Entombed A.D.
Kein Grund zum Heulen! - Interview mit L-G Petrov zum neuen Album "Dead Dawn"

Interview

Kaum sind die Schweden ENTOMBED A.D (wie sie mittlerweile heißen) zurück an der Front, stehen sie auch schon mit „Dead Dawn“ auf der Matte, einem neuen Album also, das nach rekordverdächtigen zwei Jahren erscheint – nimmt man die Veröffentlichungsfrequenz der letzten Alben zum Maßstab. Also haben wir die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und L-G Petrov, seines Zeichens Sänger und sympathisches Sprachrohr der Band, zum Interviewtermin im Dortmunder Hauptquartier der Plattenfirma verhaftet. Und der erzählt erst einmal, wie aufgeregt er angesichts der neuen Scheibe noch ist.

Entombed A.D.

 

Um ehrlich zu sein, habe ich das fertige Album zum ersten Mal vor drei Tagen gehört. Man spielt das Album ja ein, dann schickt man die Songs zum Mix und zum Mastering. Und dann wartet man auf das fertige Resultat. Und das war erst vor drei Tagen hier. Ich habe die Platte also mit zittrigen Händen eingelegt, und… ahhh! Cool! Es hört sich wirklich gut an! Es ist dasselbe Gefühl, als wenn man im Laden eine Platte kauft und sie zum ersten Mal hört. Aber ich mag sie!

Die Veröffentlichung des letzten Albums „Back To The Front“ hatte sich um mehrere Monate verzögert, weil es die Querelen um den Bandnamen ENTOMBED gab. Ist es sicher, dass „Dead Dawn“ diesmal zum angekündigten Termin erscheint?

Yes, absolut! Diesmal läuft das ganz professionell ab, wir haben das hinter uns gelassen. (lacht) Nach „Back To The Front“ haben wir fast sofort mit dem neuen Album angefangen. Wir hatten direkt einen Plan, haben sofort mit neuen Riffs und Ideen angefangen und sind umgehend auf Tour gegangen. Das hat jetzt insgesamt 18 Monate gedauert.

Einige haben sich sogar gewundert und gesagt ‚die neue Scheibe kommt aber schnell‘ – was natürlich stimmt, aber für das letzte Album hatten wir sechs Jahre gebraucht. Da hatten wir keinen Plan, niemand wusste, was gerade passiert. Und wenn kein Druck vorhanden ist, schreibt man auch keine neuen Songs.

Mit Alex (Hellid, ehem. Gitarrist bei ENTOMBED) war die Zusammenarbeit also nicht gerade produktiv?

Nein, da passierte gar nichts. Aber jetzt ist es klasse. Wenn man einen Plan hat, ist der Startschuss schon gefallen. Und dann ist auch die Aussicht da, dass es weniger als zwei Jahre dauert, und das hat geklappt. Das fühlt sich gut an, und die Leute merken, dass wir seriöser arbeiten. Die Zeit der Verwirrung ist vorbei!

Wie waren die Aufnahmen zum neuen Album „Dead Dawn“?

Ich für meinen Teil war bei den Aufnahmen ziemlich entspannt. Ich musste mich also nicht besonders anstrengen, um besonders tief zu singen. Aber man kennt seine Limits. Alles, was man auf der Platte hört, funktioniert auch live. Ich habe also keine außergewöhnlichen Sachen ausprobiert. Wenn es live nicht funktioniert, ist es… amateurhaft. (lacht)

Wer hat die Songs geschrieben?

Alle wissen ja, dass ich kein großer Fan davon bin, Texte selbst zu schreiben, also Nico (Elgstrand, Gitarre), Viktor (Brandt, Bass) und Olle (Dahlstedt, Drums) haben das meiste geschrieben. Ich habe zu Hause keine Gitarre, ansonsten würde ich natürlich auch die ganze Zeit darauf rumklampfen und mir Sachen ausdenken. Aber ich habe auch hier und da mal ein Riff beigesteuert.

Wie ist es für Dich, die Lyrics von jemand anders zu singen?

Kein Problem damit! Ich möchte am liebsten immer nur „Death – die – hell – fire!“ singen (lacht). Bei anderen Platten interessieren mich die Texte nicht so sehr, ich lese keine Lyrics, ich lese auch keine Bücher. Ich höre mir alles eher im Gesamten an. Ich frage auch nicht nach: „was meinst Du jetzt damit?“ – Wenn es sich gut anhört, bin ich damit einverstanden.

Für mich ist es nicht so wichtig, wer die Texte oder Stücke schreibt, sondern eher, dass wir gut zusammenarbeiten. Die Kommunikation unter uns ist wirklich gut. Wir sprechen jeden Tag miteinander, egal ob es sich um neue Riffs, T-Shirt-Designs oder Vorbereitungen für Tourneen handelt.

Wovon handelt der Song „Winner Has Lost“?

(macht ein langes Geräusch, das Nachdenken ausdrückt) Man kann es in beide Richtungen interpretieren. Manchmal kann es auch gut sein zu verlieren. Wir wurden im Sommer in den USA vom Veranstalter von der „Metal Alliance Tour“ mit DEICIDE, HATE ETERNAL und anderen geschmissen. Aber jetzt haben wir unsere neue Platte draußen und kehren zusammen mit AMON AMARTH stärker als zuvor zurück. Als Verlierer stehen wir am Ende doch als Gewinner da.

Du hast es gesagt, jetzt stehen erstmal ein paar Tourneen an.

Ja, im Vorprogramm von ABBATH und BEHEMOTH. Wir teilen uns den Bus mit ABBATH und INQUISITION. Oooooch… (lacht) Das wird verdammt cool! Wenn wir von der Tour zurück sind, spielen wir mal hier, mal da, und dann geht es mit AMON AMARTH in die USA. Sie sind gute Freunde von uns, sie kommen ja auch aus Stockholm. Wir touren dort sechs Wochen , das wird ziemlich groß.

ENTOMBED war vielleicht mal die größte Death-Metal-Band überhaupt. Jetzt spielt Ihr im Vorprogramm anderer Bands. Fühlt sich das wie ein Neuanfang an?

Ja, vielleicht. Aber man muss immer am Ball bleiben und für den Erfolg arbeiten, ansonsten entsteht ein Vakuum. Klar könnte alles größer sein, wenn wir andere Entscheidungen getroffen hätten. Aber ich neide niemandem den Erfolg, das ist einfach nicht meine Art. Jetzt geht es ja in die richtige Richtung. Wir ziehen alle am gleichen Strang, wir gehen in den USA auf Tour, wir spielen im Sommer haufenweise Festivals. Wir haben einen Plan, dem wir folgen. Das läuft, also gibt es auch keinen Grund zum Heulen. (lacht)

Ihr habt mit Guilherme Miranda einen zweiten Gitarristen im Line-Up, der vor allem live aushilft.

Er kommt aus Brasilien, ist jetzt aber nach Italien gezogen, wodurch die Zusammenarbeit einfacher wird. Wir haben ihn in Brasilien kennengelernt. Seine Band KROW war Vorband und er hat die Tournee organisiert, aber er wollte unbedingt auch noch mit uns spielen. Wir haben ihm gesagt, dass das vielleicht ein wenig zuviel wird… (lacht) Aber dann haben wir ihn eben auf der darauf folgenden Tournee mitgenommen. Er war so glücklich! Und den Songs kommt das ja auch zugute – wir hatten lange ja nur einen Gitarristen in der Band, aber das war ein bisschen schwach. Wir haben viele alte und neue Songs mit Soli und solchen Geschichten, die einfach zwei Gitarren erfordern.

Wird sich Guilherme auch beim Songwriting einbringen?

Wir werden es sehen, aber er kam schon mit ein paar Riffs an. Und jetzt, wo er in Europa wohnt, wird es sicherlich auch einfacher mit solchen Dingen. Er ist ein unglaublich positiver Mensch – alle in der Band sind am Dauergrinsen! (lacht)

Vor kurzem ist Lemmy gestorben – war er eine Inspiration für Dich?

Na klar, er war ein Idol für uns alle. Im Nachhinein betrachtet weiß man natürlich, dass solch ein Lebensstil nicht ewig weitergehen kann. Wir haben ihn auf seiner letzten Tour in Stockholm gesehen und sind natürlich dankbar dafür, ihn noch einmal gesehen zu haben. Klar, erst ist man ein wenig traurig, aber was bleibt, ist die Musik und die schönen Erinnerungen. Wir waren ja auch mal mit ihnen auf Tour. Nach dem Gig sind Lemmy, Würzel und ich in eine Bar gegangen und haben Billard und Flipper gespielt. Er hat die Ansage gemacht, und dann sind wir zusammen ausgegangen. Das war cool.

Wir waren natürlich hier und da von ihm musikalisch inspiriert, wie alle eigentlich. Was ich an ihm gemocht habe, ist seine Persönlichkeit. Er hat aus nichts ein Problem gemacht. Er wollte einfach nur Musik spielen. Rauchen, Whiskey trinken, Pool spielen, silberne Maschinen fahren. Eigentlich wie ich auch – ich kann ein Bier trinken…

Quasi auf der Arbeit.

Exakt! (lacht)

Danke für das Interview!

Galerie mit 5 Bildern: Entombed A.D. - Ruhrpott Metal Meeting 2019
26.02.2016

- Dreaming in Red -

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