Evenless
Interview mit Bassist Lars zu "Split Infinity"

Interview

Mit „Split Infinity“ haben die Westfalen EVENLESS ein Album herausgebracht, das geschickt zwischen Metal und Alternative Rock balanciert. Warum man sich in der einen Ecke allerdings trotzdem wohler fühlt als in der anderen erklärte mir Bassist Lars. Trotz der schwierigen Kategorisierung zeigen sich sowohl Presse als auch Fans schwer beeindruckt von der Leistung der Jungs. Was sie sich bei ihren neuen Songs gedacht haben lest Ihr im Song By Song Special. Hier nun eine Situationsanalyse.

Euer Album kam ja im August raus und die Reaktionen waren, wie zu lesen war, ziemlich gut…

Es lässt sich ganz gut an, ja. So viele Reviews sind jetzt zwar noch nicht da, aber die, die da sind, sind schon mal sehr positiv. Und auch das Fanfeedback ist sehr positiv. Wir sind zum Glück nicht die einzigen, die denken, dass es unsere bislang beste Platte geworden ist. Die Meinungen gehen eigentlich alle in die Richtung, dass es bis jetzt das Amtlichste geworden ist.

Im Vergleich zum Vorgänger ist die Scheibe ja ziemlich ruhig geworden. „Songs From The Basement“ war da noch um einiges rockiger. Absicht oder Zufall?

Findest Du? Absicht war das gar nicht. Was ich auf jeden Fall bestätigen würde ist, dass die ruhigen Sachen noch ruhiger sind als die alten ruhigen Sachen. Ich weiß nicht, ob ich sagen würde, dass das Album insgesamt ruhiger geworden ist. Ich würde eher sagen, dass alle Bereiche vertieft wurden, sprich dass einige Sachen härter sind als vorher, dass aber auch einige Sachen ruhiger geworden sind.

Stimmt. Der Titeltrack und die ersten beiden Songs sind ja ziemlich straight. Dazwischen steht allerdings die relativ lange, melancholische Strecke, die meiner Meinung nach ziemlich eindrücklich, weil emotional ist. Wo würdet Ihr Euch mit diesem Album denn selber einordnen? Kollege Norman hat Euch in seinem Review ja in die Prog Metal Richtung geschoben und Euch sogar mit PORCUPINE TREE und PINK FLOYD verglichen…

Das ist schon ein Hammervergleich! Wenn da einer PINK FLOYD sagt bin ich erst einmal einfach nur dankbar, haha! Trotzdem würde ich das selber nicht so sehen. Wie gesagt sind PINK FLOYD absolute Götter, PORCUPINE TREE definitiv auch, und man kann vielleicht gerade bei den ruhigeren Sachen, z.B. „A New Day“, solche Parallelen ziehen. Aber dass wir generell in diese Prog Richtung gehen, sehe ich nicht so. Wir haben definitiv Einflüsse aus diesem Bereich, hören diesen Progrkam alle auch sehr gerne, ich würde aber nie von uns sagen, dass wir Prog Rock machen.

Das deckt sich ungefähr mit meinem Eindruck. Ich hätte Euch eher alternativ verortet und Euch eher neben Bands wie 3 DOORS DOWN oder JIMMY EAT WORLD gesehen. Man kann wohl ziemlich viele Dinge heraushören.

Unsere Einflüsse sind sehr breit gefächert und kommen zum einen, wie erwähnt, aus dem progressiven Bereich, aber sicher auch aus dem Alternative Bereich. Metal ist mit Sicherheit auch ein großer Faktor dabei, aber auch 70er Jahre Rock. Unser Sänger ist riesen THE WHO Fan, was sich auch hier und da niederschlägt. Bei uns ist es nicht so, dass einer seine Songs schreibt und die einfach so übernommen werden. Jeder bringt seinen Teil ein, gerade was die Arrangements angeht, und dadurch vermischt sich eben alles. Deshalb denke ich, dass man uns schwer auf einen Stil festnageln kann. Ich wüsste auch nicht, wie man diesen Stil dann nennen sollte. Ich nenne unseren Stil eigentlich immer – auch wenn das total nichtssagend ist – „Rockmusik“. Dieses Alternative Rock-Ding ist ein Stempel, den ich mir eigentlich ungern aufdrücken lassen würde. In unserer Presseinfo schreiben wir zwar selber „Alternative Rock“, aber ich persönlich kann mit diesem Begriff nicht allzu viel anfangen, weil ich damit Bands assoziiere, die ich noch nie gemocht habe. Diesen ganzen Grungekram eben. Und das will ich einfach nicht sein. Klar sind die Einflüsse teilweise vorhanden, zumal Alternative Rock ja auch ein weites Feld ist, aber trotzdem würde ich nicht sagen, dass wir Alternative Rock machen. Ich nenne es einfach „Rockmusik“. Das ist halt scheiße, denn es ist kein Vorteil. Wenn man einfach in eine Schublade gepackt werden kann ist es viel leichter vermarktet zu werden.

Das mag stimmen. Denn PORCUPINE TREE und von mir aus JIMMY EAT WORLD haben keine Schnittmenge. Außer vielleicht Euch jetzt?

In diversen Reviews sind teilweise auch so verschiedene Namen gefallen, dass ich mich wirklich frage, wo die Leute das herausgehört haben wollen. Ich weiß noch: im Hammer-Review zur „Songs From The Basement“ hat der mit Namen um sich geschmissen wie MOODY BLUES, KANSAS und so’n Kram. Ich meine, das sind alles gute Bands, keine Frage. Aber die hör ich bei uns überhaupt nicht heraus. Der Sänger einer Band, mit der wir mal gespielt haben, kam nach dem Konzert zu uns her und meinte ‚hey, die Metalschiene, die Ihr fahrt, ist echt geil!‘. Und wir nur: ‚wie, Du meinst wir sind Metal?‘ Jeder hört eben das für sich Passende heraus, und das finde ich gut!

Eben, und SLAYER kann man eh ÜBERALL heraushören. Mir ist aufgefallen, dass Ihr viel in der Metalpresse vertreten seid. Im Rock Hard gab’s Reviews, im Metal Hammer, bei uns… Meint Ihr, Ihr gehört hier so wirklich her?

Haha, stimmt! Ähm… gute Frage. Ich fühle mich hier einfach wohler als in der Alternative Rock Branche, sag ich jetzt mal. Ich persönlich komme ja mehr aus dem Metal, unser Gitarrist ja auch, und es ist ein Bereich, in dem ich mich einfach wohler fühle. Und ich weiß, dass Metaller einfach offener sind. Natürlich gibt es da auch die totalen hardcore True Metaller, die außer MANOWAR nichts hören, klar. Aber die meisten sind doch recht offen, was normale Rockmusik angeht. Im Umkehrschluss finde ich das in der Alternative Rock Szene nicht so vor. Ich will mir jetzt zwar keine Feinde machen, hehe, aber diese Szene stellt sich gerne als sehr offen dar, ist in Wirklichkeit aber ziemlich intolerant. Deshalb möchte ich ungern in diese Schublade rein. Da fühle ich mich im Metalbereich viel mehr zu Hause. Da kann man als normale Rockmusikband existieren.

Wenn Ihr so Schnittmengenpublikum ansprecht könnte es eventuell auch etwas einfacher sein, dann hochzukommen. Ihr habt dadurch ja schon so etwas wie eine Exotenstellung. Wie waren denn die Reaktionen aus der alternativen Szene?

Zur aktuellen Platte gab’s von einem Online-Mag namens Burn Your Ears ein Review, wobei ich jetzt nicht weiß, ob das so alternativ ist… das war jedenfalls nicht so toll. Zur letzten Platte waren die Kritiken mal so, mal so. Ich fand es aber auch immer klar, dass die Reviews aus der Metalecke immer besser waren als die aus der anderen Ecke.

Was ja genau an diesem Exotenbonus liegen kann, oder?

Kann gut sein! Vielleicht denken die Alternativen dann eher ‚ja, öööh, kennen wir, is nix besonderes…‘ Keine Ahnung, ich kann das auch schlecht einschätzen. Obwohl ich auch sagen muss, dass wir mit der letzten Platte – was Bemusterungen angeht – nicht so in den Bereich vorgedrungen sind. Sachen wie Visions oder Intro haben wir da komplett außen vorgelassen, was wir jetzt bei dieser Platte allerdings nicht so machen werden. Denn jetzt wollen wir schon etwas breiter vertreten sein, gerade auch mit Dirk [Chef von Yonah Records – Anm. d. Red.] und dem Label im Rücken. Wir werden da auf jeden Fall großflächiger vorgehen.

Wart Ihr mit „Songs From The Basement“ auch schon bei Yonah?

Nein, damit noch nicht. Das war eine Eigenproduktion.

Wie seid Ihr denn eigentlich zu Dirk gekommen?

Wie sind wir zu Dirk gekommen? Das ist eine gute Frage. Also… unser Booker kennt Dirk schon ewig, eigentlich. Anfang letzten Jahres hat er den Dirk auf dem Winternachtstraum Festival [wir erinnern uns: metal.de präsentierte – Anm. d. Red.], wo wir auch gespielt haben, angesprochen. Er hat ihm dann ein Demo dagelassen und Dirk hat es irgendwie nicht geschafft, uns live zu sehen, weil er mit irgendjemandem am Quatschen war oder so. Er fand unser Demo aber seit dem schon gut, und weil er ja sowieso hier aus der Nachbarschaft kommt, kam das dann irgendwann so. Das lief auch über ORDEN OGAN, eine befreundete Band, die auch mit Dirk in Kontakt steht [sind auch auf Yonah Records – Anm. d. Red.]. Dirk kam dann irgendwann auf uns zu und meinte ’na Jungs, wie sieht’s aus? Ich kann Euch an Start bringen, wat sacht Ihr dazu?‘.

Dann bleibt jetzt natürlich die Frage: wo wollt Ihr denn hin mit EVENLESS?

Auf’n Rockolymp, ist doch klar, hehe! Nein, wir sind sicherlich realistisch genug um zu sehen, dass es heute sehr schwer ist, um überhaupt noch voranzukommen mit der Musik. Die Konkurrenz ist groß, der Musikmarkt ist im Arsch, da müssen wir uns nichts vormachen. Trotzdem haben wir die Illusion oder den Traum, irgendwann einmal von der Mucke leben zu können. Das ist jedenfalls das Ziel, das wir immer noch erreichen wollen. Es ist jetzt nicht so, dass wir denken, wir müssen jetzt das und das innerhalb des nächsten Jahres schaffen, wir müssen nach vorne, wir müssen jetzt los. Wir gehen das relativ easy aber dennoch mit Nachdruck an. Wir sehen es momentan sicherlich noch als Hobby, aber eben als Hobby, das wir sehr, sehr ernst nehmen.

Das hört sich ja nach einer ziemlich gesunden Einstellung an…

Ja, ich denke die muss man heute auch einfach haben. Du kannst nicht mehr einfach sagen, Du machst eine Platte, die wird auf Anhieb in jedem Magazin Album des Monats und verkauft 500.000 Stück. So läuft’s halt einfach nicht. Das ist jetzt unsere dritte CD, und man kann schon stolz sein, dass man überhaupt so weit gekommen ist.

Und darüber hinaus bestätigen die Reviews ja auch noch, dass Ihr anscheinend auf dem richtigen Weg seid. Spielt Ihr eigentlich auf dem nächsten Winternachtstraum wieder?

Nächstes Jahr? Ja, da spielen wir wieder.

Wie sieht’s denn mit einer Tour aus? Einen Booker habt Ihr ja zumindest. Die Orte, die in Euren Tourdaten zu lesen sind, klingen für mich aber alle ziemlich nord-westlich…

Ja, momentan ist alles Großraum NRW. Weiter weg zu kommen ist eine schwierige Sache. Tour wäre toll, klar, aber ist nicht ganz so einfach, da reinzukommen. Wir hoffen eben, dass wir gerade durch Dirk auch eine Tour an den Start bekommen. Das wird aber sicherlich nicht einfach.

Zu wünschen ist es Euch auf jeden Fall! Ich bedanke mich für das nette Gespräch und wünsche Euch alles Gute!

Dafür nicht, ich danke Dir!

13.10.2005
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