DevilDriver
Dez Fafara und der Outlaw-Flavour
Interview
Heute in zwei Wochen macht die „Californian Groove Machine“ DEVILDRIVER mit ihrer Europa-Tour 2017 Halt im Essener „Turock“. Bereits vor einigen Wochen konnten wir Sänger DEZ FAFARA um 10 Uhr morgens Ortszeit in seiner kalifornischen Heimat telefonisch erreichen und ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern lassen. Am Ende stand ein ergiebiges Gespräch mit jeder Menge Infos zum aktuell in Arbeit befindlichen Outlaw-Country-Projekt von DEVILDRIVER, den Veränderungen in Sachen Bandbesetzung, zum neuen DEVILDRIVER-Material und schließlich mit ein paar klaren Worten zum Thema Musik-Management.
Dez Fafara von DEVILDRIVER sprach …
… über das letzte DEVILDRIVER-Album „Trust No One„
Wir sind sehr glücklich mit dem Album und der Art und Weise wie es angekommen ist – sowohl bei der Presse als auch bei unseren Fans. Wir haben so hart daran gearbeitet und es war toll, dass es so gut aufgenommen wurde
… über die Trennung von Drummer John Boecklin und Rhythmus-Gitarrist Jeff Kendrick und die Zusammenarbeit mit den neuen Bandmitgliedern
Immer wenn es eine einschneidende Veränderung in der Band gibt wird das Ergebnis entweder besser oder schlechter sein. Dieses Mal hat es das Ganze definitiv zum besseren gewendet. Ich meine, ich frage die Leute andauerend: „Hattest du schon einmal eine Freundin oder eine Frau, mit der du 13 Jahre zusammen warst? Hast du schon einmal 13 Jahre lang den gleichen Job gemacht?“ So lange waren diese Kerle in der Band. Naja, und der Punkt ist einfach, dass der Vibe jetzt viel, viel besser ist. Es ist unglaublich. Bei den Proben, auf der Bühne, beim Songwriting. Für Mike (Spreitzer, einziges verbleibendes Mitglied des „klassischen“ Line-Ups d. Red) waren es die besten Aufnahme-Sessions, die er in seiner gesamten DEVILDRIVER-Karriere hatte. Dieser Wandel war extrem positiv und extrem nötig nach dieser sehr langen Zeit mit den beiden. Ich wünsche ihnen alles Glück der Welt, aber es war einfach nötig und es war ein positiver Wandel.
Wir waren zwölf Jahre auf Tour und haben sechs Alben rausgebracht und mindestens zehn Jahre davon bin ich nicht wirklich mit meinem Drummer (John Boecklin d. Red) klargekommen. In der gleichen Zeit hatte ich einen Gitarristen, Jeff (Kendrick d. Red), der nicht einen einzigen Song geschrieben hat und trotzdem auch für das Songwriting bezahlt wurde.
Also bin ich irgendwann nach Hause gekommen und wirklich in mich gegangen. Ich habe mir gesagt: Pass auf, Musik soll Spaß machen – ich habe keinen Spaß. Touren soll Spaß machen – ich habe keinen Spaß. Alben schreiben soll Spaß machen – Mike hatte keinen Spaß. Und deshalb mussten sich ein paar Dinge ändern. Wir sind nicht mehr klargekommen und einige Wege mussten sich einfach trennen. Und schnell zeigte sich, dass das die richtige Entscheidung war.
… über seine Zukunft mit COAL CHAMBER
Nein, ich denke, nach Veröffentlichung des Albums über ein Jahr mit ihnen zu touren hat mir klargemacht, dass sich viele Dinge in ihren Leben nicht geändert haben. Ich finde, es ist unmöglich mit Leuten in einem gewissen Geistes- oder Gesundheitszustand zu touren. Vor allem, wenn man so tourt, wie ich es tue. So lange es also nicht einige sehr positive Veränderungen in ihrem Lifestyle gibt, nein. Wenn sie etwas verändern und sich bei mir melden, können wir eventuell wieder zusammen Musik machen. Aber ich lehne es ab, Musik mit Leuten zu machen die ich nicht mag, oder solchen, die nicht 100 Prozent geben. Das gleiche gilt für das Touren. Ich meine, es ist ein Segen, da draußen zu sein. Wenn du im Tourbus sitzt und keinen Bock hast, dann geh wieder nach Hause und arbeite in deinem Nine-to-Five-Job.
… über das in Arbeit befindlichen Outlaw-Country-Projekt von DEVILDRIVER und die zahlreichen Gastbeiträge darauf
Bisher gibt es kein Release-Date, weil ich der Meinung bin, dass es vorher absolut perfekt sein muss. Wir haben über 20 Gastbeiträge. Punk-Ikonen, Leute wie DANZIG (Glenn d. Red.), Randy Blythe (LAMB OF GOD) und den Sohn von JOHNNY CASH. Alle müssen ihren Kram zusammenkriegen. Teilweise haben wir drei verschiedene Stimmen auf einem einzigen Track – darunter sehr unkonventionelle aber umso fantastischere Kombinationen. Deshalb tippe ich, dass es vermutlich erst im April oder Mai nächsten Jahres klappen wird. Ursprünglich wollte ich nur ein oder zwei Gäste haben. Die ersten Leute, die ich im Kopf hatte, waren Randy (Blythe von LAMB OF GOD d. Red), Danzig (Glenn d. Red), Corey Taylor, John Carter Cash und Jamey Johnson, der ein fantastischer Outlaw-Country-Musiker ist. Dann habe ich einfach mal bei circa 30 Leuten angefragt – nur um zu sehen, wer Interesse hätte. Und plötzlich wollte jeder mitmachen. Diese Menge an Rücklauf war überwältigend. Erst letztens hat Chuck Billy von TESTAMENT mich noch kontaktiert und wollte mitmachen. Es melden sich wirklich jeden Abend weitere. Alle lieben diesen Outlaw-Flavour.
Es sind Outlaw-Country-Songs, aber unfassbar heavy. Wir haben diesen Song von WILLIE NELSON namens „Whiskey River“ in einer der härtesten Versionen eingespielt, die du jemals hören wirst. Randy Blythe hat sich diesen Song ausgesucht, weil es einer der schnellsten und brutalsten Tracks auf dem Album ist. Es ist schon fast Black Metal. Es ist so verrückt. Er meinte einfach: „Ich will den hier versuchen.“ Und ich sagte nur: „Das ist einer der ganz geisteskranken.“ Und er: „Worauf warten wir?“ Und das Ergebnis klingt kaum noch nach ihm, so unglaublich aggressiv ist es.
Wir wollten einfach etwas machen, das vorher noch nie gemacht wurde und wir wollten es auf die richtige Art und Weise machen.
… über den Sound des Projektes
Es ist extrem heavy und gleichzeitig kann man im Hintergrund Pedal-Steel-Gitarren hören. In anderen Momenten groovt es extrem und plötzlich kommt ein düsterer, heruntergestimmter Banjo-Part. Es ist wirklich schwierig zu beschreiben. Natürlich ist es auch irgendwo der klassische DEVILDRIVER-Sound, aber es ist teilweise noch extremer, noch experimenteller. Deshalb sind wir dieses ganze Projekt angegangen: um etwas Neues zu machen.
… über die Verbindungen zwischen Outlaw Country und Metal
Ich glaube, was die Leute in Deutschland und rund um den Planeten verstehen müssen ist, dass wenn du einen Metal-Tourbus in den Vereinigten Staaten betrittst, du zwangsläufig JOHNNY CASH oder WILLIE NELSON hören wirst. Du wirst diese Leute aus den Boxen hören. So ist es hier einfach und ich glaube nicht, dass das dem Rest der Welt so bewusst ist. Und wenn du nach dem Festival beim Backstage-BBQ JOHNNY CASH hörst, dann kann das genau so heavy sein, wie jede Black-Metal-Band, auf die du vielleicht sonst gerade so stehst. Diese Stile gehen Hand in Hand. Die Outlaw-Country-Künstler verfolgen ihrerseits die Metal-Szene, weil sie sie respektieren. Wir machen alle eine Kunstform, die hauptsächlich im Underground stattfindet. Es gibt diese gegenseitige Liebe. Als ich John Carter Cash, den Sohn von JOHNNY CASH für die Aufnahmen besucht habe, kam er innerhalb von Minuten darauf zu sprechen, wie sein Vater ihn mit auf ein OZZY-Konzert genommen hat und wie sie OZZY im Backstage getroffen haben.
… zum Stand des nächsten regulären DEVILDRIVER-Albums
Ich weiß, dass Neal (Tiemann, Gitarre d. Red) 15 Songs fertig hat. Und ich bin mir sicher, dass Mike (Spreitzer, Gitarre d. Red) schon ähnlich viele hat. Zehn aber mindestens. Das nächste Album wird seine Zeit brauchen, weswegen wir auch das Cover-Album einschieben. Es wird handwerklich noch besser sein als „Trust No One“, denn wir haben wirklich einen Weg gefunden, wie wir gut zusammenarbeiten können. Und das nächste Album, das wir machen werden, wird ein Doppelalbum werden, dessen zwei Hälften wir im Abstand von sechs Monaten oder einem Jahr veröffentlichen werden. Ich habe den Jungs gesagt, dass ich keine Lust mehr habe, Songs und Lyrics zu verschwenden, nur weil sie nicht mehr auf das aktuelle Album passen. Ganz besonders hat mich das bei einem Song namens „Shipwrecked“ geärgert, der nicht mehr auf „Trust No One“ gepasst hat. Bisher hat noch keiner diesen Track gehört außer der Vize-Präsident von Napalm Records – und es war sein Lieblingssong. Warum sollte man Kunst verschwenden? Es ergibt keinen Sinn!
… über sein neu gegründetes Management-Unternehmen und das Musikbusiness im Allgemeinen
Mit „The Oracle Management“ haben wir vor einigen Monaten angefangen und auch schnell eine Reihe von Bands verpflichtet. In den nächsten Wochen kommen noch einige mehr an Bord. Wir pflegen eine familiäre Atmosphäre und die Art wie wir die Dinge regeln, unterscheidet sich stark von anderen Management-Unternehmen da draußen. Die Leute suchen nach etwas Neuem. Wir haben die Infrastruktur, wir werden mit einem anderen großen Unternehmen zusammenarbeiten – dazu wird es in den kommenden Wochen noch einige Informationen geben. Aber in der kurzen Zeit konnte ich nun schon einige große Touren buchen und Verträge abschließen.
Wenn du lange genug in diesem Geschäft unterwegs bist, merkst du irgendwann, dass es ein einziges Hütchenspiel ist. Ich schrecke nicht davor zurück, dass so zu sagen: Wenn du lange genug im Geschäft bist, dann merkst du irgendwann, dass Management-Firmen völlig überflüssig sind. Wenn du anfängst und gerade erst ein oder zwei Alben hast, dann brauchst du vielleicht jemanden, der dir zu Beginn den Weg weist. Wenn du wie ich seit über zehn Jahren dabei bist und um die Welt gekommen bist, dann nicht. Und deswegen haben wir bei uns versucht, das Geschäft zu öffnen und neue Wege zu gehen.