Downfall Of Gaia
Von Nostalgie und dem Rotz der frühen Jahre
Interview
Mit ihrem aktuellen Album “Silhouettes Of Disgust” konnten die Post-(Black-)Metaller DOWNFALL OF GAIA allerorts ziemlich abräumen. Bei uns erreichten sie einen zweiten Platz im Soundcheck und 9 Punkte in der Review und der Rest der Fachpresse ist sich weitgehend einig: Wäre der Begriff nicht für pompösere Musik reserviert, könnte man DOWNFALL OF GAIA das Erschaffen eines ‘Magnum Opus’ attestieren.
Diese beachtenswerte Leistung der Band und unsere eigene Begeisterung boten genügend Anlass, uns Sänger und Gitarrist Dominik Goncalves dos Reis und den zurückgekehrten Gitarristen Peter Wolff zu schnappen, um ihnen alle wichtigen Infos zu “Silhouettes Of Disgust” zu entlocken.
Grüßt euch. Gehe ich recht in der Annahme, dass ihr mit “Silhouettes Of Disgust” so zufrieden wie mit kaum einem Album zuvor seid?
Peter: Wir sind auf jeden Fall sehr zufrieden, wie sich die Platte entwickelt hat, gerade mit den Problemen während des Recordings. Und ich bin auch sehr glücklich darüber, wie wir all unsere Ideen verwirklicht haben. Aber ich glaube, dass ist etwas, was ich in einem halben Jahr, mit mehr Abstand, besser beantworten kann.
Die Platte ist unheimlich stark. Sie wirkt insgesamt sehr fokussiert und inspiriert. Inwiefern trägt Peters Wiedereinstieg dazu bei, gewissermaßen “frische Energie zurückgebracht¨ zu haben? Und ging euch die Entstehung der Platte so leicht von der Hand, wie es sich anhört?
Dominik: Der Entwicklungsprozess war tatsächlich relativ entspannt, da kommt bestimmt so einiges zusammen. Unabhängig davon, dass Peter wieder in der Band ist, haben wir uns ebenfalls gesagt, wir fangen erst mit dem Songwriting an, wenn wir die Lust dazu verspüren.
Ehrlicherweise haben wir seit Beginn der Pandemie die Instrumente nicht mehr wirklich in die Hand genommen, was am Ende aber tatsächlich auch mal ganz gut getan hat. Jeder hat sich so ein bisschen auf seinen eigenen Kram konzentriert und als dann endlich wieder die Lust vorhanden war, haben wir mit den Arbeiten begonnen. Der Einstieg von Peter tut natürlich sein Übriges. Es fühlt sich alles wieder ein bisschen wie „damals“ an, was man dem Sound bestimmt auch anmerkt.
Obwohl der Black-Metal-Anteil minimal zugunsten von Crust-Einflüssen zurückgefahren wurde, scheint “Silhouettes Of Disgust” nach dem nihilistischen “Ethic Of Radical Finitude” eure misanthropische Platte zu sein. Wurde diese Haltung durch die vergangenen drei Jahre zusätzlich befeuert?
Dominik: Die letzten Jahre haben auf jeden Fall einen Anteil. Ich meine, ich habe ja schon vorher nicht viel erwartet und es sollte einen wahrscheinlich auch nicht großartig überraschen. Wütend macht es dennoch. Jeder scheint sich selbst der Nächste. Hinzu kommt natürlich noch weiteres, wie Menschenrechte, Klima, das erstarken rechter Politik in Europa … Es ist ein Trauerspiel, was aktuell abgeht und hat am Ende natürlich auch einen Einfluss auf die Stimmungslage des Albums.
Das ist als Kompliment gemeint: Die bereits erwähnten Crust-Parts sind dieses Mal wirklich sehr deutlich. Seid ihr inzwischen in dem Alter, in dem ihr euch ein bisschen Nostalgie erlaubt? Man denkt sofort an Episoden der Jugend bei Konzerten in irgendwelchen selbstverwalteten alternativen Jugendhäusern.
Dominik: Auf jeden Fall. Wir wissen wo wir herkommen und möchten diese Zeit auf gar keinen Fall missen. Und das war auch ein großer Ansporn und die Idee bei dieser Platte. Wir wollten wieder etwas mehr Rotz der “frühen” Jahre im Sound haben, uns wieder ein bisschen mehr auf unsere Wurzeln besinnen. Natürlich haben sich die Dinge über die Jahre immer mal wieder entwickelt, aber der Grundstein, der uns als Band und Personen geformt hat, wird immer der Gleiche bleiben.
Damit zusammenhängend: Ein Freund von mir möchte gerne wissen, ob ihr beim Erschaffen von Musik noch die gleichen Emotionen verspürt, wie damals, als ihr als – ich vermute mal Anfang-20-Jährige – die Band gestartet habt?
Dominik: Ja, wir waren alle so um die 22, 23 Jahre alt, als wir die Band gegründet haben. Und ich muss schon zugeben, dass es von den Emotionen her damals auf jeden Fall eine sehr viel intensiviere Zeit gewesen ist. Von Konzerten, bis hin zum Musik schreiben. Das war einfach ein anderes Empfinden. Man kennt das ja von vielen Dingen, die sich im Alter einfach verändern.
Ich will aber auch nicht sagen, dass es heute schlechter ist, auf keinen Fall. Man ist um einiges abgeklärter und entspannter. Aber das Damals war schon eine ziemlich prägende Zeit, die man so in der Intensität wohl nicht nochmal erleben wird.
Eine gewisse Basisnähe zeigt ihr auch dadurch, dass es zum Beispiel eine besondere Vinyl-Ausgabe für das Album bei dem kultigen DIY-Label Alerta Antifascista Records gibt.
Peter: Timo (Alerta Antifascista) war für unsere Band sehr prägend. Zum einen natürlich auf Grund seiner Releases, die uns als Band und Menschen sehr beeinflusst haben, aber auch dadurch, dass er von Anfang an an uns als Band geglaubt und gefördert hat. Sei es als Label, aber auch beim Booking und als Freund, hat er uns auch durch schwierige Bandzeiten begleitet. Ohne Alerta Antifascista und Timo wären wir als Band nicht hier, wo wir derzeit stehen. Insofern werden wir ihm für immer dankbar sein und auch immer, so weit es uns möglich ist, mit ihm zusammen arbeiten.
Das Album wirkt wie gesagt sehr fokussiert, vielleicht das rundeste Album von DOWNFALL OF GAIA. Gleichzeitig “erlaubt” ihr euch bemerkenswerte stilistische Schlenker; sogar in Richtung Ambient und Gothic. Wie gelingt euch diese Balance von Offenheit und Fokus, ohne den Faden zu verlieren?
Peter: Gute Frage, habe ich so noch nie drüber nachgedacht. Der Songwritingprozess ist heute, wie auch früher bei uns ein sehr organischer Prozess und die Songs bzw. das Album wächst nach und nach. Dominik und ich haben uns schon immer vor dem Songwriting sehr genau abgestimmt, was wir wollen und wo die Reise hingehen soll. Und auch während des Songwritings stoßen wir uns immer wieder gegenseitig zurück, zum roten Faden. Ich denke dadurch gelingt uns der Fokus sehr gut.
Speziell beim Sound habt ihr noch mal einiges drauflegen können. Was habt ihr bei den Aufnahmen anders als bisher gemacht?
Dominik: Wir haben einfach mal mit anderen Leuten zusammengearbeitet, als zuvor. Es war unser erstes Mal mit Timo Höcke (Mix) und Jonas Romann (Master). Das war vorab aber auch schon ein wichtiger Punkt für uns. Wir wollten den Sound auf der Platte unbedingt etwas “sauberer” und druckvoller haben, als bei den Vorgängeralben. Natürlich ohne dabei den nötigen “Dreck im Sound” zu verlieren.
Timo und Jonas haben auf jeden Fall top abgeliefert!
Ihr seid nun schon seit dem zweiten Album auf Metal Blade. Diese Partnerschaft scheint angesichts der nunmehr fünften gemeinsamen Platte in Stein gemeißelt und sehr fruchtbar zu sein.
Dominik: Hätten wir uns damals tatsächlich auch nicht träumen lassen, dass das so lange gut geht. Zumal wir definitiv nicht zu den Bands gehören, die deren Miete bezahlen. Aber ja, es gibt tatsächlich nicht viel zu meckern und freut uns natürlich auch, dass das Label weiterhin Lust auf uns hat.
Generell ist eure Beständigkeit bewundernswert. Eure Alben kommen relativ regelmäßig und sind von zuverlässiger Qualität und auch live habe ich euch bisher als recht aktiv wahrgenommen. Seid ihr ungefähr in der Position, in der ihr euch DOWNFALL OF GAIA vorstellt?
Peter: Ja, ich glaube wir sind alle gerade sehr zufrieden, wo wir mit der Band stehen. Natürlich ist immer Luft nach oben, aber das ist auch nicht unser Ansporn.
Das letzte Mal habe ich euch im April 2019 in Leipzig gemeinsam mit THE OCEAN gesehen. Für mich war das eines der perfektesten Konzertpackages, die ich mir je hätte erträumen können. Welche Band wäre für DOWNFALL OF GAIA als Tourpartner die Erfüllung aller Träume?
Peter: Um ehrlich zu sein, hab ich da keine großen Träume. Ich bin lieber mit einer Band unterwegs, die wir kennen, oder mit der es menschlich passt und man auch neben der Bühne eine gute Zeit hat, als mit “großen” Bands, mit denen man dann aber außer der Bühne nichts gemeinsam teilt. Als wir vor vielen Jahren z. B. mit NEUROSIS zusammen gespielt haben, war es wohl damals eines unserer größten Wünsche, der in Erfüllung gegangen ist, aber am Ende haben wir außer das Konzert keine Berührung mit der Band gehabt. Natürlich gibt es aber auch andere Beispiele die positiver verliefen.
Die letzten Worte gehören euch.
Dominik: Wir sind im April auf Tour gemeinsam mit DEATHRITE und IMPLORE. Falls also jemand in der Nähe ist, kommt gerne vorbei! Alle nötigen Infos findet man auf www.downfallofgaia.com.
Ansonsten lieben Dank für das Interview!
Peter: Vielen Dank dir!
Galerie mit 18 Bildern: Downfall Of Gaia - Summer Breeze Open Air 2019Mehr zu Downfall Of Gaia
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Stile | Crust, Post-Black Metal, Sludge |
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Downfall Of Gaia auf Tour
04.04.25 | Downfall of Gaia - Silhouettes of Disgust 2025Downfall Of GaiaAlte Brauerei Annaberg-Buchholz, Annaberg-Buchholz |
06.04.25 | Downfall of Gaia - Silhouettes of Disgust 2025Downfall Of GaiaKapu, Linz |
07.04.25 | Downfall of Gaia - Silhouettes of Disgust 2025Downfall Of GaiaPMK, Innsbruck |
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