Anaal Nathrakh
Interview zu "The Whole Of The Law"
Interview
Mit „The Whole Of The Law“ konnten ANAAL NATHRAKH wieder einmal überzeugen. Die extreme Metal-Spielart des britischen Duos fasziniert auch auf diesem, neunten Album gleichermaßen durch seine Kompromisslosigkeit wie auch seine Eingängigkeit. Wir hatten die Möglichkeit, mit Sänger Dave „V.I.T.R.I.O.L.“ Hunt zu sprechen und zu erfahren, wieso ANAAL NATHRAKH auch jetzt noch keinen Deut leiser geschweige denn schlechter klingen.
Dave Hunt sprach mit uns…
…über die Produktion des Albums
Wir sind rundum zufrieden. Auf keinen Fall würde ich sagen, dass es scheiße geworden ist. (lacht) Viele Bands geben ja immer ihr bestes, überlassen den Feinschliff dann aber einem Produzenten, der möglicherweise nicht die gleiche Vision hat wie die Musiker und dementsprechend das Album nicht perfekt formen kann. Deshalb übernehmen wir das immer selbst. Wenn wir nicht zufrieden sind, ist unsere Arbeit nicht fertig. So einfach ist das. Was den Prozess an sich angeht, haben wir eigentlich kaum etwas an unserer Arbeitsweise verändert. Es ist eine geradlinige Angelegenheit gewesen, mit der wir keine Probleme hatten. Wir hatten in verschiedenen Orten aufgenommen. Man lernt ja in puncto Aufnahmen und Produktion stets einige Dinge dazu, die dann auch in der Praxis Anwendung finden. Aber der Kern unserer Arbeit blieb unverändert.
…darüber, warum ANAAL NATHRAKH nach wie vor in so guter Form sind
Ich denke das hat was damit zu tun, dass wir uns nicht verbiegen, sondern es einfach laufen lassen. Die Musik kommt auf natürliche Weise aus uns heraus und wir arbeiten nach wie vor gut zusammen. Es gibt also keinen Grund, warum etwas schief gehen sollte. Wir versuchen erst gar nicht, irgendetwas oder irgendwer zu sein. Das funktioniert alles instinktiv. Wir analysieren unsere Musik einfach nicht. Sie ist, was sie ist, ANAAL NATHRAKH eben. Wir gehen nicht hin und sagen: „An dieser Stelle brauchen wir eine Hook“, oder so etwas. Es passiert einfach. Wir sind nicht eingängig, weil das von uns verlangt wird, sondern weil es sich so ereignet.
…über die auffälligen Songtitel
Ja es geht einiges ab in den Songtiteln. (lacht) Ich denke aber, dass das nur funktioniert, solange die Songs nicht einfach nur stumpf vor sich hin hämmern, solange es eben Elemente gibt, die das Interesse an unserer Musik erhalten. Wenn sie nämlich so stumpf wäre, würden selbst die abstrusesten Titel schnell ihren Reiz verlieren, sodass es schlicht und ergreifend langweilig wird. Und letztendlich repräsentieren die Songtitel unsere Songs eben doch. Natürlich muss man Namen wählen, welche die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ist wie bei der Titelwahl eines Buches oder dessen Klappentext. Aber unsere Songtitel stehen schon im Zusammenhang mit der jeweiligen Thematik. Der Albumtitel etwa steht in Verbindung mit dem Song „We Will Fucking Kill You“. Wir leben in einer zerstörerischen, hysterischen Gesellschaft, in der die Gefährdung eines nuklearen Krieges herrscht. Es sind geradezu anarchische Zeiten, aber so funktioniert die Welt heute nun mal.
…über Konzeptalben und warum „The Whole Of The Law“ keines ist
Es handelt sich nicht um ein Konzeptalbum. KING DIAMOND hat damals mit „Conspiracy“ ein solches aufgenommen, und das ist gut so wie es ist. Es gibt einfach keinen Grund, warum wir auch noch auf den Zug aufspringen und so etwas machen sollten. Würden wir uns daran versuchen, wäre das eher redundant, würde uns vielleicht sogar in unserer musikalischen Freiheit und Konsistenz einschränken. Außerdem müsste man dann für das Verständnis unsere Texte abdrucken, und mit einer Ausnahme, einem Song aus dem Album „Passion„, haben wir das eigentlich noch nie gemacht. Für uns gehört das eben zur Erfahrung der Musik dazu. Wenn wir zu viele Informationen preisgäben, würde das den Wert der Erfahrung schmälern. Ich würde eher sagen, dass es einfach ein paar zusammenhängende Themen gibt, die wir behandeln und das Album dadurch eine in sich geschlossene Sache darstellt.
…über das Artwork
Es handelt sich um einen Ausschnitt des Gemäldes „Dante und Vergil in der Hölle“ von William Bourguereau. Im Original zu sehen ist eine Szene aus der „Göttlichen Komödie“, in der Dante und Vergil zwei kämpfende Männern sehen. Das zentrale Bild fängt die Stimmung unseres Albums ein. Es ist ein starkes Bild und wirkt geradezu ikonisch, wie ein ewiger Kampf. Vielleicht ist „Kampf“ aber zu viel gesagt, der eine wird vom anderen geradezu vernichtet. Wir leben eben in einer Welt, in der wir uns gegenseitig vernichten. Das hat einfach gepasst. Wir haben das Bild dann natürlich entsprechend eingefärbt, oder besser: entfärbt.
…über das Covern von Songs
„Powerslave“ war der MAIDEN-Song, der einfach am besten gepasst hat. Wir mussten hier nicht viel herumwerkeln, um ihn nach ANAAL NATHRAKH klingen zu lassen. Tatsächlich hat ein Magazin uns darum gebeten, genau diesen Song zu covern. Es war einfach, ihn zu adaptieren. THE SPECIALS dagegen sind eine Ska-Band aus den Achtzigern und wir beide mögen diese Band wirklich sehr. Wir sind praktisch mit denen aufgewachsen. Daher war dieser Song auch eine persönliche Angelegenheit für uns. Und es passt auch thematisch. Der Song handelt nämlich vom Atomkrieg. Dazu war es eine Herausforderung für uns.
Man covert ja heutzutage hauptsächlich Tracks, die eh schon ähnlich wie man selbst klingen. Es ist irritierend ohne Ende und nervt, dass es sich viele so einfach machen und damit auch noch Erfolg haben. Ich bin mal ganz offen: Wenn ich die DISTURBED-Version des Songs „The Sound Of Silence“ höre, möchte ich immer jeweils an Ort und Stelle kotzen. Es ist ein widerwärtiges Cover, eine Abscheuligkeit von einem Song.
…über kommende Live-Vorhaben
Naja, wir haben jetzt erstmal unsere aktuellen Live-Termine gespielt und planen nun unsere nächsten Schritte. Noch haben wir keine Buchungsanfragen bekommen und so wie es aussieht, wird das Jahr für uns erstmal ruhig ausklingen.