Die Apokalyptischen Reiter
Die Apokalyptischen Reiter
Interview
Beim Auftritt der APOKALYPTISCHEN REITER auf dem diesjährigen "Earthshaker-Fest" sprang Sänger Fuchs wie üblich barfuß über die Bühnenbretter und ließ seinem Bewegungsdrang freien Lauf. Wenig später hatte ich dann das Vergnügen, mit dem gutgelaunten Thüringer an einem der wenigen schattigen Orte auf dem Gelände über die REITER und ihr neues Album "Riders On The Storm" reden zu können. Dabei wurde schnell klar, dass Fuchs nicht nur auf der Bühne reichlich Energie versprüht, sondern auch ein unterhaltsamer und durchwegs sympathischer Gesprächspartner ist, dem man Antworten nicht erst mühsam aus der Nase ziehen muss…
DIE APOKALYPTISCHEN REITER zählen zu den Bands, deren Namen man am häufigsten auf allen möglichen Festivalbillings finden kann. Offensichtlich machen euch diese Festival-Gigs also Spaß.
(lacht) Ja, das macht sehr viel Spaß. Obwohl es dieses Jahr gar nicht so schlimm ist wie es aussieht. Wir waren lange Zeit im Studio und haben bislang nur wenige Shows gespielt. Deswegen genießen wir es sehr, bei solchen Events dabei sein zu dürfen.
Wo siehst du den Unterschied zwischen einer Festival-Show und einer normalen Clubshow?
Auf einem Festival hast du natürlich die Möglichkeit, eine Menge Leute zu erreichen und es sieht natürlich gigantisch aus, wenn fünf- oder zehntausend Leute die Hände hoch reißen. Außerdem gibt es eine riesengroße Bühne, wo ich mich sehr zu Hause fühle. Das kommt mir sehr entgegen, weil ich einen extremen Bewegungsdrang habe. Auf der anderen Seite ist eine Clubshow eben DEINE Show, das heißt, du hast eine optimale Vorbereitungszeit. Hier auf dem Earthshaker-Fest hast du ja eine Umbaupause von 15 Minuten, das ist eigentlich Wahnsinn. Da muss ich ein ganz großes Lob an die Crew an der Bühne aussprechen, die waren wirklich super drauf, ganz entspannt. Oft kommt es ja vor, dass die Leute schlecht gelaunt sind, die haben drei Tage lang den Krach um die Ohren und wissen irgendwann nicht mehr wo vorne und hinten ist. Das war hier nicht so. Bei einer Clubshow kannst du eben deine Show fahren, du kannst alles optimal vorbereiten, du kannst den Sound vorher so einpegeln, wie du das haben möchtest, und du hast dadurch die Möglichkeit mehr Showelemente einzubauen. Und natürlich kannst du länger spielen, was auch schön ist.
Eine eigene Tour bedeutet aber heutzutage auch ein immer größeres Risiko. Wenn weniger Leute kommen, bleibt es immer an einem selber hängen. Bei einem Festival ist da die Absicherung für euch als Band doch immer etwas besser.
Das stimmt natürlich, aber deswegen mach ich den Job nicht. Ich glaube, man kann kein Musiker sein, wenn man nicht die richtige Leidenschaft mitbringt. Wir haben das oft genug erlebt, dass bei Konzerten, wo weniger Leute da waren, trotzdem eine geniale Stimmung geherrscht hat. Letztes Jahr auf unserer Tour in Aalen beispielsweise, waren die Straßen komplett vereist. Da sind im Endeffekt weniger Leute gekommen als Vorverkauf war, aber es war ein Hammerkonzert. Die Leute haben sich so gefreut und wir waren natürlich froh, dass überhaupt noch ein paar gekommen sind.
In Aalen habt ihr ja schon alleine wegen der Nähe zum „Summer-Breeze“, wo ihr in den letzten Jahren regelmäßig aufgetreten seid, eine treue Fangemeinde. Aber wo sitzen deiner Meinung nach die treuesten Reiter-Fans?
Das kann man so nicht sagen. Mittlerweile ist das ziemlich flächendeckend. Der Reiter-Fanclub, den es gibt, ist irgendwo in Norddeutschland gegründet worden, aber mittlerweile zieht sich das durch ganz Deutschland, Österreich und die Schweiz. Wir bekommen mittlerweile Post aus den USA, wo Leute Fotos schicken, die sich das Reiter-Logo tätowieren lassen haben. Da passieren ganz verrückte Sachen.
Als ihr hier gerade angekommen seid, ist mir aufgefallen, dass ihr auf Englisch um Fotos gebeten werdet. Diese ansprechende Wirkung, die ihr auf Fans in aller Welt habt, wundert mich ehrlich gesagt, wenn man bedenkt, dass eure Lieder zum überwiegenden Teil deutsche Texte haben.
(lacht) Ja, das hat mich auch gewundert. Keine Ahnung, es ist schön, wenn wir so rüberkommen. Das würde mich freuen. Das ist ein Zeichen dafür, dass man uns nicht festlegen kann und dass wir eben eine offene Wirkung haben.
Dennoch biedert ihr euch an das internationale Publikum – gerade mit eurem neuen Album – überhaupt nicht an. Immerhin ist der Anteil der deutschen Texte auf „Riders On The Storm“ deutlich höher ausgefallen ist als auf euren letzten Alben.
Bis auf zwei Refrains in Englisch und einen in Französisch ist das komplette Album in Deutsch gehalten. Das ist vielleicht dadurch zu erklären, dass wir irgendwann festgestellt haben, dass wir eigentlich immer weniger englische Titel im Programm hatten. Das war aber keine bewusste Entscheidung, sondern das kam einfach durch die Fans im deutschsprachigen Raum. Wenn die vor der Bühne stehen und Wort für Wort deinen Song mitsingen können, ist das ein unglaublich erhebendes Gefühl. Zum anderen ist Deutsch natürlich unsere Muttersprache, das heißt, es fällt uns da viel einfacher, gewisse Dinge auszudrücken. Wir reden nicht nur vom Teufel und vom Tod und von sonst irgendwas. Das liegt uns völlig fern, da haben wir ja überhaupt keinen Bezug dazu, sondern unsere Songs sind ja sehr lebensnah. Der ein oder andere kann sich da bestimmt eine ganze Menge für sich herausziehen. Es kommen oft Leute nach einem Konzert zu uns und bedanken sich für diesen oder jenen Song, der ihnen über eine schwere Zeit hinweggeholfen hat, was für uns auch immer ein schönes Gefühl ist. Aber wir denken darüber nach, bei der nächsten Platte vielleicht eine deutsche und eine englische Version zu machen.
Und wie sieht es mit anderen Sprachen aus? Gerade auf Französisch greift ihr ja jetzt auch zurück…
Ja, aber die Franzosen verstehen es nicht. (lacht) Ich habe den Text von einer guten Freundin von mir übersetzen lassen, die Journalistin ist. Sie hat gesagt, dass das ein sehr schönes, altes Französisch ist, aber wahrscheinlich hapert es an meiner Aussprache. Ich hab das ein paar französischen Freunden vorgespielt, aber so richtig verstanden haben sie es nicht. Geplant war beim „Seemann“ eigentlich noch ein Refrain in Japanisch, aber das hätte den Song vermutlich eher zerstört als ihm genützt. Er wäre einfach zu lang geworden. Ich hatte die Version sogar schon auswendig gelernt, aber zugunsten des Songs haben wir es dann einfach weggelassen.
Euer neues Album ist insgesamt sehr ausgewogen und bewegt sich auf einem konstant hohen Niveau. Ihr schlagt in den meisten Songs wieder ein recht flottes Grundtempo an, unterbrecht das kurz mit einer ruhigen Passage, nehmt dadurch ein wenig den Druck raus, um dann wieder richtig loszulegen.
Diese Dynamik liegt uns sehr am Herzen. Ich bin ja mit DeathMetal großgeworden. Wenn ich mir heutzutage eine DeathMetal-Platte von diesen Bands anhöre, die immernoch schneller, höher, weiter und so technisch wie möglich spielen, macht mir das drei Songs lang Spaß. Aber dann geht für mich einfach der Druck verloren. Wenn du eine Nummer ein wenig zurückfährst, einen groovigen Part spielst und dann wieder in die Vollen, dann hat das einfach viel mehr Wirkung. Ansonsten richtet sich unsere Kompositionsweise mittlerweile sehr nach dem Text. Wenn du eine sehr kraftvolle Strophe hast, dann brauchst du auch eine kraftvolle Musik dazu. Wenn du über ein Thema wie „Liebe“ redest, ist es natürlich etwas schwieriger das mit Blastbeats zu unterlegen, weil es eine völlig andere Stimmung erzielt.
Auf eurem neuen Album scheint ihr wesentlich weniger Experimente zu wagen.
Das glaube ich eigentlich nicht. Es ist nur besser verpackt, so dass ihr es nicht gleich merkt. (lacht) Wir haben noch nie so einen Aufwand betrieben. Wir haben wieder mit Akkustikgitarren aufgenommen, mit Didgeridoo, mit Posaunen, Trompeten, mit Furz und Feuerstein, mit programmierten Sachen alles mögliche… Es ist einfach von der Kompositionsweise ein bisschen anders gemacht. Es gibt eben keinen Song wie „Lazy Day“, wo es einen kompletten Schnitt gibt und dann dieser eine Song kommt. Es ist mehr verwoben in die Songs. Die Brüche sind vielleicht nicht mehr ganz so krass und es ist leichter nachzuvollziehen. Das Album fließt dadurch viel mehr und es fällt keinem auf. (lacht)
Ihr habt heute bereits einige von den neuen Songs live gespielt. Was hattet ihr für einen Eindruck von den Reaktionen der Fans? Konnten schon welche mitsingen?
Ja, leidlich. Letzte Woche ist uns das zum ersten Mal begegnet. Da waren viele vom Fanclub da und die waren alle ganz stolz, dass sie die neue REITER-Platte schon haben. Da schluckt man natürlich erstmal. Aber Gottseidank gibt es die nur mit diesen ganz abartigen Voiceovers, die du wahrscheinlich auch hast. Die kann man ja eigentlich fast nicht genussvoll hören. Aber man kennt sie zumindest. Beim Titeltrack „Riders On The Storm“ fällt mir auf, dass den manche schon mitsingen können.
Eines der Highlights auf dem neuen Album war für mich „Soldaten dieser Erde“, das sehr hymnisch und erhaben daherkommt.
Ich denke, das Text und Musik hier sehr eng zusammenspielen. Über diese Nummer hätte man getrost auch einen MANOWAR-Text legen können. Dabei ist es ein Anti-Kriegs-Lied. Das ist das Konträre, das dann trotzdem funktioniert, dieses marschmäßige. Ganz einfach, Bumm-Tschack, läuft der Refrain durch, eine hymnische Melodie dazu… Zum Text muss ich sagen, dass das natürlich eine sehr einseitige Sicht der Dinge ist. Ich bewege mich da sicherlich auch in gewisser Weise auf Glatteis. Wer vom Text nur Refrain kennt, könnte auf den Gedanken kommen, dass nicht jeder freiwillig zum Soldaten wird. Manche Leute werden einfach gezwungen, aber um die geht es hier nicht. Was mich immens stört ist, dass gerade die Menschen, die aus den unteren Schichten kommen, immer als erstes bereit sind, sich für die mächtigen dieser Erde verheizen zu lassen. Es gibt da verschiedene Gründe, man muss ja auch immer die andere Seite sehen. Vielleicht für ein bisschen Geld, für ein bisschen Anerkennung, für eine Gemeinschaft – manche Leute kriegen auch eine neue Familie. Ich habe zum Beispiel einen Bekannten, der ist bei der Fremdenlegion. Du kriegst da eine völlig neue Identität und du bist sozusagen mit der Legion verheiratet. Was aber nicht begriffen wird – und das finde ich ja so schlimm: Es geht – ich spreche ja konkret die USA und den Islam an – nicht um Religion oder sonst irgendwas, sondern es geht um Macht und Geld. Selbst Ajatollah Chomeini, der große Führer im Islam, hat gesagt: „Leute, es geht doch nicht um den Islam, es geht doch um Macht.“ Und genauso ist es. Genauso ist es in den USA, da funktioniert es eben durch Angst, auf der islamischen Seite funktioniert es durch den Djihad. Dort wird dir durch den Tod das Paradies versprochen und die Amis machen es eben mit einer gewaltigen Manipulationsmaschine, indem sie einfach eine unglaubliche Angst schüren.
Ok, lass uns mal wieder zur Musik zurückkehren: Über welches Chartpotential verfügen die REITER? Könntet ihr es schaffen, einen Song in die „Top Ten“ zu bringen?
Ich habe keinen Fernseher zuhause, aber ich war neulich bei einer Freundin und – weil die Frage neulich in einem Interview schon einmal kam – habe ich ihr gesagt: „Mach mal MTV an, ich will mal gucken, was da so läuft.“ Und dann dachte ich mir: „Oh Gott!“ Ich glaube, wir sind da noch meilenweit davon entfernt. Also ich sage mal, es würde mich nicht ärgern. Es würde wahrscheinlich keinen Musiker ärgern, wenn er Erfolg hat – außer vielleicht ein paar Deppen, die in Norwegen sitzen und immernoch von „True BlackMetal“ reden. Ich hatte gestern ein Interview, wo ich mir dachte: „Was kommt denn jetzt?“ Der Typ hat uns fast vorgeworfen, dass wir keine Einlasskontrollen durchführen, wenn zum Beispiel irgendein HipHopper zu unseren Konzerten kommen will. Dabei ist es mir doch völlig wurst, wer da kommt. Die Leute sollen Spaß haben und wenn es ihm gefällt, soll er’s bitte hören, ansonsten soll er zuhause bleiben. Aber das ist eine andere Geschichte.
Gerade im Hinblick auf eine breitere Zielgruppe: Lordi haben es vorgemacht – warum tretet nicht ihr beim nächsten Vorentscheid zum „Grand Prix“ an?
Das wäre zu überlegen, stimmt. Ich glaube, man bräuchte einen unveröffentlichten Song und dann, naja… (wirkt nachdenklich)
Ich habe mir spaßeshalber mal überlegt, welche deutsche Metal-Band dafür überhaupt in Frage käme. Dabei bin ich sofort auf die REITER gekommen.
Ich weiß nicht, ob sich das noch einmal wiederholen lässt, was LORDI da geschafft haben. Dieser Überraschungseffekt oder dieses Besondere ist dann ja wieder weg. Dann heißt es ja: In diesem Jahr haben es die Deutschen gemacht wie die Finnen und so eine Chaotentruppe am Start…
Wobei ihr euch sowohl musikalisch als auch von eurer Show her doch deutlich von LORDI unterscheidet.
Das stimmt natürlich. Andererseits bringst du mich da auf eine Idee: Man könnte einmal einen richtigen Schlager schreiben… Ganz in weiß, mit Blumensträußen… Eine schwarze leuchtende Treppe hinuntergegangen… Doktor Pest mit Maske und freiem Oberkörper… Verkloppt die Omas in der ersten Reihe… (lacht) Das wäre schon was!
Mit „Dschinghis Khan“ habt ihr euch ja bereits an einem echten „Grand Prix“-Klassiker versucht.
Es war aber nicht abzusehen, dass das einmal so ein Kultsong unter unseren Fans wird. Das war wirklich nur eine Gaudi. Unsere damalige Plattenfirma hat uns angerufen und gesagt: „Jungs, wir wollen eine Vinyl-EP mit euch machen.“ – „Ja, äähm, gut, wann geht’s denn los?“ – „Ja, nächste Woche.“ – „Was?“ Das heißt, wir haben dann schnell noch einen Song zusammengezimmert. Und dann ist uns aufgefallen, irgendetwas fehlt noch. Wir brauchten ja mindestens vier Songs. Also: „Was machen wir? Was machen wir? Dschinghis Khan! Lasst uns den doch covern!“ Das war so eine Blitzentscheidung. Wir haben das Ding dann unter abenteuerlichen Bedingungen in einem Abbruchhaus bei Berlin mit unserem Freund Andreas Hilpert, der ja auch bei GOLEM spielt, aufgenommen. Das war echt eine chaotische Zeit. Genauso wie zum Beispiel mit den alten Covern. Wir sind damals einfach an eine Tankstelle gefahren, haben die Zeitung durchgeblättert und gesagt: „Das sieht schön aus, das nehmen wir!“ Wir waren jung, hatten keine Ahnung, wie das rechtlich alles läuft und haben das dann einfach gemacht. Die Band war damals Gottseidank noch so klein, dass das keine Konsequenzen hatte. Als wir dann zu Nuclear Blast gewechselt sind, haben die gesagt: „Jungs, ihr könnt die Platte gerne noch einmal rausbringen,“ – die gab es ja auch irgendwie anderthalb oder zwei Jahre nicht – „aber nicht so. Ihr habt doch einfach die Bilder geklaut.“ – „Achso, ja stimmt…“
Was mir an dir ansonsten noch auffällt: Dein Zopf ist ab. Seit wann?
(seufzt) Ich weiß es nicht. Es war auch ein eher fortlaufender Prozess. Es wurden einfach immer weniger. Am Ende war es nur noch so ein Fädchen, eine Art Vogelnest. Es ging einfach nicht mehr. Ich bin zu alt.
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