Cycle Beating
Interview zu "The Age Of Depression"
Interview
Stellt euch doch bitte unseren Lesern vor – wo habt ihr euch gefunden, wer ist dabei und wer macht was?
Robert: Hallo, wir sind CYCLE BEATING aus dem sonnigen Südbaden, genauer gesagt kommen wir aus Lahr im Schwarzwald. Kennengelernt haben wir uns in einem Metal Club bei uns in der Gegend. Das Angebot an Metal Diskos auf dem Land ist sehr überschaubar. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis wir uns über den Weg laufen.
Kim: Gegründet wurde die Band von Drummer Niklas und Gitarrist Robert als Jam-Projekt. Später kam noch Bassist Lars dazu. Nach einigen Besetzungswechseln an der Gitarre bin ich seit dem dritten Konzert mit von der Partie.
Wie würdet ihr selbst euren Sound für jemanden beschreiben, der euch noch nicht gehört hat?
Lars: Das ist gar nicht so einfach. Zum einen gibt es inzwischen gefühlte eintausend Genres und Subgenres, und zum anderen sind wir alles andere als objektiv bei unserer Musik. Ich persönlich würde sagen, unser Sound ist eine Mischung aus Alt und Neu. Nicht ganz so dreckig wie die älteren Scheiben, aber auch nicht so steril und eingetütet wie im modernen Metalcore üblich. Musikalisch dann aber auch wieder eine Mischung aus Thrash Metal, Death Metal und einer ordentlichen Hardcore-Schlagseite.
Aber um ganz ehrlich zu sein, ist das auch gar nicht wichtig für uns. Wir haben nicht wirklich ein festes Konzept, wie wir klingen wollen. Der Sound ergibt sich daraus, was uns Spaß macht.
Die Texte wirken sehr authentisch, schon fast autobiographisch, was inspiriert euch zu den Texten?
Robert: Das ist richtig. Die Texte spiegeln viel von dem wider, was wir bei uns oder im Freundeskreis beobachten konnten. Bei vielen Songs ist es z. B. so, dass die Entstehung mit einem bestimmten Ereignis zusammenfällt. Wir haben dann versucht, die Stimmung in dem Song einzufangen – quasi wie eine Momentaufnahme. Der Text erzählt dann die Geschichte dazu. Fast alle Songs handeln von sehr persönlichen Einschnitten. Der Albumtitel ist also so etwas wie eine Kapitelüberschrift geworden.
Niklas: Es ist schwer, Gefühle wie Hass, Wut, Enttäuschung und dergleichen rüberzubringen, wenn man so etwas selbst noch nie verspürt hat. Deshalb leben die Lyrics von den Erfahrungen und Misserfolgen desjenigen, der sie aufs Blatt bringt.
Songs und Texte wurden lt. Booklet fast alle von eurem Sänger / Gitarrist Robert geschrieben. Darüber hinaus hat sich Robert aber jeden von euch geschnappt, um noch einen gemeinsamen Song zu schreiben. Ich finde, dass man dann auch deutliche Unterschiede zu den anderen Stücken hört. Bringt Robert schon Erfahrung mit, sodass man davon profitieren kann, und ist zukünftig mehr Teamwork angesagt?
Lars: Klar, die Songs entstammen Roberts Feder. Allerdings wird das Grundgerüst, das er mitbringt, dann in den Proben immer wieder überarbeitet, bis wir alle damit zufrieden sind.
Robert: Die Aufteilung beim Songwriting ist nicht wirklich gewollt entstanden. Zu der Zeit, als Kim zur Band gestoßen ist, waren die meisten der Songs schon geschrieben. Lediglich „No Regrets“ und „Still Sober“ sind danach entstanden. Dabei ist „No Regrets“ das Ergebnis einer gemeinsamen Jam-Session mit Kim.
Die Arrangements sind auffallend kühl, schon fast trostlos, was nicht negativ auszulegen ist. Wie sind die Songs entstanden?
Robert: Ich habe es ja schon mal kurz angeschnitten. Bei vielen Songs gab es ein Ereignis, das wir versucht haben musikalisch einzufangen. Die Idee für eine Geschichte stand dann im Vordergrund. Sowohl Text als auch Musik haben sich aus dieser Idee ergeben. Natürlich gab es auch eine Menge Riffs, die wir mal im Proberaum gejammt, an passender Stelle wieder aus der Versenkung geholt und in einen Song miteingebunden haben.
Euer Song „Who Do Think You Are“ gefällt mir am besten, der Text ist sehr direkt und scheint mir emotional aufgeladen. Gab es dazu einen realen Anlass?
Robert: Den gab es. Ich werde hier aber keine Namen nennen. Das Thema war mit dem Song abgeschlossen. Ich weiß nicht mal, ob die entsprechende Person weiß, dass es den Song gibt.
Ihr habt „The Age Of Depression“ selbst produziert und noch kein unterstützendes Label im Rücken. Strebt ihr einen Vertrag an, oder würdet ihr lieber so lange wie möglich so viel Kontrolle per D.I.Y. wie möglich über CYCLE BEATING behalten?
Kim: Die Frage nach einem Label hat sich zwar gestellt, aber wir haben für „The Age of Depression“ entschieden, es ohne Label zu versuchen. Der Hintergrund ist ein recht einfacher: Wie du schon richtig gesagt hast, wollten wir soviel Kontrolle wie möglich selbst behalten. Dadurch konnten wir uns unsere Partner bei der Veröffentlichung und im Vertrieb selbst aussuchen. Wir haben auch nicht den Druck von einer kommerziellen Organisation im Nacken und können uns unser Entwicklungstempo selbst vorgeben. Es macht auch finanziell einen kleinen Unterschied – gerade für Newcomer.
Langfristig ist allerdings ein Label durchaus reizvoll. Mit einem Label ergeben sich neue Möglichkeiten. Vor allem wenn es ums Booking geht, macht ein anerkanntes Label einen riesigen Unterschied. Wir werden das neu bewerten, wenn wir über einen Nachfolger von „The Age of Depression“ nachdenken. Jetzt genießen wir erst mal die nächsten Konzerte mit dem neuen Album.
Natürlich soll man nicht aufgrund der Optik urteilen, aber ihr verkörpert alle vier jeweils einen ganz anderen Stil. Wenn ich euch einzeln auf einem Bild sehe würde und oberflächlich urteilen müsste, würde ich euch in ganz unterschiedliche Ecken stecken. Welche musikalischen Hintergründe hat denn jeder Einzelne von euch? Welche Bands mögt, wann seid ihr zum ersten Mal mit Musik in Berührung gekommen und wie?
Kim: Ich höre vor allem Old-school Death und Thrash. Allerdings gibt’s bei mir im Regal auch modernere Bands à la MACHINE HEAD oder SLIPKNOT.
Angefangen hat alles mit METALLICAs „Black“-Album von meinem Vater. Danach musste unbedingt die erste Klampfe ins Haus. Meine absolute Lieblingsband ist DEATH.
Lars: Meine Ursprünge liegen in der New Wave of British Heavy Metal – um genau zu sein bei IRON MAIDEN. Die Power, die diese Jungs herüberbringen, und die Ehrlichkeit, die sie ausstrahlen, hat mich einfach umgehauen und sofort gefesselt. Erst später kam dann Thrash Metal dazu. Irgendwann zwischen elf und zwölf Jahren hab ich die Live-Szene für mich entdeckt und gehe wann immer es geht zu Konzerten oder auf Festivals.
Niklas: Mit neun Jahren habe ich angefangen im Musikverein Schlagzeug zu spielen. Dort bekam ich auch Unterricht. Mit 12/13 kamen die ersten Bands: von Country über Pop, bis hin zu Grunge und Rock. Zu meinen Lieblingsbands gehören TEXAS IN JULY, AUGUST BURNS RED und PERIPHERY. Man merkt, ich gehöre eher der Core-Schiene an!
Robert: Ich komme aus der klassischen Thrash/Death-Schiene. Meine erste Platte war SODOMs Agent Orange. Später kam der gute alte New York Hardcore dazu. Mit den ganz modernen Sachen, die Niklas abfeiert, kann ich nur wenig anfangen. Ich stehe auf Straightes In Your Face. Wenn ich mich für eine Lieblingsband entscheiden müsste, dann MACHINE HEAD.
Animation von LKZ Lifeless
CYCLE BEATING als Bandname und der innere Kampf mit sich selbst als essentielles Thema – deute ich das richtig? Beschreibt mal genauer, um welchen Kreislauf es geht, denn es zu unterbrechen gilt. Ich denke, es geht sicher nicht um den Driss auf’s Fahrrad fahren…
Robert: Da liegst du nicht falsch. Genau genommen kommt der Begriff CYCLE BEATING aus der Automobilentwicklung – aus dem Bereich der Motoren. Von CYCLE BEATING spricht man, wenn bei einem Test (Zyklus) dieser erkannt wird und Maßnahmen eingeleitet werden, ein spezielles Verhalten für diesen Test zu realisieren, damit der Test bestanden wird. Außerhalb dieses Testzyklus, also unter realen Umständen, tritt ein ganz anderes Verhalten auf.
Damit lässt sich CYCLE BEATING sowohl auf die Gesellschaft als auch auf jeden einzelnen übertragen: Wir denken da an unsere Regierung, die im Wahlkampf Ziele vorgibt, die schon am Tag nach der Wahl nicht mehr relevant sind. Oder an die Menschen, die geradezu maskiert vor einem stehen und dabei frech ins Gesicht lügen. Wir denken an uns selbst, wie wir uns selbst belügen und in der nächsten Situation völlig versagen.
Mal ganz abgesehen vom gemeinsamen Musikmachen, was verbindet euch darüber hinaus?
Lars: Wir haben uns durch das Musikmachen zu weit mehr als Bandkollegen verbunden. Trotz der einen oder anderen Zankerei im Proberaum, weil wieder einer den Kühlschrank leer gesoffen hat und der Rest auf dem Trockenen sitzt, sind wir ein gutes Team und Freunde geworden und unternehmen auch außerhalb der Band relativ viel zusammen.
Niklas: Wir hören alle gerne Livemusik, egal welches Genre. Deshalb kann man uns häufig gemeinsam auf jeder Art von Liveshows treffen, wenn wir nicht selbst gerade unterwegs sind.
Kim: Es gibt Dinge, die ich über meine Kollegen weiß, die wollte ich nie wissen (lacht).
Wo fand die erste CYCLE BEATING-Show statt und woran könnt ihr noch erinnern?
Niklas: Unsere erste Show fand im Rock Café Altdorf statt und war im Nachhinein sehr peinlich: Wir hatten nur gut eine Handvoll Songs und waren grottenschlecht. Unser damaliger Gitarrist hatte am Tag vorher einen Autounfall und war vollgepumpt mit Schmerzmitteln. Er saß auf einem Barhocker und konnte sich nach zwei bis drei Weizen fast nicht mehr aufrecht halten.
Wo soll es mit CYCLE BEATING hingehen, was schwebt euch vor?
Kim: Den Masterplan gibt es da nicht. In erster Linie wollen wir Spaß an der Musik haben. Im Moment träumen wir davon, mal ein Festival zu spielen – muss ja nicht gleich Wacken sein. Wir sind alle große Festival-Fans: Hunderte von verrückten Metalheads zelebrieren ihre Musik. Davon ein Teil zu sein, wäre mal richtig fett.
Ein Runde Metal-Ping-Pong, ich gebe euch Stichworte vor und ihr antwortet knapp…
Metallica
Robert: Größten Respekt dafür, was die Jungs für die Musik gemacht haben!!!
Bier
Lars: Eher Whiskey Cola
Fun-Metal
Niklas: Warum nicht? Metal darf auch Spaß machen.
Metal-Styling
Kim: Mir reicht mein schönes Haar.
Bühnenshow
Lars: Ganz wichtig: Vollgas vom ersten Takt an
Corpsepaint
Niklas: Geht gar nicht.
Euer schönster Moment mit CYCLE BEATING bis jetzt?
Niklas: Das erste Konzert
Kim: Wenn du auf der Bühne stehst, das Intro läuft und du weißt, es geht gleich zur Sache.
Robert: Wenn ein neues fettes Riff entsteht und im Proberaum alle abspacken, als hätten wir Publikum.
Lars: Zum ersten Mal die eigene Scheibe in den Händen halten.
Der kurioseste Moment mit CYCLE BEATING bis jetzt?
Kim: Das war wohl auf der Fahrt zu einem Konzert in Braunschweig. Unterwegs sind wir zwei- bis dreimal von einer Autobahnstreife überholt worden, bis der gute Herr Wachmann entschieden hat, seinem jungen Kollegen anhand einer „Rock-Kapelle“ beizubringen, wie man ein Fahrzeug und die Insassen auf Drogen kontrolliert: Und schon leuchtet rot das „Bitte folgen“-Schild. Soweit so gut.
Wir sind mit so ziemlich mit jedem Vorurteil konfrontiert worden. Richtig lustig wurde es, als dann unser Fahrer Robert zum Urintest gebeten wurde. Da der Streifenwagen wohl nicht sorgfältig ausgestattet war, wurde aus dem Test ein lustiges Schauspiel. Statt Urinbecher hatte die Polizei nur die Deckel der Becher eingepackt, wollten aber unbedingt eine Probe. Stell dir einfach mal vor, wie sauber es abläuft, wenn du versuchst in den Deckel von einem Senfglas zu pinkeln. Da geht schon das ein oder andere Tröpfchen daneben. Dann versuch doch einfach mal mit einem Deckel, randvoll mit warmer Pisse, vom Toilettenhäuschen zum Streifenwagen zu laufen. Und weil das überhaupt keinen Spaß macht, gibst du jetzt dem Kollegen Oberlippenbart mit etwas überschwenglicher Energie deine Urinprobe. Wir konnten uns das Lachen nicht verkneifen, als wir das Gesicht gesehen haben, nachdem dem Freund und Helfer Roberts warme Brühe übers Handgelenk gelaufen ist.
Wann und wo kann man euch in naher Zukunft live sehen?
Release Show in Lahr am 8.11.2014
22.11. St.Gallen (CH)
12.12. Lörrach
13.12. Backnang
Weitere Termine werden in Kürze noch bekannt gegeben. In 2015 wird es dann etwas stressiger. Mehr dazu auf unserer Seite: www.cyclebeating.de
Die letzte und schwierigste Frage – wer soll „The Age Of Depression“ hören?
Kim: Das ist wirklich schwierig. Wenn ich sehe, wer zu unseren Konzerten kommt und wie die Reaktionen sind, dann kann ich nur schwer eine bestimmte Gruppe ausmachen.
Lars: Es ist sicher das Falsche für irgendwelche Post-HC-Scene-Kids. Für die alt-eingeschworenen Metalheads lohnt sich das Reinhören auf jeden Fall.
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Stile | Death Metal, Groove Metal, Thrash Metal |
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