FJØRT
Interview mit David und Chris zum Album "Kontakt": Wir sind keine Songfabrik"
Interview
Wie lange habt ihr an „Kontakt“ gearbeitet – von der ersten Idee, bis zur fertigen Platte?
David: Wir haben im Oktober 2014 angefangen und haben bis ca. Juni 2015 daran geschraubt. Die Platte wurde im September 2015 aufgenommen.
Wer hat, außer euch Dreien, noch Einfluss auf FJØRT, wer hört eure Lieder zuerst, wenn sie grob fertig sind, wer liest eure Texte quer und gibt euch ein erstes Feedback?
Wir haben ‚unsere Leute‘, die uns schon lange begleiten und unser Vertrauen genießen. Da wären neben den eben schon erwähnen Jungs von Iconographic, Jan Hoffmann, der um uns herum alles organisiert, Roman Pitone unser Booker, Phil Hillen der bisher jede Aufnahme von FJØRT gemacht hat und natürlich Malek Scharifi & Co. vom Grand Hotel van Cleef.
Seid ihr Arbeitstiere, die ständig an irgendwas Neuem basteln, oder ist jetzt erstmal live spielen angesagt und für eine gewisse Zeit Schluss mit Liederschreiben?
David: Wie ich eben schon erwähnte, sind wir keine Songfabrik. Zur Zeit sind die Köpfe leer. Alles steckt in „Kontakt“. Daher ist gerade nur Live-Spielen und der ganze andere Organisationsdreck an der Tagesordnung. Vielleicht kommt wieder die Phase, in der wir wieder etwas Neues sagen wollen, vielleicht aber auch nicht.
Bei „D’Accord“ gab es die Möglichkeit, die Texte online kostenlos herunterzuladen, was sicherlich in erster Linie finanzielle Gründe hatte. Wird das bei „Kontakt“ anders sein, denn gerade auf die Texte legen sicher viele Hörer großen Wert?
Chris: Das hatte den Grund, dass bei der „D’accord“ kein Booklet dabei war, um die Texte nachzulesen. Die Texte sind bei uns ein Fokuspunkt, daher sollten die Leute die Möglichkeit haben, sie nachzulesen. Der kostenlose Download erschien uns dabei als der einfachste Weg. Für das neue Album wird bei der CD-Version ein 12-seitiges Booklet beiliegen und bei der LP wie gehabt ein Textblatt. Beim digitalen Download gibt es ein Digi-Booklet
Wird an den Texten viel gefeilt, einzelne Wörter ausgetauscht und verbessert, oder sind das eher rohe Momentaufnahmen von FJØRT?
Chris: Die Texte entstehen erst dann, wenn die Songskelette fertig sind und eine Richtung vorgeben. Das Fertigstellen der Texte ist dann ein relativ langer Prozess, bei dem viel gefeilt und gefühlt wird, bis das Gesamtbild stimmig ist. Für uns ist es unabdingbar, dass jedes Wort seinen Platz findet und auch am Schluss kein anderes an dessen Stelle stehen kann.
Worauf legt ihr Wert bei anderen Bands, was kickt euch selbst, inspiriert oder beeindruckt euch?
Es gibt viele Spielarten in der Musik, die sehr inspirierend sein können. Das können Bands sein, die Wut, Trauer oder aber auch positive Dinge transportieren. Was dabei letztlich entscheidet, ist, ob man der Band das glaubt, was sie tut. Authentizität bedeutet, dass genau das gesagt wird, was gesagt werden will. Uns kickt es, wenn wir das der Musik anmerken.
Was mir auffiel, ist aber, dass man den Gesang viel besser verstehen kann als zuvor. Habt ihr bewusst darauf geachtet, wurde euch das öfter zurückgemeldet?
Chris: Richtig. Wir haben bei diesem Album bewusst darauf geachtet, dass die Texte beim ersten Hören schon präsent sind. Wie eben erläutert, ist uns jedes Wort wichtig, das wir schreiben, daher war es uns ein Anliegen, dass die Texte mehr als nur bloßes Beiwerk sind. Es freut uns sehr, dass uns das, dem bisherigen Feedback nach, auch gelungen ist.
Bei FJØRT seid ihr aktuell zu dritt und das scheint auch vollkommen auszureichen. Fehlt euch selbst manchmal eine zweite Gitarre, habt ihr schon darüber nachgedacht zu expandieren?
Chris: Den Gedanken, weitere Leute ins Boot zu holen, gab es nie wirklich. FJØRT funktioniert nur mit genau diesen drei Leuten. Wir sind ein ziemlich eingeschworenes Team, es hat bei uns von Tag eins sowohl menschlich als auch kreativ geklickt, was ein echter Glücksfall ist. Diese Dreierbesetzung schafft außerdem Raum im Sound für jeden einzelnen von uns. So schnell wird da nichts dran rütteln.
Ihr zieht Bilanz auf „Kontakt“, die fällt verständlicherweise nicht besonders gut aus. Könnt ihr euch an einen Moment, an eine Phase erinnern, die ihr noch als Friede, Freude, Eierkuchen abgespeichert habt? Eine starke Erinnerung aus der Kindheit, die Arglosigkeit und Glück pur ist?
Chris: Natürlich, wir hatten jetzt keine „schlimme Kindheit“ oder sowas. Dass wir die Musik machen, die wir machen, bedeutet auch nicht, dass wir völlig freudlose Menschen sind. Im Gegenteil. Ich denke, uns liegt es einfach nicht, Sorglosigkeit in Musik zu verpacken. Wenn wir schreiben, dann über Dinge, die uns negativ auffallen. Der Motor hinter der Kreativität ist, für uns und vermutlich auch für viele andere, irgendeine Form von Konflikt oder Herausforderung. Musik muss herausfordern, dich irgendwo unangenehm packen. Erst dann hat sie in irgendeiner Form einen Mehrwert.
Was ist eure Motivation für FJØRT – Musik machen? Wut ablassen? Menschen Denkanstöße geben? Meinungen äußern, um mitzubestimmen?
Chris: Alles davon ist vertreten. Angefangen hat das Ganze, um einfach den größtmöglichen Krach zu machen und alles rauszulassen. Am größten ist es aber für uns, wenn die Musik zum Denken anregt. Wenn man dem Hörer etwas mitgeben kann, was länger hält als die Dauer des Songs.
Ihr werdet bald auf Tour gehen, um „Kontakt“ vorzustellen, auf was freut ihr euch am meisten?
Chris: Die letzte Tour, bei der wir länger als zwei, drei Tage unterwegs waren, ist für unsere Verhältnisse schon verdammt lang her, über ein Jahr. Es juckt einfach in den Fingern, endlich wieder Bühnen zu sehen. Außerdem haben wir sehr intensiv an einem neuen Set gearbeitet und jetzt unglaublichen Bock, den Leuten die neuen Songs zu präsentieren. Und zu schauen, wie sie so ankommen.
Es ist natürlich interessant, wen ihr als Support auf die kommende Tour mitnehmen werden?
Chris: Auf der Release-Tour haben wir eine Band aus England namens WE NEVER LEARNED TO LIVE dabei. Die Band ist beheimatet bei Through Love Rec., ein Hamburger Label von unserem guten Freund Paul Schuldt. Er war auf unserer ersten Show vor dreieinhalb Jahren, worauf wir bei ihm auch wir unsere erste Platte „Demontage“ herausbringen durften. Paul fährt die Kontakt-Tour mit und wir freuen uns sehr, eine seiner Bands dabei zu haben.
Mit TRACHIMBROD seid ihr in Schweden getourt, hallt von diesem Auslandsaufenthalt noch was nach?
Chris: Es ist immer großartig, auch im Ausland spielen zu können. In Schweden waren wir auf einer unserer ersten Touren, das war für uns ein sehr denkwürdiges Erlebnis. Wir haben in der Rostocker Zuckerfabrik gespielt, und sind direkt danach mit einer Fähre von Rostock nach Trelleborg übergesetzt und weiter nach Stockholm gefahren, wo wir am nächsten Abend gespielt haben. Das Ganze mit vier Mann und komplettem Equipment in einem hoffnungslos überladenen Kombi. Nach der Show trauten wir unseren Augen nicht, als wir zu Dinos (TRACHIMBROD) Elternhaus am See gefahren sind, das genau so aussah, wie man sich ein schwedisches Haus am See vorstellt. Sowas erzählt man sich auch lange später noch.
Kann man euch nach der Show auf ein Bier treffen und mit euch quatschen?
Chris: Wir gehen fast immer nach den Konzerten noch beim Merchstand vorbei und quatschen mit den Leuten. Gerne auch mit einem Bier.
Hand auf’s Herz – ging euch das rückblickend zu schnell und könntet ihr alles Erreichte genießen?
Chris: Wir freuen uns auf jeden Fall, dass das Feedback, das wir bekommen, durchweg so positiv ausfällt, und was wir momentan erleben können. Ich glaube aber, dass wir diese schnelle Entwicklung nicht so „krass“ wahrnehmen wie unser Umfeld. Wir konzentrieren uns immer darauf, dass das, was wir tun, uns zu einhundert Prozent gefällt, arbeiten so viel daran, wie wir nur können und blenden den Rest ziemlich stark aus. Besonders ist es dann auf Tour, wenn sich Leute die Zeit nehmen, uns persönlich anzusprechen und ein paar nette Worte dalassen. Das ist auf jeden Fall der größte Lohn, und man merkt, dass das, was man tut, mehr und mehr Leuten tatsächlich etwas bedeutet.
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