Epica
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Interview
Mit EPICA ist zu rechnen. Mit dieser Annahme leben die Gothic/Symphonic Metal-Fans schon seit Längerem im Hinterkopf, doch mit „Design Your Universe“ scheint der konzeptuelle Bombast-Traum in Erfüllung gegangen zu sein. Mark Jansen, seines Zeichens Gitarrist, Screamer und Hauptsongwriter der Band, weiß, worauf es im Leben ankommt und warum Geld nicht das Wichtigste sein kann…
In Kürze wird EPICAs neues Album mit dem Titel „Design Your Universe“ erscheinen. Mark, wie fühlst du dich so knapp vor der Veröffentlichung?
Ich bin total erleichtert. Das Album war viel Arbeit und eine große Herausforderung, denn unser Gitarrist hat uns, drei Monate bevor die Aufnahmen starteten, verlassen. Wir mussten daher gleichzeitig die Songs fertig schreiben und einen neuen Gitarristen suchen. Gott sei Dank haben wir den Richtigen schnell gefunden und auch er hat sich schnell für EPICA entschieden. Wir haben uns wortwörtlich die „Ärsche“ aufgerissen und Isaac (Anm. Red.: Delahaye, Gitarrist) hatte auch noch die Möglichkeit, an den letzten Details der Songs mitzuarbeiten. Ich muss ehrlich zugeben, dass das Album ohne seinen Einfluss nicht so energisch und frisch klingen würde!
Das Album trägt den Namen „Design Your Universe“. Ein interessanter Titel – warum habt ihr gerade diesen gewählt?
„Design Your Universe“ bedeutet, dass jeder Mensch auf dieser Erde die Möglichkeit hat, sein Leben selbst zu kreieren und zu bestimmen. Viele Leute werden vom eingefahrenen Reiz und Reaktions-Muster geleitet. Sie denken nicht über sich selbst nach und werden Sklaven der Gesellschaft. Ich finde, dass es sehr wichtig ist, selbst Verantwortung zu übernehmen und sein Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Es ist zu einfach, wenn man sich nur beschwert, die anderen schlecht darstellt und sich selbst in die Opferrolle begibt. Wenn dein Leben miserabel ist, bist vor allem du selbst daran schuld und das sollte jedem klar sein!
Das Album hat einen konzeptuellen Hintergrund, man könnte es beinahe als Märchen bezeichnen. Kannst du mir die Story, die hinter den Songs steckt, genauer erklären?
Die Story klingt vielleicht etwas Science Fiction-mäßig, doch für mich ist es die pure Realität. Wir leben in einer künstlichen Welt. Wir sind abhängig von Maschinen und Computern und verlieren immer mehr den Kontakt zur Natur. Ich würde es gut finden, wenn wir einen Schritt zurück machen würden, anstatt weitere drei Schritte nach vorne zu gehen. In dem Moment, in dem wir in einer Sackgasse stehen, gibt es keinen Fortschritt mehr, sondern nur mehr Selbstzerstörung. Das Finanzsystem, für das wir selbst verantwortlich sind, hat nur gierige Bastarde erschaffen und das System funktioniert auch nur, wenn jeder Mensch so viel Geld wie möglich verdienen will. Daraus resultiert quasi eine Erfolgsabhängigkeit, man fühlt sich erst gut, wenn man viel Geld macht. Wenn man aber mehr Geld verdient als man braucht, wird es jemand anderem abgehen und genau darin liegt die große Problematik!
Wir müssen alle zusammen in dieser Welt leben und man ist nicht besser als jemand anderer, nur weil man mehr Geld hat. Ein anderes Problem ist die Tatsache, dass man nur viel Geld umsetzt, wenn man dafür andere Menschen betrügt oder über den Tisch zieht. Die Leute, die am meisten Geld haben, haben auch die besten Wege gefunden, andere Personen auszunehmen. Schau dich doch um – du verwendest zum Beispiel nicht die allerbesten Medikamente, die du kriegen kannst, nein, du kaufst sie von dem Unternehmen, das am meisten Einfluss auf die Gesellschaft hat. In der heutigen Zeit geht es nicht um das Beste für uns, sondern um die Tatsache, dass die Wirtschaft am Leben bleibt und alle „normalen“ Menschen ihre Arbeit behalten können. Deswegen werden die Regierungen auch nervös, wenn viele Menschen ihren Job verlieren, denn das Finanzsystem funktioniert nur, wenn die Leute arbeiten. Das ist quasi die einzige Möglichkeit um die Kraft zu erhalten.
Wenn ich dir jetzt die ganze Geschichte hinter dem Album erklären sollte, würde ich wohl drei Seiten benötigen. Am Beispiel von „Kingdom of Heaven“ geht es aber um einen Wissenschaftler, der neue Wege sucht. Am Anfang steht eine Theorie und sobald diese überprüfbar ist, wird sie entweder mit einer alten Theorie vermischt oder die alte wird einfach vergessen. Bevor dieser Fall aber eintritt, verteidigen viele Wissenschaftler noch die alten Theorien. Oft wirkt es so, als ob sie das Alte nicht aufgeben wollen, da sie ihr ganzes Leben mit dieser Annahme gearbeitet haben. Es ist für sie einfach nicht möglich, dass das Ganze nicht stimmt! Die Leute, die an der alten Theorie zweifeln, sind laut den älteren Wissenschaftlern nicht ernst zu nehmen und gehören verdrängt. Die weniger offenen Leute machen also aus den offeneren Menschen Idioten und verhindern somit den Fortschritt. Konkrete Beispiele wären zum Beispiel neue Erkenntnisse in der Quantenphysik oder Erfahrungen mit dem Nahtod. Das gesamte Album soll vermitteln, dass man es sich lieber zwei Mal überlegen sollte, bevor man manche Dinge als Nonsens und unwichtig bezeichnet!
Wow, euer Konzept scheint unbestreitbar zu sein! Das heißt also, dass die Fans einiges von euren Texten erwarten können, oder?
Ja, klar! In den Texten geht es um die Basis des Universums. Die Grundlage allen Daseins, der Natur, der Tiere, der Menschen und der Erde. Und all das ist irgendwie miteinander verbunden. Diese Thematik haben wir versucht, in musikalische Sprache zu bringen…
Kurzer inhaltlicher Ausflug – warum trägt die Frau auf dem Cover einen Pyjama?
Na ja, vielleicht fühlt sie sich beim Meditieren in bequemen Klamotten einfach wohler?!
Ja, vielleicht… Hinter dieser grandiosen Grundidee muss ein Mastermind stehen. Wer war für dieses impulsive Songwriting zuständig?
Ich bin im Prinzip der Hauptkomponist der Band. Natürlich werden alle guten Ideen von sämtlichen Bandmitgliedern bearbeitet. Dieses Mal hat zum Beispiel Coen Janssen (Anm. Red.: Keyboarder) viel zu den Songs beigetragen und auch Isaac hat hart am letzten Schliff gearbeitet. Die Texte wurden aber alle von Simone (Anm. Red.: Simons, Sängerin) und mir geschrieben.
„The Phantom Agony“ war das EPICA-Debüt im Jahre 2003. Inwiefern hat sich EPICAs Musik in den letzten Jahren verändert bzw. verbessert?
Ich bin immer wieder glücklich, wenn wir eine Single oder ein Album veröffentlichen, denn wir stecken jedes Mal hundert Prozent unserer Energie hinein. Das ist wichtig, denn so werden wir im Nachhinein nie denken, dass wir zu wenig gemacht haben. Es ist sehr schwierig seine eigene Entwicklung zu beurteilen, aber ich denke, dass wir in all den Jahren als Band besser zusammengefunden haben. Auch unsere Bühnenerfahrung hilft uns sehr. Die Alben entwickeln einen immer härteren Sound und auch in punkto Fans haben wir deutlich zugelegt. 2003 war es noch eine Hand voll, 2009 gibt es schon eine richtige EPICA-Armee [lacht]…
Euer letztes Album war eine Live-Platte mit dem Titel „The Classical Conspiracy“. Hierbei handelte es sich um ein sehr ambitioniertes Projekt mit professionellem Orchester usw. Wie waren die Reaktionen auf dieses Sound-Projekt? Was denkst du selbst, mit etwas Abstand, über diese Veröffentlichung?
„The Classical Conspiracy“ enthält viele Songs, die wir zuvor nie veröffentlicht haben. Es ist also nicht nur als reines Live-Album zu betrachten. Auf alle Fälle war es harte Arbeit und hat viel Stress verursacht, da wir schon monatelang auf dieses Projekt hingearbeitet haben. Als wir dann aber auf der Bühne standen und das Material performt haben, hat es sich einfach himmlisch angefühlt [lacht]. Ich bin sehr glücklich über den Mitschnitt dieser Show. Normalerweise höre ich mir unsere Alben zuhause nicht an, aber „The Classical Conspiracy“ höre ich mir von Zeit zu Zeit sehr gerne an. Auch die Reaktionen von der Presse und von den Fans waren überwältigend, das haben wir in dieser Form überhaupt nicht erwartet! Wir wurden von den großartigen Reviews wirklich überrascht! Auf der anderen Seite führt dieser Erfolg zu höheren Erwartungen bezüglich „Design Your Universe“ und das verursacht natürlich einiges an Druck [lacht]!
Der neue Mann an den Saiten, Isaac, hat zuerst in der Death Metal-Band GOD DETHRONED gespielt. Auch euer Drummer Arien hat früher für diese Band getrommelt. Warum nehmt ihr „immer“ Musiker von GOD DETHRONED ;-)?
Erstens ist GOD DETHRONED eine der besten holländischen Metal-Bands mit sehr guten Musikern und zweitens war das purer Zufall, dass die beiden schon dort gespielt haben [lacht]. Wir kennen Isaac schon seit 2003, da hat er noch nicht für GOD DETHRONED gespielt. Er hat eine Show in Frankreich mit uns gemacht und seitdem sind wir in Kontakt geblieben. Im Prinzip ist er schon seit sechs Jahren ein EPICA-Mitglied [lacht].
Haben diese Wechsel im Line-up auch Auswirkungen auf den Grundsound von EPICA? Wird eure Musik dadurch härter?
Ja, definitiv! Der Sound hat sich schon auf „Divine Conspiracy“ geändert, als Arien zur Band gestoßen ist. Mit Isaac hat sich das Ganze erneut etwas verändert. Es gibt auf der neuen Platte zum Beispiel mehr Gitarrensoli als früher. Natürlich wird die Identität von EPICA dadurch nicht verleugnet. Ich beharre immer darauf, dass EPICA immer so klingen werden, dass man genau weiß, dass es sich hierbei auch um EPICA handelt. Trotz allem werden aber auf jedem Album neue, frische Elemente eingebaut werden.
Gibt es auch Musik-Videos zu den neuen Songs?
Zu „Unleashed“ haben wir gerade ein Video in Berlin gedreht. Es war total verrückt [lacht]! Da wir nicht viele freie Tage haben, mussten ein paar Bandmitglieder die ganze Nacht im Auto verbringen, um nach Berlin zu kommen. Ohne Schlaf ging es dann um fünf Uhr am Morgen los und der Dreh hat bis etwa 22:30 Uhr gedauert. Das Resultat war trotz der Müdigkeit aber großartig und niemand hat sich beschwert [lacht].
Was denkst du persönlich über das Genre „Female Fronted Gothic Metal“? Es scheint so, als ob es dabei nur um die Frau am Mikrophon geht. Ist diese Reduktion auf ein einziges Bandmitglied nicht unfair gegenüber den anderen?
Ganz ehrlich – ja, ist es! Wenn du aber als Bandmitglied ein Problem damit hast, wirst du eine harte Zeit haben. Wenn man das Ganze einfach akzeptiert, gibt es für niemanden Schwierigkeiten. Es ist ja nicht so, dass wir überhaupt kein Lob oder Feedback für unsere Arbeit bekommen. Die Fans mögen alle Mitglieder der Band, da gibt es keine Ausnahmen. Im Prinzip konzentrieren sich vor allem die Medien auf die Frontsängerinnen! Alles in allem ist das aber überhaupt kein Problem.
Ihr seid mit EPICA nun schon seit mehreren Jahren unterwegs. Welche Bedeutung hat da ein Auftritt auf einem Festival wie Wacken für euch?
Der Auftritt in Wacken war ein absolutes Highlight in unserer Karriere. Jahrelang haben wir versucht, in Wacken zu spielen – ohne Erfolg. Und dann werden wir gefragt und wir bekommen doch glatt den Platz direkt vor einem Headliner! Als Musiker hat man auch nach mehreren Jahren noch Träume und einer davon ist ein Auftritt in Wacken. Ich habe absolut jede Sekunde genossen, das kann ich dir sagen!
Von Album zu Album scheint sich Simones Stimme immer besser zu entwickeln. Wie arbeitet sie an ihrer Stimme?
Simone nimmt immer wieder ein paar Gesangsstunden, um ihre Stimme zu trainieren und als Sängerin besser zu werden. Es ist sehr wichtig, an sich selbst zu arbeiten. Außerdem macht sie viel Sport, um gesund zu bleiben und wenn wir auf Tour sind, geht sie sehr früh ins Bett. Das ist die einzige Möglichkeit, um den Fans am nächsten Tag eine gute Show zu liefern. Das betrifft aber nur Simone. Die Jungs machen gerne und viel Party, das ist dann die Kehrseite der Medaille [lacht]!
Wie sieht die Situation für Metal in den Niederlanden aus? Es scheint einen großen Ansturm im Gothic-Bereich zu geben…
Metal ist in den Niederlanden ein großes Ding und es gibt auch eine breite Underground-Szene. Es scheint eine Art Protest gegen die furchtbare Musik zu sein, die im Radio oder im Fernsehen läuft. Natürlich ignorieren Mainstream-Fernsehkanäle wie MTV den Metal, aber das macht uns nur noch stärker!
Du hast zuvor etwas von einem Side-Projekt erwähnt. Woran arbeitest du außerhalb von EPICA?
Ich arbeite gerade an einem Projekt mit Sander Gommans (HDK, Ex-AFTER FOREVER) und Jack Driessen (Ex-AFTER FOREVER). Es ist ein eher härteres Projekt und macht zurzeit sehr viel Spaß.
Wie seid ihr eigentlich auf den Bandnamen EPICA gekommen?
Wir waren gerade mit den Studioaufnahmen für unser erstes Album beschäftigt und mit unserem bisherigen Namen SAHARA DUST nicht zufrieden. KAMELOT haben genau zu diesem Zeitpunkt das Album „Epica“ veröffentlicht und wir haben es genau zum richtigen Zeitpunkt zu Gesicht bekommen. In diesem Moment wusste ich, dass wir den richtigen Namen für unsere Band gefunden haben. Die Bedeutung von EPICA – „der Platz im Universum, wo man die Antworten auf alle Lebensfragen erhält“ – passt einfach perfekt zu unserer Musik und zu unseren Texten.
Wie schauen eure Pläne für die nächste Zukunft aus?
Wir werden bald auf Tour gehen. Los geht es in Europa, dann kommt der erste Teil der Südamerika-Tour, später zurück in die Niederlande, ab in die USA und abschließend wieder nach Südamerika, um den zweiten Teil der Konzerttour zu spielen. Ich liebe das Tour-Leben und freue mich schon total auf den Augenblick, wenn wir endlich wieder unterwegs sind. Das ist der eigentliche Grund, warum ich Musiker geworden bin [lacht]!
Abschließend möchte ich dich fragen, welche Musik du in deiner Freizeit gerne hörst?
Zurzeit höre ich gerne Bands wie OPETH oder DREAM THEATER, ich kann mich aber auch für klassische Musik oder Filmsoundtracks begeistern.
Wird es auf der kommenden Tour auch eine Show geben, bei der ihr ausschließlich die Songs von „Design Your Universe“ performen werdet oder vermischt ihr das Ganze mit älterem Material?
Nein, wir werden neben den neuen Songs auch immer altes Material spielen. Wenn man nur neues Zeug spielt, werden viele Leute enttäuscht sein.
Wie würdest du „Design Your Universe“ in einem Satz beschreiben?
Ein Satz genügt da nicht. Ich würde die Musik einfach extrem laut spielen, damit jeder die Musik regelrecht fühlen kann. Die Texte erledigen dann den Rest!
So, dann kommen wir zu einem Ende. Möchtest du noch schnell etwas loswerden?
Ja, ich hoffe, dass wir euch alle bei einer Show in Europa sehen werden. Wenn ihr keine Zeit habt, werdet ihr euch hoffentlich einen unserer Festivalauftritte im nächsten Jahr ansehen. Auf alle Fälle möchte ich allen Fans vielen Dank für die tolle Unterstützung sagen und es ist unheimlich wichtig, dass der Metal durch großartige Fans, wie ihr es seid, am Leben bleibt!
Vielen Dank für deine Zeit und schöne Grüße an den Rest der Band!
Die werde ich ausrichten und danke noch einmal für dein Interesse an unserer Band. Alles Gute!
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