Eureka
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Interview
Frank Bossert und sein Projekt EUREKA haben vor kurzer Zeit mit „Shackleton’s Voyage“ ein Progressive-Rock-Album, der Extraklasse veröffentlicht. Der Clou bei diesem Album ist, dass es sich zwar um ein Konzeptwerk handelt, die Story aber mit nur wenigen Worten erzählt wird. Die Geschichte über die Polarexpedition von Sir Ernest Henry Shackleton wird von der Musik adäquat erzählt. In unserem Interview spricht Frank Bossert über EUREKA, seine weiteren Pläne und natürlich über “Shackleton’s Voyage“.
Hey Frank, herzlichen Glückwunsch zur neuen Platte.
Vielen Dank!
Wie sind die Resonanzen in der Presse bislang?
Das Album hat überwiegend tolle Kritiken bekommen – wir haben sie auf der EUREKA-Website auch zum Teil schon veröffentlicht. Ich freue mich natürlich, dass solche Leute wie Geoff Barton vom englischen Classic Rock Magazine die Platte so positiv besprochen haben – da kommt dann schon ein wenig Stolz auf. Überhaupt ist die Reaktion aus dem Ausland besonders positiv. Ich will nicht verschweigen, dass es hier in Deutschland auch ein paar Verrisse gab – aber damit musste man rechnen, denn “Shackleton‘ s Voyage“ fällt natürlich schon aus dem Rahmen. Mir war es wichtig, mit der Musik dem Anspruch dieser Geschichte gerecht zu werden und das kompromisslos – sonst macht so ein Album keinen Sinn! Ich bin mit dem Ergebnis mehr als glücklich!
Wie lange hast Du an Songwriting und Produktion gesessen?
Ich habe ziemlich genau ein Jahr daran gearbeitet.
Was hat Dich bewegt ein Konzeptalbum über Sir Ernest Henry Shackleton und seine “fantastische Reise“ zu schreiben? Immerhin ist das ja nicht gerade alltäglicher Stoff, selbst für eine Progressive-Rock-Platte. Oder stöberst Du einfach gerne bei Wikipedia?
Ich habe im Jahr 2000 eine Doku auf Arte gesehen und war total fasziniert von dieser Geschichte – ich hatte sofort die Idee, darüber ein Konzeptalbum zu machen! Dann hat es aber doch noch ein paar Jahre gedauert, bis ich dazu kam und ich war ziemlich froh, dass bis dahin noch keiner auf die Idee gekommen war. Für mich ist es die perfekte Story für ein Konzeptalbum. Obwohl ich eigentlich nie eines machen wollte, da dieses Format in der Prog-Szene ziemlich inflationär bedient wurde, jetzt ist es doch passiert!
Schön ist, dass ich es auch in dieser Form realisieren konnte, mit den Originalfotos von Frank Hurley – das habe ich meinem Labelmanager, Dirk Jacob, zu verdanken, der an diese Produktion wirklich geglaubt hat!
Wie würdest Du selbst die Musik auf “Shackleton’s Voyage“ beschreiben? Meiner Meinung nach ist die Musik sehr von Mike Oldfield beeinflusst. Auf der anderen Seite versprüht “Shackleton’s Voyage“ auch Soundtrack-Flair. Wo liegen denn generell Deine Einflüsse?
Ich denke, man kann “SV“ als symphonischen Artrock bezeichnen – das trifft es für den Überbau vielleicht am Besten. Wenn man dann näher heran geht, gibt es auch Folk (Plenty Of Time), Kammermusik (Will You Ever Return?), Prog (Into The Lifeboats, Going Home, In Search Of Relief), Pop (The Challenge), New age (Elephant Islands) und Soundtrack (Grytviken Whaling Station).
Meine Einflüsse sind sehr vielfältig. Ich bin in meinen ersten Hamburger Rockbands Sänger und Bassist gewesen. Mein großes Vorbild war Geddy Lee! Wer sich das Bass-Solo von “Into The Lifeboats“ anhört, kann das sicher erkennen. Damals waren Rush, Yes, Saga, Pink Floyd, jede Menge Hard- und Classic-Rock-Bands Meins. Ich mochte aber immer auch ruhigere Sachen wie Oldfield (in seinen ersten zehn Jahren!!!). Ich liebe Musik ganz allgemein. Es gibt kaum Musikrichtungen, die ich ausklammern würde. Phil Lynott war immer einer meiner ganz großen Heroes. Ein Romantiker mit Nietenarmband – das ist für mich Rock‘n Roll. Das Leben von scheinbar Widersprüchlichem – Wahrhaftigkeit! Ich habe den Typ “Ich hör nur Wikinger-Metal“ nie so ganz verstanden. Aber die Menschen sind halt verschieden!
Die Musik auf dem Album kreiert beim Hören exakt die Bilder und Gefühle, die man sich anhand eines solchen Konzepts auch vorstellt. Inwiefern hast Du versucht die Musik der arktischen Landschaft und den extremen Witterungsbedingungen die dort herrschen nachzuempfinden? In Bezug auf Instrumentierung, Arrangements, die Walgesänge und so weiter.
Du sagst die Musik kreiert exakt die Bilder, die Du zu der Geschichte siehst. Das ist es, worum es bei dieser Platte geht. Das habe ich versucht und das war teilweise ganz einfach und teilweise enorm schwierig für mich. Einige Tracks haben sofort funktioniert – beispielsweise “Departure“ oder “Into The Lifeboats“ – andere Sachen habe ich zigmal verworfen. Zum Beispiel der Track “Icebound“ hat mich echt Nerven gekostet. Ich hatte zwar eine Menge musikalischer Ideen, aber nichts davon klang mir erschreckend und eisig genug. Es war das letzte Stück, das fertig wurde. Ich hatte eine Art Storyboard, dessen Teile ich wie ein Puzzle “Stück für Stück“ zusammensetzte. Im Übrigen habe ich erst im Nachhinein begriffen, dass Einige ganz andere Vorstellungen davon haben, wie das Ganze klingen sollte. Es ist ein wenig so, als ob man einen Roman verfilmt. Da haben viele dann auch ganz andere Vorstellungen als der Regisseur.
War die Herangehensweise an ein solches Projekt schwieriger als bei den letzten Platten? Ich denke doch, es ist wesentlich schwieriger ein Konzept so umzusetzen, wie Du es gemacht hast, wenn man derart wenige Worte benutzt, um die Story zu erzählen. Demzufolge müsste man die Musik so arrangieren, dass die „Reise“ auch ohne Worte weitererzählt wird. Hast Du da vor einem Problem gestanden?
Ich habe natürlich ziemlichen Respekt empfunden, diese Sache umzusetzen und – wie gesagt – es war auch nicht immer ganz einfach. Aber letztendlich war die Produktion problemloser als jedes Album, das ich bisher gemacht habe. Das lag daran, dass es für das Ganze ja eine Vorlage, eine Art Blaupause gibt. Das Schwierigste war, ein Storyboard zu kreieren. Zu entscheiden, was man musikalisch umsetzen kann und möchte und was man weglässt! Welche Bilder für welchen Track im Booklet stehen, das war mir auch sehr wichtig, da ich wollte, dass Frank Hurleys Bilder mit der Musik korrespondieren, wenn man das Booklet chronologisch durchblättert.
Wie hast Du es denn geschafft Billy Sherwood zu verpflichten, der einen Superbeitrag zum neuen Album geleistet hat?
Der Kontakt zu Billy kam über MySpace zustande. Ich habe ihm eine Rohfassung von „The Challenge“ zugeschickt und er fand die Musik und die Lyrics so klasse, dass er sich gleich an die Arbeit gemacht hat. Als ich dann die fertigen Spuren zurückbekam, war ich so begeistert, dass ich noch einen Song für ihn geschrieben habe. Er hat sich sehr viel Mühe mit den Songs gegeben und schrieb mir gerade, dass er stolz sei dabei gewesen zu sein. Wer da wohl stolz ist?
Hast Du eigentlich vor, den von Billy gesungen Song “The Challenge“ als Single auszukoppeln? Ich finde, das Stück besitzt, nicht nur von seiner Länge aber auch vom Arrangement her, enormes Radiopotential.
Ja! “The Challenge“ wird als Radio Single verteilt, aber wohl nicht für den Handel.
Nachdem die meisten Musiker ja nur mehr schwierig von der Musik leben können und die Plattenverkäufe zurückgehen, wird allen Orts versucht diesen Einbruch durch Touren aufzufangen. Wie sieht das bei EUREKA aus? Willst Du mit “Shackleton’s Voyage“ live auftreten? In welchem Rahmen würde das dann geschehen?
Ich sehe “SV“ als Übergangsalbum für EUREKA. Ich habe mit dieser CD für mich eine Phase beendet, in der ich hauptsächlich – von einer kurzen Live-Phase von 2003-2005 einmal abgesehen – im Studio gearbeitet habe. Mir fehlt das Livespielen und ich möchte wieder zu meinen Wurzeln zurück. Mir hat die Studioarbeit viel Spaß gemacht und ich habe mich künstlerisch richtig ausgetobt. Jetzt möchte ich mich mehr der rockigen Seite meiner Musik widmen. Ich plane also, in naher Zukunft wieder auf der Bühne zu stehen – von “SV“ wird es dann vielleicht auch den einen oder anderen Track geben – mal sehen!
Was liegt bei Dir als nächstes an? Hast Du schon Pläne für eine weitere Platte? Oder willst Du “Shackleton’s Voyage“ erstmal sacken lassen?
Ich arbeite gerade mit meinem Drummer, Steve Hanson, an neuen Songs. Sicher werden wir die auch veröffentlichen, aber zunächst einmal wollen wir auf dieser Grundlage eine Band zusammenstellen, um EUREKA wieder auf die Bühne zu bringen. Vielleicht werden wir auch einen neuen Namen dafür brauchen – das steht noch nicht fest.
Vielen Dank für das Interview und alles Gute für die Zukunft!
Ich danke Dir Colin!
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