//delaware
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Interview
Delaware – ist das nicht ein Staat in den USA? Ja genau. Aber //delaware nennt sich auch eine Band aus Norwegen, genauer: aus Drammen. Ob jene Radiosender, die sich an die Hörer mit alternativem Musikgeschmack wenden oder die, die „das beste von heute“ oder Ähnliches spielen – der Song “Always” von //delaware läuft fast überall. Bei einigen Sendern eine wohltuende Abwechslung zwischen all den gewählten oder selbsternannten Superstars wie Alex oder Daniel Küblböck. Die Jungs aus dem hohen Norden beweisen jedenfalls, dass es auch heute noch Debütalben mit gutgemachtem melancholischem Pop-Rock gibt, wobei sich bei den Norwegern auch Indie-Rock-Einflüsse nicht überhören lassen. Anfang Juni kommt die Band mit ihrer Platte „…and everything reminds me“ (VÖ:26.5.03) nach Deutschland auf Tour und will uns ihre Live-Qualitäten beweisen. Gitarrist Jon Frederik Torgersen war am anderen Ende der Leitung und erzählte mir einiges über die musikalische Vergangenheit der Band, die etwas düsterer war, über das neue Album und manches mehr.
Wir haben die Platte in Berlin aufgenommen und dort hat uns einfach alles, was wir gesehen haben, an irgendetwas erinnert. Alles, was Du entdeckst, Menschen, die Du kennen lernst – irgendetwas erinnert Dich immer an zu Hause… an deine Freundin, deine Heimatstadt. Es ist egal, wie groß die Stadt ist, wie weit sie entfernt ist… Das ist der Grund für den Titel.
Warum habt Ihr die Aufnahmen gerade in Berlin gemacht?
Georg Kaleve, der Produzent des Albums, lebt dort und besitzt ein kleines Studio. Wir sind durch jemanden von Public Propaganda mit ihm in Kontakt gekommen und etwa fünf Monate in Berlin geblieben. Es wurde eine Art Kombination aus Ferien und Produktion.
Ihr habt einen Deal mit Sony. Nicht schlecht! Was waren Eure ersten Gedanken, als man Euch mitteilte, dass Sony mit Euch zusammenarbeiten will?
Wir waren einfach nur erstaunt. Das war großartig! Man weiß aber anfangs natürlich nie, was auf einen zukommt. Das größte war eigentlich, die Möglichkeit zu bekommen, unsere Platte herauszubringen. Es ist natürlich toll, eine große Plattenfirma an seiner Seite zu haben, die sozusagen auf einen aufpasst.
Bevor Ihr Euren jetzigen Bandnamen hattet, nanntet Ihr Euch „Beyond“. Wann und warum hat sich das geändert?
1999 haben wir den Bandnamen geändert. Wir hatten vorher bereits 10 Jahre zusammengespielt, bevor wir uns in //delaware umbenannten und mit unserem heutigen Musik-Stil begannen. Das ganze war eine natürliche Entwicklung. Wir haben uns nicht hingesetzt und gesagt: ‚Hey, lass uns etwas anderes machen!’ Jetzt bin ich der Gitarrist, früher stand ich hinterm Mikrofon und habe Keyboard gespielt. Unser damaliger Gitarrist Richard Holmsen ist heute der Sänger von //delaware. Er nähert sich mit seiner Arbeit mehr dem Pop an. Er ist es jetzt, der für die Melodien zuständig ist, früher war das mein Part. Richard setzt andere Akzente.
„Beyond“ waren also härter. Wo liegt denn der Hauptunterschied, war die Musik gänzlich anders?
Die Musik war ein wenig düsterer und melancholischer, die Songs waren länger. Es ging eher in die Richtung von Zeromancer. Da unsere Musik heute anders ist, haben wir uns auch für einen anderen Namen entschieden.
Kannst Du mir auch erzählen, warum Ihr Euch nach einem Staat in den USA benannt habt? Das ist etwas ungewöhnlich.
Ja, das stimmt. Es kommt daher, dass unser Sänger Richard irgendwann mal eine Platte von der amerikanischen Band Drop Nineteens gekauft hat und dieses Album den Titel „Delaware“ trägt. Ich selbst habe die Musik von denen nie gehört, habe mir nur sagen lassen, dass es nicht das beste Album aller Zeiten sei. Wir haben unseren Bandnamen also von deren Albumtitel gewissermaßen geklaut. Die beiden Schrägstriche bei //delaware sind hauptsächlich aus der Idde entstanden, eine Art Logo zu haben. So dass die Leute, wenn sie unser Album sehen, auch sofort wissen, dass wir es.
Wirklich gut gemachte Pop-Musik ist selten geworden, wenn man das Radio anmacht. Meistens ist es der gleiche langweilige Kram…
…da hast Du völlig Recht.
Was unterscheidet Euch von all den anderen Pop-Rock-Bands?
Wir legen sehr viel wert darauf, gute Melodien zustande zu bringen. Das ist das wichtigste: Ein Song muss einfach auf einer guten Melodie basieren! Aus irgendeinem Grund sind viele dieser austauschbaren Pop-Bands nicht wirklich in der Lage dazu. Ich glaube, es ist einer unserer Vorteile, dass wir gute Melodien schreiben können.
Ihr vermischt moderne Pop-Klänge und melancholische Rockmusik miteinander – wie würdest Du Euren Stil beschreiben?
Ja, es ist ein Mix aus Pop und Rock. Die Musik hat einen gewissen Pop-Appeal, ist aber dennoch melancholisch und rockig. Einige Leute vergleichen uns mit Bands wie Placebo und Radiohead. Ich denke aber, wir sind ein bisschen… ne, besser gesagt: Wir haben einen skandinavischen Sound. Das beschreibt es wohl recht gut.
Welcher Song auf dem Album ist Dein persönlicher Favorit und warum?
Ich mag den letzten Song „as teens“ ziemlich gerne. Ich glaube der Grund dafür ist, dass der Track irgendwie einen melodramatischen Sound hat, sehr melancholisch ist. Es ist alles dabei, was ein trauriges Lied haben sollte. Wir versuchen immer, auf der Bühne das Set mit dem Song zu beenden. Ich finde, er ist gut dafür geeignet, ein Konzert abzuschließen. Auf dem Album folgt nach „as teens“ noch ein hidden track.
Wie entstehen bei Euch die Songs?
In den meisten Fällen entstehen sie an der Akkustikgitarre. Wir haben dann einen bestimmten Melodiestrang, dass kann ein Vers, der Chorus oder was auch immer sein. Anschließend kommen zum größten Teil von Richard die Vocals hinzu. Am Ende bringen wir alles beim Proben zusammen. Und dann steuert jeder das bei, was er für gut hält, wir arrangieren die Songs und so sind wir irgendwann fertig.
Wie ist es mit den Vocals? Für die meisten ist Richard verantwortlich, aber nicht für alle…
Er schreibt eigentlich so gut wie alle. Manchmal helfen wir aus, wenn Worte oder kleine Passagen fehlen. Es geht um persönliche Erfahrungen von ihm, um bestimmte Situationen. Erfahrungen und Erlebnisse mit anderen Personen. Es geht um Emotionen.
Da Ihr alle aus Drammen in Norwegen kommt, gehe ich mal davon aus, dass Ihr Euch bereits seit der Schulzeit kennt. Oder wie seid Ihr zusammen gekommen?
Wir haben uns in der Schule kennen gelernt und uns dann irgendwann entschlossen eine Band zu gründen. Wir haben seit kurzem jedoch einen neuen Bassisten, der aus einem Ort weiter im Norden Norwegens stammt: Morten Ødegaard Skaret. Er ist jetzt fest bei uns in der Band. Während der Produktion hatten wir einen anderen Bassisten, der sich anschließend aber dazu entschieden hat, //delaware zu verlassen. Deshalb sind wir auch nur zu dritt auf dem Album-Cover zu sehen. Wir brauchten also einen neuen Bassisten und haben ihn gefunden!
Was bedeutet Dir die Musik? Wie wichtig ist sie in Deinem Leben?
Musik bedeutet uns allen eine Menge. Wir versuchen eigentlich jeden Tag neue Songs zu schreiben und hören eine ganze Menge verschiedener Bands und Stilrichtungen.
Was sind also Eure musikalischen Einflüsse? Ich meine bestimmte Bands oder Musikrichtungen… Indie-Rock sollte man auf jeden Fall erwähnen…
Ja stimmt, Indie Rock! Die Indie Rock-Szene der frühen 90er Jahre in England war ziemlich gut. Ansonsten ist es von Bandmitglied zu Bandmitglied verschieden. Meine persönlichen Favoriten sind Depeche Mode. Unser Bassist hört zum Beispiel ne Menge Hardcore and Rock’n Roll.
Wie sieht es mit der Norwegischen Musikszene aus? Ihr habt jede Menge Metalbands, dann nicht zu vergessen Zeromancer, Covenant… Ihr passt nun zu keiner dieser Musikrichtungen, ist der Kontakt dennoch da?
Ja, auf jeden Fall. In der Gegend um Drammen gibt es recht viele Black Metal Bands, wir haben also recht häufig mit den Jungs Kontakt. Norwegen ist ja nicht so groß und so triffst Du bei den Festivals recht viele bunt gemischte Leute. Jeder kennt jeden.
Ihr habt in diesem Jahr auf dem Bylarm gespielt. Es ist eine interessante Musikmischung dort – immerhin war der Gothminister eine der Hauptattraktionen.
Wir haben dort die letzten drei Jahre gespielt. Das ganze ist mit der Popkom in Deutschland zu vergleichen. Man hat die Möglichkeit, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren und auch Plattenfirmen auf sich aufmerksam zu machen. Es sind also Bands ganz verschiedener Stilrichtungen dort vertreten, von Songschreibern, über Pop-Girls bis hin zu Vertretern der härteren Gangart.
Was sind Eure Wünsche und Hoffnungen für die Zukunft mit der Band?
Wir wollen sehr viel live spielen und touren und unsere Platten in vielen Ländern herausbringen. Eines Tages Vollzeit-Musiker sein – das wär’s!
Gutes Stichwort: Was macht Ihr außer der Musik?
Zwei von uns – Richard und ich – sind nur mit Musik beschäftigt. Unser Bassist arbeitet in einer Bar und unser Drummer Peter Laugerud arbeitet für seinen Vater als Installateur, kann sich seine Zeit also recht frei einteilen. Richard hat früher bei der Post gearbeitet und ich war Lehrer in einer Grundschule. Ich hab eigentlich alles unterrichtet… von Musik über Mathe bis Englisch. Ich vermisse die Zeit aber nicht wirklich.
Web: www.delawaremusic.de
Line-Up:
Richard Holmsen – Gesang, Gitarre, Syntheziser
Jon Frederik Torgersen – Gitarre, Syntheziser
Peter Laugerud – Schlagzeug
Morten Ødegaard Skaret – Bass