Der Eremit
Der Eremit
Interview
Mit "Fiebertraum" hat die Schweizer Formation "Der Eremit" ein, sowohl musikalisch als auch textlich, vielschichtiges Werk abgeliefert, dass sich keinesfalls als Hintergrundbeschallung eignet. Zahlreiche Gedanken und musikalische E
Die Band „Der Eremit“ existiert zwar schon seit 1995, dürfte aber den meisten Lesern unbekannt sein. Deshalb die Frage, die Du wohl schon aus dem Schlaf heraus beantworten kannst, nach der Bandgeschichte.
Ich habe DER EREMIT allein ins Leben gerufen, nachdem ich es satt hatte, mich mit anderen Musikern rumzuschlagen. Ich war zuvor Bassist in div. Deathmetalbands und fing nebenbei an, mit elektronischen Instrumenten rumzubasteln. Dabei ging es
nicht mal grundsaetzlich darum, allein zu arbeiten, sondern eher unabhaengig etwas aufzubauen. Die erste Mini-CD STÜMPERMUSIK war dann auch rein elektronisch, obwohl ich schon damals im Sinn hatte, das Ganze mit Gitarren zu kombinieren. Fuer die erste Fullength-CD BLEND-WERK im Jahr 98 hat dann Daniel Fuerer von der Deathmetalband SLAINE die Gitarren uebernommen und wir hatten auch ein par Konzerte zusammen. Er wurde dann von Dirk Mueller abgeloest, welcher festes Mitglied bei DER EREMIT wurde. Kurz darauf kam Lorenz Grimmer als Beleuchter und allgemeine Hilfe hinzu. Zu guter letzt stiess Bruno Mathis als zweiter Gitarrist hinzu. Er hat jedoch noch seine eigene Band LOST CHAPTER am Start, bei welcher ich nun noch Bass spiele und die erste CD produziere. Bruno wird uns jedoch frueher oder spaeter wieder verlassen und ich bin bei ihm auch nur Aushilfsmusiker. Wir sind deshalb nun auf der Suche nach einem Ersatz fuer Bruno, welcher dann festes Mitglied wird. Eine wichtige Rolle nimmt auch Klaus Grimmer ( Lorenz‘ Vater ) ein, welcher von Anfang an an mich geglaubt hat und mich unterstuetzte. Er laesst mich in seinem Studio an DER EREMIT arbeiten, wann immer es frei ist. Zu Beginn befand ich mich in einer ziemlichen sozialen und psychischen Krise und hatte mit Depressionen zu kaempfen. Ohne seine Hilfe wuerden die CDs vielleicht nicht existieren und mag sein, dass er mir das Leben gerettet hat. Ihm gebuehrt verdammt viel Dank.
Welche Bedeutung hat der Bandname für Dich ?
Er steht als Synonym fuer die Reise nach innen. Es sollte nur der Name der Band sein, mittlerweile habe ich mich jedoch damit abgefunden, dass man auch mich als Person so nennt. Auf der Buehne bin ich auch gerne bereit, eine solche Rolle zu spielen, ich will mich aber nicht darauf reduzieren lassen.
Du hast Dein eigenes Label „Giblaut Records“ gegründet. Was war die Motivation für die Gründung ? Gibt es weitere Bands auf dem Label? Was zeichnet die Bands aus, was sollte sie auszeichnen, um Teil der „Giblaut-Familie“ zu sein/zu werden ?
GIBLAUT RECORDS hab ich damals ausschliesslich fuer DER EREMIT gegruendet, da sich sonst kein Label fuer uns interessierte. Wir haben jedoch keinen wirklichen Vertrieb und so ist Giblaut nicht viel mehr als ein Name. Ein notwendiges Uebel, auch wenn es mich ein bisschen mit Stolz erfuellt. Ich bin jedoch nicht der Typ, welcher auf Buerokram steht und wuerde diesen Part gerne jemand anderem ueberlassen und mich mehr ums eigentliche Musikmachen kuemmern.Wir sind nach wie vor auf der Suche nach Label und Management.
Das Booklet der CD enthält folgendes Zitat: “ Für den, der den Geist bezwungen hat, ist der Geist der beste Freund; doch für den, der dies versäumt hat, bleibt der Geist der größte Feind“ ( Bhagavad Gita, Vers 66 ). In welcher Beziehung stehst Du zu Deinem Geist ?
Ich habe noch einen langen Weg vor mir, aber das ist auch gut so. Ich weiss, in welche Richtung ich mich persoenlich entwickeln moechte und habe somit ein Ziel, welches jenseits materieller Wuensche steht. Das ist viel wert.
Die Bhagavad Gita ist das „heilige“ Buch des Hinduismus und Teil des großen indischen Epos, dem Mahabharata. Wie stehst Du persönlich zu Religionen ( dem Hinduismus )?
Religionen sind ( vor allem im westlichen ) Verzerrungen urspruenglicher spiritueller Erfahrungen. Es ist sehr schwer solches Wissen zu vermitteln, da es nicht auf dem Intellekt beruht. Spirituelle Erfahrungen hegen keine Absolutheitsansprueche, diese wurden erst zwingend, als die Religion zur Machtinstitution wurde. Ich wurde nicht religioes erzogen und bin deshalb Religionen gegenueber nicht voreingenommen, bin aber in einer atheistischen und materialistischen Welt grossgeworden, mit welcher ich je laenger je weniger zu tun haben will. Ich setzte mich stark mit Spiritualitaet auseinander und habe sehr grosse Sympathie gegenueber dem vedischen Gedankengut, da dies meiner Meinung nach ursprunglicher und umfassender ist als das christliche. Es ist auch nicht nur eine Religion, sondern Religion, Philosophie und Wissenschaft in einem, auch mit sehr umfassendem medizinischen und ernaehrungstechnischen Wissen. Ich kenne diverse Menschen, welche nach den vedischen Prinzipien leben, oder zu leben versuchen und diese Personen stehen mir recht nahe.
Nicht nur das Wort Universum fällt das ein oder andere mal in Deinen Texten, auch die Rolle des Menschen in diesem kommt zur Sprache. Wie stellt sich für Dich der Makrokosmos dar und wie stehen die Dinge darin zueinander in Beziehung ? Glaubst Du der Mensch muss sein Dharma erfüllen ?
Ich glaube, das nichts isoliert existiert, es gibt da ja diese Theorie von den Bewusstseinsfeldern, welche viele Phaenomene erklaeren wuerde. Der Gedanke,
wir seien nur Hautsaecke und das Bewusstsein eine komplexere Form von Aminosaeuren, behagt mir nicht, und ich denke, das ist nur natuerlich. Wer sich eine solche Weltsicht zu eigen macht, ist selber schuld.
Ich denke, dass der Mensch grundsaetzlich frei ist, zu entscheiden, was er tun will und steht unter keinerlei Zwang. Nur ist es aber so, das alles in Beziehung zueinander steht und wie man in den Wald ruft, so kommt es auch wieder raus. Man kann also tun was man will, muss aber die volle Verantwortung und die Konsequenzen tragen. Jeder ist seines eigenen Glueckes Schmied, hilf dir selbst, so hilft dir Gott.
Du schneidest relativ viele Themen in Deinen Texten an. Lebt der Mensch für Dein Empfinden zu unbewusst ? Was müsste geschehen, um den Mensch seiner Lethargie zu entreisen ?
Ich werde oft als Gruebler angesehen, welcher alles hinterfragt und fuer ein Denken kritisiert, welches fuer mich natuerlich ist. Oft stimmt mich Oberflaechlichkeit traurig, da ich diese nicht kenne. Ich habe keine Muehe, ueber mein Innerstes zu sprechen, wenn es jemanden ernsthaft interessiert ( was selten ist ) aber ich muss recht schnell die Flucht ergreifen, wenns um Fussball, Autorennen oder das allgemeine achsowichtige Coolsein geht. Ich habe jedoch kein Recht, anderen meinen Standpunkt aufzuzwingen. Andere Menschen, andere Erfahrungen, andere Ansichten, die natuerlichste Sache der Welt. Ein Wachstum und Wandel des Bewusstseins ist absolut notwendig, sollte unsere Zivilisation weiterbestehen. „Du musst“ ist aber kontraproduktiv und nicht vertretbar. Das einzig sinnvolle, was man tun kann ist, an sich selbst zu arbeiten und wenn man Glueck hat damit als Beispiel dienen. Der Gedanke liegt jedoch nah, dass das einzige, was noch eine Veraenderung bewirkt, die globale Krise ist. Schade drum.
Welcher ist Deiner Meinung nach des Menschen größter Fehler ?
Es gibt keine Fehler, solange wir bereit sind, zu lernen. Ein Fehler ist vielleicht Schuldzuweisung und die Verantwortung ueber das eigene Leben nicht wahrzunehmen. Auf diesem Weg tritt man auf der Stelle doch damit schadet man sich zum Glueck meisst nur selbst.
Wie sehen die Quellen Deiner Inspiration aus ?
Eigentlich sind es meisst Buecher, welche ich mit meinen persoehnlichen Erfahrungen kombiniere. Ich bin fasziniert vom Gedanken des jungschen kollektiven Unterbewussten und der transpersonalen Psychologie, was konzeptionell verwandt ist mit dem indischen Paramatma, der Weltseele, dem kosmischen Bewusstsein, welches auch im Buddhismus die Hauptrolle spielt. Ich lese sowohl alte religioese Bucher als auch Sachen ueber Bewusstseinsforschung, Psychologie oder Philosophie. Wichtige Namen sind fuer mich Grof, Fromm, Hesse, Huxley, Lem, Prabhupada,… Ich liebe jedoch auch gute Fantasy-Literatur wie Tolkien, Donaldson, Barker, Adams,… auch bin ich ein kleiner Trekkie.
Der Name des Albums ist „Fiebertraum“. Kannst Du mir Deinen bemerkenswertesten Traum schildern ?
Ich kann mich nur selten an meine Traeume erinnern. Ein Nebeneffekt meines Grasskonsums. Der Titel muss sich auch nicht auf einen Traum im herkoemmlichen Sinn beziehen, es geht einfach um einen Zustand visionellen Erlebens.
In wie weit glaubt Ihr durch ein Zusammenspiel von Bild, Ton und Text eine Aussage über mehrere Sinne besser transportieren zu können und damit diese für den Rezipienten besser nachvollziehbarer zu gestalten ?
Das dies funktioniert ist erwiesen, in unserem Fall ist es jedoch sicher ausbaufaehig. Ich weiss ehrich gesagt nicht, wie nachvollziehbar unsere Outputs sind. Es sind auch in den Texten sehr viele kleine Details vorhanden, und jedes Wort ist an seinem Platz, aber vieles geht wahrscheinlich unter, ich bin jedoch bemueht, sie in Zukunft klarer zu gestalten und auch klarer Stellung zu beziehen. Zu Beginn habe ich gerne Verwirrung gestiftet, da ich dachte, dies sei das beste, um Menschen zum nachdenken zu bringen ( was z. B. Dali als Technik benutzt hat ), aber das war vielleicht auch etwas zuviel des guten.
Kannst Du vielleicht ein paar Worte zum Artwork verlieren ? ( Auf der Hülle steht das grüne „Etwas“ noch vor verschlossener Tür. Auf dem Booklet dagegen ist die Tür geöffnet. Öffnet Eure Musik, eure Texte verschlossene Türen ? )
Nun, so hab ich das noch nie gesehen, interessant. Fuer mich persoenlich oeffnet(e) sie schon Tueren, wie das bei anderen Menschen ist, musst du sie selbst fragen, ein Ziel ist es jedenfalls, eine gewisse Entrueckung herbeizufueren und vielleicht den Menschen fuer einen Moment aus dem Alltagssumpf und sich selbst naeherzubringen. Ich mag es, alltaegliche Dinge in einem anderen Licht darzustellen und sie dadurch ihrer Selbstverstaendlichkeit zu entheben, sowohl graphisch, als auch in der Musik und den Texten.
Wie wird sich Eure nahe Zukunft in musikalischer Hinsicht gestalten ?
Der Nachfolger von FIEBERTRAUM wird MAGMA heissen und nach Moeglichkeit auch so klingen 😉 Die Songs und Texte stehen, es wird aber noch einige Zeit dauern, bis alle Aufnahmen im Kasten sind und das Ganze so klingt wie es soll. Jedefalls wird MAGMA einiges tanzbarer ausfallen, ohne jedoch einen Stilbruch zu begehen. Angestrebt wird, das komplexeste und doch eingaengigste DER EREMIT-Album zu machen.
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