Feuerschwanz
“Wie würde ein IRON-MAIDEN-Riff klingen, wenn man es mit Dudelsack vertont?“
Interview
metal.de: Neulich haben Johanna und Mieze Myu (mal wieder) auf einen Kommentar geantwortet, der euch Sexismus vorwarf. Beeinflussen euch solche Kommentare (immer noch) in eurem Handel und musikalischen Schaffen? Oder sagt ihr eher: “Ey komm, lass mich in Ruhe damit?“
Hodi: Es ist eher Zweiteres. Die ganze Sexismusdiskussion ist so wie viele andere Diskussionen extrem hypersensibel. Da fühlt sich jeder auf den Schlips getreten. Ich sehe es eher so: Sexismus ist nicht gleich Sexismus. Das ist so ein riesiges Wort und steht elefantenschwer im Raum, aber es gibt einen Unterschied zwischen “Ich-habe-einen-Blondinenwitz-gemacht“-Sexismus und “Ich-schlage-meine-Frau-weil-sie-eine-Frau-ist“-Sexismus, mal überspitzt gesagt. Wenn mir also in diesem Sinne jemand sowas vorwirft, kann man auch einfach mal ruhig bleiben und sagen: “Ja ich habe einen Witz gemacht und der heißt ‘Bück dich Fee, Wunsch ist Wunsch‘“, den darfst du lustig finden oder nicht. Er ist sexistisch, definitiv. Für mich ist das allerdings eine Ausdrucksform des Sexismus, der vertretbar ist. Das muss man auch mal zugeben können. Unsere Köpfe sind alle voll von Vorurteilen. Das Gehirn würde ohne Vorurteile gar nicht funktionieren und wir müssen eigentlich rund um die Uhr dagegen ankämpfen. Ein paar davon sind vielleicht auch notwendiges Übel. Oder wenn man dann mal einen Witz macht auf Kosten einer Frau oder eines Mannes oder eines Schwulen, dann ist das vielleicht ein wenig homophob, aber ich kann damit leben, weil ich weiß, dass mein Gegenüber mich versteht. Es ist halt einfach ein blöder Witz.
metal.de: Das kommt sicherlich auch auf die Situation an oder auf die Person, mit der man spricht.
Hodi: Ja natürlich, immer! Aber die Grundaussage des letzten Albums ist ja: “-ismen sind scheiße!“ Dabei bleibe ich und dabei bleiben wir. Deswegen haben wir ja auch versucht mit diesem Album eine Entspannung dieser Diskussion hervorzurufen. Sexismus hin oder her, ohne Sex wird es trotzdem nie gehen. Jede Schnecke im Tierreich muss irgendwann mal bumsen, um ihre Art zu erhalten. Aber wir haben nicht zu einer deutschlandweiten Entspannung der Diskussion beigetragen. Es wird weiter gegendert und diskutiert, aber es ist auch gut so, dass diskutiert wird. Bei jeder Diskussion braucht es einen Standpunkt X und einen Standpunkt Y. Die sollen sich ordentlich in die Haaren kriegen. Dann kann es jemanden geben, der relativiert und milde stimmt und im Idealfall gibt es dann noch jemanden, der einen blöden Witz macht, sodass sich alle ein bisschen entspannen, am Ende zu einem Ergebnis kommen und sich nicht in die Eier treten. Und diese Position – das sind wir!
metal.de: Das hört man dem letzten Album auch an, Gerade bei Liedern wie “Ein Schelm, wer Böses dabei denkt“…
Hodi: Genau, das ist dann so die Position des Narren. Das habe ich übrigens live wirklich so erlebt, nämlich im Altersheim. Alte Männer sind natürlich sehr starr in ihren Meinungen. Ich saß da mit meinem Opa und zwei anderen alten Herren am Tisch. Der eine war ein tiefschwarz-rechter Ex-Polizist, also jetzt kein AfD-Wähler, aber bayrischer Ex-Polizist, CSU. Der andere war ein lammfrommer, sanfter, gutmütiger Mann und die haben diskutiert. Der eine hatte knüppelharte Standpunkte, der andere hat relativiert und dann kam mein Opa und hat einen Witz gemacht und alle haben gelacht. Das war aber auch wichtig für die Diskussion, weil sonst alle zu machen und sich die Sache festfährt. Man kommt sonst zu keinem Ergebnis. Man sollte eigentlich auch mal einen Standup-Comedian in den Bundestag einladen.
metal.de: Wahrscheinlich wäre das die ultimative Lösung. Oder sogar das nächste FEUERSCHWANZ-Konzert: ab in den Bundestag!
Hodi: Ich glaube da sehe ich FEUERSCHWANZ dann doch nicht. So lustig sind wir dann doch wieder nicht, um die AfD zum Lachen zu bringen.
metal.de: Meinst du es gibt eine Band, die das kann?
Hodi: Ich weiß es nicht, vielleicht… Nein, jetzt rede ich mich um Kopf und Kragen. Da sag ich besser gar nichts mehr.
metal.de: Erwarten denn eure Fans bei einem Aufeinandertreffen, dass ihr immer und überall lustig seid?
Hodi: Das ist ja eigentlich unmenschlich, wenn man das die ganze Zeit macht. Ich glaube nicht, dass es die Fans erwarten, weil es nicht wirklich ist. Ich glaube auch, dass wir uns mit Songs wie “Der Geschichte Pfade“ den Platz erkämpft haben, dass auf einem Album auch mal am Ende des Liedes kein Kalauer kommen muss. Das machen wir ja live auch so. Das war auch schon manchmal schwierig die Leute runterzubringen. Aber auch das haben wir mittlerweile ganz gut drauf. Du musst das in der Setlist auch einfach beachten, dass da nicht “Bück dich Fee, Ficki Ficki Ficki“ kommt und dann wird “Auf Wiederseh’n“ gespielt. Das ist auch für dich als Musiker schwer, da musst du deine Berg- und Talfahrt finden. Aber das soll es ja auf einem Konzert auch sein: Eine Reise durch alle Emotionen. Nur dann ist es auch wirklich geil hinterher.
metal.de: Was passt denn deiner Meinung nach am besten vor “Auf Wiederseh’n“, wenn ihr den Song denn mal wieder live spielt?
Hodi: Ohh das weiß ich nicht gar nicht mehr von damals. Wir spielen es ja auch lange nicht mehr live. Wir haben auf jeden Fall danach immer “Träumer und Tor“ gespielt. Das war so ein Midtempo zum langsam wieder hoch kommen. Das war superwichtig, weil die Stimmung nach so einem Song ganz eigen ist in so einer Halle. Und das versuchen wir gerade auch bei “Der Geschichte Pfade“. Das wollen wir auf jeden Fall spielen. Aber das wissen wir noch nicht so genau. Da wird eine ziemlich mystische Mittelalterstimmung sein und daher kann man vielleicht danach mit “Oh Fortuna“ die Feuer anzünden und so langsam wieder in Gang kommen.
metal.de: Stimmt, das würde gut passen. “Oh Fortuna“ gefällt mir übrigens auch sehr gut. Tatsächlich gibt es keinen Song auf der Platte, der mir absolut nicht gefällt. Das war bei “Sex Is Muss“ ein kleines bisschen anders. Da gab es mit “Teufel“ eine Nummer, die nicht so richtig gezündet hat. Und auch an den “Krieger des Mets“ musste ich mich erst gewöhnen.
Hodi: Beim “Krieger des Mets“ auf der letzten Platte waren wir auch noch nicht so weit wie jetzt. Das war quasi ein Vorbote für das, was da noch kommen mag. Da wussten wir noch gar nicht, dass wir eigentlich Bock haben so eine Metalplatte zu machen, die ja jetzt doch nicht so schlimm Metal ist. Da gebe ich dir total recht, das ist überhaupt nicht so. Wir wollten trotzdem aus einem Guss daherkommen und so einen Film finden. Ich glaube auch, dass auf der Platte alles mehr in eine Kerbe schlägt als auf der letzten, wodurch man weniger das eine feiert und beim anderen total rausfliegt.
metal.de: Genau, man kann es gut durchgängig hören, aber auch als einzelne Hits in einer Playlist.
Hodi: Ja also ein Konzeptalbum ist es nicht.
metal.de: Nein, aber die Anordnung der Titel ist sinnvoll, was nicht bei allen Alben so ist.
Hodi: Ja so ein roter Faden ist immer ganz gut. Mir geht es gerade im Augenblick bei DARTAGNAN ähnlich. Wenn man die Sachen in relativ kurzer Zeit macht und die Songs nicht aus vielen verschiedenen Schaffensphasen kommen, dann wird das Album mehr aus einem Guss erscheinen, weil man alles mit einer ähnlichen Stimmung im Bauch geschrieben hat. Ich hatte bei “Methämmer“ ziemlich viel Wutpotential in mir drin. Das hört man den Sachen auch an. Da kam der Metal auch nicht von ungefähr, das kam von allein. Und dann ist ein Song wie “Schubsetanz“ auch wirklich schnell, da kriegt man fast schon einen epileptischen Anfall.
metal.de: Woher kommt denn die Wut? Kommt die immer noch von den Vorwürfen über euch, aus dem privaten oder woher?
Hodi: Nein, von den Vorwürfen überhaupt nicht. Mir ging es letztes Jahr einfach schlecht. Das, was letztendlich in der Trennung von Felix bei DARTAGNAN gegipfelt ist… da gab es viele Probleme und Konflikte auszutragen und das geht einem einfach nah, wenn man so tief drin steckt. Das ist ja nicht nur ein Job. Das ist Job, Freunde, Musik, alles. Wenn da solche Konflikte passieren, ist das wirklich eine Horrorshow. Das habe ich irgendwie alles ganz gut ertragen. Wir sind am Ende auch ganz gut auseinandergegangen, ohne dass einer sein Gesicht verliert. Alle sind mittlerweile glücklich, aber es gab Zeiten, in denen es mir einfach nicht gut ging, wo ich das natürlich runterschlucken musste. Weitermachen, weitermachen. Dann sitzt du daheim am Rechner und baust irgendwie ein Demo zusammen und wunderst dich hinterher, warum das so krass abgeht, was aber irgendwie auch geil ist.
metal.de: Aber es wirkt ja so, als würde es dir mittlerweile deutlich besser gehen. Das schließe ich zumindest aus dem Gespräch.
Hodi: Das kann ich total bestätigen. Schön, dass man es merkt. Mir geht es megagut mittlerweile. Ich habe mit DARTAGNAN den Output meines Lebens. Es läuft sehr, sehr gut und was beim “Methämmer“ gerade passiert ist auch megageil. Also wir haben uns für das Video den Arsch endlos aufgerissen.
metal.de: Das ist auch so großartig. Ich habe sehr gefeiert beim Schauen. Die Idee stammt ja vom Schlagzeuger Sir Lanzeflott oder?
Hodi: Genau. Der ist da bei uns der Mann vom Fach. Wir haben dann quasi Arbeitsgruppen gebildet innerhalb von FEUERSCHWANZ. Darin arbeiten wir auch, damit wir keine Konflikte mehr mit uns rumtragen und über alles reden. Da machen wir gerade wirklich Gesprächsrunden, wo jeder fast wie im Kindergarten sagen kann, was ihn belastet, was sehr gut ist! Das hat zum Beispiel beim Videodreh so funktioniert, dass wir da einen Arbeitsbereich gebildet haben. Das waren der Hauptmann, ich und Sir Lanzeflott und wir haben dann so einen Film entwickelt, den er dann letztendlich als Fachmann auch umsetzen musste.
metal.de: Also er arbeitet tatsächlich auch noch neben der Band in diesem Job?
Hodi: Ja genau, er ist da im 3D-Design und Grafikbereich. Das Video fing halt bei einer Konzeptionierung an, die nicht einfach war und es hörte damit auf, dass wir nach dem Dreh endlos viel Equipment aus dem 16. Jahrhundert hochgeschleppt haben. Das war also ein Video, was man mit Geld gar nicht kaufen kann. Das war Eigeninitiative. Da musste jeder brennende Oberschenkel, Staub in der Lunge, Arbeit, Nerven und Schießmichtot investieren. Man musste auch sämtliche Kontakte spielen lassen, die man hat. Diese Orgelpfeifen haben wir aus der Uni aus dem Keller, wo ich früher studiert habe. Da habe ich dann die Leute gefragt: “Eeeyyyy, wie schaut‘s aus? Habt ihr Requisiten von euren Musicals?“ – “Na klar Ben, dich kennen wir doch. Hier haste den Schlüssel, schau mal in den Keller. Da ist eine ganze Orgel zerlegt.“ Da haben wir dann 200 Orgelpfeifen rausgezogen und das ist noch ein Bruchteil der gesamten Orgel.
metal.de: Das ist ja quasi das komplette Gegenteil zu “Schubsetanz“. Da meintest du ja, es war so ein simples und spontanes Videoshooting.
Hodi: Total! “Schubsetanz“ war aus der Hüfte. Es gab genau eine Vorgabe: Wir drehen das Video in halbem Tempo und lassen es danach wieder auf Originaltempo hochrechnen. Dadurch sieht das alles so crazy aus.
metal.de: Jetzt gibt’s erstmal Festivals wie WACKEN oder SUMMER BREEZE und dann die eigene Tour. Auf was freust du dich denn am meisten?
Hodi: Auf die Umsetzung der ganzen Eier, die wir da gelegt haben. Wir sind ja auch selber sehr überzeugt von der Platte. Jetzt im Moment übe ich tierisch Akustikgitarre. Wir wollen “Ein Held ist gebor’n“ als “Bard’s Song“ für Mettrinker umsetzen. Vielleicht ist das schon ein bisschen viel verraten, aber solche Dinge würden wir gern machen. Es gibt ja auch wirklich viele Lieder, die konkrete Vorbilder in der Metalgeschichte haben. Da wollten wir uns natürlich auch anschauen, wie das bei den Großen inszeniert wird. Da bieten wir so ein “Methämmer“-Feuerwerk an, sodass man danach am liebsten aus der Kirche austreten und monatlich “Methämmer“-Steuer zahlen will. Das wollen wir erreichen und dann sind wir keinen Deut besser als die Profis.
metal.de: Ein paar Songs habt ihr ja jetzt schon live gespielt. Was ist dein Fazit? Wie kommen die Lieder an?
Hodi: Also wir spielen schon live “Methämmer“, “Schubsetanz“ und “Die Hörner hoch“. Ich glaube das geile daran ist, dass die Songs wahnsinnig eindeutig sind. Man weiß wirklich, woran man sich als Zuhörer aufhängen kann. Deswegen haben die auch schon funktioniert, bevor es die auf Platte gab, zum Beispiel “ Die Hörner hoch“ auf der Eisheiligen Nacht. Das ist einfach eine total runde Sache, wenn man sein Methorn hochhebt und dabei “Die Hörner hooooooch“ einen schönen Dreiklang singt. Das ist so naheliegend, dass es die Leute direkt abholen kann. Das ist bei “Methämmer“ genauso. Das ist so ein HAMMERFALL-mäßiger Refrain, da ist man beim zweiten Mal einfach dabei. Und bei “Schubsetanz“ weißt du ja schon beim Titel, worum es geht. Das war auch schon immer der Gedanke bei dem Song, dass das mal so eine Pogo-Hymne werden soll. Und das wird angenommen. Das wird so verstanden, wie wir es meinen und das ist schön zu sehen.
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Stile | Comedy, Folk Rock, Mittelalter-Rock |
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