Einar Solberg
"Ich versuche nicht mehr, die Zukunft vorauszusagen."

Interview

Du hast einige der Songs auf dem Prognosis Festival (15. April 2023, Anmerk. d. Verf) zum ersten Mal live präsentiert. Wie war es, für Leute zu spielen, die die Texte nicht kannten, die nicht mitsingen konnten und die vielleicht nicht wirklich wussten, was gerade passiert?

Ich denke, das ist eine großartige Möglichkeit, Musik zu entdecken. Einige der besten Konzerte, bei denen ich war, waren Konzerte, zu denen ich mit null Erwartungen gegangen bin. Ich wusste nicht, was mich erwartet und dann hat es mir gefallen, und DANN habe ich es mir später angehört und mich daran erinnert. Ich habe das Gefühl, dass man sich bei einem Live-Konzert nicht wie zu Hause von den typischen Dingen ablenken lässt, sondern dass man irgendwie eins mit der Performance wird. Bei LEPROUS hat man das auch oft gesehen, das ist eine Band, die die Leute live überzeugt hat, obwohl sie die Musik anfangs nicht mochten. Ich habe es oft erlebt, dass die Leute, nachdem sie uns live gesehen haben, sagten: „Jetzt verstehe ich es, jetzt mag ich euch.“ Für mich war es ziemlich befreiend, es so zu machen.

Und besonders live hatte ich das Gefühl, dass das Projekt einen ganz anderen Vibe hat als LEPROUS. Es ist viel atmosphärischer, irgendwie entspannter, ein bisschen mehr auf dem Boden geblieben. Allein stilistisch war es einfach anders, es hat sich für mich überhaupt nicht wie ein LEPROUS-Konzert angefühlt. Sogar die Songs, die LEPROUS am ähnlichsten sind, wie z.B. „Over The Top“, der Song auf dem Album, der wohl am ehesten ein LEPROUS-Song sein könnte, fühlt sich anders an, wenn man ihn mit anderen Leuten spielt. Auch wenn es derselbe Songwriter und dieselbe Stimme ist, sollte man nicht unterschätzen, wie viel Unterschied es macht, wenn man alle anderen Musiker austauscht (lacht).

Es ist also so gelaufen, wie du es erhofft hattest?

Sogar noch besser! Wir hatten nur zwei Proben und die Lieder sind sehr anspruchsvoll. Die Leute sind über die ganze Welt verteilt und es war schwer, alle an einen Ort zu bekommen, aber ich war sehr zufrieden damit, wie es am Ende gelaufen ist. Ich denke auch, dass es ein Projekt ist, das weiterhin als Live-Projekt existieren wird, aber im Moment wird man es weniger sehen als LEPROUS. Im Idealfall hätte ich gerne zwei Jahre, in denen ich mich auf ein Projekt konzentriere und es zur Priorität mache, und in den nächsten zwei Jahren habe ich das andere als Hauptpriorität und dann wieder das andere… und das bedeutet nicht, dass ich, wenn das eine die Priorität ist, nichts mit dem anderen machen werde. Aber im Moment hat LEPROUS naturgemäß Priorität aufgrund der Bandgröße und auch aufgrund der Tatsache, dass mein Soloprojekt sehr teuer ist.

Hast du schon konkrete Pläne, wie es mit deinem Projekt weitergehen soll? Oder beginnt jetzt die zweijährige Prioritätspause?

Nein, denn mein idealer Wunsch ist nicht wirklich möglich, da LEPROUS mein Haupteinkommen ist. Es ist toll, wenn man an den Punkt kommt, an dem man von seiner eigenen Musik leben kann, aber es ist auch eine Art Gefängnis, weil man gezwungen ist, weiterzumachen, auch wenn man vielleicht mal eine kleine Pause machen will, um ein Jahr lang etwas anderes zu machen. Das geht nicht wirklich. Im Idealfall hätte ich jetzt schon für LEPROUS Musik geschrieben und würde mit meinem Projekt auf Tour gehen. Aber stattdessen werde ich mit LEPROUS touren, mit LEPROUS schreiben und vielleicht ein kleines bisschen mit meinem Projekt spielen. So wird es laufen, aber im Idealfall würde ich es gerne so machen, wie ich es gesagt habe.

Gibt es noch etwas, das du sagen möchtest, das ich dich bisher noch nicht gefragt habe?

Nein. Ich habe nie eine gute Antwort auf diese Frage. Das Einzige ist, dass ich mit meinem Projekt im Oktober in Köln auf dem Euroblast Festival live auftreten werde. Wenn du also die Chance haben willst, beide Projekte an einem Wochenende zu sehen und zu vergleichen – und mich dazu zu bringen willst, zu beweisen, dass sie doch ziemlich unterschiedlich sind, dann ist das Euroblast der richtige Ort.

Klingt nach einer Herausforderung, die ich gern annehmen würde.

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Quelle: Einar Solberg
02.06.2023

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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