Down
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Interview
Fünf lange Jahre hat es gedauert, bis die Südstaaten-Supergroup DOWN, bestehend aus Frontmann Phil Anselmo (PANTERA), den Klampfern Pepper Keenan (CORROSION OF CONFORMITY) und Kirk Windstein (CROWBAR), Drummer Jimmy Bower (EYEHATEGOD) und Bassist Rex Brown (PANTERA), mit ihrem dritten Album "Over The Under" und einem neuen Label im Rücken wieder eine Duftmarke auf der Landkarte des Metal hinterlassen dürfen. Viel geändert hat sich in ihrem Sound zwischen BLACK SABBATH, LED ZEPPELIN, Blues und Southern Rock nicht. Und das ist auch gut so, sind die ersten beiden Alben "Nola" (1995) und "II" (2002) doch unvergleichliche Perlen, die nun einen weiteren Weggefährten bekommen haben. Bassist Rex klingelte telefonisch durch und plauderte – trotz der Anweisung der Plattenfirma im Vorfeld, nicht zu viel über die Vergangenheit zu fragen – frei von der Leber weg über die Europatour letztes Jahr, Phils Verfassung, Hurrikan Katrina, Dime und alle anderen Widrigkeiten, wegen denen Album Nr. 3 erneut ganze 60 Monate Zeit in Anspruch genommen hat.
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Hey Rex! Wie fühlt es sich an, nach so langer Zeit wieder Interviews zu geben?
Hmm…ich habe noch nie viele Interviews gegeben. Mal eins hier und da. Schon in den PANTERA-Tagen habe ich mich nie groß um die Promoarbeit gekümmert. Ich wollte einfach nur Bass spielen. Außerdem bin ich nie vor 16 Uhr aufgestanden. Das hat sich jetzt geändert, hehe.
Wie fühlt es sich an, mit einer neuen DOWN-Platte zurück zu sein?
Verdammt gut! Wir mußten wieder laufen lernen. Andere Bands wollen nach dem Krabbelstadium direkt losrennen, so schnell sie können. Das klappt nie. Wir haben uns auf die kleinen Schritte konzentriert, um erst wieder unseren Groove zu finden. Jetzt sind wir besser als jemals zuvor.
Inwieweit hat sich bei diesem Findungsprozeß die Europatour 2006 als hilfreich erwiesen?
Wir hatten uns schon sehr viel früher wieder getroffen. Aber dann kam Hurrikan Katrina und erwischte jeden von uns mit voller Wucht. Wir alle mußten nach Hause zurück kehren und fühlten uns miserabel. Später trafen wir uns in Phils Haus, das nicht direkt in New Orleans, sondern etwas weiter oben in den Sümpfen liegt. Wir fragten uns, was wir tun wollten. Ich war seit langer Zeit trocken. Phil war ebenfalls komplett clean, abgesehen von den Medikamenten, die er wegen seiner Rückenprobleme nehmen mußte. Er war ein komplett anderer Mensch, weswegen wir diese Chance nicht ungenutzt lassen wollten. Wir riefen einen Typ in London an, der für uns eine Tour buchen sollte. Am Ende spielten wir 21 Konzerte und jedes einzelne war ausverkauft. Unser Merchverkauf überstieg sämtliche Erwartungen. Wir alle konnten es nicht fassen und rieben uns die Augen. Wir waren mit DOWN vorher noch nie in Europa gewesen und hatten keinesfalls mit solchen Reaktionen gerechnet. Wahnsinn! Das erleichterte uns natürlich, das Laufen wieder zu erlernen.
Wie ging es dann weiter?
Im Juli/August begannen wir, wieder zusammen zu jammen. Die neuen Stücke entstanden wie von alleine. Die Grundaussage der Platte sollte eine positive werden. Wir alle haben in den letzten Jahren so viele Freunde verloren. Aber auf diesen „Fuck the world“-Bullshit hatte keiner von uns Lust. Vor allem Phil wollte ein Album machen, das Leute ermutigen sollte. Das Chaos der letzten zehn Jahre seines Lebens kam aus ihm herausgebrochen. Die Arbeit an der Platte war hart. Deswegen wollte ich sie auch nicht wie Phil in New Orleans aufnehmen. Ich holte alle Jungs zu mir nach LA, wo ich 2005 hingezogen bin. Ich habe dort ein funktionstüchtiges Studio mit fähigen Leuten, das genauso viel kostet wie eines in New Orleans, dessen Ergebnis aber zehn Mal besser ausfallen wird. Anfang Dezember 2006 standen alle Stücke im Demostadium, weswegen wir am 1.12. mit den Schlagzeugaufnahmen starten konnten. Wir gönnten uns nur einen Monat Pause, in dem wir mit HEAVEN & HELL durch Kanada tourten, was der absolute Hammer war. Auf diesem Trip tankten wir erneute Kraft für das Studio.
Faßt das letzte Stück „Nothing In Return“ alle diese schlimmen Erfahrungen, die du angesprochen hast – vor allem die von Phil – zusammen?
Der Plattentitel „Over The Under“ sagt alles aus, wobei die Message von „Nothing In Return“ von allen einzelnen Songs am nächsten dran ist. Phils Erlebnisse der letzten Jahre werden in seinen Vocals greifbar. Er singt über nichts als die Wahrheit, verarbeitet den Verlust von Dime, setzt sich mit Hurrikan Katrina auseinander, der viele Freunde schwer getroffen hat. Über so viel Scheiße in so kurzer Zeit muß man erstmal hinwegkommen. In Texas sagt man, daß man seine Stiefel hochziehen und so lange durch den Matsch stiefeln muß, bis man das andere Ende des Feldes erreicht hat. Genau das haben wir beherzigt. Wir haben uns gegenseitig wie Brüder behandelt, um alles Negative einfacher hinter uns lassen zu können. Darum geht es auf „Over The Under“, um ein positives Statement: Du kannst im Leben alles meistern, ohne dich selbst zu mißbrauchen oder kaputt zu machen. Aufgeben gibt es nicht.
Musikalisch vermischt „Over The Under“ die Trademarks von „Nola“ und „II“, hievt DOWN aber gleichzeitig auf ein neues Level.
„Over The Under“ hat die Riffs. Sie werden immer da sein. Wir mußten viele Songideen wieder verwerfen, da wir einen zusammenhängenden Körper erschaffen wollten. Phils Leistung, sein Gesang, ist für mich auf dieser Scheibe etwas ganz Spezielles, etwas Ermutigendes. Er hat sich den Arsch abgearbeitet für diese Scheibe. Es war das erste Mal in seiner Karriere, daß er jedes Fitzelchen seines Herzens in ein Album gesteckt hat.
Hat er sich so von seiner Vergangenheit befreit?
Bestimmt! Sobald man endlich die Drogen hinter sich gelassen hat, fühlt man sich automatisch freier. Die Droge hält dich gefangen, du sitzt hinter Gittern, in dir bauen sich Dämonen von unvorstellbarer Größe auf. Das beste Ventil, um diese Fratzen auf gesunde Art und Weise loszuwerden, ist die Musik.
Was bedeuten euch die enthusiastischen Fanreaktionen, die ihr in Europa erleben durftet?
Wir fragten uns jedesmal, was hier eigentlich los ist, hehe. 15 Jahre vorher war ich mit PANTERA zum ersten Mal in Europa. Das war das letzte Mal, daß ich solch einen Vibe von den Leuten vor der Bühne gespürt habe. DOWN sind eine Band für ihre Fans. Wenn wir solche Reaktionen bekommen, möchten wir sie zehnfach zurückgeben.
Stört es euch dabei nicht, daß immer noch Fans in den ersten Reihen nach Songs von PANTERA rufen?
Nein, denn Phil bringt sie immer sehr schnell zum Schweigen, hehe. Wir sind DOWN, nicht PANTERA, nicht CORROSION OF CONFORMITY, nicht CROWBAR und nicht EYEHATEGOD. Wir werden nie Songs unserer anderen Bands spielen. Wir haben selbst genug starke Songs. Ich kann verstehen, wenn die Kids die Songs von PANTERA vermissen. Aber auf der Bühne stehen nur zwei Jungs, die in dieser Band gespielt haben. Ich persönlich möchte in meinem ganzen Leben nie wieder „Walk“ oder „Cowboys From Hell“ spielen müssen. Ohne Vinnie und Dime wäre es nicht dasselbe. Die Magie würde fehlen. Es wäre Zeitverschwendung. Das PANTERA-Vermächtnis steht für sich selbst und bleibt am besten unangetastet. (Ein wenig Verbitterung schleicht sich in seine Stimme) Wir leben nicht in der Vergangenheit wie viele andere Bands, die nach dem tragischen Mord an Dime auf einmal meinten, sich als vermeintliche PANTERA-Fans outen und Songs covern zu müssen, obwohl sie nicht mal eine CD von uns besaßen. Glaub mir, ich erkenne sowas. Alles, was sie wollten, war der Beifall für etwas, das sie nicht erschaffen haben.
Bei eurem Köln-Gig letztes Jahr hat Phil auf die PANTERA-Sprechchöre hin folgenden Satz vom Stapel gelassen: „PANTERA I’ll love forever, but this is DOWN forever!“ Kann man es besser auf den Punkt bringen?
Nein, auf keinen Fall!
Warum hattet ihr keinen Supportact dabei, sondern ließt einen Film über DOWN laufen?
Ich glaube, Pepper kam damit an. Er und James Hetfield sind richtig gute Freunde. METALLICA haben im Zuge des schwarzen Albums auch keine Vorgruppe dabei gehabt, sondern einen Film laufen lassen. Hetfield sagte, es sei das Coolste gewesen, was er jemals erlebt hätte: ohne Vorgruppe einfach auf die Bühne rauszugehen. Die Leute sind doch einzig gekommen, um METALLICA oder DOWN zu sehen. Wer interessiert sich schon für Vorgruppen? Du kennst vielleicht einen oder zwei Songs. Hier geht es aber um einen Abend mit DOWN. Es sollte wie auf einer gemütlichen Party daheim sein. Erst ein paar Videos schauen und dann zusammen jammen, einfach cool und gemütlich. Auf einem Konzert geht es nur um die Interaktion zwischen den Fans, der Band und ihrer Musik. Eine Lasershow wirst du bei uns nie erleben. Deswegen entschieden wir uns ebenfalls für einen Film. Und es ist schon wieder ein neuer in Planung, hehe.
Bei der nächsten Tour gibt es also wieder keine Vorgruppe?
Nein, es wird wieder nur ein Abend mit DOWN, hehe!
Gibt es schon Pläne für euren nächsten Trip nach Europa?
Ab Ende September touren wir acht Wochen durch die USA. Danach geht es für zwei Shows nach London. Unser Terminkalender für 2008 ist jetzt schon verdammt voll. Südamerika und danach Europa für die Festivals. Früher mochte ich es nie, durch Europa zu touren. Aber wahrscheinlich nur, weil wir immer im Januar oder Februar bei euch drüben waren. Verdammt kalt bei euch. Aber die Festivals im Sommer sind unglaublich. Vor allem letztes Jahr mit DOWN.
Hattest du in Europa auch etwas Zeit für Sightseeing?
Manchmal ja, manchmal nein. Meistens habe ich keine Lust, denn ich würde immer 50 Leute um mich herum haben. Am liebsten wäre es mir, wenn nur die Jungs von der Crew und der Band am Start wären. Aber die Paparazzi-Idioten sind meist schneller. In Köln bin ich letztes Jahr aber rumgelaufen. Sehr schöne Stadt.
Zwischen „Nola“ und „II“ lagen sieben Jahre. Zwischen „II“ und „Over The Under“ lagen nur noch fünf Jahre. Können wir also in drei Jahren schon mit der nächsten Scheibe rechnen?
Wir haben erstmal ein Jahr Touring vor uns. Danach stehen schon einige Ideen im Raum. Evtl. ein Boxset. Außerdem wollen die Jungs, daß ich unser Debüt noch mal am Baß einspiele. Alle Baßparts von damals hat Kirk eingespielt. Es wird also vielleicht eine remixte und remasterte Version von „Nola“ geben. Im Dezember werden wir mehr wissen.
Wie erklärst du die Tatsache, daß DOWN schon immer diesen geheimnisvollen Kultfaktor hatten? Was ist euer Geheimnis, daß eure Fanbasis trotzdem so loyal ist?
Diese Frage ist einfach zu beantworten. Alles fing an mit Jungs, die sich 3-Track-Tapes zuschickten, um zu sehen, was der andere mit den eigenen Ideen anfangen konnte. Eigentlich war der Hintergrund nie ernsthaft. Was dann passierte, wurde zu einem Monster. Als Phil mir damals zum ersten Mal die Grundidee von „Bury Me In Smoke“ präsentierte, sagte ich nur: „Du Arschloch! Warum hast du das nicht für PANTERA aufgehoben?“ Haha, es wäre nie möglich gewesen, denn es handelte sich ja um Peppers Riff. So begann es. Seitdem haben wir nicht wirklich viele Interviews gegeben, was für das Geheimnisvolle gesorgt hat. Diesmal ist das anders, denn wir wollen, daß die Leute mitbekommen, was wir geschafft haben. PANTERA waren großartig, aber jetzt sind DOWN da! Es gibt keine andere Band wie uns da draußen.“
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