Feuerschwanz
"Streams sind der letzte Abfuck einer schlechten Entwicklung."
Interview
Hauptmann oder Kaufmann? – Die Sache mit FEUERSCHWANZ und SASHA
metal.de: Beim Konzert zu „Die letzte Schlacht“ habt ihr den Song „Hauptmann und Maid“ zum besten gegeben. Wie hast du auf den Originalsong das erste Mal reagiert und wer hatte die Idee, diesen Song live zu präsentieren?
Hauptmann: „Hauptmann und Maid“ ist eine Entwicklung von Freud und Leid. Der Song kam wie eine Sternschnuppe zustande. Es hat plötzlich geblitzt und Hodi hat es weitergeschrieben. Eine ganze Community hat dazu noch ein Video gemacht, in relativ kurzer Zeit. Praktisch gleichzeitig hat sich Hodi die Schulter verletzt. Wir wussten gar nicht, ob wir „Die letzte Schlacht“ überhaupt schlagen können. Der Song ist aber echt gut angekommen. Ich werde diesen Song wohl nie singen können, ohne daran zu denken, dass das eine Scheißzeit war damals.
metal.de: Ich finde den Song grandios, weil er die Szene wunderbar durch den Kakao zieht.
Hauptmann: Es ist wirklich erstaunlich. Ich wäre in 100 Jahren nicht auf so einen Text gekommen. Es geht immer noch einfacher!
metal.de: Und das sagt der Hauptmann FEUERSCHWANZ! Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Hauptmann: Tja, ich bin ja jetzt in die Hochlyrik aufgestiegen. Da darf man nicht mehr zu viel reimen, auf Baum darf man zum Beispiel nicht mehr Traum reimen. Aber so ein Text ist natürlich wieder sehr entspannend.
metal.de: Fehlt dir manchmal die alte Blödelzeit von FEUERSCHWANZ?
Hauptmann: Irgendwie schon. Ich muss sagen, dass ich immer wieder, trotz dass ich jetzt meine 50 Jahre voll gemacht habe, pubertäre Anwandlungen habe. In der Covid-Zeit kam auch wieder eine pubertäre Welle über mich, was auch am Bierkonsum gelegen haben könnte. Da denkt man dann schon, dass man wieder neue alte Lieder machen will. Vielleicht sollte ich da aber auch einfach mal bei KNASTERBART vorsingen.
metal.de: Oh bitte lass das Realität werden! Aber zurück zu den Shows. Gab es bei den Streamingkonzerten Momente, in denen du dich gefragt hast: „Was zur Hölle mach ich hier eigentlich?“
Hauptmann: Oh ja! Beim 11:O:A war es so, dass wir in einen luftleeren Raum geplant haben. Wir wussten mit dieser Covid-Situation nicht, was da passieren wird. Genauso war es bei der „Letzten Schlacht“ auch. Wir wussten nicht, ob wir die Show wirklich durchziehen können. Jede Show hatte ihre Schwierigkeiten und Tücken. Bei der ersten Show wurden die Zahlen besser, aber dennoch war es sehr schwierig bei den Behörden so ein Konzept durchzukriegen. Bei der zweiten Show waren die Zahlen scheiße und es musste ein Testkonzept entwickelt werden, wie wir einigermaßen sicher diese Show spielen können, ohne dass FEUERSCHWANZ Deutschland ansteckt. Das waren teilweise schreckliche Nächte. Der Hauptmann ist ja innerlich doch sehr sensibel, daher konnte ich nicht richtig schlafen, was einigen aus der Band genauso ging. Darum ist der Titel „Die letzte Schlacht“ sehr passend. Die Freude war umso größer als wir das Ding im Kasten hatten.
metal.de: Es gab doch aber bestimmt auch Momente, in denen du beeindruckt warst, was ihr alles aus der Situation beeindruckendes herausgeholt habt. Was waren deine Schlüsselerlebnisse?
Hauptmann: Das Set der „Letzten Schlacht“ in dieser Gebläsehalle im Saarland zu sehen, die auch so sehr toll aussieht. Unser Jan Meier vom Licht hat monatelang an diesem Set gearbeitet, mehrere Tage aufgebaut – das sah so geil aus! Ich weiß nicht, ob ich schon jemals ein geileres Set bespielen durfte. Wenn man weiß, wie FEUERSCHWANZ anfing – da gab es auch ein Set, nur eben ein viel kleineres. Eine handgezimmerte Holzkiste war so der Mittelpunkt – jetzt ist es ein riesiger Aufbau mit einer Traverse hinten zum Drüberlaufen. Dann gab es noch die Gäste. SALTATIO MORTIS sind immer gut drauf, trinkfreudig und sprücheklopfend. Dazu noch Angus McFife von GLORYHAMMER, so tolle Gäste! Dadurch war es dann ein richtiges Happening. Ich hatte übrigens die Originalhaare, die SASHA im Video zu „Kaufmann und Maid“ auch getragen hat. Im Grunde war Alea der Spender, der seine teuren Haare hergegeben hat. Oh vielleicht darf ich das gar nicht verraten. Naja, es ist seine LARP-Ausrüstung.
metal.de: Eure Musik ist in den letzten Jahren immer härter, immer metallischer geworden. Welcher Bands aus den härteren Gefilden inspirieren dich zu solcher Musik?
Hauptmann: Das Fundament sind die 80er Jahre, also die alten Streiter von METALLICA, IRON MAIDEN, die 70er auch ein wenig mit BLACK SABBATH und so. RONNIE JAMES DIO natürlich! In den 90ern hat der Metal ein bisschen geschlafen bis Ender der 90er wieder ganzschön die Post abging. Da faszinieren mich eigentlich die großen Showbands. Ein gutes Showkonzept haben da SABATON, GHOST, AMON AMARTH, POWERWOLF oder ARCH ENEMY. Das sind unsere Vorbilder sowohl showtechnisch, aber auch musikalisch. Dadurch, dass wir so einen guten Gitarristen haben, kann der das tatsächlich auch alles spielen.
metal.de: Besonders lustig finde ich ja die Black-Metal-Version von „Schubsetanz“. Könntet ihr euch vorstellen, Growls oder Screams in den FEUERSCHWANZ-Sound einzubauen oder war das hier eine einmalige, ironische Angelegenheit?
Hauptmann: Einen ganzen Song haben wir ja noch nie so performt, aber seit „Methämmer“ wird ja von Hodi schon gescreamt, bei „Das elfte Gebot“ noch häufiger und höher. Einen ganzen Song könnte ich mir schon vorstellen, da es ja immer krasser wird bei uns. Wir trainieren für jedes Album immer neue Moves. Es geht immer mehr in diese Richtung, jetzt lernt der Hauptmann sogar auch gerade growlen. [Gibt kleinen Vorgeschmack] Noch klingt es wie eitriger Husten, aber naja.
metal.de: Eitriger Husten eines alten Hundes, aber ich hätte Spaß dran. Aktuell gibt es j aber auch weniger spaßige Themen bei euch. Ihr habt vor Kurzem veröffentlicht, dass euer Schlagzeuger Sir Lanzeflott aus der Band aussteigen wird. Wie geht es denn jetzt mit der Band weiter, das heißt wer besetzt in Zukunft das Schlagzeug und wie verlief die Trennung?
Hauptmann: Über Trennungen sollte man keine Romane rauslassen. Was ich aber erzählen kann ist, dass eine langjährige Entwicklung ist und nichts über Nacht entschieden wurde. Das ist jetzt eher ein Neuanfang für beide Seiten. Ich kann sagen, dass wir das alles gut hingekriegt haben und uns jederzeit noch ins Auge schauen können. Darüber bin ich auch sehr froh. Wie werden uns jetzt ein bisschen Zeit lassen. Für nächsten Shows bedeutet das aber einen heißen Ritt, weil wir jede Show mit einem anderen Schlagzeuger spielen. FEUERSCHWANZ hat gerade keinen festen Drummer. Wir werden uns ganz in Ruhe sammeln – wie nach einer Beziehung. Da geht man ja auch nicht gleich wieder bum. Äh ich meine, eine gewisse Trauerphase darf man da schon einhalten. Die Fans werden es schon verstehen. Bei einigen Schlagzeugern war auch tatsächlich nur ein Anruf nötig, dann kam sofort ein Ja und es wurde ausgeholfen, zum Beispiel bei einer gewissen dreibuchstabigen Erlanger Band. Der Wolfram macht dann genau eine Probe mit uns, bereitet sich selbst vor und dann geht es auf die Bühne mit uns und es wird gerockt.
metal.de: Die Konzertsaison beginnt so langsam aber sicher wieder. Wir stellen uns einmal das erste FEUERSCHWANZ-Konzert nach Corona vor, das heißt vor echtem Publikum. Wie sieht deine Idealvorstellung davon aus?
Hauptmann: Ich glaube es wird sehr emotional, im Sommer sicherlich, aber bestimmt auch das erste wieder in einer Halle. Vielleicht muss man sich ein bisschen zurückhalten, nicht zu viel zu reden, sondern einfach die Songs zu spielen – und gleichzeitig vor Freude zu weinen. Ich stelle es mir wie Heimkommen vor, nach einer sehr langen Reise durch keine so schönen Gebiete.
metal.de: Durch Mordor?
Hauptmann: Genau, zusammen mit Sam, der einen anlächelt, in der Lava versinkt und sein letztes Bier reicht.
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