Dimmu Borgir
Interview mit Shagrath und Silenoz zu "In Sorte Diaboli"

Interview

Es ist wieder soweit. DIMMU BORGIR beglücken ihre Fans und ihre Hasser mit einem neuen Album. Dass „In Sorte Diaboli“ aber auch Leute zu spalten vermag, die den umstrittenen Norwegern sonst ohne dogmatische Zeigefingerfuchtelei gegenüberstehen, zeigen die Meinungen aus unserer Redaktion, die zum Thema ziemlich auseinander gehen. Mit derlei Reaktionen haben Shagrath & Co. aber seit mittlerweile zehn Jahren zu kämpfen, als ihnen zu „Enthrone Darkness Triumphant“ zum ersten mal auf breiter Front Ausverkauf vorgeworfen wurde. Die Band scheint es kaum zu stören – und der Erfolg gibt ihr Recht: mit dem letzten Output „Death Cult Armageddon“ war immerhin Platz 16 der Media Control Charts drin. Eine respektable Leistung für ein Extrem Metal Album. Dass im Hause DIMMU BORGIR mit einem anderen Maß gemessen werden muss, sollte schon seit längerem klar sein. Aber so beharrlich, wie dieser Band der Stempel „Black Metal“ aufgedrückt wird, nur um im selben Atemzug zu argumentieren, dass sie ja gar keiner ist, grenzt das schon fast an Schizophrenie. Selbst sehen sich DIMMU BORGIR schon lange nicht mehr als Black Metal. Welche Ansichten sie noch vertreten, haben uns Shagrath und Silenoz unter acht Augen verraten.

Dimmu Borgir

Thomas: Bei der neuen Scheibe handelt es sich um ein Konzeptalbum. Worum geht es dabei genau und was hat euch dazu inspiriert?

Silenoz: Es geht um einen Kerl, der für die Kirche in seinem Ort arbeitet, zu einem gewissen Zeitpunkt aber eine Offenbarung hat und daraufhin einen tiefgreifenden spirituellen Wandel durchläuft. Er erfährt, dass er zu einem Stammbaum gehört, dessen Wurzel der Teufel selbst ist. Er glaubt, in seiner Gemeinde das Werk des Teufels auf Erden zu vollführen. Die Leute fangen an, in ihm negative Dinge zu sehen und stigmatisieren ihn. Er wird zu einer Bedrohung für die Gemeinde und die Menschen um ihn herum. Die Geschichte ist ein Symbol dafür, dass Leute, die ihre wahre Identität finden, dafür leiden müssen. Sie ähnelt sehr der Geschichte, wie Luzifer aus dem Himmel geworfen wurde. Auch er war eine Bedrohung für die anderen Engel und für Gottes Schöpfung. Menschen fühlen oft Dinge, von denen sie nichts wissen. Darum geht es auf diesem Album.

Thomas: Im Endeffekt geht es also um Individualität?

Silenoz: Natürlich! Denn er bricht ja aus dieser religiösen Gedankenwelt aus, als er realisiert, dass es gegen seine wahre Natur ist und er damit nie seiner Bestimmung gerecht werden kann. Ich weiß, das klingt an vielen Stellen sehr märchenhaft und romantisch. Es ist eben sehr symbolisch gehalten. Nichtsdestotrotz ist das Album stellenweise auch sehr persönlich. Die gesamte Idee hinter dem Konzept passt sehr gut dazu, wie wir in all den Jahren als Band gesehen wurden. ‚Seid ihr nun Black Metal? Seid ihr kein Black Metal? Blablabla…’ Wir waren schon immer Außenseiter. Nicht nur in der Black Metal-Szene, sondern im Metal ganz allgemein. Es steckt sehr viel Symbolik drin.

Thomas: Ihr habt also auch eure eigene Biographie verarbeitet?

Shagrath: Definitiv. Wenn man sich mit den Texten beschäftigt und ein wenig zwischen den Zeilen liest, gibt es da einige offensichtliche Stellen. Beim Schreiben fallen dir oft Doppeldeutigkeiten auf.

Thomas: Dafür, dass ihr zwischen den Stühlen sitzt, wurdet ihr schon immer angegriffen. Steht ihr über diesen Anfeindungen?

Shagrath: Wir haben uns nie darum gekümmert. Glaube ich zumindest. Eine Weile lang hat es uns schon angekotzt, dass wir ständig missverstanden wurden. Nach einer gewissen Zeit haben wir allerdings gemerkt, dass es großartig ist, missverstanden zu werden und die Leute zu verwirren. Es ist toll, in keine Schublade zu passen. Es schickt die Leute; sie reden mehr über die Band, und das kommt ihr im Endeffekt nur zugute. Dass uns die Leute dafür hassen, dass wir kein Black Metal sind, hat der Band nur mehr Aufmerksamkeit beschert.

Thomas: Im Endeffekt scheren sich wohl auch nur die (Anti-)Fans darum, wie ihr nun zu kategorisieren seid, oder ob ihr noch true seid oder nicht. Euren Freunden, die in anderen Bands spielen, dürfte das ziemlich egal sein, oder?

Silenoz: Denen ist das wurscht, die kümmern sich nicht darum. Wir sind mit nahezu jeder Band in Norwegen befreundet, und denen ist das vollkommen egal. Es ist so lustig, all diese neuen, „truen“ Black Metal-Bands zu sehen, die versuchen, so evil zu sein, und DARKTHRONE auf Knien verehren. Fenriz und Nocturno Culto sitzen zu Hause und lachen über diese Leute.

Thomas: Ist Fenriz eigentlich noch immer Techno-DJ?

Silenoz: Ja, er legt viele verschiedene Stile in den unterschiedlichsten Clubs auf. Heutzutage ist es aber wieder mehr Metal. Mitte der Neunziger war er aber ziemlich tief in der Hardcore-Technoszene drin. Und zwar mit allem drum und dran, inklusive silbernen Hosen und Neonjacken. (lacht)

Norman: Ihr wurdet schon unzählige Male auf die scheinbare Konkurrenz zu CRADLE OF FILTH angesprochen. Ist sie, trotz allem, vielleicht ein Grund dafür, dass das Album viel roher klingt als früher?

Silenoz: Es ist weniger orchestral. Die Leute vermissen sicher den Keyboarder, aber das ändert sich vielleicht beim nächsten Album wieder. Ich glaube, dass Inspiration in Zyklen kommt und geht. Beim einen Album hat ein Bandmitglied vielleicht weniger beizutragen, dafür aber beim nächsten wieder.

Shagrath: Inspiration kommt und geht. Deshalb ist es so angenehm, mit vielen kreativen Köpfen zusammen zu arbeiten. Du weißt, dass du immer genug Material zur Verfügung hast. Das ist nie das Problem.

Norman: Ihr habt sicher davon gehört, dass ein italienischer Journalist das Album anscheinend vorab im Internet veröffentlicht haben soll.

Silenoz: Wenn er es nicht selber war, war es einer seiner Freunde, denen er es gegeben hat. Sein Name war auf dem Watermark – die Sache ist somit klar.

Norman: An diesem Fall sieht man aber auch, dass es für uns Journalisten ein Risiko ist, diese mit Watermarks versehenen Alben herunterzuladen.

Silenoz: Die Watermark-Geschichte hat funktioniert und gleichzeitig versagt. Der Kerl hat das Album offensichtlich veröffentlicht. Aber das war dumm, denn er wusste ja von den Watermarks. Er wusste, vorauf er sich einlässt, als er sich die Platte bei Nuclear Blast heruntergeladen hat. Da gibt es keine Entschuldigung und keine Vergebung. Internet-Downloads und Filesharing ist großartig für Bands ohne Deal. Es ist toll, seine Musik mit anderen Leuten zu teilen und sie so bekannt zu machen. Aber für Bands wie uns, die davon leben und deren einziges Einkommen die Musik ist, ist es extrem frustrierend zu sehen, dass jemand in Sekunden deine Arbeit hochladen kann, in die du Monate investiert hast. Im Endeffekt wird uns das aber auch einige Promotion bringen. Und wenn Nuclear Blast den Fall vor Gericht bringt, ist er gefickt. Er wird die Strafe nicht einmal bezahlen können; ich weiß nicht was sie also mit ihm machen werden.

Shagrath: Sie sollten ein Exempel an ihm statuieren.

Silenoz: Für die anderen Journalisten saugt die Geschichte natürlich. Wenn es nur ein schwarzes Schaf gibt, werden danach eben gleich alle schief angeschaut. Er ruiniert den Ruf einer ganzen Branche.

Thomas: Kommen wir zurück zur Platte. Bereits beim letzten Album, mit seinem kompositorischen Bombast und dem betriebenen Aufwand mit zig Special Editions, habe ich mich gefragt, wie ihr das noch toppen wollt. Die neue Platte in ein Auto legen und die Karre mitverkaufen?

Shagrath: Ehrlich gesagt keine schlechte Idee! (lacht)

Thomas: Gut, das Packaging ist eher Labelsache, aber bezogen auf die Kompositionen: war es Absicht, von dem ganzen Bombast herunterzukommen, und stattdessen komplexe Vierminüter zu schreiben, für die man eine ganze Weile braucht, bis man sie versteht?

Silenoz: Das war für uns ziemlich natürlich. Wir analysieren nicht viel. Das einzige, worüber wir uns im Voraus klar waren, war, dass die Songs kürzer werden würden. Wir haben auch sieben-Minuten-Songs, die auf bestimmten Alben funktionieren, live dafür aber nicht so. Wir versuchen aber, wie gesagt, nicht zu viel zu analysieren. Wenn du dir von deiner Umgebung sagen lässt, wie du einen Song schreiben sollst, dann funktioniert das nicht.

Thomas: Wie passt das aber zum Konzept? Man könnte meinen, dass dieser Stoff nach einer epischen Umsetzung schreit.

Shagrath: Genau das erwarten die Leute auch. Wir geben den Leuten aber nicht, was sie erwarten. Und dafür haben wir schon einige positive Reaktionen bekommen.

Silenoz: Expect the unexpected… (summt die Melodie vor sich hin)

Thomas: DIMMU BORGIR sind das Real Madrid des Extrem Metal. Ihr seid quasi eine Supergroup und habt nur bekannte Namen in euren Reihen. Wie kriegt ihr all diese starken, individuellen Einflüsse unter einen Hut, unter dem auch noch so ein großes Konzept steckt?

Silenoz: Es ist sehr wichtig, den Einfluss aller Beteiligten zu haben.

Shagrath: Das macht die Songs viel variabler. Die Songs werden dadurch interessanter, dass wir unterschiedliche Einflüsse kombinieren können.

Silenoz: Es würde sich sicherlich komplett anders anhören, wenn er [Shagrath] das Album allein machen würde, oder ich. Wir brauchen den Einfluss von jedem Einzelnen, um die Dynamik zu haben, die wir brauchen.

Thomas: Als Nick Barker die Band verlassen hat, und auch Reno Killerich kein dauerhafter Ersatz war, habt ihr Hellhammer geholt. Ist es eine Voraussetzung, einen großen Namen zu tragen, um bei DIMMU BORGIR zu spielen?

Shagrath: Nein, nicht wirklich.

Silenoz: Wir hatten lediglich das Glück, mit einigen sehr guten Drummern zusammenarbeiten zu können. Hellhammer ist ein langjähriger Freund und war immer irgendwo im Hintergrund. Er mag die Band und hat uns schon lange angeboten, auszuhelfen, wenn es mal nötig sein sollte. Es spielt keine Rolle, welchen Background ein Drummer hat, solange er seinen Job erfüllen kann. Wir brauchen keine großen Namen, um ein gutes Album zu machen. Zu Zeiten von „Enthrone Darkness Triumphant“, was ja unser sogenannter „Durchbruch“ war, waren wir selber keine bekannten Leute.

Thomas: Ich habe darauf gehofft, dass Simen auf dem neuen Album endlich mehr cleane Parts bekommt. Warum hat er die nicht?

Shagrath: Weil er die bei ARCTURUS hat. (lacht)

Thomas: Seine Stimme passt aber sehr gut rein.

Silenoz: Wir wollten ihn nicht mehr einbinden, weil es sehr langweilig und klischeehaft klingen würde, wenn er mehr clean singen würde. Er hat eine großartige Stimme, keine Frage, aber sie passt nicht zu DIMMUs Musik. Wir können das nicht übertreiben. Die Leute haben so unterschiedliche Meinungen über dieses Thema. Den einen sind es zu viel cleane Vocals, den anderen zu wenig.

Shagrath: Die Leute verstehen von Balance eben rein gar nichts! (lacht)

Silenoz: Wie gesagt, wenn wir seine Vocals mehr einsetzen würden, würde es sehr langweilig, klischeehaft und vorhersehbar. Simens Stimme kommt zum Einsatz, wenn sie passt, ansonsten nicht.

Thomas: Zumindest habt ihr noch keine weiblichen Parts. Dankeschön.

Silenoz: Was nichts damit zu tun hat, dass wir keine Frauen mögen – im Gegenteil. Immerhin haben wir Keyboards.

Norman: Wenn ich da an Kimberly Goss denke…

Thomas: Aber die hat nicht gesungen!

Silenoz: Nein, das hat sie nicht. Gott sei Dank! (lacht)

Thomas: Wird es für diese Platte eine ähnlich große Tour geben, wie für die letzte?

Silenoz: Ja, aber wir werden versuchen, die Tourneen kürzer zu halten und dafür öfter unterwegs zu sein. Dadurch geht die Motivation nicht so schnell flöten. Für eine so exzessive Band wie uns ist es damit auch einfacher, bei Gesundheit und schlicht auch zusammen zu bleiben.

Thomas: War die lange Tour letztes Mal ein Problem?

Silenoz: Ja, sie war sehr ermüdend. Das waren drei lange Monate mit lauter dreckigen Kerlen in einem Bus. Wenn es jetzt lauter Frauen gewesen wären, wäre es vielleicht noch erträglich gewesen, und man würde nicht nach zwei Tagen schon die Pisse riechen.

Norman: Gab es einen Grund dafür, dass ihr so lange von der Bildfläche verschwunden wart?

Silenoz: Das hatte andere Gründe. Wir haben uns eine Auszeit genommen, und die wuchs auf beinahe vier Jahre an.

Norman: Ihr habt euch sehr rar und die Fans hungrig gemacht…

Silenoz: … und das hier ist unser Reunion-Album! (lacht) Nein, wie gesagt, hatte das andere Gründe. Ein paar der Jungs sind Väter geworden, was natürlich eine Menge Zeit in Anspruch nimmt. Und die Jahre verfliegen eben im Nu. Wir haben nicht vier Jahre lang an dem Album geschrieben. Wir haben damit letztes Jahr begonnen.

Thomas: Womit habt ihr dann die Jahre verbracht?

Silenoz: Ich habe die Zeit genutzt, um Ideen zu sammeln und das Konzept für die Lyrics auszuarbeiten. Dazu hatten wir noch einige andere Bands und Side Projects. Die Zeit vergeht eben sehr schnell.

Thomas: Wie wichtig sind eure Side Projects für DIMMU BORGIR selbst?

Shagrath: Es sind nur Side Projects, mit denen man arbeitet, wenn man freie Zeit hat. DIMMU ist die Hauptpriorität. Es ist gesund, sich einen offenen Horizont zu bewahren. Wir haben das Album mit CHROME DIVISION gemacht und haben bereits ein zweites fertig, das wir im Laufe des Jahres wohl aufnehmen werden. Wenn man so viele Jahre zusammenspielt, ist es gut, noch ein anderes musikalisches Ventil zu haben, durch das du deine anderen musikalischen Ideen rauslassen kannst. Mit DIMMU gibt es einfach Grenzen bei dem, was wir mit der Band machen können. Wenn es nicht zur Band passt, bringt man es besser unter einem anderen Namen heraus.

Thomas: Das CHROME DIVISION-Album war nicht schlecht, bis auf den viel zu sauberen Sound.

Shagrath (verwundert): Zu sauber??? Ich finde ihn ziemlich gut!

Thomas: Definitiv zu sauber, besonders der Drumsound. Mochtest du das letzte TURBONEGRO-Album?

Shagrath: Ja! Ich höre nicht oft TURBONEGRO, aber sie sind definitiv eine coole Live-Band mit coolen Songs. Sie zeigen, wie man simple Musik catchy gestaltet. Das ist ziemlich schwierig! Je simpler ein Song ist, desto schwerer ist es, ihn interessant zu machen.

Norman: Dieses Jahr spielt ihr wieder Wacken und die Leute dürften einiges erwarten.

Silenoz: Ja, ich habe manchmal das Gefühl, dass die Leute einfach zu viel erwarten. Genauso war es gestern Abend mit CELTIC FROST [die Schweizer spielten am Vorabend des Interviews mit KREATOR im Stuttgarter LKA – Anm. d. Red.]. Die Leute erwarten das Armageddon on stage – aber CELTIC FROST sind eben auch nur Menschen. Erwartungen sind gut, aber man muss auch realistisch bleiben. Es ist im Endeffekt nur Musik.

Norman: Fans erwarten mehr. Für sie ist es nicht nur Musik.

Silenoz: Ja, sie erwarten mehr. Sie wollen dieses Feeling erfahren, das sie bekommen, wenn sie die Alben anhören. DIMMU ist eine Band mit zwei Seiten: einmal die perfektionistische Studioband, die akribischen Aufwand für ihre Alben betreibt. Auf der anderen Seite die aggressive, intensive Live-Band, bei der alles passieren kann. Und das tut es auch meistens. Sowohl Gutes als auch Schlechtes. Festivals sind für gewöhnlich eine Tortur, wenn es um den Sound geht.

Thomas: Nicht nur auf Festivals. Im LKA, wo CELTIC FROST gestern gespielt haben, habe ich euch noch nie mit einem guten Sound erlebt.

Silenoz: Ich weiß. Man hört die Doublebass und das Keyboard, der Rest geht im Soundmatsch unter.

Thomas: Mochtet ihr die Show gestern? Ich fand Herrn Warriors Stimme ein wenig dünn und kraftlos.

Silenoz: Ja, uns hat sie gefallen. Vielleicht war er etwas müde.

Thomas: Seine „Uuuhs“ waren nicht so prägnant wie sonst…

Shagrath: Er ist mittlerweile ein alter Mann… (lacht)

Silenoz: Uns geht es genauso. Wir haben wirklich gute Shows und welche, die eben nicht so prall sind. Sowas passiert. Das ist nur natürlich.

Norman: Was macht für euch eine gute Show aus?

Silenoz: Die Interaktion mit dem Publikum ist sehr wichtig. Auch wenn du Fehler drin hast, kannst du für gewöhnlich bereits nach den ersten beiden Songs aufgrund der Publikumsreaktionen sagen, ob es eine gute Show wird, oder nicht.

Thomas: Die meisten Leute hören die Fehler eh nicht.

Shagrath: Das ist der Charme, live zu spielen. Das gibt der Band auch einen menschlichen Touch.

Norman: Was erwartet ihr von DIMMU BORGIR in den nächsten Jahren?

Silenoz: Schwer zu sagen. Wir machen einfach mit unserer Arbeit weiter wie bisher.

Norman: CELTIC FROST sind bereits alte Männer. Werdet ihr in deren Alter auch noch auf der Bühne stehen?

Silenoz: Das weiß man vorher nie. Dio ist 65 und besser denn je!

Thomas: Als SATYRICON letztes Jahr ihr neues Album herausgebracht haben, haben sie es live im Fernsehen gespielt. Gibt es in Norwegen wirklich so viel Akzeptanz für diese Art Musik oder hat das eigentlich niemanden gejuckt?

Shagrath: Es ist heutzutage einfacher, in die Medien zu kommen, da extremer Metal heute eher akzeptiert ist. Man kann ihn nicht mehr ignorieren, da es keinen anderen musikalischen Exportartikel gibt in Norwegen. Wir werden wohl auch in einige Shows gehen, aber uns die aussuchen, die nicht allzu dämlich sind. Wir sind schon einige Male zu Gast in Talkshows gewesen, da es eine große Nachfrage gibt. Zumindest in den letzten Jahren.

Thomas: Worum ging es in diesen Shows?

Shagrath: Vor der Show werden die Themen durchgegangen, um die es gehen soll, damit man sich darauf vorbereiten kann. Aber sobald die Sendung läuft, wird nur über komplett anderes Zeug geredet.

Thomas: In letzter Zeit hat es ja auch einige Dokumentationen über extremen Metal gegeben. Wie denkt ihr über die Kommerzialisierung dieser Art?

Silenoz: Den Leuten geht es nicht um die Musik. Sie sind sensationsgeil und stürzen sich auf die Dinge, die um die Musik herum geschehen sind, um dicke Headlines daraus zu machen. Vor allem in den Neunzigern war das der Fall, als alles noch neu und schockierend war. Die ganzen Sender wollen jetzt auf dieser Diskussion herumreiten, die eigentlich schon zu Tode geritten wurde.

Thomas: Wann kommt Varg aus dem Knast?

Silenoz: In ein paar Jahren, schätze ich. Er hat ja vor einiger Zeit versucht, auszubrechen, was ihm natürlich ein paar Jahre mehr eingebracht hat. Das war nicht so clever.

Thomas: Wie habt ihr die Zeit damals erlebt?

Shagrath: Es war eine schwierige Zeit für uns als Band. Wir mussten uns vielen Polizeiverhören stellen. Wir haben uns aber nie auf den kriminellen Aspekt des Black Metal konzentriert. Uns ging es immer nur um die Musik.

Silenoz: In dieser Zeit habe ich zum ersten Mal Rassismus am eigenen Leib erlebt. Sobald du lange, schwarze Haare hattest, in schwarzen Klamotten und mit Patronengurt herumgelaufen bist, wurdest du gleich aufgegriffen. Es hat niemanden gejuckt, ob du für irgendwas schuldig warst, oder nicht. Sie wollten nur jemanden, den sie einbuchten konnten, damit ihnen die Regierung auf die Schulter klopft. Es war wie im Film: Leute wurden grundlos eingesperrt. Er [Shagrath] war drei Tage lang inhaftiert, ohne überhaupt zu wissen, warum. Vielleicht, weil er die falschen Leute kannte oder so was… Das hat mehr Schaden angerichtet, als es etwas bewirkt hat.

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23.04.2007

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