Fiddler's Green
"Diese außergewöhnlichen Jahre haben in uns allen sehr viel verändert."
Interview
Mit ihrem neuen Album „The Green Machine“ schafften FIDDLER’S GREEN unlängst das Kunststück, sich selbst treu zu bleiben und sich dennoch ein Stückweit neu zu erfinden. Grund genug für uns, einmal bei Bassist Rainer Schulz anzuklopfen und ihm ein paar Fragen zur Entstehung des Albums, verantwortungsvollem Alkoholkonsum und der Seetüchtigkeit von fränkischen Folk-Musikanten zu stellen.
Hallo Rainer! Zunächst einmal Glückwunsch zur Veröffentlichung eures neuen Albums! Ich selbst habe großen Spaß mit „The Green Machine“ und nehme an, dass auch ihr zufrieden damit seid. Was zeichnet das Album in euren Augen besonders aus?
Vielen lieben Dank! Wir haben uns hier wieder ein wenig neu erfunden – es ist immer gar nicht so leicht sich selbst treu zu bleiben ohne sich zu wiederholen. Speziell wenn man schon so viele Alben wie wir herausgebracht hat. Immer wieder ein paar neue Aspekte mit einzubauen, ist schon sehr reizvoll!
Ein ganz dickes Lob muss ich euch auch für das geniale Cover-Artwork aussprechen! Kam die Idee zu dem Motiv von euch oder vom verantwortlichen Künstler Franz Högl? Und wer von euch durfte sich das Original-Bild über den Kamin hängen?
Franz hat sich das Motiv in dieser Form selbst ausgedacht. Die ganz grobe Richtung kam von uns. Wir stellten uns eine einzigartige Maschine aus Instrumenten und Dingen vor, die mit der Band bzw Irland zu tun haben. Die Idee, dies in der Form eines Riesen oder einer Art „Transformer“ umzusetzen, war aber von Franz. Er hatte auch schon das geniale Cover zu unserem Weihnachtsalbum gezeichnet. Inzwischen werden solche Dinge allerdings rein digital gezeichnet – man kann es sich daher nicht im Original über den Kamin hängen. Wir beabsichtigen aber eine kleine Auflage an Kunstdrucken herstellen zu lassen!
Die Arbeiten an „The Green Machine“ haben sich über drei Jahre erstreckt. War das ein eher ein kontinuierlicher, iterativer Prozess oder habt ihr eher unterbrochen von längeren Pausen immer mal wieder an einzelnen Songs gebastelt? Inwiefern hat sich die Corona-Pandemie hier auf euren Arbeitsprozess ausgewirkt?
Die Corona-Pandemie war der Grund für die lange Entstehungszeit. Wir hatten eigentlich direkt nach dem letzten Studioalbum „Heyday“ damit begonnen, neue Songs zu schreiben. Dadurch, dass in den Lockdowns keine Liveauftritte möglich waren, wollten wir die Zeit möglichst kreativ umsetzen. Wir haben dann neben „The Green Machine“ in dieser Zeit auch noch unser Jubiläumsalbum „3 Cheers For 30 Years“ und die Weihnachtsscheibe „Seven Holy Nights“ aufgenommen. Somit war der Output gar nicht so ohne – und auch reichlich unterschiedlich. Die Arbeitsweise war immer so, dass wir alle paar Wochen für jeweils vier Tage gemeinsam ins Münsterland gefahren sind und uns in Klausur nur der Musik gewidmet haben. Die Songs zu „The Green Machine“ sind während der gesamten Zeit entstanden.
Bisher hatte ich FIDDLER’S GREEN nicht mit gotischen Gruselgeschichten in Verbindung gebracht, nun habt ihr euch für „Ready For The Ball“ bei „Die Maske des Roten Todes“ bedient. Wer von euch ist denn der Edgar Allen Poe-Fan? Und welche eigenen Pandemie-Erfahrungen haben euch dazu inspiriert, gerade diesen Stoff in Angriff zu nehmen?
Unser Sänger Albi ist großer Edgar Allen Poe-Fan. Ihm kam die Idee dieser Umsetzung. Beim Songwriting entstand bereits die Zeile „Ready For The Ball“ als Titel – da aber noch ohne literarischen Bezug. Dieser kam dann erst später und hat sich als sehr passend herausgestellt. Diese außergewöhnlichen Jahre haben in uns allen sehr viel verändert. Das musikalisch umzusetzen, war fast schon ein Bedürfnis.
Für den Background-Gesang habt ihr euch Unterstützung durch die Kollegen von DRITTE WAHL geholt. Wie lange kennt ihr euch schon und welche gemeinsamen Erlebnisse verbinden eure beiden Bands?
Im Principal Studio geben sich die verschiedensten Musiker und Bands die Klinke in die Hand. Und wenn die Aufnahmen abends jeweils beendet sind, findet man sich recht oft noch auf ein Getränk zusammen ein. So entstehen viele sehr gute Freundschaften. Pat hat neben FIDDLER’S GREEN vor kurzem noch ein zweites Projekt UNIVERSUM 25 gegründet, unter anderem auch zusammen mit Gunnar von DRITTE WAHL. Da lag es dann nahe, dass wir uns gegenseitig auf den Alben gesanglich unterstützen. Bei ihrem neuen Album „Urlaub In der Bredouille“ kann man, wenn man genau hinhört, auch unsere Stimmen hören…
Eure fränkische Heimat ist nicht gerade für ihre Marine-Tradition bekannt. Was hat FIDDLER’S GREEN also dazu veranlasst, ausgerechnet ein Seemannslied als Album-Opener zu verwenden? Und gab es beim Dreh des Videos zu „Shanghaied In Portsmouth“ irgendwelche seekrankheitsbedingten Ausfälle zu verzeichnen?
Das Thema des „Shanghaiens“ hat uns hier inspiriert. Der Rest hat sich von ganz alleine ergeben. Erstaunlicherweise, obwohl wir allesamt Landratten sind, hat uns der Videodreh nicht geschadet. Allerdings musste sich die Visagistin eine Auszeit nehmen. Sie hatte die Seekrankheit mit voller Breitseite erwischt. So ein Dreh auf einem Schiff bei voller Fahrt ist aber auch eine sehr außergewöhnliche Erfahrung!
Im Irish Folk hat das Besingen von Alkoholkonsum in jedweder Form Tradition – und auch eure fränkische Heimat ist für ihre allgegenwärtigen Brauereien bekannt. Sowohl bei „I Don’t Like Alcohol“ als auch bei „Hangover“ höre ich trotz aller Partytauglichkeit aber auch eher kritische Zwischentöne heraus. Wie steht ihr also zum gesamtgesellschaftlichen Umgang mit dem Thema Alkohol?
Ich habe von meinem Wohnort aus allein zehn Brauereien, die ich zu Fuß erreichen könnte. Das ist in der Fränkischen Schweiz eine ganz gewöhnliche Situation. Die größte Brauereidichte der Welt. In Irland sind es dann eher die Whiskey-Destillen, die flächendeckend zu finden sind. In den traditionellen Musikstücken finden sich dann auch immer recht viele Lieder über den Genuss alkoholischer Getränke. Nicht zuletzt, weil man ab einem gewissen Pegel alles auch gern und laut mitsingt, ist das dann recht oft auch das Thema der Songs. Wie man an Shane McGowan sehen konnte, sollte man aber besser wissen wann man aufhört. Das ist leider nicht nur in Deutschland recht schwierig – Alkohol ist Teil der Kultur und darauf zu verzichten wirft leider eher mehr Fragen auf als der Missbrauch.
Mit „May The Road Rise Up To Meet You“ schmettert ihr ja quasi allen Heuchlern und falschen Freunden ein beherztes „Fuck You!“ entgegen. Hattet ihr beim Schreiben des Texts konkrete Personen im Kopf?
Da hat sicher jeder mehrere Personen im Kopf! All diesen ist dieser Song gewidmet!
Natürlich werden FIDDLER’S GREEN „The Green Machine“ auch wieder auf der Bühne präsentieren. Von welchem der neuen Stücke erwartet ihr, dass es sich bei euren Fans zum neuen Live-Hit entwickeln könnte? Und welche bisherigen Klassiker könnten die neuen Stücke von der Setlist verdrängen?
Da sprichst du ein wirklich großes Problem an! Wir wissen schon jetzt immer weniger, welche unserer Stücke wir aus der Setlist streichen können, wenn wir bei Festivals nicht genug Zeit haben. Viele Songs sind gefühlt unverzichtbar geworden. Da tut es fast schon weh, sie wegzulassen. Und nun kommen noch viele neue dazu. Ehrlich gesagt wissen wir noch nicht, wovon wir uns trennen werden. Das wird intern wohl noch ein zäher Kampf!
Wie dieser Kampf ausgegangen sein wird, davon kann man sich ab Mitte April überzeugen, wenn FIDDLER’S GREEN zu ihrer „The Green Machine Tour 2024“ durch Deutschland aufbrechen. Wir freuen uns schon darauf!