Doomshine
Doomshine
Interview
Sechs lange Jahre hat es gedauert, bis mit "The Piper At The Gates Of Doom" der Nachfolger des Debütalbums "Thy Kingdoom Come" endlich das Licht erblickt. Gut Ding will Weile haben, diese alte Weisheit passt zu einer Doom-Metal-Kapelle natürlich wie die Faust aufs Auge, und im Falle von DOOMSHINE trifft es tatsächlich zu. Das neue Werk ist mehr als nur gelungen, vereint in sich auf wunderbare Weise schwermütigen, epischen Doom Metal mit klassischen, melodischen Heavy Metal. Was es mit dem Album auf sich hat, erklärt Sänger und Gitarrist Timmy Holz!
Zuerst möchte ich euch zum zweiten Album „The Piper At The Gates Of Doom“ gratulieren, welches wieder einmal hervorragend ist! Wie fühlt ihr euch so kurz vor der Veröffentlichung?
Vielen Dank! Fühlt sich super an, das Gefühl haben wir nach sechs Jahren ja fast schon wieder vergessen. Während wir hier quatschen, sind es gerade mal noch vier Tage bis die Scheibe rauskommt. Wir sind echt neugierig, wie die Leute da draußen das Album beurteilen werden.
Warum hat es eigentlich so lange gedauert, bis der Nachfolger von „Thy Kingdoom Come“ vom Juni 2004 fertig war? Der Plattenvertrag bei Massacre Records wurde ja bereits im Februar 2005 unterschrieben, und Ende 2007 kamen die ersten Podcasts von den Arbeiten im Studio ins Netz.
Was meinst du mit „lange gedauert“? Hab ich jetzt echt nicht verstanden, haha. Nee, im Ernst, ich hab keine besonders spannende Begründung parat. Den letzten Song, den wir für das Album geschrieben haben, ist „Godhunter“. Und das ist jetzt auch schon bald fünf Jahre her. Kein Witz! Wir haben ja schon 2006 mit den Aufnahmen begonnen, Carsten hat selbst produziert, gemixt und am Ende sogar noch das Coverartwork gemacht. Nebenher hat er noch zum Entspannen die ganzen Podcasts kreiert und zwischendurch hatte er sogar noch Zeit, Kinder zu zeugen, haha. Ja, und Massacre Records musste ich dann irgendwann mal wieder daran erinnern, dass wir einen Deal mit ihnen haben. Da gab’s dann zum Glück keine Probleme…
Wie sind denn die bisherigen Reaktionen auf eure neuen Stücke?
So viele Reviews hab ich bis jetzt noch nicht gesehen, aber die meisten davon sind ziemlich gut. Deins ist natürlich am besten geworden. Das zeigt, was du für einen hervorragenden Geschmack hast. Ach ja, letztes Wochenende ist mir das neue HEAVY ins Haus geflattert. Da haben wir von 65 CDs den 6. Platz gemacht. Da kann man nicht meckern!
Was kannst du uns über die Texte erzählen? Und wie kamt ihr auf den absolut genialen Albumtitel „The Piper At The Gates Of Doom“? Liege ich richtig, dass ihr große PINK FLOYD-Fans seid?
Auch wenn sich keiner von uns als Die-Hard-PINK-FLOYD-Fan bezeichnen würde, eine solch geniale Band beeinflusst einen ganz automatisch. Wenn auch nur ganz allgemein als Kunstobjekt an sich. Alben wie „Wish You Were Here“, „Animals“, „Meddle“ oder natürlich „The Piper At The Gates Of Dawn“ sind grandiose Werke, das MUSS einen doch beeindrucken!
Textlich sind wir, wie es sich gehört, mal wieder bei den nicht ganz so lustigen Sachen gelandet. Wenn es was zum Schmunzeln gibt, dann eher in leicht zynischer Form. Mit den drei Eckpfeilern „Sanctuary Demon“, „Doomshine Serenade“ und „Godhunter“ führen wir thematisch mehr oder weniger die „Sad Angel Legend“ vom ersten Album fort. Da es sich hier im Prinzip um die Menschheit an sich bzw. um das, was aus ihr geworden ist, handelt, kann ich mich da beim Texten bestens austoben. Die restlichen Songs haben gar nicht mal so abweichende Themen, das hängt schon irgendwie alles zusammen. Wenn ich es mir recht überlege, haben wir so was ähnliches wie ein Konzeptalbum gemacht. Deshalb auch der Albumtitel, der das Gesamtwerk ziemlich treffend umschreibt. Unser „Piper“ zeigt uns, woher wir kommen und vor allem wohin wir gehen. Nämlich in die kalte, materialistische Welt, die wir uns selbst aufgebaut haben. Darauf kann man dann auch Songs wie „Cold Cypher Ceven“ oder „River Of January“ beziehen.
Wer oder was ist denn „Waltzhalla“?
„Waltzhalla“ ist ein Ort, an dem alle Kriegsverbrecher dieser Welt nach ihrem Ableben hinkommen und letztendlich mit ihrer Vergangenheit konfrontiert werden. Das schlechte Gewissen lässt sich nur ertragen, indem man sich volllaufen lässt und besoffen im ¾-Takt tanzt. Klingt ziemlich abgefahren, ich weiß. Das blöde war halt, dass wir uns recht früh auf den Songtitel aufgrund der Musik festgelegt haben. Und ich als armer Texter musste mir mal wieder was passendes dafür ausdenken.
Worin siehst du die Unterschiede zwischen dem neuen Album und „Thy Kingdoom Come“?
„Thy Kingdoom Come“ klingt teilweise etwas verträumter, manchmal auch etwas schöner. Auch von der Produktion her war damals alles etwas mehr 90er-Jahre-mäßig. Wir hatten beim Debüt mehr Hall, es war irgendwie mehr verschleiert und wir hatten auch deutlich mehr cleane Gitarren im Einsatz. Das haben wir dieses Mal so gut wie gar nicht. Die einzige Clean-Gitarre am Anfang von „Doomshine Serenade“ ist relativ dreckig geworden. Der „Piper“ klingt insgesamt roher und entspricht auch mehr unserem Livesound.
Mit „Vanished“ habt ihr eine Coverversion eurer Kollegen von MIRROR OF DECEPTION aufgenommen. Wie kam es zu dieser Idee?
Die Idee kam damals von MIRROR OF DECEPTION selbst. Sie hatten uns und ein paar weitere befreundete Bands zu ihrem 15-jährigen Bandjubiläum 2005 eingeladen, mit der Bitte, jeweils einen MIRROR OF DECEPTION-Song zu covern. Unsere Wahl fiel auf „Vanished“, da die MIRRORs damals die „Conversion“-EP bei unserem Carsten aufgenommen haben. Wir haben den Song dann etwas umgebastelt, dass er so klingt, als ob er von uns wäre. Das Ergebnis hat uns so gut gefallen, dass wir „Vanished“ mit aufs Album genommen haben.
Wie entstehen bei euch neue Songs? Welches sind eure hauptsächlichen Einflüsse?
Wir sind noch eine von den klassischen Proberaumbands. Wir treffen uns, machen ein Bier auf, stöpseln ein, einer hat ’ne gute Idee, und dann wird daran gearbeitet. Wenn das Songgerüst steht, muss es uns auch noch bei der nächsten Probe gefallen, sonst kommt es in die Tonne. Also nicht sonderlich spektakulär, das ist wohl bei vielen Bands so. Als hauptsächliche Einflüsse kann ich jetzt niemand bestimmtes nennen. Im Rock- und Metalbereich gibt’s einfach massenhaft tolle Alben, die irgendwie ihre Spuren bei uns hinterlassen. Ob das nun SAGA oder SLAYER sind.
Was ist euch eigentlich bei eurer Musik wichtig?
Dass es uns allen Spaß macht, die Songs zu spielen. Das ist das Wichtigste überhaupt. Manche Songs fallen, manchmal nur vorübergehend, aus unserem Liverepertoire raus, weil wir einfach keinen Bock darauf haben. Ansonsten sollen die Songs, wie bisher auch, schwer und melodisch sein. Dies werden wir demnächst auch wieder berücksichtigen, wenn wir uns mal wieder an neues Material heranwagen.
Euch verbindet untereinander nicht nur die Band, sondern auch eine lange Freundschaft, welche länger zurückliegt als DOOMSHINE existieren. Hattet ihr schon vorher zusammen Musik gemacht?
Ja, wir kennen uns echt schon verdammt lange. Das sind teilweise schon mehr als 20 Jahre. Mit Schlaps mach ich schon am längsten Musik, mit Carsten auch schon ziemlich lang und selbst mit Sven sind es jetzt schon 10 Jahre. Vor DOOMSHINE gab’s eigentlich nur den Vorläufer SLEEP WITH THE DEVIL, als mein Bruder noch gesungen hat, sonst war da nicht viel. Wir waren aber immer bei den Konzerten von Sven, als er noch mit SPIRAL TOWER, TRAGEDY DIVINE und VARIETY OF ARTS gespielt hat. Sollte man übrigens alles kennen, völlig geniales Undergoundfutter!
Ich sah euch viele Male schon Live, ein Konzert ist mir dabei ziemlich gut in Erinnerung geblieben, und zwar im Jugendhaus Anna in Stuttgart, das zwar leider nicht so gut besucht war, dafür waren aber zahlreiche Familienmitglieder anwesend. Wie wichtig ist für euch die freundschaftliche und familiäre Bindung? Sind alle eure nahen Verwandten vom Doom-Virus infiziert?
Am schlimmsten haben wir wohl meinen Dad infiziert. Er hat auch die Entstehung vom „Piper“ von vorne bis hinten mit verfolgt. Selbst beim Schreiben der Songs war er oft anwesend. Wenn es dann mal zu Diskussionen kam, sind wir uns teilweise wie METALLICA mit ihrem Psychiater bei „Some Kind Of Monster“ vorgekommen, haha. Ansonsten haben wir natürlich meistens unsere Frauen und manchmal auch die Kiddies von Carsten dabei. Dann sieht die Location nicht so leer aus, haha. Bei dem Gig in Stuttgart waren dann ja auch noch die Mama von Carsten, dessen Schwester ja meine Freundin ist, mit dabei, welche dann auch noch ihren Bruder, also den Onkel meiner Freundin, welche die Schwester von Carsten….äh….kommst Du noch mit?!
Beim diesjährigen Doom Shall Rise konntet ihr ja eine ganze Menge Fans vor der Bühne versammeln. Wie war das Festival für euch, welche Bands habt ihr euch angeschaut?
Das war natürlich ein spitzenmäßiges Wochenende. Nach sieben Jahren das erste Mal wieder beim Doom Shall Rise aufzutreten, war absolut genial. Wir haben zwar sicher nicht unseren besten Auftritt hingelegt, aber etwas nervös darf man bei so was ja auch sein. Außerdem hat der klare Sieger des Festivals direkt vor uns bespielt: NOMAD SON! Verflucht noch mal, waren die gut!!! Und dann beenden sie den Gig noch mit einer göttlichen Version von TROUBLE’s „At The End Of My Daze“. Das konnten wir natürlich nicht toppen. Was ich sonst noch klasse fand, waren natürlich MIRROR OF DECEPTION, ISOLE, THE 11TH HOUR und ganz besonders RITUALS OF THE OAK. Das Mädel und die Jungs haben ja schon beim Soundcheck gewonnen, als sie was von „Awaken The Guardian“ gespielt haben. Hammer!
Bei „Where Nothing Hurts But Solitude“ hat ja Leo Stivala von FORSAKEN den Gesang übernommen. Wie kam es dazu? Und wie ist es, wenn ein Doom-Metal-Sänger aus Malta zu euren Songs auf und danach vor der Bühne abgeht?
Ach, der Leo… der Kerl ist absolut verrückt, im positiven Sinne natürlich. Wir kennen uns ja schon seit 2003, als FORSAKEN und DOOMSHINE beim ersten Doom Shall Rise gespielt haben. Seitdem haben wir uns zwar nicht mehr gesehen, aber Email-Kontakt hatten wir immerhin. Er hat sich dieses Jahr sehr auf den DOOMSHINE-Auftritt gefreut, und hat mich am Tag vorher gefragt, ob wir denn auch „Where Nothing Hurts But Solitude“ spielen werden. Ich hab gesagt: „Ja, klar. Willst Du den Song mit uns gemeinsam singen?“. Er hat etwas ungläubig geschaut, hat aber nach ein paar Minuten gerafft, dass ich den Vorschlag ernst gemeint habe, haha. Ja, das war was ganz Spezielles für ihn, und für uns sowieso. Wir sind genauso Fans von FORSAKEN wie FORSAKEN Fans von DOOMSHINE sind. Als Leo dann auf die Bühne kam, war endlich mal Bewegung bei uns. Der Mann muss Batterien im Arsch haben, haha…
2018 soll er ja Sänger bei DOOMSHINE werden, steht das noch?
Ja, klar, was denkst Du denn?! Ich mach doch keine leeren Versprechungen. Wir fangen bald an, Fresspakete mit Spätzle und Maultaschen nach Malta zu schicken, um ihn schon mal aufs Schwabenländle vorzubereiten. Vielleicht bringen wir dann als neues Multikultigericht „leckere Maltataschen“ auf den Markt.
Hahaha! Wo wir gerade beim Doom Shall Rise sind: Wie war das für dich damals 2006, als Ersatzsänger bei SOLITUDE AETURNUS zu fungieren?
Oh je… darauf hat mich jetzt seit vier Jahren niemand mehr angesprochen. Ich versuch es noch mal zu beschreiben, wie es war. Stell dir vor, eine deiner Lieblingsbands möchte dich als Gastsänger haben, weil es der Sänger wegen Passproblemen nicht ins Flugzeug geschafft hat. Der Auftritt ist aber schon heute Abend und du bist noch auf der Arbeit. Es bleiben streng genommen nullkommanull Minuten Zeit, dich vorzubereiten. Du weißt auch nicht, auf welche Songs. In völliger Benommenheit gibst du dem Chef der Band die Zusage, dass du versuchst, noch mehr Songs als vorgesehen zu singen. Und dann geht’s los.
Puh, ich sag dir, das war kein schönes Gefühl, so ziemlich jeden Einsatz zu verpassen. Da hatte ich echt einen Blackout nach dem anderen. Aber John Perez und die anderen Jungs waren einfach so dankbar, dass Erice von DANTESCO, Gerrit von DAWN OF WINTER und ich ausgeholfen haben. Und die Jungs haben auch gar nicht aufgehört mich zu loben und mir zu danken. So gesehen war es schon ein tolles Erlebnis. Wenn ich doch nur ein paar Tage Zeit zum Üben gehabt hätte…
Welchen Stellenwert haben SOLITUDE AETURNUS für dich persönlich und die Band?
Musikalisch sind SOLITUDE AETURNUS ein großer Einfluss für uns. Wobei wir uns, meiner Meinung nach erfolgreich, bemühen, nicht zu sehr nach ihnen zu klingen. SOLITUDE AETURNUS sind sowieso die unschlagbaren Kings. Alle Alben sind grandios, Robert Lowe hat die schönste Doom-Stimme des Universums und…ach, die Jungs sind einfach die besten. Ich bin froh, dass ich John persönlich kennenlernen durfte. Ab und zu schreiben wir uns auch noch.
Vermisst ihr manchmal die alten Tage, beispielsweise die Metal-Discoabende Mittwochs und Sonntags in der Rockfabrik Ludwigsburg oder die frühen Konzerte von ATROCITY, SACRED STEEL, MY DARKEST HATE, END OF GREEN, MIRROR OF DECEPTION usw.? Welche aktuellen heimischen Bands gefallen euch?
Ja klar, da denkt man gerne zurück. Das war unsre Jugend, wir sind ja praktisch dort aufgewachsen. Dort habe ich meine Freundin vor über 20 Jahren kennengelernt, wir sind immer noch glücklich zusammen! Mittwochs und sonntags….Mensch, da hat man erst mal eine Stunde gebraucht, um alle Leute zu begrüßen. Nach drei Stunden war man voll und ist zur letzten oder zur ersten S-Bahn gelatscht.
ATROCITY gehörten natürlich zum Inventar, das war ja unsre Hausband! Später dann SACRED STEEL, klar. Die find ich auch heute noch klasse. Gerrit ist auch schon immer ein großer Einfluss für mich gewesen. Ohne DAWN OF WINTER würde es heute wahrscheinlich auch kein DOOMSHINE geben. Wir würden dann vielleicht METAL CHAPEL heißen und wie ’ne schlechte MANOWAR-Kopie klingen, haha. Sonst gefallen uns natürlich noch MIRROR OF DECEPTION, ist ja klar. Was da in den letzten paar Jahren passiert ist, finde ich auch mehr als beachtlich. Atmosphärisch dichter geht’s ja kaum noch. Siffi von MIRROR wird immer besser, die Songs werden immer besser und mit „Der Student von Ulm“ haben sie sich mit dem ersten schwäbischen Doomsong absolut unsterblich gemacht. Herrlich!!!
Vielen Dank für das Interview! Die letzten Worte gehören dir!
Ich glaub, ich hab genug gequatscht, meinst Du nicht? Naja, ich danke jedenfalls allen, die uns über die ganzen Jahre nicht vergessen haben. Ich würde gern versprechen, dass es bis zum dritten Album nicht so lange dauert, aber ich halte da lieber mal den Ball flach. Wie wär’s mit Sommer 2015? Das könnten wir schaffen. Und wie gesagt, zum vierten Album steigt dann eh Leo bei uns ein…
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