Farsot
Farsot
Interview
Mit "IIII" bringen die bereits 1999 gegründeten FARSOT dieser Tage Ihr Debütalbum heraus. Sehr angetan von der Musik und dem Konzept der Platte war es für mich keine schwere Entscheidung, die Blackmetalband mit einer Reihe Fragen zu löchern und dabei einige interessante Antworten zu bekommen.
Danke der Nachfrage. Momentan läuft alles recht gut bei uns. Am 26.10. erscheint endlich unser erstes Album und wir sind deshalb alle schon sehr aufgeregt und gespannt.
Da ich davon ausgehe, dass Ihr nicht allen Lesern sonderlich bekannt sein werdet: Stellt Euch doch bitte kurz vor und fasst Eure Bandgeschichte zusammen!
FARSOT wurde 1999 gegründet. Nach kleineren Line Up-Wechseln an der zweiten Gitarre und am Bass verfügen wir nun seit vier Jahren über ein sehr stabiles Bandgefüge. In dieser Besetzung veröffentlichten wir 2004 auch unser erstes Demo „042103freitod“, welches von uns in Eigenregie produziert und veröffentlicht wurde. Die Resonanzen darauf waren weitestgehend sehr gut. In der Folge spielten wir eine Reihe von Konzerten und arbeiteten an dem Material für unser Debüt. Die Songs dafür konnten dann 2006 in Zusammenarbeit mit V. Santura (DARK FORTRESS) aufgenommen werden. Schließlich dauerte es dann noch ein Jahr bis wir den Vertrag bei Lupus Lounge/Prophecy Productions unterschreiben konnten.
Wenn ich mich da nicht falsch informiert habe, bedeutet FARSOT so viel wie Epidemie/Seuche. Steckt da noch eine tiefere Intention hinter, oder ist es einfach der beste Name, der Euch eingefallen ist?
Bei der Suche nach einem geeigneten Bandnamen vor bereits über sieben Jahren, sind wir eher durch Zufall darauf gestoßen. FARSOT klang für uns einfach, trocken, prägnant und bedeutungsarm genug, um ihn doch in seiner verheerenden Wirkung (schwed. „Epidemie“) zu verwenden. Er kann so auf viele Bereiche des täglichen Lebens, dem Auf und Ab der Energien, interpretiert werden und spiegelt sich folglich als roter Leitfaden in vielen unserer lyrischen Kompositionen wieder.
Eure Pseudonyme (3818.w, Pi: 1T 5r, v.03/170, 10.XIXt, R 215k) sind, um das mal ganz denotiert auszudrücken, sehr ungewöhnlich. Was habt Ihr Euch dabei gedacht?
Analog der Erklärung zum Bandnamen wollten wir auch hier auf die üblichen Klischee-Pseudonyme aus Mythologie-/Religions- oder Tolkienbüchern verzichten. Initialen sind langweilig und bürgerlich ausgeschriebene Namen passen nicht zum Gesamtkonzept. Die kryptischen Bezeichnungen sind nichts anderes als Chiffrierungen unserer leiblichen Namen. Es steht kein größerer Sinn dahinter. Eher sind sie als ein Teil des Artworks zu betrachten.
So, nun ein letzter Versuch, die „Bandkryptik“ etwas zu dechiffrieren. Verbirgt sich auch hinter dem schlichten Albumtitel „IIII“ eine tiefere Bedeutung? Man könnte ja annehmen, dass es eine bloße Nummerierung sei – ist aber, wenn man bedenkt, dass das nicht Eure vierte Veröffentlichung ist, wohl nicht plausibel. Meine andere Interpretation wäre die Andeutung der vier Thematiken, aber das ist natürlich auch nur eine fixe Idee. Also, wie sieht es wirklich aus mit dem Titel?
Das Album ist eigentlich völlig titellos. Der Titel “IIII“ sowie die Track-Bezeichnungen mussten aus bürokratischen Gründen vergeben werden. Das Linienkonstrukt auf dem Cover bildet den eigentlichen Titel. Jede der einzelnen Linien symbolisiert mit seinem Verlauf eine der vertonten Emotionen. Wir haben uns bei der Titelvergabe auch nicht für “dto.“, “same“ oder “farsot“ entschieden, weil es unser Konzept völlig entstellt hätte. So ist es bei einem simplen “IIII“ geendet.
Nun können wir auch auf das neue Album zu sprechen kommen. Ich denke, Ihr selbst habt einen hohen Anspruch an Euch; habt Ihr diesen Anspruch mit „IIII“ erfüllen können? Seid Ihr vollends zufrieden mit der Umsetzung Eurer Ideen und Gefühle in das Musikalische, oder fallen Euch „rückblickend“ schon jetzt etliche Dinge ein, die hätten besser laufen können?
Vollkommene Zufriedenheit mit sich selbst und seiner Arbeit heißt Stagnation. Es entspricht nicht unserer Vorstellung von Musik, nach einer überwundenen Schwelle die Hände in den Schoß zu legen und wohlwollend auf sein Werk zurückzublicken. Mit „IIII“ haben wir nicht mehr und nicht weniger geschafft, als eine Idee und einen Wunsch zu verwirklichen. Wir sind stolz auf das Resultat, vermeiden es jedoch nicht, kritisch darauf zurückzublicken. Das erhält den Anreiz aufrecht, weiter an sich und künftigem Material zu arbeiten, um es beim nächsten Mal vielleicht noch ein bisschen besser zu machen.
Was war für Euch selbst der Antrieb, „IIII“ musikalisch und thematisch so zu gestalten, wie es nun letztendlich geworden ist? Was bedeutet Euch ganz persönlich dieses Album?
Schon von Anfang an war uns klar, dass wir ein Konzeptalbum schreiben wollten. Dies ist eine spezielle Herausforderung für jeden Künstler, da man sich thematisch und emotional auf eine bestimmte Schiene festlegen muss. Es ist uns mitunter nicht leicht gefallen, uns strikt an diese Linie zu halten, da gerade Gefühle eben nicht beeinflussbar sind. Viele gute Ideen wurden verworfen oder auf Eis gelegt, weil sie thematisch einfach aus dem Rahmen gefallen sind. Die Idee zur Thematik selbst kam uns eher unwillkürlich. Sie verkörpert die eine Grundessenz der Negativität, die in diesem musikalischen Rahmen noch nicht bzw. nicht derart ausführlich behandelt wurde. Jeder von uns hat mit sehr viel Hingabe und Herzblut an dem Album gearbeitet, was dazu führt, dass das Werk für jeden einzelnen ein persönlicher Meilenstein ist und dementsprechend viel bedeutet.
Woher zieht ihr die Inspiration für Eure Musik? Welche Alltagserlebnisse, so es überhaupt welche sind, die sich in FARSOT widerspiegeln, wollt Ihr in Eurer Musik gewissermaßen reflektieren und verarbeiten?
Die Inspiration entwickelt sich in jedem individuell. Wir haben kein kollektives Bewusstsein, sondern jedes Mitglied von FARSOT denkt, lebt und handelt eigenständig. Das gilt sowohl für des Jeweiligen Naturell sowie auch für dessen Musikgeschmack. Quellen und Einflüsse entspringen somit selbstverständlich Alltagserlebnissen, positiven sowie negativen Erfahrungen und natürlich auch den musikalischen Vorbildern, allerdings gibt es da keine speziellen Schlüsselerlebnisse, die hier aufzuführen wären. Jeder hat schon einen persönlichen Verlust hinnehmen müssen und jeder reflektiert dies auf andere Art und Weise. Die Kraft und Intention bezieht unsere Musik jedoch aus dem Zusammenfluss dieser unterschiedlichen Persönlichkeiten.
Wie darf man sich den Entstehungsprozess eines FARSOT-Albums vorstellen? Arbeitet Ihr als Gemeinschaftsprojekt, in das jeder seine Gedanken und Vorstellungen einfließen lässt, oder gibt es einen Hauptsongwriter, der den Ton angibt?
Hier kann man sich zum Teil auf die vorangegangene Antwort beziehen, deshalb hier nur kurz zum „handwerklichen“ Teil: Songs entstehen bei uns im Proberaum. Die Grundidee besteht meist aus ein bis zwei Riffs. Diese werden dann in Zusammenarbeit weiter ausgebaut, andere passende Riffs kommen dazu und alles wird entsprechend arrangiert. Da bei FARSOT alle Bandmitglieder am Songwriting beteiligt sind, ist ein Song erst vollständig, wenn alle mit dem Resultat hundertprozentig zufrieden sind.
Mit Prophecy (respektive Lupus Lounge) habt Ihr ein Label im Rücken, das wirklich einen Namen hat und für Qualität steht; es ist also davon auszugehen, dass die Resonanz auf „IIII“ größer sein wird, als es die auf „042103Freitod“ damals war. Wie wichtig ist es Euch selbst, dass Eure Musik gehört und rezipiert wird? Glaubt Ihr, mit dem jetzigen Label bekommt Ihr die Aufmerksamkeit, die Eure Musik – falls man in solch wertendem Rahmen überhaupt sprechen darf – sich verdient hat?
Wertung und Beachtung spielen für uns persönlich nur eine beiläufige Rolle. Sie gewinnen allerdings an Bedeutung wenn man den Blick auf die musikalische Qualität wirft. Positive Resonanzen zeigen uns, dass wir gute Arbeit geleistet haben, während Kritik uns dazu veranlasst, unser Werk nochmals genauer zu betrachten und nach eventuellen Schwachstellen unsererseits zu suchen. Dies gilt allerdings nur im Hinblick auf objektive Betrachtungsweisen. Subjektive Kritik, vor allem destruktiver Natur, ist nur selten einem anderen Zweck dienlich, als der Selbstdarstellung des Kritisierenden.
Wie seid Ihr eigentlich zu Lupus Lounge gekommen? Habt ihr, wie das meist so üblich ist, Promos rumgeschickt und dann das positive Feedback bekommen, oder ist man auf Euch zugegangen? Überhaupt, wie zufrieden seid ihr damit, jetzt bei einem namhaften aber undergroundverwurzelten Label zu sein?
Wir verfolgen den Verlauf von Prophecy Productions schon seit mehreren Jahren. Das Label steht seit Anbeginn für Qualität, Exklusivität und Originalität. Das war sicher auch einer der Gründe, warum Prophecy, wenn es um ein Label für die eigene Band ging. Die Wege waren die üblichen: Sie haben eine Promo-CD von uns bekommen und nach einiger Zeit kam die entsprechende Resonanz seitens des Labels. Die Vertragsunterzeichnung entspricht in jedem Falle unserer vollsten Zufriedenheit und eine Laufzeit über fünf Alben sollte uns genug Spielraum für Entfaltungen und Weiterentwicklungen geben. Über dieses entgegengebrachte Vertrauen sind wir sehr glücklich.
Liegt Euch selbst überhaupt etwas am Underground, und an der Szene, so etwas für Euch überhaupt Existenz hat?
Das Wort „Szene“ ist zu einem recht schwammigen Begriff verkommen. Black Metal für sich ist längst nicht mehr so engstirnig, wie vor zehn Jahren. Das, was man früher noch als eine Szene hätte bezeichnen können driftet immer mehr auseinander. Was man unter „Underground“ versteht ist mittlerweile auch eher fraglich geworden. Sind es immer noch Garagenproduktionen, langatmige und schlecht gespielte Riffs mit einer Prise Unbekanntheit? Oder hat sich auch der Underground weiterentwickelt? Schwer zu sagen… Wir wollen uns darüber auch kein Urteil erlauben. Für uns zählen Geist und Intention, ebenso wie das Akzeptieren einer Dynamik in einer ursprünglich starren Kunstform, nicht das Klammern an alte Begrifflichkeiten und überholte Ideale.
Welchen Stellenwert nimmt FARSOT und dessen Produkt, die Musik selbst also, in Eurem Leben ein? Ist es etwas, das Ihr braucht, vielleicht auch, um gewissermaßen der alltäglichen Realität zu entfliehen, oder ist es für Euch nur eine Band, nur eine Truppe von Musikern, die zusammenarbeitet?
Flucht vor der alltäglichen Realität – damit liegst du ziemlich richtig. Genau dies war einer der Gründe, aus denen heraus FARSOT ursprünglich entstanden.
Man könnte auch die Worte verdrehen und eine Flucht vor dem Alltag daraus machen. Aber nur eine Band, nur eine Gruppe von Musikern, die möglichst zweckdienlich zusammen“arbeitet“ wollten und wollen wir nie sein. Deshalb sehen wir uns auch ungern als „Projekt“. Ein Ausdruck, der mittlerweile leider von zu vielen Autoren bedacht oder unbedacht verwendet wird. Für uns ist FARSOT zu etwas Persönlichem, zu einem Teil des Lebens geworden, der nur ungern wegzudenken ist. FARSOT steht für den Ausdruck tiefster Emotionen und für die Bewältigung des tristen Alltags, für die Umsetzung dessen, was uns bewegt.
Wie würdet Ihr Euch selbst beschreiben? Möglichst ein paar Emotionen, die man mit FARSOT assoziieren sollte!
Ausgewogen! Ein empfindliches Gleichgewicht aus rationaler Bodenständigkeit und tiefster Emotionalität. Assoziieren kann man mit FARSOT alle Emotionen, die einen Menschen von der Geburt bis zum Tode bewegen können.
Gibt es noch andere Bands, in denen Ihr nebst FARSOT aktiv seid? Wenn ja, welche?
Unser Lead-Gitarrist hat die Bassisten-Rolle in einer gerade entstehenden Band aus unserer Region übernommen.
Ihr habt auf dem KATATONIA-Sampler „December Songs“ den Song „I Break“ von der „Discouraged Ones“ gecovert. Das Album ist ja nun mal kaum noch Metal, sondern vielmehr sehr melancholischer Alternative Rock. Wie war es für Euch, für den Sampler etwas beizusteuern und genau diesen Song (statt etwa einen metallerischeren von der „Dance Of December Souls“) zu covern? Hört Ihr selbst in Eurer Freizeit gerne KATATONIA?
Wir haben uns für “I Break“ entschieden, da dieser Titel für uns einen der besten KATATONIA-Songs darstellt. Außerdem ist er von dem Album, welches von uns allen sehr hoch eingeschätzt wird. Mit “Discouraged Ones” ist KATATONIA einfach die beste Vertonung von Melancholie gelungen. Dazu war es für uns eine Herausforderung einen Song zu verwenden, welcher in seiner eigentlichen Form mit klaren Vocals existiert. Wir haben dem Song einfach einen FARSOTlastigen Anstrich verliehen und damit versucht eine Symbiose alter Werke der Band mit dem Stil der Neueren zu erschaffen.
Was für Bands werden von FARSOT überhaupt so gehört? Was für Stile nebst Black Metal schallen bei Euch daheim aus den Boxen?
Wie schon angesprochen entwickelt sich jeder von uns in eine andere Richtung. Es gibt einen Grundstock an Bands, die von allen gern gehört werden. Wir machen unseren Musikgeschmack generell nicht von konkreten Genres abhängig. Viele Bands, wie z.B. ULVER sind in der langen Phase ihres Schaffens genre-übergreifend tätig gewesen. Wir sind offen für Stilistiken jeglicher Art, sei es nun kompromissloser Black Metal, progressiver Rock, sanfter Pop oder eine Mix aus diversen Elementen. Vereinzelte Bands aufzuzählen wäre an dieser Stelle müßig – man müsste Künstler außen vor lassen, die mindestens ebenfalls dieselbe Beachtung verdient hätten, wie die hier aufgelisteten.
Wie sieht es bei Euch mit Liveauftritten aus? Gibt es Konzertpläne in naher Zeit?
Unsere bisherige Live-Erfahrung erstreckt sich mittlerweile auf über sechs Jahre in denen wir mehr als 40 Konzerte gespielt haben. Dieses Jahr werden wohl keine Konzerte mehr stattfinden. Überdies sind wir auch gerade dabei neue Songs zu schreiben, in einer Jahreszeit, welche einfach prädestiniert dafür ist. Für 2008 sind indes schon einige Konzerte in Planung unter anderem wohl auch eine kleinere Tour. Wir freuen uns auf jeden Fall unser Album nächstes Jahr in einem entsprechenden Rahmen auf der Bühne zu präsentieren.
Gewährt uns doch bitte einen kurzen Einblick in die Zukunft. Feilt Ihr schon an neuem Material und gibt es konkrete Planungen für den „IIII“-Nachfolger?
Momentan haben wir noch keinen Masterplan, wie wir in Zukunft zu klingen haben. Wir orientieren uns nicht zurück auf frühere Werke und setzen uns keine Maßstäbe für Kommendes. Wir proben wie eh und je, dabei kann es schon passieren, dass der eine oder andere Einfluss neue Ideen bringt, allerdings ist das nicht unser primäres Ziel.
Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg mit dem aktuellen Album und weiteren Veröffentlichungen, die da kommen mögen! Wenn Ihr noch irgendwas loswerden wollt, oder ich etwas ganz wichtiges vergessen habe: Die letzten Worte gehören Euch!
Wir danken sowohl für das Interview als auch für die guten Wünsche.
„Hör auf! Geh weg! Letzte Worte sind für Narren, die noch nicht genug gesagt haben.“ [Karl Marx]