Enemy Of The Sun
Enemy Of The sun

Interview

ENEMY OF THE SUN haben mit ihrem neuen Album „Caedium“ bewiesen, dass sie ihr Pulver noch lange nicht verschossen haben. Gitarrist und Bandchef Waldemar Sorychta stand uns für ein interessantes Gespräch zur Verfügung.

Enemy Of The Sun

Hallo Waldemar. Erst mal möchte ich euch zu eurem neuen Album „Caedium“ gratulieren, welches den Vorgänger „Shadows“ ganz schön in den Schatten stellt. Wie habt ihr als Band die letzten drei Jahre seit der Veröffentlichung von „Shadows“ verbracht?

Wir spielten zu Erst viele Festivals wie Wacken, With Full Force, Rock Hard oder Summer Breeze. Leider hat es mit einer echten Tour nicht ganz geklappt. Tja, und ab 2009 ging es wieder ans Songwriting und Vorproduktion. Im Anschluss dann Studio.

Euer Debüt wurde ja von allen Seiten hoch gelobt und nach Strich und Faden abgefeiert. Hattet ihr dementsprechend einen gewissen Erwartungsdruck seitens Plattenfirma, Presse und vor allem den Fans?

Den habe ich wenn überhaupt dann nur von mir selbst. Es ist aber kein Erwartungsdruck, sondern die Ambition besser zu sein. Ob etwas gefeiert wird oder mit Dreck beschmutzt, eins darf es nie sein, ein Produkt mit Verkaufszielen. Es soll immer ein Spiegelbild deiner selbst sein, vor allem deiner Seele.

Das neue Album „Caedium“ lebt natürlich wieder sehr von seiner Brachialität, die zu jeder Sekunde vorhanden ist. Ihr habt aber auch ganz untypische Elemente auf der Scheibe, z.B. bei „I Am One“, welches mit Flamenco-Elementen ausgestattet ist. Wie kommt man auf solche Ideen?

Es ist kein Schach sondern Musik. Man muss sich in ihr und mit ihr wohl fühlen dann gibt’s keine Grenzen. Das wichtigste dabei ist nie den Faden zu verlieren. Man muss sich treu bleiben. Wenn man andere Elemente benutzt muss man sich immer selbst drin finden. Das ist das aller wichtigste. All das gehört zur Musik.

Du hast „Caedium“ ja selbst produziert, was ja eigentlich auf der Hand liegt. Läufst du dabei nicht manchmal der Gefahr, den Bezug zur Realität zu verlieren und keinen Abstand mehr zu der Scheibe zu bekommen?

Den Bezug zur Realität habe ich schon lange nicht mehr, ha, ha, ha. Zur eigenen Musik ist es nahezu unmöglich ihn zu verlieren. Ich weiß was ich will, und wie ich es erreichen kann. Die fertigen Bilder/Sounds existieren schon lange vor der ersten Aufnahme, daher ist es eher die beste Variante, zumindest in unserem Falle.

Der Titel das Albums „Caedium“ ist Latein und bedeutet soviel wie selbstverschuldeter Tod. Was wollt ihr uns damit sagen?

„Caedium“ bedeutet allgemein Tötung. Sui – sich selbst. Abgeleitet von Suicide eben.
Gerade das neue Album ist sehr vom Tod geprägt. Nach dem Selbstmord von Gus Chambers (Sänger von GRIP INC.) ist der Gedanke von Vergänglichkeit sehr in Vordergrund gerückt. Es schmerzt, so ein Ereignis hinterlässt tiefe Spuren und prägt auch die Musik und Texte enorm.

Neben all der Aggressivität auf der Platte, finden sich auch haufenweise catchy Refrains und Passagen, die sofort ins Ohr gehen. So z.B. bei „Another End Of The Rainbow“, „The Power Of Mankind“, „Paradigm“ oder „Sky Shooting Stars“. Sind das typische Trademarks von ENEMY OF THE SUN? Bösartige Riffattacken und Melodien?

Alles entspricht der normalen Entstehung, keiner Kalkulation. Es gibt zu viele Bands die diese Kombination eher unbeholfen gestalten, in deren Liedern man schon eher brutale Riffs mit Refrains der Kategorie Heartbreak-Boy-Group wieder findet. Klar geht’s dabei auch um Melodien aber da gibt’s auch sehr viele Unterschiede. Auf der anderen Seite haben wir mit Jules (Näveri) einen Sänger, der mit seiner variablen Art sich gerade zu aufdrängt, mehr Melodien zu nutzen.

Auffallend ist auch, dass ihr sehr international klingt. Man würde z.B. auf den ersten Höreindruck nicht sagen können, in welchem Land die Band beheimatet ist. Liegt das deiner Meinung nach an den unterschiedlichen Herkunftsländern eurer Musiker oder eher in der Hand des Songwriters?

Mit Sicherheit könnte man das erste als Antwort nehmen, wenn man aber tiefer schaut erkennt man, dass ich schon seid 1993 mit GRIP INC. mehr als international dabei bin. Schon damals waren alle Bandmitglieder aus verschiedenen Ländern. So was prägt.

Trotz so vieler verschiedener Facetten und Stilrichtungen klingt „Caedium“ wie aus einem Guss. In welchem Zeitraum sind die Stücke entstanden? Kann man die Tracks in einem Zusammenhang betrachten oder steht jeder Song für sich?

Letztlich trifft beides zu. Die Mehrheit der Lieder ist zwar 2009 entstanden, doch es sind auch ältere Lieder bei, viel ältere. „The Golden Horizon“ ist ursprünglich 2001 entstanden und sollte schon bei der letzten GRIP INC. dabei sein. Da es nicht fertig war, war es dann doch nicht so. Nach dem Tod von Gus habe ich es vervollständigt und einen Text für/über Gus geschrieben. Ihm ist das Lied gewidmet. „Castaways In The N.W.O.“ habe ich auch in dieser Zeit geschrieben, während „Chasing the Dragon“ sogar Anfang der 90er entstand, was vermutlich niemand erkannt hätte, oder?

Nicht wirklich. Soviel ich weiß wohnt ihr allesamt recht unterschiedlich in Europa verstreut. Wie regelt ihr das Thema Songwriting? Triffst du dich hierzu mit eurem Sänger Jules? Oder läuft alles über das Internet? Und wie verlaufen die Proben zu neuen Songs?

Auch hier trifft beides zu. Sowohl Internet als auch gemeinsame Proben etc.
Sobald ich neue Lieder habe werden sie erst verschickt. Danach zieht man ein Résumé und fängt an Texte zu schreiben, zu Proben und schließlich aufzunehmen.

Ich weiß, die Frage wurde dir bestimmt schon tausendmal gestellt, aber in welche Metal-Kategorie würdest du ENEMY OF THE SUN stecken?

Geile Scheiße!

Natürlich fällt vielen Leuten beim Namen Waldemar Sorychta sofort die Band GRIP INC. ein. Gibt es zum weiteren Bestehen deiner Vorgängerband Neuigkeiten oder hat nur noch ENEMY OF THE SUN für dich Priorität?

Gerade vor ein Paar Wochen spielte ich wieder mit Dave Lombardo (SLAYER) zusammen. Es machte wie immer Spaß, doch seid dem Tod von Gus stellt sich für uns diese Frage nicht. Was noch werden kann weiß ich nicht, aber sicherlich gehen unsere Ambitionen nicht dort hin, mit GRIP INC. weiter zu machen. Vielleicht was anderes, warum nicht. Zurzeit gibt’s keine Fragen diesbezüglich. ENEMY OF THE SUN ist meine neue Familie, SLAYER Daves neue und alte.

Wie hast du den Selbstmord von eurem GRIP INC. Sänger Gus Chambers im Jahre 2008 eigentlich verarbeiten können? Gibt es zu dieser Tat dir bekannte Hintergründe? Hat sich das aus deiner Sicht bei ihm abgezeichnet?

Es gibt immer noch Tage an denen es mich fertig macht. Ich kenne die Gründe, erbitte mir aber auch Verständnis, sie nicht zu nennen. Es ist eher eine Mischung von Gründen was für mich aber niemals einen Selbstmord rechtfertigt. Noch kurz vor dieser Tragödie spielten wir zusammen einen 50 Minuten langen Set von GRIP INC.-Liedern. Gus wirkte sehr solide und witzig wie immer. Einen Monat später bekam ich einen Anruf, Gus sei Tot. Es traf mich wie 1000 Schläge.

Du hattest ja das Vergnügen, bei GRIP INC. auf einen Ausnahmeschlagzeuger wie Dave Lombardo zurückgreifen zu können. Waren dementsprechend die Erwartungen vor Gründung von ENEMY OF THE SUN an euren Schlagzeuger Daniel sehr hoch?

Ich glaube bei jeder Band, die es zu etwas bringen will, sollten die Erwartung musikalischer Hinsicht hoch sein. Nur so kann man sich selbst verwirklichen und unbegrenzte musikalische Freiheiten genießen. Mit Daniel habe ich auf jeden Fall ein Unikat gefunden. Witzig, als ich die beiden vorstellte sagte ich Dave: „He is my new Dave“

Was viele heute vielleicht nicht mehr wissen ist, dass du u.a. auch bei Phillip Boa´s VOODOOCULT, THERION, TIAMAT oder SENTENCED Bandbestandteil oder Gastmusiker warst. Aber wie lange bist du eigentlich schon im Musikbusiness unterwegs?

Mit 6 Jahren fing ich mit Musik an und seit dem steht Musik bei mir immer im Vordergrund.

Gab es in deiner Karriere auch Zeiten, die du aus heutiger Sicht wieder vergessen möchtest?

Alles was ich tue mache ich als voller Überzeugung, das Beste zu tun. Nicht immer gelingt es aber das macht den Reiz des Lebens aus. Man muss aber bereit sein, daraus zu lernen und Konsequenzen zu ziehen.

Die immer schnelllebigere Zeit im Musikbusiness hat mittlerweile auch den Rocksektor erreicht. Dinosaurier wie AC/DC, IRON MAIDEN oder JUDAS PRIEST hinterlassen eine große Lücke, falls sie mal abtreten werden. Siehst du momentan Gruppen, die mit der gleichen Kontinuität über solch einen langen Zeitraum bestehen könnten?

Vielleicht werden es immer mehr einzelne Personen wie Mike Patton, Devin Townsend oder Dave Lombardo sein, die nie aufgeben und auch nie zur Ruhe kommen weil die Musik, wie auch in meinem Falle, immer als erster Gedanke des Tages steht.

27.05.2010

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