Darkwell
Darkwell

Interview

Der Strom an Bands, die ihre musikalischen Erzeugnisse unter der Rubrik Gothic Metal beheimatet sehen, scheint kein Ende zu nehmen. Eine weitere Band, die am Wettrennen um die Gunst der Hörerschaft teilnimmt, ist die österreichische Formation Darkwell, deren Debüt "Suspiria" dabei sogar ganz gut abschneiden dürfte. Per mail versuchte ich den Grund dieser dunklen Quelle ein wenig zu erhellen.

Euer Line-up besteht aus Musikern, die schon seit geraumer Zeit musikalisch in verschiedenen Bands aktiv sind. Wie habt Ihr Euch denn gefunden und den Entschluss getroffen zusammen unter dem Namen Darkwell Musik zu machen ?

Oft haben wir mit dem Vorurteil zu kämpfen, dass wir eine aus dem Boden gestampfte und spontan in die Welt geworfene Gothic Metal Band seien, doch diesem kann ich jetzt im Rahmen Deiner Frage leicht widersprechen. Als Beleg dafür bestätige ich, dass Darkwell im Kern meines musikalischen Schaffens und Treibens liegt, der Projekt-Gedanke liegt mir fern. Es ist zwar wahr, dass wir unter diesem Namen und Line Up erst seit 1999 bestehen, jedoch waren wir schon vorher auf diesen Pfaden präsent. Der Kern der Band, entspringt der alten Gruppe Sarcasm Syndrome, die 1991 gegründet wurde und bis 1997 existierte. Bereits 1993 begannen wir mit weiblichen Lead-Vocals zu arbeiten und verarbeiteten unsere melancholischen Gedanken. Leider wurde das Bandgefüge in mehreren Phasen durch so manchen egoistischen Gedanken einer, der involvierten Personen erschüttert, bis 1997 jeglicher Halt zerbrach und die Band nicht mehr aufrecht zu erhalten war. Frustriert versuchte ich der Musik den Rücken zu kehren, jedoch war sie wohl schon zu einem zu großen Teil von mir geworden und somit trug es sich zu, dass ich Moritz Neuner, unseren jetzigen Schlagzeuger, wieder einmal traf (ich kenne ihn bereits seit den frühen 90ern) und er mich für einen Session-Job bei einer italienischen Band namens Evenfall begeisterte. Somit verbrachten wir 1998 viel Zeit damit uns auf eine große Europa-Tournee mit Evenfall vorzubereiten. Bereits damals musste ich ständig, durch einen traurigen Schleier, zurück auf die Arbeit der alten Band blicken, denn ich vermisste die Möglichkeit meine eigenen Ideen zu verwirklichen. Somit sprach ich Moritz bereits bevor wir auf Tour gingen darauf an, ob er nicht Interesse hätte, die Grundidee von Sarcasm Syndrome unter dem Banner von Darkwell wieder aufleben zu lassen. Er war davon begeistert, sämtliche anderen Mitglieder wurden aus den Resten von Sarcasm S. rekrutiert. Die einzige Ausnahme stellte Alexandra dar, denn für mich war es sehr wichtig, dass die Stimme zu 100% passen müsste, dementsprechend gestaltete sich die Such nach ihr als eher langwierig, doch im Frühjahr 99 wurden wir fündig. Nach der Tour verließen Moritz und ich Evenfall um uns voll und ganz auf Darkwell konzentrieren zu können. (Im Falle von Moritz muss ich wohl auch noch erwähnen, dass er auch in einige andere Projekte involviert ist.)

Mit „Dunkel Quelle“ lässt sich Euer Bandname übersetzen. Welche Quelle treibt Euch an, aus welcher Quelle schöpft Ihr ?

Mich freut es sehr, dass Du einer der Ersten bist, die uns nicht mit „das dunkle Gute“ zu übersetzten versucht haben. Wie der Name schon suggeriert versuchen wir eine Quelle für dunkle Emotionen darzustellen, natürlich sind jedoch nicht alle dunklen Emotionen negative, denn wie jede Münze auch eine Kehrseite hat, hat auch jede Emotion positive aber auch negative Aspekte. Dies zu erkennen fällt oft schwer, dementsprechend versuchen wir unseren Hörern, die Möglichkeit zu geben, unsere Emotionen, die wir in unserer Musik verarbeiten, zu betrachten und aus ihnen wie aus einer Quelle zu schöpfen. Unsere Quelle ist das Leben, welches uns mit Emotionen, Gedanken und Ideen konfrontiert, wie jeder andere Mensch auch beschert uns die Aufgabe mit ihnen umzugehen und sie zu verarbeiten. Die Ergebnisse dieses Prozesses findet man in unserer Musik.

In welchen Zusammenhang steht das CD Cover mit der Musik ? Ist es nur ein Ausschnitt aus einem Bild ?

Das Cover zu Suspiria steht nicht in einem konzeptionellen Zusammenhang zum Album. Es ist ein Bild, gemalt von der Künstlerin Lisa Klingenschmid, welches ich selbst Zuhause besitze und mich durch den ganzen Kompostionsprozess zu „Suspiria“ emotionell begleitet hat. Dementsprechend hat es sicher auch so manches mal inspirativ auf mich gewirkt, folglich ist es doch so stark mit der Musik verbunden, dass es als Cover zu Wählen war. Auf dem Cover sieht man 90% des Bildes, da man es rein technisch sonst nicht auf CD Format trimmen hätte können, ich habe aber die Auswahl des Ausschnitts so gewählt, dass möglichst wenig der Idee und Stimmung des Bildes verloren geht.

Was stellt Euer Bandlogo dar und in wie weit seht Ihr darin eine Reflektion Eures musikalischen Schaffens ?

Bei unserm Bandlogo handelt es sich um einen Caduceus, einen sogenannten Schlangenstab, der sowohl aus der indischen und europäischen Mythologie bekannt ist. In unserem Falle handelt es sich um eine Urform. Der Stab selbst symbolisiert den Weltenbaum, den Träger der Welt, in manche Mythologien auch des Himmels. Im Gegensatz zu vielen historischen Darstellungsformen von Schlangenstäben, um die sich nur eine Schlange windet, ist unser „Ur-Caduceus“ von zwei Schlangen umwunden. Sie symbolisieren die schöpferische Kraft, die sich auf der konkreten materiellen Ebene ausdrücken kann. Diese Kraft hat zwei Aspekte, einen „guten“, der seine eigenen Intentionen unterstützt und einen „schlechten“, der seinen Bestrebungen im Leben scheinbar zuwider läuft. Es sind dies z.B. die Kraft des Todes, die Erfahrung des Leides, der Aspekt der Strafe aber auch eine gewichtete Seite des Wissens und natürlich deren Gegenteil. Symbolisiert werden die Kräfte durch die zwei Schlangen, die einerseits umschlungen sind, sich aber andererseits wiederum bekämpfen. Für uns symbolisieren sie das Streben nach einem Equilibrium der Emotionen.

Der Titel des Gedichts „Suspiria“ von Logfellow hat Euch nicht nur zu einem Songs inspiriert sondern lieferte auch den Albumtitel. Was hat Euch derart an diesem Gedicht fasziniert ? Könnt Ihr ein wenig mehr zu Longfellow berichten ?

Henry Wadsworth Longfellow war ein amerikanischer Dichter des 19Jht. (*1802 – 1882) der es schaffte (zumindest und anscheinend nur in dieser Zeitperiode) dem amerikanischen Volk Lyrik nahezubringen. Er war auch dafür bekannt, dass er deutsche Lyrik ins englische Übersetzte und verbreitete. Seinen eigenen Stil kann man wohl eher als „britisch“ bezeichnen. Das Gedicht „Suspiria“ begeisterte mich sowohl inhaltlich als auch sprachlich. Die Essenz des Gedichts ist wiederum die Abhandlung des Equilibriums, die Auferstehung und der Untergang eines Menschen. Da sich das ganze Album mit dem Equilibrium beschäftigt hielten wir es für eine gute Idee aus dem Song den Titeltrack zu machen.

„Suspiria“, ist dem Lateinischen entnommen und kann etwa mit „tief aufatmen“, „sich sehnen nach“ übersetzt werden. War es in gewisser Weise auch eine Erleichterung für Euch, dieses Album fertiggestellt zu haben ?

Man könnte „Suspiria“ auch mit „einen (letzten) tiefen Atemzug nehmen“ übersetzten. Dementsprechend haben wir die Interpretation einfach offengelassen. Natürlich ist es auch eine Erleichterung sobald man ein Debüt Album fertiggestellt hat, denn zuviel Erwartungen verfolgen einen, doch war das sicher nicht der Grund für den Titel. Wir empfanden den Titel im Zusammenhang mit dem restlichen Material als sehr harmonisch, so war es wohl eher eine Entscheidung „aus dem Bauch heraus“, unsere Ratio haben wir an diesem Punkt des Entstehungsprozesses versucht möglichst wenig zu belasten.

Wonach sehnt Ihr Euch denn ?

Wenn ich nun ein kollektives Sehnen der Band erörtern soll, ist das für mich als Einzelperson und Interviewter natürlich etwas schwierig, doch gibt es auch da schätze ich mal einiges. Ich muss hier auch unterscheiden, zwischen der emotionellen und der rationellen (musikorientierten) Seite. Emotionell versuchen wir mit unserer Musik unsere Emotionen zu verarbeiten und damit umzugehen. In diesem Rahmen, versuchen wir mit unserer Musik auch die Emotionen weiterzugeben und die Menschen auch mit unseren Ideen und Gefühlen zu konfrontieren. Die rationelle Seite wünscht sich natürlich, dass wir noch lange die Möglichkeit haben unsere Musik zu machen und vielleicht auch die Chance haben unsere Musik möglichst oft Live zu präsentieren und somit die Hörer direkt zu involvieren. Natürlich bleiben dann noch private Sehnsüchte, doch diese sollten wohl eher auch privat bleiben….

Auf dem Album findet sich die Trilogie „Two souls creature“. In drei Stücken wird eine Entwicklung eines anfänglich mehr oder weniger zerrissenen Charakters nachvollzogen. Beschreibt doch bitte ein wenig die Entwicklung dieser Person innerhalb der Stücke.

Im Prinzip handelt es sich um zwei Charaktere. Der erste Charakter ist die Hauptfigur in den ersten zwei Teilen, die Protagonistin ist von einem Geist, oder man könnte es auch als Idee interpretieren, besessen. Sie erlebt ihre Handlungen mit, kann sie aber nicht steuern. Obwohl der Geist/die Idee ihr eine gewisse Macht verleiht, kann sie trotz allem mit ihren Handlungen nicht länger Leben, so wählt sie den Freitod bzw. setzt sich dem Tode aus. Im dritten Teil kommt eine neue Protagonistin ins Spiel, welche die Geschichte der ersten kennt und auch die Folgen abschätzen kann, trotz allem kann sie der Versuchung nicht widerstehen und gibt sich dem selben Schicksal hin.

Glaubt Ihr der Mensch ist generell ein gespaltenes Wesen, welches zwischen Vernunft und Trieb, Gefühl hin und her gerissen ist ?

Ja das glauben wir auf alle Fälle und es ist auch gar nicht anders möglich. Jedes Lebewesen das zu Entscheidungen gezwungen ist braucht eine Motivation um diese zu treffen. In unserem Falle spielt Ratio und Erfahrung eine gewichtige Rolle, aber natürlich ist auch das triebhafte Verhalten nicht zu unterschätzen. Sobald weder Geist noch Erfahrung genügend Motivation für eine Entscheidung liefern ist es das Einzige auf das wir uns verlassen können.

“ The human spirit is now free / forever gone all agony“ ist ein Auszug aus dem Stück „Armageddon“. Glaubt Ihr der Mensch ist gefangen in seiner fleischlichen Hülle und wird nach dem Tod als vergeistigtest Wesen seine wahre Erfüllung finden ?

Armageddon, lässt viel freien Raum für Interpretation. Meine persönliche als Autor weicht etwas ab. Ich muss aber auch gleich hinzufügen, dass ich diese zur Zeit der Entstehung noch nicht hatte. Armageddon entstand als Gedankenfluss, der im Rahmen von Worten zu dem Text zusammengefügt wurde. In meiner Interpretation endet die letzte Schlacht mit dem Ende aller Religion, alles, das dem Menschen bleibt, ist er selbst. Sämtliche Dogmen und Vorschriften verschwinden im nichts und der menschliche Geist ist befreit, nun liegt es an ihm einen wahren Quantensprung zu tun und sich auf das Essentielle zu besinnen…sich selbst.

25.03.2002
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