Djerv
Interview mit Stian Kårstad
Interview
In der Heimat wurden sie mit einer Chartplatzierung gewürdigt, und auch im Rest der Welt ist man sich einig: DJERV, der Supercombo aus Norwegen, ist mit ihrem Debütalbum ein ganz großer Wurf gelungen. Warum sich erst Bands auflösen mussten, damit wir diese Band erleben dürfen, erzählte mir Gitarrist Stian Kårstad im Interview.
Hallo Stian! Ich könnte dir jetzt meine komplette Rezension nacherzählen, aber ich belasse es mal bei einem ganz simplen Lob: Großartiges Album! Da ich euch schon von anderen Bands kannte, war mir aber auch klar, dass da nichts anderes zu erwarten war. Seid ihr von der ganzen Lobhudelei nicht langsam genervt?
Besten Dank! Positives Feedback ist immer schön, vor allem weil man dadurch merkt, dass es wirklich bei den Leuten ankommt. Wir haben verdammt hart an dem Album gearbeitet, um es jetzt endlich der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Jetzt ist es etwas völlig anderes, diese Songs live zu spielen, weil die Fans sie nun kennen.
In meiner Rezension habe ich euch als ANIMAL ALPHAs bösen Zwilling beschrieben, der sich einen ordentlichen Schuß Black Metal reingejagt hat. An anderen Stellen fielen Termini wie „black ’n‘ roll“, „female-fronted“ und „alternative metal“. Wenn du nur einen Satz hättest, wie würdest du dann euren Stil beschreiben?
Puh, das ist echt schwer zu sagen! Ich habe immer Schwierigkeiten damit, meine eigene Musik zu beschreiben, aber vielleicht wäre es hinsichtlich DJERV mit „hard rocking metal“ sehr gut getroffen… Es gibt doch ohnehin bloß zwei Genres in der Musik: Rock und Disco. Wir sind Rock!
Was denkst du darüber, wenn du all diese Stilbezeichnungen hörst, mit denen DJERV derzeit überhäuft werden? Ist das eine Einschränkung oder bist du eher glücklich darüber, dass die Hörer auf diese Weise offensichtlich die vielseitigen Einflüsse in eurer Musik würdigen?
Mich interessiert das eigentlich nicht, solange die Leute das finden, wonach sie suchen. Ich kann schon verstehen, warum es für viele schwer ist, uns richtig einzuordnen – und ich finde, das ist auch gut so.
Ihr kommt ja alle aus ziemlich bekannten Bands – wie kam es da eigentlich zur Gründung von DJERV? Habt ihr euch alle einfach in der Bar getroffen und gesagt, „Hey, unsere alten Bands gibt es nicht mehr, also lasst uns einfach was Neues anfangen!“
Ob du’s glaubst oder nicht, aber es war tatsächlich so! Erlend und ich haben uns in einer Osloer Bar ein paar teure Biere reingepfiffen und darüber geredet, ob wir nicht mal zusammen ein Projekt starten sollten. Damals waren wir beide noch ziemlich beschäftigt, aber als sich dann plötzlich ANIMAL ALPHA und auch STONEGARD auflösten, haben sie mich zu einem Treffen eingeladen. Und da kam dann auch tatsächlich dieser Satz: „Hey, unsere alten Bands gibt’s nicht mehr, lasst uns doch was Neues anfangen!“
Coole Sache! Ich finde ja das, was ihr auf eurem Album anstellt, ziemlich einzigartig, auf jeden Fall die Art und Weise, wie ihr das rockt. DJERV ist nicht einfach nur Black Metal und Rock’n’Roll – die Musik sprengt Barrieren, spielt mit Stimmungen und Atmosphäre und verkörpert eine musikalische Kohäsion, die das Gesamterlebnis nahezu natürlich wirken lässt. Wolltet ihr das erreichen, als ihr die ersten Songs geschrieben habt, oder hat sich das im Laufe der Zeit so entwickelt?
Der erste Song, den wir geschrieben hatten, war „Headstone“, und das war für uns schon der natürliche Startpunkt. Allmählich kamen ein paar Black-Metal-Riffs hinzu, wie z.B. beim Track „Immortal“ und Crossovers wie bei „Ladder To The Moon“. Während der Aufnahmen bewegten wir uns dann noch ein Stück stärker Richtung Rock’n’Roll, blieben aber trotzdem heavy, mit entsprechend tiefgestimmten Saiten. Und dann spielen natürlich unsere unterschiedlichen Hintergründe eine große Rolle in der Entwicklung.
Gibt es neben diesen Hintergründen noch andere Einflüsse, die den Weg in eure Musik gefunden haben?
Ich selbst habe z. B. etliche, unterschiedliche Sachen nebenbei gemacht, mir sozusagen meine Brötchen bei diversen Projekten verdient. Da waren auch Stile wie Country, Blues und Pop dabei. Ich jamme einfach rum, spiele andere Riffs, als ich das im Metal machen würde, und schaue dann, was funktioniert, und was nicht. Als Band beeinflussen uns sicherlich eine ganze Menge Dinge, aber am Ende geht es nur darum, ob uns dreien ein Song gefällt.
Das Album war ja ursprünglich für eine Veröffentlichung im letzten Jahr angesetzt, hat sich dann aber fast um ein Jahr verzögert. Habt ihr noch an den Songs gefeilt, oder warum kam es zu dieser Verspätung?
Es war eigentlich so gut wie fertig, aber wir mussten halt noch das richtige Label finden. Als wir mit den Aufnahmen begannen, musste es ziemlich schnell gehen, da blieb keine Zeit für großartige Experimente. Wir sind allerdings auch immer sehr gut vorbereitet, wenn wir ins Studio gehen.
Ein interessantes Detail für mich war, das Danne Bergstrand das Album produziert hat, weil ich ihn nur durch extremere Alben kennen, bei denen er die Finger am Regler hatte. Was kannst du uns über die Arbeit mit ihm berichten?
Danne hat das Album nicht produziert, sich aber um das Tracking gekümmert. Matt Hyde (MONSTER MAGNET, NO DOUBT, SLAYER) hat den Mix gemacht. Ich mag Dannes Produktionen sehr, vor allem seinen Schlagzeugsound. Ich hab auch gehört, dass er sehr gut für Gesangsaufnahmen ist, und das hat er ja bei Agnete auch unter Beweis gestellt.
Was bedeutet denn eigentlich der Name „Djerv“?
Das ist ein altes, norwegisches Wort, was heutzutage kaum noch benutzt wird. Es bedeutet soviel wie „wagemutig“. Es ähnelt auch dem norwegischen Wort „jerv“, welches für „Vielfraß“ [Bärenmarder, Anm. d. Verf.] steht.
Und noch eine weitere Bedeutungsfrage: Das Cover der „Headstone EP“ hat ja eine schwarze Katze geziert – nun ist es Katzenschädel. Schädel sehen natürlich immer cool aus, aber was für eine Bedeutung hat er im Zusammenhang mit DJERV?
Uns gefiel die Idee mit der Katze einfach, und dahinter steckt auch wirklich kein tieferer Sinn. Wir haben einiges für das Coverdesign des Albums ausprobiert, und Martin Kvamme hat uns dann dieses schöne Motiv gezaubert. Vielleicht wird das mit der Katze ja mal unser Markenzeichen, wer weiß.
In eurer Heimat ist das Album auf Platz 8 eingestiegen. Habt ihr mit so einem erfolgreichen Start gerechnet? Immerhin hatte ja schon eure EP guten Anklang gefunden.
Nein, damit hätte ich nie gerechnet, und es ist wirklich cool, dass wir so eingestiegen sind! Ich denke mal, die EP und auch Agnetes Kollaboration mit DIMMU BORGIR haben da einiges zu beigetragen. Außerdem hatten wir ja auch etliche Gigs hier Norwegen gespielt, noch bevor das Album draußen war. Auf dem Øya Festival in Oslo und dem By:larm hatten wir ebenfalls zwei sehr gute Auftritte.
Das Metalbands in die Charts kommen, ist ja heutzutage keine Seltenheit mehr wie noch vor Jahren, trotzdem werde ich den Eindruck nicht los, dass das vor allem in den skandinavischen Ländern etwas Anderes ist, als hierzulande. Ich meine, in Deutschland gibt es die Alternative Charts, aber frag nicht, was hier überall im Radio gespielt wird… jeden Tag der gleiche Mainstreamkunststoff. Sind die Leute im hohen Norden tatsächlich aufgeschlossener gegenüber härteren Klängen jenseits vom Popgedudel?
Der Eindruck täuscht sicherlich, denn so groß ist Black Metal wirklich nicht in Norwegen. Als ich z. B. mit GOD SEED auf Tour war, hatten wir außerhalb von Norwegen immer mehr Besucher bei unseren Konzerten, als in der Heimat. Bands wie DIMMU BORGIR oder KEEP OF KALESSIN haben mittlerweile auch das kommerzielle Publikum erreicht, und dann gibt’s da noch solche Grenzgänger wie KVELERTAK, die auch von den großen Radiostationen gespielt werden. Aber ich glaube nicht, dass die Leute hier irgendwie aufgeschlossener sind, denn auch hierzulande hört die Mehrheit hauptsächlich Popmusik.
Da DJERV ja unverweigerlich auch viele Verbindungen zur Metalszene hat, würde mich mal die das Feedback aus diesem Bereich interessieren. Gab es da Unterschiede zwischen „alten“ und neuen Fans?
Aus der Metalszene kamen eigentlich fast durchgängig die positiveren Stimmen, das war ziemlich cool. Von der eher kommerziellen Seite kam aber auch viel Lob. Ich habe eine Menge alter ANIMAL ALPHA Fans getroffen, die wohl einfach mit Agnete „nachgezogen“ sind.
Debütalben verlangen immer nach Liveaktivitäten. Ist da bei euch schon etwas Größeres geplant?
Ja, momentan sind wir dabei, ein paar Shows außerhalb von Norwegen zu organisieren, hoffentlich auch ein paar Gigs in Deutschland. Auf unserer Webseite www.djervmusic.com kann man immer die aktuellsten Daten einsehen.
Was packt ihr denn so alles auf eure Setlist?
Für gewöhnlich die Songs vom Album, manchmal auch „Symphony Of Destruction“ von MEGADETH. Wir arbeiten derzeit schon an neuen Songs, vielleicht bauen wir auch ein paar andere Covernummern mit ein.
Ihr seid mit eurer Musik zuerst auf MySpace vorstellig geworden. Mittlerweile schaufelt sich diese Seite ihr eigenes Grab. Auf Facebook seid ihr aber auch zu finden. Wie wichtig sind euch diese Plattformen, wie interaktiv seid ihr dort?
Ob sozial oder nicht, wichtig sind diese Netzwerke auf jeden Fall für uns. Das Internet ist mittlerweile zur größten und bedeutendsten Promotionsfläche geworden. Das merkt man z. B. auch bei unserem Musikvideo, welches die meisten Leute im Netz gesehen haben, nicht im Fernsehen.
Teilweise nimmt es schon überhand, denn an jeder Ecke gibt es andere, neue Musikplattformen, wo man teilen, verbreiten und „liken“ kann. Verliert dadurch die traditionelle Bandwebseite auf Dauer ihren Reiz? Was bevorzugt ihr persönlich?
Das wichtigste ist, dass die Leute uns finden, nicht was wir persönlich von solchen Plattformen halten. Natürlich ist eine eigene Website eine gute Entscheidung, aber man muss trotzdem sozusagen an allen Fronten aktiv bleiben. Wir versuchen auch so gut es geht, da nicht den Anschluß zu verlieren, auch wenn es gar nicht so leicht ist, immer up-to-date zu bleiben. Ich meine, hey… wir werden schließlich auch nicht jünger.
„Djerv“ erschien auch auf Vinyl, dem Format, was schon zwei Mal totgesagt wurde, aber sich immer noch großer Beliebtheit erfreut. Heutzutage ist es ja die CD, die bei nicht wenigen Leuten auf der Abschußliste steht. Was hälst du von dieser Entwicklung? Wird es bald altmodisch, Musik auf Tonträgern zu veröffentlichen, werden CDs und Vinyls bald nur noch ausschließliche Sammlerobjekte sein? Was wird die Zukunft deiner Meinung nach bringen?
Ich glaube, langfristig werden physische Tonträger verschwinden, auch wenn es weiterhin Sammler geben wird. Und für die ist Vinyl da fast noch die bessere Wahl als eine CD. Spotify und Wimp (die norwegische Variante davon) starten hierzulande gerade richtig durch, und man findet dort im Prinzip alles, was man haben will. Ich glaube auch nicht, dass jeder, der Vinyl kauft, sich das auch anhört. Vinyl wird gesammelt, die Songs aber hört man im Netz oder auf dem iPod. Plattenspieler oder CD-Player werden hier jedenfalls langsam zur Rarität.
Na dann schauen wir mal, wann den Silberscheiben die letzte Stunde schlägt. Besten Dank für das Interview!
Ebenfalls, vielen Dank!
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Stile | Black Metal, Black'n'Roll, Hard Rock |
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