, vor allem wenn du gerade dabei bist, überhaupt erst einmal deinen Sound als Band zu finden. Daher fanden wir die Idee, das ganze in kleinere „Songpakete“ zu unterteilen ganz charmant, die dann für sich eben eine zusammenhängende Geschichte erzählen. Von da ging dann auch die Idee aus, auf der A-Seite die eine Geschichte und auf der B-Seite eine komplett andere zu erzählen, die inhaltlich keinen Zusammenhang haben.
Teile der EP wurden, soweit ich informiert bin, neu eingespielt. Ich muss aber zugeben, ich habe nicht wirklich einen Unterschied bemerkt. Warum wolltet Ihr Euch so nah wie möglich an der ursprünglichen Version halten? Hätte man das nicht auch einfacher lösen können?
Martin: Das hätte man sicherlich einfacher lösen können, weil der Hörer das wahrscheinlich, wie Du schon sagst, gar nicht mit bekommt, dass es neu eingespielt wurde. Uns war das als Band allerdings wichtig, da wir den Anspruch haben, dass jedes Bandmitglied, was einen Teil dazu beigetragen hat, letztlich auch auf der Platte zu hören ist. Außerdem legen wir Wert darauf, dass alles aufgenommene auch live reproduzierbar ist. Es wurde also ohnehin geprobt, damit wir es so auf die Bühne bringen können, weshalb sich herauskristallisiert hat, dass wir diese Parts auch direkt mit aufnehmen können. Einerseits haben wir uns dabei viel Mühe gegeben uns so dicht wie möglich am Original zu halten, was schon bestanden hat, andererseits hat natürlich jeder sein bestes herausgeholt um das Ganze so rund wie möglich klingen zu lassen. So kann jeder in der Band am Ende sagen: Das ist jetzt ein Gesamtwerk von uns. Am Ende stehen unsere Namen darunter, da würde es sich falsch anfühlen wenn eine Spur darunter wäre, die jemand ganz anderes eingespielt hat.
Der Punkt, warum Du es wahrscheinlich nicht heraus hörst ist, dass wir uns natürlich sowohl bei der Soundfindung als auch beim Abmischen viel Mühe gegeben haben, so originalgetreu wie möglich zu klingen. Mein Sound war beispielsweise, als ich zu FLAME, DEAR FLAME gekommen bin noch ein ganz anderer. Ich habe mich da also ein wenig umorientiert, damit sich das passender und vor allem Band-dienlich einfügt. Wir haben uns dafür also viel Zeit genommen, auch wenn es am Ende dazu führt, dass es sich ähnlich anhört wie vorher.
David: Wobei ich sagen muss, gerade der Bass-Sound ist schon deutlich anders. Wenn man da mal konkret drauf achtet, hört man den Unterschied. Die EP hat fast so einen knörigen MANOWAR-Piccolo-Bass, sehr metallisch. Das Album hat dagegen einen sehr runden, sehr vollen Bass-Sound. Das war eben Martins Interpretation und seine Richtung, in die er gehen wollte. Grundsätzlich hat Martin aber Recht, dass wir das in erster Linie für uns als für den Hörer gemacht haben.
Das war dann ja vermutlich auch noch Teil des Bandfindungsprozesses. Als wir das letzte Interview geführt haben, war das ja alles noch ganz frisch.
David: Das ist natürlich auch ein guter Initiationsritus, so eine gemeinsame Aufnahme. Oder anders gesagt: Ich glaube du kommst dir echt komisch vor, wenn du neu in einer Band bist, die dann während du da bist Songmaterial von „alten“ Musikern veröffentlicht.
Was jetzt aber auch nichts neues wäre.
David: Klar, kann man machen, ist aber schon irgendwie eine faule Sache. Wir machen es dann lieber auf die persönliche Art, spielen es neu ein und fertig.
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Stile | Doom Metal, Epic Doom, Hard Rock |
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