Devin Townsend
"Die Metalszene ist seit jeher verwirrt von mir"
Interview
Warum sind viele Fans eigentlich so engstirnig? Treffen dich schlechte Reviews?
Devin: Oh, natürlich. Schlechte Reviews wirken sich auf mich aus. Positive auch. Meine Lösung dazu ist es, mir beide nicht anzugucken und einfach mein Bestes zu geben. Wenn du wirklich den Dopamin-Hit brauchst, den du bekommst, wenn dir einer sagt, wie gut deine Platte ist, musst du im Umkehrschluss auch akzeptieren, wenn dir einer sagt, dass sie schlecht ist. Es kommt natürlich auf die Perspektive an. Nehmen wir an, wir hätten jemanden, der sein Leben lang schon AC/DC-Fan ist. Er wird sich extrem vom Hype mitreißen lassen und sich freuen. Wenn du auf der anderen Seite einen lebenslangen AC/DC-Hasser siehst, wird er jedes ihrer Alben in der Luft zerreißen. Beide Ansichten sind legitim. Ich brauche das Dopamin positiver Meinungen allerdings nicht. Kommentare und Reviews würden mich beim schreiben beeinflussen. Ich gebe einfach nur alles und hoffe, dass es denen was taugt, die dafür offen sind.
Der überraschendste Song auf dem Album ist „Ruby Quaker“. Es besteht aus Elementen, die auf Papier eigentlich nicht gut zusammenpassen, aber wirklich klasse klingen.
Kannst du uns ein bisschen etwas darüber erzählen?
Devin: Es wird wirklich nur von einem kleinen Haar zusammengehalten, also schätze ich diese Aussage.
Ha ha, ja von einem kleinen Faden zusammengehalten.
Devin: „Ruby Quaker“ ist eine Mottenart. Der Grund, dass „Ruby Quaker“ anders als der Rest des Album klingt, ist, dass eines der Themen der Verlust von geliebten Personen ist. Viele Texte handeln davon, wie wir mit Verlust umgehen. Wie gehen wir mit Kummer um? Wie gehen wir mit Schmerz um? Wie gehen wir mit dem Zorn um, der mit all diesen Dingen kommt? Wie gehen wir mit Akzeptanz oder dem Mangel dessen um? Auf „Goodbye“, dem Song vor „Ruby Quaker“, ist die Akzeptanz des Todes am stärksten und emotionalsten. Das Album hätte eigentlich damit enden sollen. Doch je öfter ich die Platte hörte, dachte ich mir einfach nur „Holy Fuck!“ Als meine Familie durch einen Trauerprozess ging, realisierten wir, dass dieser irgendwann ein Ende hat. Die Sonne geht irgendwann wieder auf. „Ruby Quaker“ repräsentiert also diesen neuen Sonnenaufgang. Es handelt sich sogar um ein sehr konkretes Beispiel dafür: Ich hatte einen Kumpel, der zu mir ins Studio kam und sagte „Hey, hast du Bock auf einen Kaffee?“ Ich nur so: „Ja!“ Der Kaffee steht symbolisch für den den neuen Tag.
Okay… Woah… Sehr andere Frage. CD oder Spotify?
Devin: Ich höre Spotify.
Dachte, du wärst mehr Old-School… Ich bin mehr Boomer als du.
Devin: Ha! Ich wohne mitten im Nirgendwo. Es gibt hier nirgends einen Laden, wo du CDs kaufen könntest. Ich habe noch nicht mal einen CD-Player. Ich besorge ab und an Vinyl. Ich kaufe mir schon die Musik, die mir wichtig ist. Wenn ich irgendwo einen Laden hätte, sähe es in Sachen CD aber vielleicht anders aus.
Ich brauche immer was zum Anfassen …
Devin: Ich eigentlich auch, aber die Option habe ich nicht. Ich könnte zwar bei amazon bestellen, aber die Musik, die ich höre, ist teilweise uralt. Ich höre sogar Musik aus den 1910ern und 1920ern. Die hört man nicht auf CD, sondern im Radio. Davon habe aber meist schon Vinyl-Kopien. Ich hör sie auf Repeat, deswegen will ich eigentlich nicht viel Neues für meine Sammlung kaufen.
Devin: Nein.
Ha ha, klare Kiste.
Devin: Ich bin nicht der richtige Sänger für FEAR FACTORY.
Ich finde schon, weil du null wie Burton klingst und etwas Frisches hinzufügen würdest.
Devin: Klar, ich benehme mich aber nicht so wie die Jungs. Die Freiheit, mit der ich Sachen wie z. B. Puppenshows und Quatsch mache, wäre ziemlich eingeschränkt.
Verstehe.
Devin: Die Metalszene ist seit jeher verwirrt von mir. „Warum machst du all diese albernen Sachen? Warum spielst du mit Puppen und machst Comedy?“ Dann hören sie die Musik und merken, dass sie ernsthaften Anspruch hat, ich aber trotzdem herumblödele. Das ergibt einfach keinen Sinn für sie …Für mich allerdings schon. Deswegen hinterfrage ich es nicht. Viele andere Bands meinen, dass ich „ernster“ und „cooler“ auftreten sollte. Doch alles, was ich sein will, ist ich selbst. Ich will dieses „Selbst“ entdecken und meinen Frieden damit schließen. Ich bin jedoch ein komplizierter Weirdo… Was vielleicht auch der Grund war, dass JUDAS PRIEST mir damals eine Anfrage zum Vorsingen geschickt hat. Da habe ich auch „Nein“ gesagt. Meine Freunde waren entgeistert. „Warum hast du dazu nein gesagt?“ Eben weil ich JUDAS PRIEST liebe. Ich will mich da oben nicht sehen.
Warum nicht? Hätte dir das nicht wenigstens für eine Session Spaß gemacht? So als Experiment?
Devin: Stimmlich hätte es funktioniert. Genau so wie bei FEAR FACTORY. Doch als Persönlichkeit passe ich nicht herein.
Das Ergebnis wäre weder FEAR FACTORY noch PRIEST, doch es wäre etwas ganz anderes Neues geworden – deswegen habe ich dir diese Frage gestellt.
Devin: Dino (Cazares, Gitarrist von FEAR FACTORY) würden uns doch nur Tränen bereiten, ha ha! Ich will wissen, wer ich bin und will es musikalisch repräsentieren. Deswegen habe ich nicht das Bedürfnis, nur die Stimme für jemand anderen zu sein. WENN ich für eine andere Band arbeiten würde, würde ich vermutlich einfach nur Bass spielen.
Fair enough.
Devin: Ich kann auch ein bisschen im Hintergrund mitsingen. (Lacht)
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Stile | Progressive Metal, Progressive Rock |
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