Enthroned
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Interview
Mit "Tetra Karcist" steht das nunmehr siebente Studioalbum des belgischen Black-Metal-Urgesteins ENTHRONED in den Startlöchern. Was die Band sich bei diesem Titel gedacht hat, wie sie sich nach dem Rauswurf von Lord Sabathan macht und was wir in Zukunft ganz sicher nicht von ihr erwarten dürfen, hat uns Nornagest beantwortet.
Hallo und Grüße aus Deutschland.
Sind die Aufnahmen für Euer kommendes Album gut gelaufen? Wie war die Arbeit mit Harris Johns, habt Ihr den Klang erreicht, den Ihr Euch gewünscht habt?
Es hätte gar nicht besser laufen können. Wir kennen Harris schon eine ganze Weile und wissen sozusagen, was wir vom anderen zu erwarten haben, obwohl er im positiven Sinne über unserer neuen Kompositionen ziemlich erstaunt war.
Wie gewöhnlich hat er es geschafft, genau den Klang hinzubekommen, der am besten zu unserer Musik passt, und dieses Mal sogar noch besser.
Ich habe mich gefragt, was der Titel „Tetra Karcist“ bedeuten könnte. Bezieht er sich auf das Konzept des Albums, das sicher mit Skorpionen zu tun hat [siehe die Deckblattgestaltung – Anm. d. Red.]?
ENTHRONED kehrt in einer anderen Gestalt wieder, verwandelt sich in ein neues Wesen. Diese Veränderung trat auf, um das eigentliche Ziel und die Absicht dieser Band als satanisches Wesen wieder zu begründen. Daher entschieden wir, uns darauf zu konzentrieren, was für uns das Wichtigste war: Unser Glaube. Also… warum „Tetra Karcist“? Gehen wir Jahrhunderte zurück und betrachten ein bestimmtes Buch. Da bestrafte eine mächtige Entität, Jehovah, die Menschheit für ihren Ungehorsam in Babel, indem sie ihre Sprache durcheinander brachte und sie erschuf zusätzliche Sprachen. Nach der Sintflut hatte Jehovah die Menschen beauftragt, fruchtbar zu sein und sich zu vermehren. In Babel aber rebellierte die Menschheit gegen den Willen Gottes und sagte: „Wohlauf, laßt uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, damit wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder.“ [Luther-Übersetzung, revidierte Fassung 1984 – Anm. d. Red.]
Daher entschloss sich Gott, ihre „Sprache zu verwirren“, um sie „in alle Länder … zu zerstreuen.“
Diejenigen mit der Gabe der Sprache mussten „reihum“ sprechen, und wenn kein Übersetzer anwesend war, mussten sie in der Kirche still sein. Diejenigen mit der Gabe der Prophezeiung mussten „der Reihe nach prophezeien, damit alle lernen und ermutigt werden können“, und sie wurden „Karcisten“ oder Boten genannt.
In Griechenland zum Beispiel waren die vier, lateinisch „tetra“ [ein kleiner Fehler, „tetra“ entstammt dem Altgriechischen – Anm. d. Red.], Boten vier Magier, die die Macht der höchsten Götter aus den vier Himmelsrichtungen anriefen, um die Macht ihrer Anrufungen und die der Entität, die beschworen wurde, zu vergrößern.
Die Verbindung zu dem Skorpion betreffend: Üblicherweise wurde der Skorpion mit der männlichen Sexualität, Zerstörung, dem Okkulten, dem Mystischen, Erleuchtung, Heilung und Wiederbelebung assoziiert. In der Griechischen Mythologie war der Skorpion der Überbringer göttlicher Rache.
Der Name des Skorpions im Babylonischen ist Akrab, aber Ak-rab, derart geteilt, bedeutet „Der Große Unterdrücker“. Das ist die versteckte Bedeutung des Skorpions im Tierkreis. Dieses Zeichen versinnbildlicht ihn, der den babylonischen Gott stürzte und das System abschaffte, das jener eingerichtet hatte. Osiris „verschwand“ in Ägypten, während die Sonne im Skorpion stand, und sein Verschwinden wurde sehr bejammert.
Der Skorpion ist ebenso das Symbol der okkulten Einführung in die dunklen Künste, derjenige, der zum Wissen führt und die Dunkelheit als Ganzes umfasst. Der Skorpion mit den vier Stacheln auf „Tetra Karcist“ repräsentiert das neue Wesen, das ENTHRONED geworden ist, die Wiedergeburt, die stattgefunden hat. Und warum vier Stachel? Einfach als Verdeutlichung der vier Mitglieder, aus denen sich der Katalysator zusammensetzt, der ENTHRONED geworden ist.
Ich habe wirklich einige Zeit gebraucht, um in „Tetra Karcist“ reinzukommen. Es scheint mir, dass manche der Arrangements komplex und herausfordernd, andere Teile hingegen einfach voll wildem Geschredder sind. Gab es eine spezielle Absicht, die hinter diesem Kontrast steckt?
„Tetra Karcist“ ist eigentlich mehr als Kodex komponiert worden, nicht so sehr als normales Musikalbum. Das bedeutet, das jedes Detail das Konzept und die Botschaft hinter der Musik unterstützen soll und nicht andersherum.
Jedes einzelne Detail hat einen Grund, dort zu sein, wo es ist, obwohl alles ohne jegliche Berechnung dorthingestellt wurde, also Chaos durch Ordnung.
Von der ersten Anmerkung bis zur letzten Zeichnung ist alles miteinander verbunden, und das selbe gilt für die Musik. Das Schreiben der Lieder ging recht schnell vor sich; jedes Mitglied war in den Kompositionsprozess eingebunden, und das Gute daran ist, dass jede Idee behalten und genutzt wurde. Seit die neue Besetzung steht, gibt es keine Kompromisse. Jeder mag alles, was jeder eingebracht hat. Wie ich gesagt habe, wurde alles bedacht, aber nur grob, also ohne viel darüber nachzudenken, was wohin kommt, weil alles von der ersten Sekunde an so offensichtlich war.
Das gesamte Album steht auf einer okkulten Basis und nur wenige Menschen werden seinen ganzen Gehalt verstehen, was uns eigentlich so besser passt. Wir werden auf diese Art eine Menge Anhänger verlieren, aber in gewisser Weise war es nie unser oberstes Ziel, Beliebtheit zu erlangen, und andererseits werden wir damit verständigere und ergebenere Leute erreichen.
Manche Kritiker sagen allerdings, dass Ihr Euch nicht weiterentwickelt, weil „Tetra Karcist“ in manchen Aspekten wir die Vorgänger klingt. Mögt Ihr einfach keine Veränderung oder würdest Du eher sagen, dass das von einem typischen ENTHRONED-Klang herrührt?
Es ist ein bestimmter ENTHRONED-Sound, obwohl ich mit dem Urteil nicht übereinstimme. Dieses Album ist ganz anders, dunkler und hat etwas bestimmtes anderes. Worüber sich die Kritiker beschweren, ist, dass wir nicht irgendwelche neuen experimentellen Sachen in unsere Musik einbauen, um sie origineller zu machen und uns zu „entwickeln“. Tut mir Leid, aber dann bin ich stolz darauf, ein Lehrbeispiel für Stagnation zu sein!
Ich bevorzuge das, anstatt mich selbst zu verraten, um beliebter zu werden. Das einzig Wichtige an dieser Sache ist, dass wir das tun, was wir fühlen und wollen. Sollten wir plötzlich anfangen, neue Elemente einzubauen, die wir selbst nicht mögen, nur um die Musik ein wenig origineller zu machen oder irgendwelche Pseudo-Verbesserung zu erreichen, würde ich mir die Kugel geben!
Aber trotzdem haben Eure letzten Veröffentlichungen ein bestimmtes experimentelles Flair. Obwohl ich denke, dass „Tetra Karcist“ nicht ganz so experimentell ist wie zum Beispiel „XES Haereticum“: Besteht die Möglichkeit, dass Ihr diesen Ansatz ausbaut?
Ich weiß es nicht, wir werden sehen. Wie ich sagte, wir tun, was wir fühlen und können daher solche Sachen nicht im Voraus sagen. Aber ganz sicher werden wir sowas nicht machen, nur weil manche Leute oder Anhänger das gerne hätten.
Verständlich. Aber nun zu etwas anderem: Sabathan war ja das letzte verbleibende Gründungsmitglied von ENTHRONED. In welchem Ausmaß war er überhaupt an Euren letzten Alben beteiligt? Denkst Du, es wird sich langfristig auf Eure Musik oder ihren Geist auswirken, dass er weg ist?
Nein, überhaupt nicht, da er fast nie irgendwas für ENTHRONED geschrieben hat.
Wenn er erwähnt wurde, dann nur deswegen, weil er ein halbes Riff oder die Grundlage von einem gefunden hatte, das wir dann immer noch abändern und anpassen mussten. Er wurde einerseits erwähnt, weil es normal ist und zweitens, weil er darum gebeten hat. Das letzte Mal, dass Sabathan ein Lied mit mehr als zwei Riffs geschrieben hat, war für „Towards the Skullthrone of Satan“.
Was war denn Euer Grund, Euch von ihm zu trennen?
Sabathan wurde rausgeschmissen, einerseits wegen Gründen, die auch auch auf unserer Webseite erwähnt habe, andererseits, weil er mehr über das Geld, die Leute, Frauen und die Sachen, die wir auf unserem nächsten Konzert bekommen könnten, sprach als über das Gefühl, die Musik, Hingabe und Ergebenheit. Der Beweis ist, dass wir in den letzten zwei Jahren, die er in der Band war, fast gar nicht probten. Jedes unserer Konzerte war totaler Scheißdreck und wir waren wegen seiner Dummheit auf der Bühne lächerliche, wie Pandabären bemalte Trottel, wenn er AUF der Bühne Theater machte, weil sein Bass nicht funktionierte, bis ich oder ein Techniker ihm sagte, er solle sein Kabel einstecken! Und solche Sachen passierten nicht nur einmal! Das sind nur ein paar der Gründe, warum wir eine Entscheidung treffen mussten. Anfangs sagte ich, die Gründe würden unter uns bleiben, aber er hatte kümmerte sich nicht darum, verbreitete Tratsch und erfand Gerüchte hinter unserem Rücken. Ich will nicht kindisch sein, also werde ich die wichtigsten Gründe, warum wir diese Entscheidung fällen mussten, für mich behalten, weil ich mich nicht auf sein Niveau herablassen will. Ich überlasse so ein Verhalten Jugendlichen und lächerlichen Emo-Kindern.
Ihr habt ja für die Aufnahmen von „Tetra Karcist“ bereits einen Ersatz angeheuert, nämlich Phorgath. Habt Ihr ihn leicht gefunden? Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit ihm?
Phorgath ist ein langjähriger Freund, wir kennen uns seit mehr als zehn Jahren. Er war in der Vergangenheit gewöhnlich unser Tontechniker und da wir die selben Ansichten, Freundschaft und Mentalität teilen, war er eine mehr als offensichtliche Wahl. Die Zusammenarbeit könnte gar nicht besser sein. Er war stark am Entstehen von „Tetra Karcist“ beteiligt und auf Konzerten gibt er der Band eine vollkommen andere Atmosphäre. Er ist eindeutig der perfekte Mann für diese Aufgabe.
Ich habe ja bereits die experimentelle Seite eurer Musik erwähnt. Es gibt andere Black-Metal-Gruppen, zum Beispiel ABIGOR, die versuchen, den Black Metal weiterzuentwickeln, aber dennoch seinen Wurzeln treu zu bleiben. Ist es unbedingt notwendig, den Horizont des Black Metal auszuweiten, um ihn überhaupt interessant zu erhalten?
Ich denke, wenn man in einer Szene hängenbleibt, meinetwegen Black, Death, Heavy oder sogar Jazz oder Blues, beschränkt man sich selbst und das Potential der Gefühle, die man durch seine Musik ausdrücken will. Deshalb ist eine unbegrenzte Inspirationsquelle das Beste, was einem Musiker passieren kann, besonders, wenn er mit einer solch mächtigen Botschaft wie dem Black Metal umgeht.
Manche bleiben in vollkommen gleichen Einflüssen oder Vorgehensweisen stecken und um ehrlich zu sein, denke ich, dass 90% der Black-Metal-Szene von genau der selben Black-Metal-Szene beeinflusst ist. Das kann nur zu ihrer eigenen Zerstörung führen.
ENTHRONED war immer von anderen Dingen oder Stilen beeinflusst, das haben wir nie geleugnet: Unsere Einflüsse können von Klassischer Musik wie Strawinsky, Heavy Metal wie Iron Maiden oder sogar Dark Wave oder Pop wie Nick Cave oder Lou Reed kommen.
Zugleich haben viele Urheber des Black Metals, aber auch einige erst später gegründete Bands, kommerziell Erfolg oder versuchen es zumindest. Außerdem integrieren manche Bands, die eigentlich keinen Black Metal spielen, Elemente von ihm. Heißt Du es willkommen, dass der Black Metal nicht mehr dem Untergrund angehört?
Es ist bereits mehr als ein Jahrzehnt her, dass der Black Metal aus dem Untergrund herausgekommen ist. Es ist ein guter Weg, unsere Botschaft den richtigen Personen mitzuteilen, aber es bedeutet auch, dass wir ungeschützter sind und die Verbreitung oder Ausführung unseres Willens aus genau diesem Grund immer schwieriger wird. Aber gut, wie ich gesagt habe, ist Beliebtheit gar nicht mein Hauptziel und wenn manche Bands sich selbst verkaufen wollen, indem sie Musik für die anderen Leute machen und nicht für sich – gut für sie, aber ich bin kein Teil der gegenwärtigen Prostitution.
Nun, eine Band kann auch sehr erfolgreich sein, ohne sich selbst zu verraten, aber trotzdem tun, was sie selbst liebt. Das ist sehr selten, aber das sind dann auch welche derjenigen Musikgruppen, die den meisten Respekt verdienen – von einer künstlerischen und geistigen Sichtweise aus.
Ihr seid immer viel auf Konzertreisen gewesen. Welchen Aspekt des Musikerseins bevorzugst Du: Spielen um des Spielens Willen oder Musik zu erschaffen? Ist es eine besondere Herausforderung für Euch, eine dunkle Atmosphäre auf der Bühne zu erzeugen?
Ein bisschen von beidem, würde ich sagen… Manchmal bevorzuge ich den Ausarbeitungsprozess gegenüber dem Auftreten, manchmal anders herum – es hängt einfach vom Moment ab.
Und ja, es ist eine Herausforderung, die Atmosphäre auf die Bühne zu übertragen, weil eine gute Vorstellung nicht nur von der Band abhängt, sondern auch vom Tontechniker, dem Mischer und so weiter…
Deshalb kann man manchmal sein Bestes geben, seine Lieder perfekt kennen und ihnen das perfekte Gefühl verleihen, aber wenn der Tontechniker Scheiße baut, kann man überhaupt nichts tun. Das Problem ist eben, dass die Leute die Band verantwortlich machen. Aber das gehört ja sowieso zu Konzerten.
So, das war es von meiner Seite aus. Die letzten Worte sind Deine. Werdet Ihr in näherer Zukunft nach Deutschland kommen?
Wir werden im November zusammen mit GORGOROTH die AMSG-Tour spielen. Also schaut euch unserer Konzerttermine auf unserer Webseite an.
A.M.S.G. – AVDITE VESTRI TETRA KARCIST!
Vielen Dank für das Gespräch!
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