Fates Warning
"But then science came into the picture and destroyed everything!" - Mit Ray Alder über “Long Day Good Night” und die Zukunft der Band
Interview
“Long Day Good Night” und seine Songs
Verstehe. Normalerweise sind es zuerst die “Eye To Eye”-mäßigen Songs von euch, die meine Aufmerksamkeit zuerst erregen, wenn du verstehst, was ich meine. Dieses Mal war es andersherum und die ungewöhnlicheren Tracks haben mich direkt in ihren Bann gezogen. Ich würde gern einige Highlights mit dir der Reihenfolge nach durchgehen.
Na klar.
Der erste herausragende Song ist wiederum ein eher traditioneller, und zwar “Shuttered World”. Der Chorus hängt mir übrigens seit über einer Woche (seit dem Zeitpunkt des Interviews übrigens knapp fünf Wochen – Anm.) im Ohr fest.
Yes! Treffer!
Ist es eine Art “Empowerment-Song”? So nach dem Motto “Hab keine Angst, Veränderungen im Leben sind notwendig”?
Ja, das hast du korrekt verstanden. Viele meiner Texte behandeln solche Dinge. Manche Leute denken komischerweise, dass meine Lyrics irgendwie negativ sind …
… überhaupt nicht!
… naja, manche denken, dass FATES WARNING eine dunkle, bedrückende Wolke über ihnen oder eine deprimierende Band ist. Ich kann das nicht verstehen. Vieles ist vielleicht ein bisschen kryptisch. Ich mag es halt nicht, Texte zu verfassen, die “in your face” sind, oder dir buchstäblich sagen, was du zu tun und zu denken hast. Das funktioniert nicht für mich. Ich mag es, wenn die Hörenden ihre eigenen Geschichten und Gedanken dazu entwickeln können.
Gestern habe ich gerade erst mit einem Freund an etwas gearbeitet, wofür ich Texte verfasst habe und versuchte, direkter zu sein. Aber … (mit gespieltem Frust) … es ist verdammt schwer! So fuckin‘ hard! Es ist alles so offensichtlich, es scheint mir fast lächerlich. (Allgemeines Kichern) Für mich ist es so, dass Texte, die zu einfach sind, meist nicht besonders gut sind. Aber das ist nur meine Meinung.
Ich stimme dir da zu. Ich habe alle Texte des Albums gelesen und mir Gedanken dazu gemacht. Es ist eine schöne Ansammlung von Lyrics. Wären sie simpler, würde es kaum passen, denn die Musik von FATES WARNING ist nun auch nicht unbedingt “simpel”.
Eben. Eine schöne Geschichte aus dem Songwriting-Prozess ist der Song “The Way Home”. Es war eigentlich ein Song mit einem sehr “großen” Refrain. Die Zeile (singt) “… and find the way home” sollte ursprünglich “… and we all die alone” heißen …
(Gelächter)
… und Jim meinte nur “Alter, ist das nicht ein bisschen viel”? Und ich: “Aber es passt doch zur Musik!” und Jim … (imitiert ein Schaudern). Das war vielleicht doch ein bisschen trostlos (lacht). Also wurde es zu “can I find my way home”. Das war vielleicht meine kurze, triste Phase.
Ich würde gern über “Alone We Walk” sprechen. Darin klingst du wie ein Geschichtenerzähler. Die Verbindung aus Musik und Gesang ist sehr passend; an einer Stelle singst du das Wort “heartbeat”, während die Gitarren im Hintergrund ihr Rhythmusspiel immer weiter intensivieren, sodass es fast wie ein Herzschlag klingt. War das Absicht?
Ich weiß es gar nicht. Da war der erste Song, an dem wir für das Album gearbeitet haben. Jim hat mir drei Stücke geschickt. Aber… (denkt nach) … “heartbeat” … Es war ein ungewöhnlicher Song für mich, sowas haben wir auch noch nicht gemacht. Dieses (imitiert das angesprochene Gitarren-Pattern) “dededede” … was zur Hölle soll ich da machen, habe ich mich gefragt. Aber es wurde ein wirklich cooler Song. Der erste Song, an dem man für ein Album arbeitet, ist eh immer ein besonderer, weil er die Marschroute sozusagen vorgibt.
Eine weitere coole Nummer ist “Now Comes The Rain”. Könnte meiner Meinung nach auch das Update eines Songs aus der “Inside Out”-Ära sein.
Witzig, dass du das sagst. Ich habe das Album gerade meiner Frau vorgespielt und sie sagte auch, dass der Song wie aus einer anderen Phase von uns klingt. Ich persönlich erkenne solche Verbindungen eher schwer. Das war übrigens ein weiterer Song, bei dem wir uns nicht sicher waren, ob er auf das Album soll, oder nicht, weil er ein bisschen seltsam ist, so rockig und straight forward. Am Ende bin ich darüber sehr froh, weil ich ihn sehr mag. Also ich mag natürlich alle Songs, aber dieser sticht irgendwie heraus.
Also ja, dieser Song ist weird. Er hat sozusagen zwei verschiedene Refrains. Der eine schien allein und der andere irgendwie auch verloren, also haben wir sie miteinander verbunden und das funktionierte wunderbar. Auch wegen dieses glücklichen Zufalls ist es einer meiner Lieblingssongs auf dem Album.
“Under The Sun” kam ja auch irgendwie durch Zufall zustande.
Ja. Ein weiterer glücklicher Unfall. Ursprünglich war das akustische Intro zu “Under The Sun” eine Art Interlude in dem Song “The Longest Shadow Of The Day”. Jim rief mich eines Tages an und sagte: “Hey, ich habe hier diesen kurzen Gitarren-Part, der wirklich cool ist. Denkst du, das könnte ein Song werden?“ Ich stimmte zu, arbeitete daran und als wir den Chorus schrieben, hatte ich eine Melodie schon Tage vorher im Kopf rumgeistern, die perfekt zu der Musik passte, die er mir schickte. Das ist wirklich einer meiner Lieblinge auf “Long Day Good Night”, er ist catchy, geradeaus und wunderschön.
Der letzte Song, auf den ich gerne noch zu sprechen kommen würde, ist “When Snow Falls”. Das Stück arbeitet mit Trip-Hop-Einflüssen. Ihr habt schon seit “A Pleasant Shade Of Gray” oder sogar “Parallels” hier und da elektronische Elemente verwendet, dennoch bietet “When Snow Falls” eine frische Herangehensweise. Ich war überrascht, wie gut euch dieser Einfluss zu Gesicht steht.
(Enthusiastisch:) Yeah, er erinnert mich an das, was wir auf “Disconnected” gemacht haben, als wir sehr elektronisch unterwegs waren. Das war wieder einer der Songs, bei denen Jim meinte, “Keine Ahnung, ob das funktioniert. Vielleicht nutzen wir ihn als Bonusmaterial.” Als wir daran arbeiteten, verliebten wir uns in den Song. Ursprünglich wollten wir gar kein Schlagzeug in dem Stück haben, eben nur mit dem elektronischen Zeug. Am Ende ließen wir Gavin (Harrison, THE PINEAPPLE THIEF, ex-PORCUPINE TREE – Anm.) auf dem Song Schlagzeug spielen, weil Bobby (Jarzombek, FATES-WARNING-Drummer – Anm.) etwas erschlagen war. An dem Punkt waren alle von uns emsig am Arbeiten, damit alles für Baresi zum Mischen fertig wurde. Also fragte Jim Bobby, ob es ihn stören würde, wenn Gavin auf dem Song spielt und Bobby war vollkommen einverstanden.
So wurde daraus ein weiterer Song für das Album, der dreizehnte, was cool war, denn wir hatten das Ziel, dreizehn Songs auf dem Album zu haben. Für mich ist es ein weiterer wunderschöner, aber ungewöhnlicher Song. Ironischerweise mochten die Leute von der Plattenfirma “When Snow Falls” besonders gern, was strange ist, because … you know, it’s METAL Blade.
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Stile | Progressive Metal, Progressive Rock |
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