Epica
"Das Elternsein gibt einem schon eine Art Urkraft." - Interview mit Sängerin Simone Simons zum neuen Album "The Quantum Enigma"
Interview
Mit „The Quantum Enigma“ bringen die niederländischen Epic/Symphonic Metaller EPICA nächste Woche ihr siebtes Full-Length-Album in zwölf Jahren Bandbestehen heraus – und darauf haben sie von allem ein bisschen mehr eingetütet: mehr Epik, mehr Bombast, mehr Härte, mehr Pop. Eine erneute Steigerung also, die ein vertieftes Nachfragen nicht nur rechtfertigt, sondern zu einer obligatorischen Angelegenheit macht. EPICA-Sängerin Simone Simons stand uns Rede und Antwort …
Hallo Simone!
In einem Statement auf eurer Homepage habt ihr geschrieben, „The Quantum Enigma“ würde eine neue Ära für EPICA einleiten. Kannst du das ein bisschen ausführen? Was meint ihr damit?
Wir haben mit unserer letzten Veröffentlichung „Retrospect“ ja ein bisschen auf die Vergangenheit zurückgeschaut, auf die zehn erfolgreichen Jahre, die wir bis dato hatten. Das war also ein kleiner Abschluss, jetzt schauen wir in die Zukunft. Wir glauben, dass „The Quantum Enigma“ unser bisher bestes Album ist und sind sehr, sehr zufrieden mit der Platte, weshalb das also irgendwo ein neuer Beginn ist.
Hattet ihr auf „The Quantum Enigma“ denn eine grundsätzlich andere Herangehensweise als auf euren älteren Alben?
Ja, schon. Wir wohnen alle ziemlich weit auseinander. Für die anderen Platten hatten wir die Songs immer zwischen den Touren geschrieben und das dann alle separat in unseren eigenen Homestudios fertiggemacht und einander per E-Mail zugeschickt. Vor zwei Jahren waren wir dann das erste Mal zusammen in einem Recording Studio und haben dort für ein Fernsehprogramm aufgenommen. Dort saßen wir alle als Band zusammen und haben uns gedacht: Eigentlich ist das, wie es sein sollte. Also haben wir uns gesagt, diesmal machen wir es anders, wir nehmen uns mehr Zeit und werden die Sachen als Band ausarbeiten. Die Jungs haben ihre Songs diesmal also als Demos ausgearbeitet, dann haben wir als Band alles ausgearbeitet.
Außerdem konnten wir uns diesmal auch viel mehr Zeit nehmen, weil ich durch meine Schwangerschaft nicht touren durfte. Was echt gut war, denn wir wahren jetzt elf Jahre fast nonstop on the Road. Jetzt hatten wir endlich mal eine kleine Pause, sodass wir dann alle unsere Energie auf die Platte konzentrieren konnten. Ich meine, ich war natürlich schwanger und hatte nebenbei ein Babyzimmer einzurichten, haha, aber man hört der Platte die Pause an. Die Songs klingen fertiger, es stimmt einfach alles.
Im Pressesheet von Nuclear Blast steht, ihr hättet im Vorfeld dutzende von Amps, Snares, Mikros etc. ausprobiert, bevor ihr euch für jeweils eine Marke entschieden habt.
Ja, ich selber habe meinen Gesang mit drei verschiedenen Mikrophonkombis aufgenommen, am Ende auch mit zwei Mikros gleichzeitig, damit wir einen besseren Song bekommen. Ich habe auch ein Mikro kaputtgemacht – weiß nicht, ob das an meinem Gesang oder an der Technik lag, haha. Das war nicht so toll, aber ich glaube, es war nicht mehr Fehler.
Habt ihr denn schon immer mit so viel Technik aufgenommen?
Ich kann nur für mich selber sprechen, ich war bei den anderen Aufnahmen bisher nie bei meinen Jungs, habe immer nur meinen Gesang im Studio fertiggemacht. Für mich war das aber das erste Mal. Ich habe vorher immer mit dem gleichen Mikro gesungen, weil wir wussten, okay, das passt zu meiner Stimme. Diesmal haben wir aber eben ein paar verschiedene ausprobiert, weil wir einfach das Beste finden wollten. Ich finde auch gut, dass wir das gemacht haben, weil es für Sänger sehr wichtig ist, ein gutes Mikro zu finden. Jedes Mikro ist gut für eine andere Art von Stimme, wenn Mark [Jansen, Gitarrist und Grunzer – Anm. d. Red.] seine Grunts aufnimmt, benutzt er zum Beispiel ein ganz anderes Mikro als ich.
Wenn ich das richtig recherchiert habe, ist „The Quantum Enigma“ ja auch das erste Album, das ihr nicht mit Sascha Paeth aufgenommen habt. Trotzdem heißt es im Infosheet, dass er eine Rolle bei der Pre-Production gespielt hat. Was war denn da seine Rolle?
Sascha ist zusammen mit Mark und Joost [van den Broek, Produzent von „The Quantum Enigma“ – Anm. d. Red] zu mir nach Hause gekommen, wo wir zusammen an den Gesangsmelodien und auch an den passenden Texten gearbeitet haben. So haben wir das auch früher in Saschas Studio immer gemacht, wenn er Produzent war. Dieses Mal ist er am Anfang des kreativen Prozesses, bei den Demoaufnahmen dabeigewesen, das war’s dann aber auch. Wir wollten einen Change of Scenery, ein neues Studio, einen neuen Produzenten und neue Mischer. Wir waren mit den letzten Platten zwar sehr zufrieden, aber wir wollten etwas Neues ausprobieren. Uns neu erfinden, sozusagen. Manchmal ist es einfach gut für die Kreativität, wenn man seine Umgebung verändert. Aber wir wollten auch Sascha dabei haben, weil er weiß, wie EPICA klingt und über die Jahre ein Teammitglied geworden ist.
Was waren denn die Unterschiede zwischen der Arbeit mit Sascha und der Arbeit mit Joost?
Vom Typ her sind die beiden sehr verschieden, aber beide sind tolle Leute, beide sehr kreativ und motivierend. Und beide haben einen tollen Sinn für Humor, ich komme mit beiden sehr gut klar. Sascha kenne ich natürlich schon ein bisschen länger, seit elf, zwölf Jahren, Joost hingegen nur oberflächlich, wir hatten uns nur hier und da mal gesehen. Aber wir waren ein gutes Team.
Und ein weiterer neuer Name ist ja Jacob Hansen als Mischer. Wie kamt ihr auf ihn?
Als wir im Studio den ersten Song fertig aufgenommen hatten, haben wir ihn verschiedenen Mischern zugeschickt, die dann den Song nach ihrem eigenen Geschmack gemischt haben. Joost hat uns alle Ergebnisse weitergeleitet, wir haben uns alle angehört und Jacob war der Gewinner. Das war vom Sound her wirklich das, was wir heute gerne für EPICA haben wollen, er hat uns nochmal richtig Wumms gegeben und den Song auf das nächste Level gepusht.
Wie würdest du denn die Musik auf „The Quantum Enigma“ in die Diskographie einordnen? Welchen Platz nimmt das Album in eurer Entwicklung ein?
Auf jeden Fall ist es bisher unserer Gipfel. Auf jeder Platte gibt es eine Entwicklung, und die Entwicklung von „Design Your Universe“ zu „Requiem For The Indifferent“ war nicht so groß, dafür fühlt sich die von „Requiem“ zu „The Quantum Enigma“ jetzt an wie ein Riesenschritt. Es haben sich alle beteiligt, alle fünf Jungs haben Songs geschrieben, auch unser neues Mitglied Rob van der Loo [Bassist – Anm. d. Red.], der drei Songs beigesteuert hat. Vom Stil her ist es auf jeden Fall noch heavier geworden, trotzdem würde ich aber sagen, dass die Melodien und die Dynamik nicht verlorengegangen sind.
Ihr habt ja auch wieder mit Orchester und Chor aufgenommen. Sind das alles Leute gewesen, mit denen ihr schon einmal gearbeitet habt, oder neue Leute? Wie kam das so zustande?
Ja, nach der „Retrospect“ haben wir uns gedacht, es ist doch was Schönes, mit einem echten Orchester und mit echtem Chor zu spielen. Es war diesmal ein anderer Chor, etwa dreimal so groß, was man der Platte denke ich auch anhört. Das Orchester war allerdings kleiner als bei „Retrospect“, wir hatten Violas und Violinen. Das wollten wir auf jeden Fall haben, denn das Symphonische ist ja nun mal ein großer Anteil von EPICA, der diesmal auch nicht fehlen sollte.
Ihr seid ja nun nicht die ersten, die mit echten Orchestern und Chören gearbeitet haben, aber ich stelle es mir immer wahnsinnig schwierig vor, das alles zu koordiniert und arrangiert zu kriegen. Wie passiert das denn bei euch?
Unser Keyboarder Coen ist zuständig für die Chöre, jedes Bandmitglied schreibt in seinen Songs auch mit die Melodien für den Chor und Coen arrangiert die ganze Sache. Er schreibt auch die Notenblätter und hat die Aufnahmen für den Chor beaufsichtigt. Das Orchester hat Joost gemacht, hat alles für die Aufnahmen vorbereitet und organisiert. Die Melodien dafür sind allerdings schon längst fertig, bevor alles aufgenommen wird, die Musiker kriegen das ja auch schon im Voraus zugeschickt, um sich darauf vorbereiten zu können.
Du hast ja gerade selber deine Schwangerschaft letztes Jahr angesprochen – ich hoffe, die Frage ist okay. Sag einfach bescheid, wenn’s zu persönlich wird.
Klar.
Wie liefen denn die Aufnahmen mit dem Kind im Schlepptau ab? Inwiefern hat das die ganze Sache beeinflusst?
Das war schon eine sehr große Veränderung, alleine körperlich, aber auch für mein eigenes Ich. Das ist schon das Größte, wenn man Mama wird. Man lernt eine neue Seite von sich selber kennen, und das ist eine schöne Seite. Aber auch mein Gesang hat sich verändert, er ist kräftiger geworden, und auch meine Stimme ist etwas wärmer.
Mein Sohn war bei den Aufnahmen auch dabei, das war zwei Monate nachdem ich entbunden hatte und ich war körperlich eigentlich ziemlich im Arsch, haha. Ich hatte ja kaum geschlafen, mein Körper war auch nicht wieder derselbe, das dauert ja immer ein bisschen. Allerdings kann ich dadurch auch sagen, dass „The Quantum Enigma“ meine beste Leistung bisher ist. Ich habe alles gegeben, da ich ja eine ganz neue Motivation hatte. Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe, denn ich war wirklich … naja, „The Walking Dead“. Aber das Elternsein gibt einem schon eine Art Urkraft, obwohl es anstrengend ist, ist es etwas Schönes und eine riesige Bereicherung im Leben.
Glückwunsch dazu auf jeden Fall noch.
Danke schön!
Das war’s auch schon … die berühmten letzten Worte …
Erstmal natürlich allen Fans danke für ihre Loyalität. Wir hoffen, dass unseren deutschen Fans die neue Platte gefällt und werden so schnell es geht auch wieder in Deutschland spielen.