Ex Deo
Die spinnen, die Römer!

Interview

Es ist nun auch schon wieder über zehn Jahre her, dass Maurizio Iacono mit seinem Projekt EX DEO die musikalische Bildfläche betreten hat. Mit „The Thirteen Years Of Nero“ steht nun Album Nummer vier in den Startlöchern. Im Interview verrät er uns, warum es in Zukunft nicht mehr so lange bis zur nächsten Scheibe brauchen wird („The Immortal Wars“ ist auch schon wieder viereinhalb Jahre alt) und wohin die Reise des ehemaligen Nebenprojektes geht.

Lange Zeit war es nicht einmal sicher, ob es ein drittes EX-DEO-Album geben würde, nun steht mit „The Thirteen Years Of Nero“ schon Album Nummer vier an. Brennt die römische Fackel nun stärker in der Band?

Als wir das EX-DEO-Projekt gestartet haben, war es für mich eine einmalige Sache. Ich wollte das „Romulus“-Album machen, weil es auch Teil meines kulturellen Erbe mit italienischen Wurzeln ist. Es gibt im Metal Wikinger und alles andere, aber keine Römer und das war vermutlich eine der brutalsten Zeiten in der Geschichte. Ich denke, die Themen, die behandelt werden sind so Metal, dass wir sie besingen müssen.

Aber zur gleichen Zeit wurde KATAKLYSM immer größer und ich habe eine Management-Firma eröffnet, in der ich viele Bands manage. Also wusste ich schon, dass ich für EX DEO immer weniger Zeit haben würde. Aber dann bekam ich so viele Zuschriften von Seiten der Fans und auch von Labels, das Projekt fortzuführen, weil „Caligvla“ so erfolgreich war, sodass wir letztlich nur eine kurze Pause mit der Band machten und uns dann an „The Immortal Wars“ setzten.

Nach „The Immortal Wars“ wollten wir nicht wieder fünf, sechs Jahre warten, sondern haben gesagt, wir machen das nächste Album so früh wie möglich. Natürlich gab es auch Verpflichtungen mit KATAKLYSM, aber durch die Pandemie kam die neue EX-DEO-Scheibe etwas eher als erwartet.

In der Zukunft werden wir EX DEO mehr pushen, du wirst vermutlich ein weiteres EX-DEO-Album zu hören bekommen, bevor du ein neues KATAKLYSM-Album hörst. Wir haben die Intention, die Band auf das nächste Level anzuheben, mit einer theatralischeren Bühnenpräsentation. Ich denke, dieses Album ist das richtige Album, um diesen Schritt zu gehen.

EX DEO und KATAKLYSM werden sich auch immer mehr musikalisch voneinander abgrenzen. Wir haben für beide Bands neue Drummer, es verändert sich also auch personell und KATAKYLSM benutzt siebensaitige Gitarren, wohingegen wir mit EX DEO bei sechs Saiten bleiben. Es werden also immer mehr zwei verschiedene Bands werden.

„The Thirteen Years Of Nero“ hört sich noch cineastischer und atmosphärischer an als die Vorgänger. Ist das Teil des Konzeptes, den epischen Geist Roms einzufangen?

Das Album ist auf jeden Fall cineastischer geworden, du fühlst dich beim Hören, als wärest du in der Zeit des Albums. Es ist ein sehr komplexes Album, das über sieben Monate brauchte, um zusammengestellt zu werden.

In Zukunft wird es immer mehr Storytelling in den Alben geben, um dich in die Zeit des alten Roms zu transportieren. Der orchestrale Score wurde von Clemens Wijers von CARACH ANGREN komponiert, der ein Genie darin ist, filmartige Soundtracks zu schreiben. Er ist in vielen, großen Projekten involviert.

Es war spannend für mich, in den Geist von Nero einzutauchen, ich habe viele Dokumentationen geschaut und Bücher über ihn gelesen. Die Texte mussten zum Orchester passen. Wenn in den Texten was Verrücktes passiert, dann muss das Orchester den Geist der Texte einfangen und das war sehr schwer zu produzieren. Ich habe einen Terabyte an Orchestermusik für dieses Album bekommen. Das scheint nicht so, wenn du das Album hörst, aber es passiert so viel im Hintergrund.

Für mich ist es natürlich, eine Persönlichkeit des alten Roms anzunehmen. Ich denke, ich könnte in der Zeit auch leben. Das ist das Ding, diese Stücke sprechen von einer Zeit, die wirklich existiert hat. Also musst du ein Erzähler für die historischen Inhalte sein. Wir versuchen, möglichst akkurat zu sein, aber behalten auch etwas von der Mythologie drin. Im Song „The Fiddle & The Fire“ geht es darum, dass Nero Rom abgebrannt hat und dabei Geige gespielt hat. Dafür gibt es keine Beweise und zudem existierte ein Instrument wie die Geige damals gar nicht.

Caligula, die punischen Kriege und jetzt Nero. Wie suchst du die Themen für die Alben heraus und warum hast du dich jetzt für Nero entschieden?

Naja, du kannst die Geschichte von Rom nicht ohne Nero erzählen. Er ist eine zu große Figur darin. Was interessant an ihm ist, ist, dass er ein Künstler, ein Musiker, ein Schauspieler oder ein Dichter war. Er reiste alleine nach Griechenland, um Künstler zu werden und verließ Rom über Jahre. In der Zeit hat sich der Senat gegen ihn gewandt, weil sie es nicht glauben konnten, dass ein Kaiser, der die ganze Welt kontrolliert, Künstler werden wollte.

Wenn du dir die Geschichte anschaust, dann war die zentrale Figur hinter ihm seine Mutter Agrippina, sie hat die Fäden gezogen. Sie hat den vorigen Kaiser und dessen Bruder vergiftet, sodass Nero der neue Kaiser wird und sie alles kontrollieren konnte. Aber dann hat Nero ihr nicht mehr vertraut und sie umbringen lassen. Das klingt alles verrückt, aber so war das damals. Heute canceln sie Leute, damals haben sie sie umgebracht (lacht).

Nero ist wohl die Figur, die am meisten Metal überhaupt ist. Er hat den Begriff des Antichristen erfunden, weil er die Christen verfolgt hat. Ergo haben all die Black-Metal-Bands, all die satanischen Bands da draußen einen Einfluss von Nero. Die umgedrehten Kreuze, die du im Metal überall siehst, kommen auch von ihm. Denn die Christen, die er damals verfolgt hat, wollten nicht genau so sterben wie Jesus. Also hat Nero sie umgedreht gekreuzigt. Das war ein Zeichen der Rebellion, die Christen haben gegen Nero rebelliert. Du siehst also, dieses EX-DEO-Album wird die Black-Metal-Szene wie Disneyland-Metal aussehen lassen, weil es hier um die realen Dinge geht, nicht um irgendwelche Fantasien (lacht).

Aus welchem Film stammt das Zitat am Beginn von „The Fall Of Claudius“?

Es stammt aus dem Film „I, Claudius aus den 30er-Jahren. Der Song ist der Längste des Albums. Das hat den Grund, dass wir erst Claudius einführen und dann seinen Fall beschreiben wollten. Er verliebt sich in Neros Mutter und die bringt ihn um. Das Interessante an dem Film ist, dass er zeigt, dass Claudius ein guter Kaiser war. Er wollte die Korruption in der Regierung beenden und gütig zum Volk sein. Doch wenn die Musik am Ende seiner Rede einsetzt, weißt du, dass das nicht passieren wird. Es wird sehr düster, ich mag den Song sehr gerne. Er ist sehr heftig, brutal und gitarrenorientiert. Danach geht es dann in chronologischer Reihenfolge der historischen Geschehnisse weiter.

Wie weit zurück gehen EX DEOs Wurzeln? Bereits auf KATAKLYSMs „Epic (The Poetry Of War)“ gibt es ja einen Zweiteiler mit Rom als Thema.

Ja, da hat es begonnen. Ich bin 2000 zum ersten Mal nach Italien gereist und ich habe mich direkt in den römischen Kram dort verliebt. Das hat mich beim Schreiben des Albums total beeinflusst. Und nicht nur da, denn das Intro von „Shadows & Dust“ ist von „Gladiator“ und der Titelname ist auch eine Referenz an den Film.

Es wurde also schon ein Teil von KATAKLYSM, aber ich fühlte, dass es eine eigene Identität brauchte. KATAKLYSM ist mehr eine Band der Arbeiterklasse, die über Themen wie das Überleben im Alltag singt. EX DEO ist mehr eine künstlerische Band, die braucht den klassischen Touch.

Auch wenn beide Bands mehr auseinander driften: Was denkst du über eine Tour mit beiden Bands?

Wir haben drüber geredet. Es wird schwer, es durchzuziehen. Wir können es uns aber vorstellen, eine Art „Alter Ego“-Tour. Aber zuerst möchte ich eine EX-DEO-Headlinertour machen, in welcher wir Rom mithilfe einer Theaterproduktion wieder zum Leben zu erwecken. 2023 wäre eine gute Zeit dafür, nach der Tour mit FLESHGOD APOCALPYSE.

Da ihr in Kanada ja die freie Auswahl habt, wie ihr euch abschießen könnt: Was würde Nero wählen? Würde er sich total bekiffen oder doch eher betrinken?

Gute Frage, die bekomme ich zum ersten Mal. Nero würde vermutlich high werden. Eigentlich würde er beides machen. Er hat gerne viel gegessen und getrunken, aber er war ein Künstler, er würde es gut finden, seinen Geist frei fliegen zu lassen. Also denke ich, er würde Gras bevorzugen. Und danach ein paar Liter Wein (lacht).

Der Erste, an den ich beim alten Rom denke, ist Julius Cäsar, wegen der Asterix-Comics. Wäre Cäsar ein Thema, das auch auf einem EX-DEO-Album behandelt werden könnte?

Auf jeden Fall. Er ist mein Lieblingsthema, weil er der einzige Kaiser war, der sich aus dem Nichts hochgearbeitet hat. Er war kein Adeliger. Seine Strategien, sein Verstand und seine Entschlossenheit waren legendär. Mit „Romulus“ habe ich beim Song „Invictus“ ein wenig über ihn gesprochen, aber seitdem habe ich das Thema nicht mehr angefasst. Es wird in Zukunft auf jeden Fall mehr über Cäsar kommen, das ist sicher. Viel ist auch passiert, als er auf einer Insel vor Griechenland von Piraten gefangen wurde und fliehen musste. Es gibt also viel zu besprechen, das nicht der berühmte Kram ist.

Danke dir für deine Zeit, möchtest du noch etwas loswerden?

Ich bin sehr dankbar für all die Fans, die EX DEO am Leben gehalten haben. Es war ein Seitenprojekt, das mehr und mehr eine eigene Identität entwickelt. 2008 war etwas früh, damit zu starten, damals haben sich alle auf die Wikinger konzentriert, aber nun sind die Leute offener dafür geworden. Wir freuen uns, diese neue Seite von uns zu erforschen und auch zurück nach Europa zu kommen.

Quelle: Interview mit Maurizio Iacono
27.08.2021

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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