Dimmu Borgir
Das große metal.de-Interview mit DIMMU BORGIR
Interview
Nach einer enorm langen Zeit von knapp 8 Jahren veröffentlichen Symphonic-Black-Metal-Größen DIMMU BORGIR endlich ihr lang erwartetes zehntes Studioalbum „Eonian„. Wir hatten die Möglichkeit, uns vor einiger Zeit mit Silenoz über das Album und noch viel mehr zu unterhalten. Viel Vergnügen!
Wie fühlt es sich an, nach so einer geraumen Zeit endlich wieder ein Album zu veröffentlichen?
Wir sind enorm gespannt. Ich bin mir sicher, dass wir das Beste aus uns zu diesem Zeitpunkt herausgeholt haben und es fühlt sich gut an diese Gewissheit zu haben. Es sind mittlerweile 8 Jahre seit unserem letzten Album, dennoch glaube ich dass wir ein starkes Album produziert haben. Wir haben sehr viel Zeit reingesteckt, damit kommt aber auch die Zuversicht, dass wir etwas besonderes geleistet haben. Ich glaube, dass in 1,2 oder 10 Jahren dieses Album als ein Höhepunkt in unserer Bandgeschichte angesehen wird, wie „Enthrone Darkness Triumphant“ und „Death Cult Armageddon“.
Euer neues Album trägt den Titel „Eonian“ und wird nebenbei euer 10.Studioalbum sein. Dies ist für jede Band ein bedeutender Meilenstein. 2010 erschien euer letztes Album. Warum war die Pause,um neues Material zu schreiben, so lang?
Wir haben, mal mehr, mal weniger, eigentlich schon seit 2012 an dem Album geschrieben. Erst in den letzten 3-4 Jahren haben wir dann wirklich begonnen, Songs auszuarbeiten.
Wir nehmen uns üblicherweise nach jeder Tour erstmal eine kleine Auszeit. Diesmal benötigten wir mehr Zeit, um uns neu zusammenzustellen. Außerdem sind einige von uns Väter geworden. Dennoch ist es eigentlich nicht so dramatisch , auch wenn die Zwischenzeit für den Fan wahrscheinlich länger anfühlt als für uns. Dazu noch hatten wir keine Deadline, was positive und negative Seiten hat. Zum einen wünchschte ich mir, dass das Album früher heruasgekommen wäre, zum anderen konnten wir uns Zeit nehmen und nur das Beste auf die Platte zu packen.
Ich finde auch, es ist besser sich mehr Zeit zu nehmen und dann mit dem Endprodukt zufrieden zu sein als andersherum.
Absolut, das Album wird vielleicht noch dich überleben. Da ist es wichtig, zufrieden mit der eigenen Arbeit zu sein, und das sind wir.
Du hast „Abrahadabra“ in einem früheren Interview als „episch und zugleich atmosphärisch“ beschrieben. Wie würdest du „Eonian“ beschreiben und mit euren anderen Werken vergleichen?
Das erste Wort, was mir dazu einfallen würde, wäre ermächtigend bzw. ermutigend, jedoch gänzlich ohne religiösen Kontext. Es hat eine Art „siegreiches“ Feeling, und ich wusste, als wir die ersten 2-3 Songs fertiggestellt haben, dass dies ein sehr weit gefächertes Album sein wird und mehr Aspekte des gesamten Dimmu-Kataloges vereinen und dazu gleichzeitig neue hinzufügen. Wenn man sich das Album mehrmals anhört, wird einem auffallen, dass letztendlich alle Songs DIMMU BORGIR repräsentieren.
„Abrahadabra“ wurde sehr von orchestralen Elementen geprägt, war jedoch nicht so bombastisch wie einige der Vorgänger. Welchen Sound wolltet ihr auf „Eonian“ erreichen?
Wir haben keine Formel, nach der wir Lieder schreiben. Eher werfen wir alle unsere Ideen und Inspirationen in den „Dimmu-Topf“ und schauen was am Ende herauskommt. Wenn Galder, Shagrath und ich zum Schluss den Kopf nicken, dann benutzen wir es in einem Song. Wir verwerfen keine Ideen, sondern schauen, ob sie nicht vielleicht in einen anderen Song passen als ursprünglich gedacht. Dennoch haben wir für jedes, wie auch für „Eonian“, viel mehr Material als letztendlich aufs Album passt. Die Herausforderung für uns war nie, Ideen zu finden, sondern die besten auf einer CD zu komprimieren.
Was war die Inspirationsquelle für dieses Album, musikalisch und thematisch?
Aus unserer Sicht sind wir noch ziemliche Old-School-Fans und hören immer noch die alten 80er und frühen 90er-Sachen, vor allem im Black-Metal-Bereich. Wenn man beispielsweise eine alte Platte von DARKTHRONE oder BURZUM auflegt, dann wird man zurückgetragen in die Ära der frühen 90er, wo alles noch mysteriöser war und man dieses jugendliche Gefühl von Unbesiegbarkeit hatte. Das alles hatten wir zu Beginn der Produktion von „Eonian“ im Hinterkopf.
Die erste Single eures neuen Albums ist „Interdimensional Summit“, welches vom Titel her ein sehr interessantes Konzept darstellt.Zusammen mit „Eonian“, was ist das Konzept und/oder die Geschichte hinter solchen exorbitanten Titeln?
Wir wollen, dass sich jeder Hörer sein eigenes Bild aus seinen Vorstellungen schafft. Wenn ich dir meine Ideen oder meine Interpretation der Lyrics geben würde, könnte dies nicht mit deinen Vorstellungen übereinstimmen. Es ist wichtig zu betonen, dass Fantasie und Neugier zwei Schlüsselwörter sind, wenn man Musik hört, sich Kunstwerke anschaut oder ein Buch liest. Es ist deine eigene Interpretation dieser Realität und dies ist etwas, was ich dir nicht abnehmen kann und will. Das fasst es zusammen, dass jeder für sich selbst herausfinden soll, was die Titel bedeuten. Musikalisch kann ein Song interpretiert werden, indem man sagt: dieser Teil ist gewaltig, dieser ist eher primitv, dieser ist eher melodisch. Das ist einfacher zu interpretieren. Aber ein Wort in einem Text kann für jede Person eine andere Bedeutung haben. Deshalb sollte man nicht die Bedeutung einer Phrase verdeutlichen, weil sie für jeden eine andere haben kann
Ihr veröffentlicht bald euer 10. Studioalbum. Ist es schwer, nach so einer geraumen Zeit noch Ideen im selben Stile zu finden, die nicht abgedroschen sondern noch „frisch“ klingen?
Man muss sich quasi selbst produzieren, das soll heißen, dass man sein Ego beiseite packen muss um objektiv auf einen Song sehen zu können. Dies kann eine große Herausforderung sein, wenn man tief drin im Schreibprozess ist. Je älter wir aber werden, desto reifer werden wir, und damit reift auch unser Songwriting. Ich glaube wir haben aus unserem naiven Songwriting aus der Anfangszeit gelernt und versuchen dann einen bessern Song oder ein besseres Album zu kreieren. Wenn uns das Album so wie es jetzt ist, nicht gefallen würde oder wir denken dass etwas fehlen würde, dann würden wir es erstmal nicht veröffentlichen.
DIMMU BORGIR haben über die Zeit einige Wechsel im Lineup gehabt, mit dir und Shagrath als Gründungsmitglieder und Köpfe der Band, und Galder, der seit 2000 in der Band ist. Mittlerweile sind eure Live-Musiker Daray und Gerlioz auch noch fest dazugestoßen. Wie kam es dazu, dass DIMMU BORGIR kein stabileres Line-Up hatte mit mehr Langzeitmitgliedern?
Es ist bei uns wie mit den Anwärtern für eine Biker-Gang. Man muss erstmal seinen Wert, seine Loyalität und Ehrlichkeit beweisen und zeigen, dass man dies auch wirklich aus vollstem Herzen wil und Daray Und Gerlioz sind unsere Live-Unterstützung schon seit 2009/10. Dennoch war es uns für das Opern-Album („Forces of the Northern Night“) wichtig, dass wir den Fakt etablieren, dass Galder, Shagrath und ich der Kern des Songwritings sind, weil so viel Bullshit mit den Lineup-Wechseln passiert ist. Mittlerweile haben sie ihre Loyalität und Ehrlichkeit bewiesen und sind dazu noch fantastische Musiker, denn dieses Album würde sich nicht so großartig anhören, hätten sie nicht Einfluss darauf gehabt. Deshalb finden wir, dass es an der Zeit ist, dass sie auch endlich im Rampenlicht stehe, weil sie es sich erarbeitet und verdient haben. Wir hatten vorher schon ein großartiges Band-Feeling mit ihnen, nur sind sie jetzt offizielle Mitglieder.
DIMMU BORGIR haben über die Zeit ihren Stil verändert. Ihr hattet schon immer symphonische/epische Elemente in eurer Musik, dennoch habt ihr euren Sound vom eher traditionellen Black-Metal-Stil zu einem eher symphonisch/bombastischen Stil geändert, den ihr seit einer geraumen Zeit spielt und damit auch sehr erfolgreich seid. (DIMMU BORGIR ist die erste Black-Metal-Band mit einem Nr.1 Album in ihrem Heimatland) Aufgrund dieser Stiländerung kam dann Kritik von Traditionalisten des Black Metal auf, die euch den „Ausverkauf“ vorwerfen. Glaubst du, dass eine Band ihren Stil verändern und auf den Mainstream zugehen muss, um kommerziell erfolgreich(er) zu sein?
Ich glaube keine Band, die Respekt vor sich selber hat, denkt auf diese Weise. Wir sind eine Band, die nicht an Grenzen denkt, sondern an Möglichkeiten und Chancen. Wir haben immer das getan, was für uns richtig ist. Wenn wir anfangen würden, uns Grenzen zu setzen, wo ist dann der Sinn noch ein Künstler zu sein? Aber mit einer solchen Einstellung kommt auch viel Kritik, aber wir haben uns schon seit unserem ersten Album dran gewöhnt. Damals wurde uns vorgeworfen, dass wir schwul seien, weil wir Keyboards benutzt haben.(lacht) Heutzutage kann man nur noch drüber lachen. Es ist aber auch etwas paradox, dass die Kritk gerade aus der Szene kommt, wo das Individuum am wichtigsten ist. Einige haben aber immer diese Herdenmentalität, genau das ist aber für mich und viele andere auch Black Metal gerade nicht. Es geht ums Individuum und um vorwärts zu gehen, ohne zurückzuschauen.
Siehst du deine Band, gerade durch euren kommerziellen Erfolg und eure musikalische Bandbreite, als eine Art „Botschafter“ für den Black Metal?
Ich bin mir sicher, dass viele Leute Black Metal und brutaleren Black Metal durch uns entdeckt haben. Sogesehen könnte man uns als einen Türöffner für unsere Musik betrachten, und genau das macht mich stolz. Wir machen unsere Art Musik und es ist in Ordnung dass nicht jeder diese mag, ganz im Gegenteil! Es freut mich, wenn andere von unserer neuen Single angepisst sind, da ich es schon geahnt habe, dass sehr viel Wirbel drum gemacht wird.(lacht) Trotzdem sind 98%+ der Reaktionen positiv, obwohl die negativen Meinungen die lautesten Stimmen haben und das ist auch gut so. Ich möchte polarisierende Meinungen, entweder volle Zustimmung oder Ablehnung.
Glaubst du, dass Authentizität im Metal oder vor allem im Black Metal noch wichtig ist? Ist es noch wichtg, dass die Leute einen als „bösartigen Satanisten“ sehen oder ist heutzutage nur noch die Musik, die Texte und die Emotionen das Entscheidende?
Die Sache ist, dass sich keiner einen „bösartigen Satanisten“ anhören wird, wenn er nicht noch gute Musik im Gepäck hat. Dennoch würde ich sagen, dass die Musik an erster Stelle steht. Heutzutage ploppen hier und da immer wieder Black-Metal-Bands auf, bei denen man aber auf den ersten Blick schon sehen kann, dass das nur „Poser“ sind, genau das was uns auch damals vorgeworfen wurde. Aberich glaube, dass wir bewiesen haben, dass wir uns sehr ernst nehmen. Wenn ich nicht auf der Bühne bin oder Interviews gebe, dann steht es mir frei ich selbst zu sein, viele andere verzerren ihr wahres Gesicht und haben eine „Maske“ auf, weil sie denken, dass es von ihnen erwartet wird., was für mich dann letztendlich „Posing“ ist.
Ihr wart schon seit einer Weile nicht mehr auf Tour. Wie ist das Gefühl, vor einer Tour zu sein und nebenbei noch einer der Headliner für das Wacken Open Air zu sein?
Es sieht tatsächlich so aus,dass wir einen der Abende headlinen werden. Darauf freuen wir uns sehr, denn das W:O:A hat uns schon seit 1997 unterstützt, wir haben eine tolle Beziehung mit ihnen und die Fans sind einfach großartig. Ich persönlich liebe es zu reisen und neue Kulturen zu entdecken und neues zu erleben, auch wenn ich Flughäfen und ihre Wartezeit absolut nicht ausstehen kann. Ich mag es sehr, neuen Input durch verschiedene Orte zu kriegen und auf der Bühne zu stehen und das kommt durchs Touren. Es ist ein sehr erfüllendes Gefühl, auf der Bühne zu stehen und seine eigenen Songs einem Publikum präsentieren zu dürfen und diese Energie mit Menschen zu teilen, die gekommen sind, nur um dich zu sehen. Das ist ein sehr spezielles Gefühl, das ist magisch.
Schlussendlich, Glückwunsch zu 25 Jahren DIMMU BORGIR! Was kann man in den nächsten 25 Jahren von euch erwarten?
Wir werden mit dem weitermachen, was wir lieben, solange wir das Gefühl haben, dass wir etwas geben können. Ich meine, wenn JUDAS PRIEST ein grandioses Album im Alter von fast 70 veröffentlichen, dann ist da noch Hoffnung für uns alle. (lacht)