Die Apokalyptischen Reiter
Die Apokalyptischen Reiter
Interview
Nicht mehr lange, dann erscheint mit "Licht" das neue Studioalbum der APOKALYPTISCHEN REITER – für viele Fans vielleicht eine kleine Überraschung. Warum es dabei auch um Entertainment, Buddha, Hoffnung und Aufrührertum geht, hat uns Bassist Volkman erklärt.
Hallo Volkmar. Gratulation zum neuen Album. Verliefen die Aufnahmen zu eurer vollständigen Zufriedenheit?
Eine vollständige Zufriedenheit gibt es glaube ich gar nicht. Es war auf jeden Fall eine sehr aufregende und auch eine sehr kreative Zeit. Man versucht natürlich immer sein Bestes zu geben. Und im Nachhinein stellt man eigentlich immer wieder fest, dass es noch hier und da kleine Geschichten gibt, die man gerne noch mal oder ein bisschen anders machen würde. Aber so ist das nun mal mit einer Platte, da sie ja auch ein Zeitdokument ist und daher muss man manchmal einfach einsehen, dass man es vielleicht gar nicht besser gemacht haben könnte.
Was können die Reitermaniacs von „Licht“ erwarten?
Es ist immer ganz schwierig das selbst zu beurteilen. Ich kann nur sagen, dass wir natürlich versuchen die ganze Sache natürlich dem Zufall zu überlassen und einfach zu komponieren. Das, was uns bewegt, die Geschichten, die einen über den Weg laufen, fließt mit in die Komposition ein. „Licht“ steht sicherlich für Hoffnung, aber auch für Kampf, Fortschritt, Liebe und Mut. Ich kann nicht wie viele Kollegen behaupten, dass die Fans genau das bekommen, was sie von uns erwarten. Bei uns müssen sich Sachen entwickeln. Unsere große Inspirationsquelle ist ja nun das Leben und nicht irgendeine fiktive Heavy-Metal-Welt oder Satan oder irgendwelche Drachen. Wir sind schon nah am Leben dran, also biographisch. So eine Platte schreibt man auch nicht in zwei Wochen. Es gibt auch nicht die Situation, dass jemand ein Riff mitbringt und der andere sagt: „Das ist aber nicht hundertprozentig true und deshalb dürfen wir das nicht spielen.“ Deswegen… erwarten… das ist immer schwierig. Die Leute sollen es sich eben einfach anhören. Ich möchte auch nicht sagen „So, das ist jetzt das beste Album oder das härteste oder irgendwas.“ Wie gesagt, es ist ein Zeitdokument, ein musikalisches Tagebuch.
„Licht“ ist ein Album, das Hoffnung und Lebenslust vermittelt. Verfolgt ihr mit dem Thema eine bestimmte Intention?
Das ist so ein bisschen unser Anspruch und der natürliche Ausdruck der Band: Auch etwas Positives zu bewirken und nicht immer nur destruktiv zu sein.
Hast du Favoriten auf „Licht“?
Ja, alle sozusagen (lacht). Das sind ja alle unsere Babys. Bei uns gibt es einfach keinen Song, wo wir sagen „Der ist Scheiße, aber den brauchen wir noch um die Platte zu füllen.“
Auf eurer Homepage steht u.a. in dem Text zu eurem neuen Album, dass ihr, um wörtlich zu zitieren, die Erkenntnis darüber gewonnen habt, „unter einer Schöpfung zu weilen, die Krieg, Tod, Pest und Hungersnot als statthaft befindet“. Auf eurem letzten Album hattet ihr mit „Soldaten Dieser Erde“ einen Anti-Kriegs-Song. Seht ihr euch selbst generell als sehr politisch oder gesellschaftskritisch?
Ja, ich würde schon sagen, dass die REITER was Aufrührerisches haben. Wir bemühen uns schon darum, dass die Leute auch mal über den Tellerrand hinaus blicken. Es kann sich jeder daraus herausziehen, was er möchte. Man kann natürlich auch einfach nur das Entertainment genießen. Als Künstler hat man die Möglichkeit sich vor viele Leute zu stellen und somit auch ein wenig am Wahlpflichtsbewusstsein zu drehen. So eine Gelegenheit nehmen wir dann auch gerne wahr.
In dem Song „Wir hoffen“ heißt es, ihr hofft auf die Wende. Was würdet ihr an der gesellschaftspolitischen Situation oder generell an der Welt ändern, wenn ihr in der Lage dazu wärt?
Das ist aber eine schwierige Frage (lacht). Darüber könnte man Romane schreiben. Vielleicht könnte man es so sagen: Jeder sollte sich darüber bewusst werden, dass er die Welt sozusagen verändert, auch wenn es nur in einem ganz kleinen Rahmen passiert. Jeder sollte für sein Handeln Verantwortung übernehmen. Es hat auch mal jemand gesagt „Es ist nicht wichtig, wie weit das Feuer der Wahrheit leuchtet, nur dass es leuchtet.“ Jeder sollte mit Vorsicht und Sorgfalt durch das Leben gehen. Oder man könnte es auch wie Buddha sagen: „Jede Ursache hat eine Wirkung.“
Würdest du sagen, dass die Musik oder die Kunst im Allgemeinen einen großen Einfluss darauf hat, etwas zu verändern?
Ja, auf jeden Fall. In der Musik gibt es ja auch viel Missbrauch oder auch Gebrauch, gerade weil sie ja so eine unglaubliche Kraft hat. Ob das nun für irgendwelche Propagandazwecke ist oder ob das, wie wir das eben versuchen, dafür ist, die Leute auf gewisse Sachen aufmerksam zu machen oder einfach Mut oder Kraft zu vermitteln. Es gibt immer wieder Leute, die Briefe schreiben oder sich auf irgendeine Art und Weise melden und sagen: „Danke für den und den Song, der hat mir in einer schwierigen Lebenssituation geholfen.“ Das ist so ziemlich das schönste Kompliment, das man kriegen kann.
Auf eurem neuen Album findet man sehr melodiöse und melancholische Songs wie „Nach Der Ebbe“ oder „Der Elende“ als auch aggressive Songs wie „Adrenalin“. Die Lyrics erzählen von Sorge, Not und Elend auf der einen Seite, aber auf der anderen Seite auch von Hoffnung und Stärke. Die Apokalyptischen Reiter sind in der Bibel die Boten der Apokalypse, sind assoziiert mit Krieg, Pest und Tod. „Licht“ macht Mut auf eine bessere Zukunft, auf eine, um aus „Der Weg“ zu zitieren, „Eine Wende vor dem Ende“. Welche Rolle spielen für euch Gegensätze?
Das Leben schreibt die Lieder und es gibt auch immer die anderen Seiten. In „Der Elende“ geht es um einen Typen aus Bangkok, der sich nackt mit einem Bein mit ausgestreckter Hand durch ein Heer von Touristen bewegt hat. Das war einfach ein Schock für uns. Und so entstehen Songs. „Adrenalin“ ist beim Klettern entstanden, als ich an der Wand festklebte und es einfach nicht mehr weiterging. Wie gesagt, solche Ideen kommen in Situationen, in denen man emotional und physisch sehr gefordert ist. Freude und Leid sind einfach die besten Helferlein, wenn es um Kreativität geht.
Ihr habt in euren Lyrics schon desöfteren verschiedene Fremdsprachen verwendet. Seid ihr der Meinung, dass man bestimmte Dinge in bestimmten Sprachen am besten zum Ausdruck bringen kann oder wolltet ihr einfach experimentieren?
Das ist eher die Freude am Experimentieren. Manchmal ist es auch einfach das Feeling, das sich auf einen auswirkt und dann kommt es zu einem spanischen Song und man denkt sich, dass da eigentlich auch spanische Lyrics drüber müssten. Bei der letzten Platte wollten wir auch mal eine japanische Strophe machen, aber das hängt auch sicherlich damit zusammen, dass ich japanische Freunde habe. Und es hängt sicherlich auch vom Thema des Songs ab. Wenn es ein etwas internationaleres Thema ist, dann neigt man eher schon mal dazu, englische Lyrics zu verwenden.
„Licht“ ist komplett in Deutsch gehalten. Eine bewusste Entscheidung?
Nein, es ist einfach so passiert. Es gab immer wieder Einsätze, bei denen hab ich so ein paar Zeilen im Englischen aufgeschrieben und sie gleich wieder verworfen habe.
Auf „Licht“ wird auch bezüglich der Instrumentenauswahl weniger experimentiert als auf „Riders On The Storm“. Haben Fans in Zukunft weniger Experimente von euch zu erwarten?
Nein, Fans haben grundsätzlich erst mal gar nichts zu erwarten, weil wir selber nicht wissen, wo die Reise hingehen wird. Da gibt es keinen Plan, wie gesagt. Wir versuchen einfach den natürlichen Fluss zu erhalten. Man kann nicht sagen, was in den nächsten zwei Jahren passiert. Ich weiß nicht, wohin die Reise geht.
Im Oktober geht es für euch wieder auf Tour. Wenn ihr nun auf eure Bandgeschichte zurückblickt, welche Gigs haben euch am besten gefallen? Kleine Club-Gigs oder die vor einer riesigen Menschenmenge wie auf dem Wacken Open Air?
Auf dem Wacken vor 50.000 Leuten zu spielen ist auf jeden Fall ein Erlebnis, das man nicht jeden Tag hat. Das sind natürlich schon große Geschichten. Aber es kann natürlich auch ein kleiner Club-Gig sein. Ich erinnere mich an kleine Club-Shows, wo um die 50 Leute da waren, die aber genauso großartig waren, weil da einfach eine ganz eigene, sehr extreme Atmosphäre herrschte. Da gibt es wirklich unsäglich viele schöne Beispiele für. Es gibt natürlich auch ein paar negative, das gehört aber nun dazu.
Bei der Tour gebt ihr vielen Newcomer-Bands eine Auftrittschance. Werden Nachwuchs-Bands in Deutschland eurer Meinung genug gefördert oder muss mehr in der Richtung getan werden?
Gefördert werden die glaube ich gar nicht. Man muss sich schon selber fördern und selbst auf die Beine kommen. Das, was wir versuchen zu machen, ist sicherlich ein kleiner Support in die richtige Richtung. Sonst haben wir ja in der Vergangenheit, wenn wir die Gelegenheit dazu hatten, mit einer größeren Band vor größerem Publikum gespielt. Da haben wir uns auch einfach tierisch drüber gefreut. Es war einfach eine Ehre für uns und auf diese Weise möchten wir gerne was zurück geben.
Mit wem würdet ihr gerne mal zusammenspielen?
Mit vielen Bands. Da gibt es viele großartige Bands, ich könnte das nicht einschränken. Es gibt nicht die eine Band oder etwas in der Richtung. Also ich kann nur sagen, dass ich desöfteren zu Underground-Konzerten gehe oder ich manchmal einfach zufällig dazu stoße und ich mir die Band dann ansehe. Wenn ich die Band gut finde, dann habe ich sofort Lust selber Musik zu machen oder mich auf die Bühne zu stellen und mit den Jungs zu spielen.
Im November spielt ihr auch ein paar Gigs in Russland und der Ukraine. Gibt es Unterschiede zwischen dem deutschen und dem ausländischen Publikum?
Unterschiede gibt es auf jeden Fall, es hängt natürlich auch von dem Gebiet ab, in dem man sich befindet. In Russland funktioniert es super. Was da unglaublich positiv ist, ist einfach die Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Es erfüllen sich natürlich auch alle Klischees und Vorurteile (lacht), aber es war auch einfach ein wunderschönes Erlebnis. Und natürlich Abenteuer pur. Mit dem Nachtzug durch Russland fahren – das hat natürlich was.
Gibt es Länder, in denen ihr besonders gerne mal auftreten würdet?
Ich würde sagen, überall dort, wo man noch nicht gewesen ist. Das erste Mal irgendwo zu sein ist immer spannend und neu und aufregend. Und hoffentlich genug Zeit zu haben, um mehr zu sehen als den Club, das kommt natürlich immer noch dazu.
Habt ihr oft noch Zeit dazu, etwas von der Stadt zu sehen, in der ihr ein Konzert spielt?
Es ist eigentlich ganz unterschiedlich. Manchmal ist es eben stressig und manchmal weniger stressig. Manchmal hat man auch mal einen Day-Off. Zum Beispiel hatten wir einen wunderschönen Tag in Paris, wo wir den ganzen Tag Zeit hatten. Das ist dann natürlich traumhaft. Und in Russland hat man ja zwischen jeder Show mindestens einen Day-Off und wir haben dementsprechend viel gesehen.
Welche Bands hatten den größten Einfluss auf euch?
Das ist eine ganz schwierige Frage. Größtenteils bin ich mit Lärm aufgewachsen. Was uns sehr beeindruckt hat, war sicherlich der alte Death Metal, der Anfang/ Mitte der 90er groß wurde. Das war dann unsere Baustelle, unsere Welle. Um MEGADETH als Beispiel zu nehmen: MEGADETH war sicherlich schon ein großer Einfluss von uns. Ich kann dir aber nicht sagen, wie das alles genau entstanden ist. Irgendwie war trotzdem immer der Wunsch da, ein Keyboard zu benutzen, um einfach vielfältiger zu sein.
Wie bist du persönlich darauf gekommen, Musik zu machen? Gab es einen entscheidenden Augenblick?
Da gab es ganz viele Knackpunkte. Also zum ersten Mal bin ich mit härterer Musik in Berührung gekommen, als ich acht Jahre alt war und ein TWISTED SISTER-Video gesehen habe. Dann war ich als Jugendlicher ein großer GRAVE DIGGER-Fan. Die Soli bei „Heavy Metal Breakdown“ waren der Eckstein zum Wunsch selber ein Instrument spielen lernen zu wollen, um mal so gut zu werden. Dann ging das eben weiter, die Bands wurden immer extremer. Da ist ja auch unglaublich viel passiert in der Musik an sich und das hab ich einfach nur aufgesaugt und mitgenommen. Das war auf jeden Fall eine fantastische Zeit.
Euer Bandname ist der Bibel entliehen. Wie steht ihr zum Thema Religion?
Wir sind als Band nicht religiös. Was jeder einzelne in der Band macht, muss jeder selbst beantworten. Ansonsten… Von mir aus gerne Religionsfreiheit. Der Name an sich steht natürlich für Zerstörung und ist aus der Johannes-Offenbarung. Früher war der Name sicherlich auch Programm, mittlerweile steht er einfach nur für sich. Wir sind auch nicht mehr die gleichen Menschen wie vor fünfzehn Jahren.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft?
Ich wünsche mir, dass es uns noch lange gibt und dass wir möglichst viel um die Welt fahren werden.
Dann wünsche ich euch viel Glück dabei und bedanke mich für das Interview. Gibt es noch etwas, dass du euren Fans und den Lesern von metal.de mitteilen möchtest?
Ja, ich hoffe, dass wir uns im Oktober auf den Konzerten sehen!
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