Fear My Thoughts
Fear My Thoughts

Interview

FEAR MY THOUGHTS haben mit ihrem neuen Album "Isolation" erneut Mut bewiesen und ein Werk abgeliefert, dass sie musikalisch gereift präsentiert, aber auch für teilweise zwiespältige Reaktionen sorgt. Die einen halten das Album für das beste der Band und für ein kleines Meisterwek, andere vermissen die etwas core-lastigere Vergangenheit. Pat stand uns Rede und Antwort.

Fear My ThoughtsHallo, zunächst mal Gratulation zum neuen Album „Isolation“. Ihr habt Mut bewiesen, geht neue Wege und habt zudem gleich mal ein Album abgeliefert, dass einige der interessantesten Songs und Ideen der letzten zeit enthält. Die Befreiung aus der Metalcore-Schublade schien ein Schritt in die genau richtige Richtung zu sein. Wie seht ihr das selbst?

Dankeschön!
Es ist nicht so, dass wir „Isolation“ mit einem bestimmten Ziel vor Augen geschrieben haben. Als wir mit den Aufnahmen zu „Vulcanus“ fertig waren, haben wir sofort wieder angefangen Songs zu schreiben. Wir haben einfach gejammt, Sachen ausprobiert, mit den Ideen gespielt, das gemacht was uns Spaß macht. Irgendwann war uns dann schon klar dass die neuen Songs anders sind, als das was wir vorher gemacht haben und was von FEAR MY THOUGHTS erwartet wird.
Das Credo war diesmal einfach: Keine Limits und keine Schubladen.
Die Metalcore-Schublade..haben wir da jemals musikalisch reingepasst?

Auffällig sind natürlich die zwiespältigen Reaktionen auf den neuen Stil. Auf der einen Seite diejenigen, die „Isolation“ abfeiern und euch alsals Band mit enorm viel Zukunftspotenzial bezeichnen, aber halt auch die Fans, die mit FEAR MY THOUGHTS einmal viel anfangen konnten und nun aber mit der neuen Ausrichtung entweder überfordert sind, oder sich davon nicht angesprochen fühlen. Was antwortet ihr diesen Leuten, die euch vorwerfen, ihr hättet euch mit dem neuen Material selbst zu viel zugetraut?

Dies hat uns bis jetzt eigentlich noch keiner vorgeworfen. Wir wurden nun aber schon desöfteren als „Sellouts“ bezeichnet.
Ich kann verstehen das bestimmte Fans enttäuscht sind, weil die was anders erwartet haben. Aber Leute die uns jetzt „Ausverkauf“ vorwerfen kann ich nicht wirklich verstehen.
Wir haben nach zehn Jahren FEAR MY THOUGHTS einer Fanbase aufgebaut. Mit „Isolation“ laufen wir Gefahr, einen Teil davon zu verlieren. Wenn wir nur Musik machen würden, um Geld zu verdienen, könnten wir solche Risiken nicht eingehen.
Wenn einer meiner Lieblingsbands früher ihren Stil drastisch veränderte, dann hab ich mir die neuen Sachen angehört. Wenn sie mir gefallen haben, schön. Wenn es nicht mein Geschmack war, hab ich mir halt die alten Sachen reingezogen und neue Bands entdeckt. Die Band jetzt persönlich anzugreifen etc. kam mir eigentlich nie in den Sinn.
Ich kann vollkommen nachvollziehen, wenn Leute die neuen Sachen nicht mögen, aber in einer Band sollte es doch so sein, dass die Musik in aller erster Linie den Musikern selbst gefällt. Würde sich die Band nur danach richten, was die Leute von ihnen erwarten-das wäre dann der richtige „Sellout“.

Gab es einen bestimmten Auslöser, der euch in diese Richtung verschlagen hat?

Nicht wirklich. Wie gesagt; wir machen die Musik so, wie sie aus uns rauskommt.
Natürlich hat der Sängerwechsel zu dieser Entwicklung beigetragen.
Martins Stimme ist sehr variabel, dadurch hatten wir mehr musikalische Möglichkeiten als vorher.

Sprechen wir mal über die Musik an sich: Natürlich versucht man als Rezensent immer, Parallelen zu finden, Bands als Vergleiche heran zu ziehen. Bei „Isolation“ ist das nicht immer einfach, da zwar hier und da immer wieder bekannte Namen wie TOOL, OPETH oder ähnliche progressive Bands durchschimmern, ihr selbst aber natürlich auch Wert auf Aggressivität und ein bisschen, sagen wir, zeitgemäße Einflüsse legt. Woher kommt bei euch also die Inspiration?

Vielleicht kann ich besser sagen wo sie nicht herkommt, die Liste ist nämlich etwas kürzer. Techno-Musik und… hmmm VATER ABRAHAM ; )
Wir haben alle sehr unterschiedliche Musik-Geschmäcker, es tauchen aber auch sehr viele Bands auf die wir alle verehren, z.B LED ZEPPELIN, IRON MAIDEN, RADIOHEAD, PINK FLOYD, JEFF BUCKLEY, PORCUPINE TREE oder SLAYER. Norman hört z.B viel Jazz, während ich gerade eine 70er-Jahren Prog-Rock Phase habe .Ich stehe z.B. total auf KING CRIMSON und diverse Krautrocksachen.

Könnt ihr mir etwas zum inhaltlichen Konzept der neuen Scheibe sagen? Das ganze klingt wie ein großes, zusammenhängendes Kunstwerk. Gibt es einen roten Faden oder stehen die Songs eher für sich? Wovon handeln die Lyrics?

Wovon die Lyrics handeln weiß nur Martin, wenn überhaupt, haha .
„Isolation“ ist kein Konzeptalbum, aber es gibt wirklich eine Art roter Faden der sich durch die Lyrics zieht. Manche Schlagwörter tauchen auch immer wieder in unterschiedlichen Songs auf. Die Texte sind sehr metaphorisch gehalten, und passen sehr gut zur Grundstimmung des Albums. Ich glaube, Martin hat da ein paar Sachen aus seinem Leben drin verarbeitet.

Überraschend war für mich auch etwas die Produktion. Ihr scheint auch da einen gesunden Mittelweg gefunden zu haben zwischen Bewährtem und Modernem. Die Instrumente klingen allesamt transparent und glasklar, trotzdem sorgt zum Beispiel der Drumsound dafür, dass man auch hier von einer mutigen Herangehensweise sprechen kann. War der Sound der Scheibe für euch im Vorfeld auch ein Thema? Oder hat sich das eher spontan ergeben?

Die Veränderung des Sounds fand schon bewusst statt. Wir hatten das Gefühl, dass diese neuen Songs einen sehr erdigen, realistischen Sound bräuchten, der sehr nah an unserem Livesound ist.
Wir haben zwei Alben mit Jacob Hansen aufgenommen. Er ist ein großartiger Mensch und toller Produzent, aber zu viele Bands haben heutzutage diesen Sound, der leider viel zu künstlich und steril klingt. Man schichtet vier bis acht Gitarrenspuren und vier Gesangspuren übereinander. Man kopiert und richtet und schneidet und quantisiert, und das Gefühl bleibt auf der Strecke. Und diese Alben klingen auch nicht mehr wirklich aggressiv oder brutal.
Dieses Mal wollten wir einfach nur zwei Gitarren, ein Drumset, einen Bass, eine Gesangspur die selten gedoppelt wurde. Das klingt dann für manche Ohren nicht fett genug, für uns klingt es aber so wie wir halt sind. Hier wurde nichts hin und her kopiert, jede Note wurde gespielt.

Ich nehme an, ihr plant noch nicht großartig für das nächste Album voraus, aber was gibt es grundsätzlich zu erwarten? Werdet ihr euren Stil in diesem Bereich finden und versuchen, euch hier zu etablieren, oder kann es sein dass ihr wieder mit etwas ganz anderem um die Ecke kommt (beides könnte natürlich interessant werden)?

Wie das nächste Album werden wird steht wirklich in den Sternen. Alles ist möglich, und das ist ein angenehmes Gefühl. Wir jammen momentan schon locker im Proberaum mit ein paar neuen Ideen herum. Aber es ist zu früh, da eine Tendenz zu sehen.
Wir sind fünf Individuen die sich entwickeln. Dazu entwickeln sich die Interaktionen zwischen uns auch. Unsere Musik wird sich von daher auch immer entwickeln.

Erzählt doch kurz etwas über euren neuen Sänger Martin. Wie kam er zu euch, welche Kriterien waren ausschlaggebend dafür, dass er letztlich den Job bekommen hat?

Das ist eigentlich eine lustige Geschichte. Wir kennen Martin schon lange und haben gewusst dass er in einer Band Gitarre spielt und singt. Während der KATAKLYSM-Tour hat er uns eine Woche am Bass ausgeholfen und war unser Merchandiser.
Wir haben immer wieder verschiedene Menschen Keyboards auf unseren Alben spielen lassen. Durch Zufall kamen wir darauf, dass Martin auch super Klavier spielen kann, und deswegen sollte er auf unserer nächsten Platte die Synthiesachen einspielen. Dann stieg Matze aus, und ohne lange zu fackeln, fragten wir Martin ob er bei uns einteigen möchte.
Martin gibt nebenher Gitarren und Klavierunterricht. Er ist ein begnadeter Musiker und hat unglaublich viel Ahnung von Musiktheorie. Zudem ist er auch ein toller Maler und alles in allem ein Lebenskünstler.
Er kann aber auch sehr gut jagen. Letzten Samstag hat er eine Wildsau mit dem Mietwagen erlegt, mit dem wir eigentlich ans Metalcamp fahren wollten. Deswegen hat sich unsere Abreise etwas verzögert. (R.I.P. Wildsau)

Wie bewertet ihr selbst den derzeitigen Zustand der Metal-Szene? Glaubt ihr, dass es die jungen, harten Bands (ich denke zum Beispiel in die immer stärker werdende Deathcore-Szene) schaffen werden, langfristig von sich reden zu machen, oder haltet ihr das eher für eine vorübergehende Sache? Und für wie glaubwürdig haltet ihr diese Entwicklung? Was überwiegt? Die Anzahl derjenigen, die einfach auf den Trend aufspringen, oder die Bands, die wirklich mit Herzblut bei der Sache sind?

Trends kommen und gehen. Bands die lediglich auf einen Trend aufspringen, werden (hoffentlich) auch gehen. Auf Festivals sehen wir immer wieder sehr junge perfekt gestylte Leute, die z.B.total auf Deathcore abgehen. Ich bezweifle ehrlich gesagt, dass 15-jährige Emo-Mädchen diese Musik begreifen. In sowas muss man doch hineinwachsen. Aber mit einem „Waking The Cadaver“-Shirt kann man ja evtl. noch die Nachbarn schocken, Piercings und Tattoos sind ja gesellschaftlich schon akzeptiert.
Es gibt aber auch Bands in diesem Bereich, die ich wirklich gut finde, wie z.B. WHITECHAPEL oder DESPISED ICON. Das Gute an der Sache ist, dass es wieder Interesse an Gitarren-Musik gibt und das mehr Frauen auf Konzerte gehen.

Wie schauen eure konkreten Zukunftspläne aus?

Im Herbst gehen wir mit DARK TRANQUILLITY und POISONBLACK auf Tour. Ansonsten spielen wir viele Wochenendshows.

Vielen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg.

Danke auch!

12.07.2008

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