Disbelief
Disbelief
Interview
Hy Hy. Wie die meisten inzwischen wissen, habt ihr vor kurzem euer drittes Album, „Worst Enemy“, auf den Markt losgelassen. Doch es gab Disbelief natürlich schon lange vor diesem Hammeralbum. Es wäre toll, wenn ihr einen Überblick über eure Bandgeschichte geben könntet.
O.k. ganz kurz, denn disbelief hat schon ca. 10 Jahre auf dem Buckel. Da hat sich viel getan. Das wichtgste kann ich dir kurz schildern. Olli und Jagger waren, wie gesagt vor 10 Jahren, die Gründungsmitglieder der Band. Sie produzierten dann einige Demos, bevor, na sagen wir mal, sich die Spreu vom Weizen trennte. 1995 formte sich ein line-up, welches professionell arbeiten wollte. 1996 gingen wir für die erste disbelief-CD ins Studio. Diese CD erschien 1997 schlicht unter dem Namen „disbelief“. Im Herbst des gleichen Jahres waren wir drei Wochen mit Six Feet Under in Europa unterwegs. Im Juni 1998 erschien das Nachfolgewerk „Infected“. Diese CD wurde dann erst im Januar ´99 auf einer großen Tour mit Boltthrower promoted. Im März ´99 verabschiedeten wir uns aus personellen Gründen ein wenig von der Bildfläche. Erst im Herbst ´99 war die innere Band-Chemie wieder geheilt und disbelief konnte zu einem neuen Schlag ausholen. Im Mai/Juni 2000 entstand dann die jetzt erschienene CD „Worst Enemy“. Trockene Fakten, aber du wolltest das ja mal wissen.
Wann hattet ihr mit den Arbeiten zu „Worst Enemy“ angefangen ? Auf mich macht das Album den Eindruck, als ob es viele Tage intensiver Anstrengung gekostet hätte – was sich zweifellos ausgezahlt hat.
Die Arbeiten zu W.E. dauerten im Prinzip von Herbst 1998 bis Juni 2000. Ewig, nicht wahr? Wenn wir nicht Band-intern so große Probleme bekommen hätten, wären wir im April 1999 zu Peter Tätgren ins Studio gefahren, und die CD wäre im August 1999 schon rausgekommen. So war es geplant und gebucht, musste aber dann alles verworfen werden. Aber nix ist so schlecht, dass es nicht gut ist für etwas; sagt man ja. Und es stimmt!
Wir hatten immense Zeit, uns zu entwickeln. Vielen Bands hört man an, dass sie von der Plattenfirma buchstäblich ins Studio gejagt werden, um so schnell wie möglich einen neuen Release im Plattenladen zu haben. Die Kuh soll gemolken werden, was das Zeug hält; da sind die Labels alle gleichermaßen gierig. Das Resultat ist meist ein unkreativer Abklatsch der vorherigen CD. ES kommt mir vor, als würde die gesamte Metal-Szene unter dieser Krankheit leiden. Also, guter Tip an alle Musiker: Spielt interne Probleme vor und nehmt euch Zeit, kreativ zu sein, euch weiterzuentwickeln, Musik zu machen, welche euch gefällt und nicht nur eurem Label. Wir haben dann auch davon abgesehen, mit Peter Tätgren zusammenzuarbeiten. Er ist ein spitzen Produzent und wirklich ein supernetter Typ. Es hätte sich auch gut gemacht, wenn man mit Peter T. als Produzent der CD werben kann. Aber: Für den Sound, den wir uns für disbelief vorstellen, war er dann unserer Ansicht nach nicht die richtige Wahl. Und nun sind wir absolut froh, mit Andy Classen gearbeitet zu haben. Death-Metal ist nur eine Facette von disbelief, die hauptsächlich vom Gesang herrührt. Die Musik ist aber viel individueller und benötigt alles andere als eine Genre-übliche Klischeeproduktion. Classen hat uns 100%ig verstanden und der Musik zu dem energiegeladenen, dynamischen Klanggewand verholfen, das sie verlangte. Diese Prozesse musst du als Musiker aber steuern, sonst laufen sie aus dem Ruder. Äh, wie war die Frage…? Ach so: Wenn du keine Zeit hast, deine Musik mal aus großer Entfernung zu betrachten, drehst du dich im Kreis. Und ich möchte niemandem zu nahe treten, aber die Metal-Szene hat ganz, ganz dringend neue Impulse nötig. Ich bin froh, dass wir Zeit hatten, unsere Individualität zu entwickeln. Von Anstrengung kann man dabei nicht reden, weil das Schaffen vom Herzen angetrieben wird.
Inwieweit haben sich die Besetzungprobleme auf das Album niedergeschlagen ? Ist die Intensität und Endzeitstimmung auf die düsteren Aussichten in den letzten Monaten zurückzuführen, oder hat das ganz andere Gründe ?
Ich finde uns gar nicht so düster. Jeder sagt uns das nach, aber ich finde, dass unsere Musik sehr viel Kraft gibt. Wenn man sich auf unsere Art, Dinge auszudrücken, eingelassen hat, steckt da soviel Energie drin. Das ist ja schliesslich etwas positives. „Endzeitstimmung“, wie du es nennst, ist ein Stilmittel von disbelief. Dieses ist unabhängig davon, wie es uns gerade geht. Natürlich ist unsere Musik für uns eine Art Therapie, aber wir werden keine Schlagermusik spielen, wenn es uns mal gut geht. Die Vorstellung ist aber lustig. Wenn man auf Tour ist, wird dann den einen Tag, bei guter Stimmung, auch lustige Musik gemacht.
Was steht eigentlich hinter den einzelnen Songs ? Obwohl Titel wie „Misery“, „Survive“ oder „Denial“ recht prägnant sind, wäre ich doch froh, von euch zu erfahren, was hinter diesen gewaltigen Songs steckt. Leider konnte ich die Songtexte nirgends finden.
Das Album ist zusammengefasst unter dem Titel „Worst Enemy“. Damit sind Dinge gemeint, welche schlecht für einen selbst sind. Man denkt, das könnten andere Personen, das Schicksal, Politik oder wer weiß was sein. Meist liegt man damit aber vollkommen verkehrt, denn in den meisten Fällen steht man sich selbst im Weg und sucht nur einen Sündenbock. 99% der Probleme kann und muss man eigenhändig lösen. Der leichteste Weg ist immer, anderen die Schuld zu geben.
Bei Songtexte fällt mir ein – ihr seid gerade am relaunch eurer Homepage, oder ? Momentan funktioniert wohl noch nicht alles, und es finden sich auch nicht alle Informationen, die ich mir wünschen würde. Wie wichtig ist euch die Präsenz im Internet ? Es gibt einige Bands, die einen schicken Webauftritt spendiert bekommen haben, aber selbst wenig Bezug zu diesem Medium haben.
Die Freundin unseres Gitarristen studiert Webdesign und ist somit bestens qualifiziert, die disbelief-Seite zu entwerfen. Sie kennt uns sehr gut, weiß, was wir uns vorstellen, und setzt das um. Somit haben wir immer eine treffende Selbstdarstellung bei (Link) . Schaut mal vorbei, wir freuen uns auf euren Besuch.
Um bei der neuen Scheibe zu bleiben – hattet ihr direkten Einfluss auf die Gestaltung des Covers, oder wurde euch das mehr oder weniger vorgegeben ? Einerseits ist das Cover-Artwork sehr gelungen, aber andererseits fehlt mir ein wenig der Bezug zum Album selbst. Wo ist die Verbindung ?
Thomas Ewerhard, der auch die Cover von Hypocrisy, Spock`s Beard und tausend weiteren CDs gestaltet hat, hat auch unser Infected-Cover schon gemacht. Er hat, bevor er seine Arbeit anfängt, die Musik, den Titel und auch Songtexte vorliegen. Davon lässt er sich beeinflussen und legt los. Das tiefe Blau unseres Covers strahlt eine ungeheure Kälte aus, und wir fanden, das passt recht gut zu „Worst Enemy“.
Ja, Ewerhard ist wirklich ein phantastischer Künstler. Wer sich einen Überblick über sein Schaffen machen möchte, der sollte unbedingt unter (Link) vorbeischauen. Doch zurück zu euch – was erhofft ihr euch von „Worst Enemy“? Euer Bekanntheitsgrad ist momentan ja leider noch nicht ganz so groß wie der von anderen Bands, die sich vielleicht nicht so ins Zeug legen wie ihr – denkt ihr, dass sich das jetzt ändern kann ?
Jo, dann hoffen wir mal, dass unser Bekanntheitsgrad steigt. Grundlage dafür bildet die Musik und kein Pressehype. Wir machen Musik, mit der man am besten live überzeugt. Und wir werden im Herbst unsere Vorstellung von harter Musik live präsentieren. Mal schauen, auf was für einer Tour.
Ich kann dir nicht 100% zustimmen. Die Musik _sollte_ die Grundlage für den Bekanntheitsgrad einer Band darstellen, aber wenn du dich umsiehst, kannst du dann wirklich voll hinter dieser Aussage stehen ? Schau dir an, wie Bands, die musikalisch wenig zu bieten haben und offensichtlich nicht hinter ihrer Musik stehen, durch exzessive Promotion „berühmt“ gemacht werden (wie z.b. Raise Hell), und dann nimm Bands wie Nocte Obducta o.ä., die vielerorts eine ausgezeichnete Reputation geniessen, aber durch quasi nicht vorhandene Promotion ihres Labels kaum eine Chance haben, genügend Leute mit ihrer Musik zu erreichen.
Ja, okay, ich habe mich nicht ganz klar ausgedrückt. Für disbelief bildet die Musik die Grundlage. Unsere Plattenfirma wird nichts für uns tun, wenn sich die Platte nicht ein wenig von selbst verkauft. „Von selbst“ beinhaltet natürlich, dass die CD in möglichst vielen Magazinen besprochen wird und dass sich um Interviews gekümmert wird. Mehr macht unser Label aber nicht. Es besteht kein Marketing Konzept wie vielleicht für Raise Hell (kenn ich gar nicht). Als Band freut man sich natürlich darüber, wenn die Plattenfirma Engagement zeigt. Für die Plattenfirma besteht jedoch immer ein gewisses finanzielles Risiko. Eine glänzende Reputation macht nicht unbedingt gleichzeitig gute Verkaufszahlen. Da zählen andere Gesetzmäßigkeiten, wie vielleicht grob gesagt „Zeitgeist“. Bei höheren Promotion-Investitionen liegen durchaus auch Marktforschungsanalysen zugrunde. Ich werde mich nun nicht über andere Bands beschweren, die gute Unterstützung ihrer Labels bekommen. Bei uns gab und gibt es wenig Unterstützung, weil wir keinem gängigen Markt entsprechen. Wir müssen damit leben und hoffen, dass wir uns auch so durchsetzen.
Sehr bodenständige Ansichten. Wo wir gerade bei Promotion sind – wenn ich mir den Promotionflyer ansehe, kann ich da lesen „Das dritte Album von Deutschlands extremster Death Metal Band“. Natürlich sind das hauptsächlich Marketingsprüche, aber wie steht ihr dazu ? Seht ihr euch selbst auch in dieser Position ?
Tja, das kommt immer darauf an, wie man Härte definiert. Für die einen ist schnelle DoubleBass und Corpse-Paint ultra hart, für andere ist das das reinste Kasperletheater. Wir denken nicht in diesen Superlativen („die härteste Band“), aber wir wollen harte Musik neu definieren. Das ist nämlich von Zeit zu Zeit nötig. Letztens habe ich mal wieder die „Hell Awaits“ von Slayer gehört. Meine Güte, das war damals das Megabrett! Aber nur ein paar Jahre später klingt es im Vergleich zu, na sagen wir mal, Pantera total lasch. Heute dreht sich das „Härte-Karussell“ auch schon recht lange im Kreis, und wenn wir als eine neue Alternative zur bestehenden Extrem-Härte angenommen werden, freut uns das sehr.
Ihr habt schon etliche Liveshows hinter euch. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass man euch in der Gegend rund um Frankfurt (Main) nicht sonderlich oft zu sehen bekommt. Täuscht das, oder woran liegt das ?
Ach, du kommst aus Frankfurt. Nee, in der Tat, hier in der Gegend zu spielen bildet für uns keinen Reiz. Meist kommen da viele Bekannte und man ist befangen. Unsere Release Party, Ende April, war in Dieburg. Das liegt ca. 30 Autominuten von Frankfurt entfernt. Es war gestopft voll und unterm Strich auch geil. Aber „Auswärtssiege“ zählen für uns wesentlich mehr.
Werdet ihr eure neue CD massiv live vorstellen ?
JA! Wie gesagt, mal schauen! Augen aufhalten!
Tja, das war´s eigentlich. Wollt ihr noch irgendwas loswerden ? Lieblingssorte für Bierspenden o.ä. ?
Bierspenden? Ich denke, da bekommen wir innerhalb der Band keine einheitliche Meinung zustande… wäre ja meine Chance! Also, ich sag mal Becks, o.k.?
Becks ? Ja Himmel, trinkt denn keiner mehr Alt ? Aber ok – besser als Weizen ist das allemal. Vielen Dank für die ausführlichen Antworten, und lass auch mal wieder hier in der Gegend die Sau raus.
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