Crystal Viper
Interview mit Frontfrau Marta zu "Metal Nation"
Interview
Polen beschallt uns nicht nur mit Todesblei, soviel steht schonmal fest. Und obwohl CRYSTAL VIPER noch am Anfang ihrer Karriere stehen, wirft die Band mit „Metal Nation“ ganz selbstbewusst ein Metal-Brett auf den Markt, das sowas von mitreißt, wie kaum eines der neueren Alben der altehrwürdigen Heavy-Metal-Legenden. Mit Frontfrau Marta sprach ich nicht nur über das neue Album, sondern nutzte die Gelegenheit, auch mal die Szene ganz allgemein zu durchleuchten und herauszufinden, warum Klischees zum Heavy Metal gehören, wie das Amen in der Kirche…
CRYSTAL VIPER sind jetzt schon seit mehr als fünf Jahren aktiv. Lass uns zunächst etwas zurückblicken… Wie hat alles angefangen? Wie wurdest du zum Metal-Fan und wann hast du bemerkt, dass du eine so beeindruckende Gesangsstimme hast?
Ja, ich kann’s kaum glauben, dass bereits fünf Jahre hinter uns liegen…! Eigentlich fing alles damit an, dass mir jemand sagte, dass ich eine ziemlich kräftige Stimme hätte, also bin ich zunächst zum Spaß bei einer lokalen Hard-Rock-Band mit eingestiegen. Außerdem legten meine Eltern wert darauf, mich als Kind zu einer Musikschule zu schicken, also hatte ich auch damals schon ein paar erste Erfahrungen sammeln können, auf die ich dann aufbauen konnte. Ich war dann auch knapp zwei Jahre mit dieser Band unterwegs, bevor mich Bart dazu überreden konnte, mit ihm eine klassische Heavy-Metal-Band zu gründen. Und hier sind wir jetzt: Zwei Alben haben wir bereits eingespielt und ein paar wirklich fantastische Gigs liegen hinter uns. Als ich zum ersten Mal die tobende Meute vor mir sah, wusste ich, dass ich für diese Art Musik und die Bühne geboren wurde. Hm…wie wurde ich zum Metal-Fan? Das weiß ich eigentlich gar nicht mehr so genau…aber die ersten Bands, die ich gehört und sofort ins Herz geschlossen habe, waren VIRGIN STEELE, HELLOWEEN, IRON MAIDEN, BLIND GUARDIAN usw… Auch EUROPE haben mir mal viel bedeutet, als ich noch sehr jung war, aber das ist eine andere Geschichte…
Warum hast du dich dazu entschlossen, traditionellen Heavy Metal zu spielen?
Das lässt sich sehr einfach beantworten: Ich wollte die Musik spielen, die ich mag und auch selbst höre. Die Musik, die zu mir und meinem Lebensstil passt. Heavy Metal ist ein funkelnder Juwel zwischen all den anderen Stilen, und das nicht nur aufgrund der Melodien, die aus dem Herzen sprechen und auch genau dort hinein zielen: Entweder du hasst ihn, oder du liebst ihn. Ich liebe Heavy Metal, und das ist genau das, was ich immer spielen möchte.
Gibt es ein paar Female-Fronted-Bands, die du persönlich sehr magst oder die dir am Herzen liegen?
Da gibt’s ’ne Menge…die alten PHANTOM BLUE zum Beispiel, die alten VIXEN, ACID, WARLOCK, ZED YAGO, CHASTAIN mit Leather Leone, ROCK GODDESS, LITA FORD, HELLION, die Spanier SANTA usw… Aber ich mag auch einige Sängerinnen, die eigentlich gar nichts mit Metal zu tun haben, TINA TURNER zum Beispiel, JENNIFER RUSH und PATTI RUSSO…
Denkst du, dass es Frauen in diesem Business schwerer haben als ihre männlichen Kollegen?
Ja. Ich weiß nicht warum, aber Metal ist doch stark vom männlichen Geschlecht dominiert. Frauen in einer Metal-Band – und ich meine jetzt nicht diese ganzen Gothic-Metal-Gruppen mit ihren Püppchen, die alle so furchtbar gern opernhaft singen – werden grundsätzlich erstmal schief angesehen und müssen einfach immer erst etwas beweisen, bevor man sie ernst nimmt. Wenn sich eine Frau dazu entscheidet, in diesem Business mitzumischen, muss sie schon sehr abgebrüht sein und für ein bischen Erfolg verdammt hart arbeiten. Wir Frauen müssen immer beweisen, dass wir genauso gut wie unsere Männer sein können. Aber – und ich denke da wirst du mir bestimmt zustimmen – wir sind auch ein recht ansehnlicher Teil der Metal-Welt. (grinst)
Polen ist ja nun nicht wirklich für Metal-Bands im traditionellen Stil bekannt. Aber gibt’s denn noch andere Bands in eurem Land, die einen ähnlichen Stil spielen wie ihr und die wir unbedingt kennen sollten?
Ich kenne leider keine andere Band in Polen, die traditionellen Heavy Metal spielt. Vielleicht WITCHKING, aber die sind etwas härter und auch wesentlich aggressiver. Matt, der bei WITCHKING spielt, ist übrigens jetzt auch unser neuer Gitarrist…
Euer neues Album habt ihr „Metal Nation“ genannt und enthält ’ne Menge an typischen Klischees des Genres. Wie wichtig ist euch soetwas und wie wichtig sind deiner Meinung nach Klischees für das Genre ganz allgemein?
Wir wissen doch alle, dass das Leben manchmal kein Zuckerschlecken ist, und deshalb möchte ich über solche Themen nicht auch noch singen. Heavy Metal und Rock-Musik waren schon immer mit Klischees behaftet: Drachen, Schwerter, Krieger und so etwas…zumindest der klassische Heavy Metal. Wenn andere Bands über die politische Situation singen möchten oder vom Krieg, bitte, nur zu, aber das bedeutet nicht, dass wir das auch tun müssen. Wie ich schon sagte, wir machen die Musik, die wir auch selbst hören möchten – und ich für meinen Teil möchte mich nicht mit Songs über Krieg, Hunger, Terrorismus und ähnlichen Themen beschallen. Es genügt mir bereits, wenn ich darüber im TV informiert werde. Metal ist für mich wie eine Flucht vor diesem ganzen Scheiß… Auf „Metal Nation“ findest also Songs über Zombies, den Teufel, Bruderschaften und so weiter. True Metal!
Ich habe in den letzten Jahren mehrmals die Erfahrung gemacht, dass gerade die Leute, die True Metal hören und von ihren Heavy-Metal-Bruderschaften schwärmen, ziemlich intolerant gegenüber anderen Musikstilen sind, obwohl doch bisher gerade Metal dieses besondere Gemeinschafts- und Zugehörigkeitsgefühl gefördert oder zumindest propagiert hat. Wie denkst du über diese Leute, denen Saufen und dumme Sprüche wichtiger sind, als der ursprüngliche Gedanke?
Ehrlich gesagt habe ich soetwas bisher eigentlich nicht erlebt, wirklich. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der einen Musiker heruntergeputzt hat, nur weil ihm seine Musik nicht oder nicht mehr gefällt. Das wäre dann tatsächlich idiotisch. Natürlich gibt’s immer auch ein paar Chaoten, die deine Musik nicht mögen und darüber ablästern, weil sie es entweder nicht verstehen oder einfach nicht verstehen wollen, aber das ist mir persönlich dann auch ziemlich egal. Es wird ja niemand gezwungen, irgendetwas zu mögen oder unbedingt hören zu müssen. Entweder du magst etwas, oder du magst es nicht, und dann hörst du das auch nicht – ganz einfach! Aber wie gesagt, bisher habe ich noch nicht erlebt, dass jemand wirklich bösartig Hetze auf eine bestimmte Art von Musik oder einen Musiker macht…
Gibt es etwas, dass du an der Szene überhaupt nicht magst?
Ja, eine Sache gibt es da schon – die Einstellung vieler unserer Landsleute. Hier in Polen respektiert man sich untereinander viel zu wenig oder sogar gar nicht, und das gilt insbesondere für die Musiker und Bands. Unsere Metal-Szene ist klein und schwach, und genau solche Leute machen alles nur noch schlimmer. Wenn du Erfolg hast, ist es besser, dass du das Land verlässt, denn hier gibt es einfach nichts zu holen. Wenn du auch nur etwas besser bist, als andere, wirst du auch schon schief von der Seite angeschaut und die Leute beginnen dich zu hassen…
Lass uns wieder zurück zum aktuellen Album kommen. Welchen Song magst du am liebsten und warum?
Am besten gefällt mir „Gladiator, Die By The Blade“. Dieser Song hat einen sehr emotionalen Text, beim Singen fühle ich mich oft wie in einer Arena, während mir ein Gladiator zuflüstert „Töte das Biest! Deine Zeit ist noch nicht gekommen, um dem Tod zu begegnen!“. Das ist einfach großartig. Auch der Titelsong gefällt mir sehr. „Bringer Of Light“ ist noch eine weitere Nummer, die ein ganz bestimmtes Gefühl in mir auslöst. Ich liebe das Album. Wir haben sehr hart daran gearbeitet, und deshalb fällt mir auch schwer, nur einen Song zu nennen, der mir besonders am Herzen liegt. Deine Frage ist in etwa so, als wenn du eine Mutter fragen würdest, welches ihr Lieblingskind ist…
He He. (lacht) Nun gut. Diesmal habt ihr gleich einige Gäste mit dabei, zum Beispiel Frank Knight (X-WILD). Wie kam diese Zusammenarbeit zustande?
Das war eine Idee von Bart, unserem Produzenten und meinem Ehemann. Ich meine, wir sind alle Fans von diesen Bands, aber Bart ist mit denen allen auch befreundet, und so hat sich das halt ergeben. Ich habe Frank und Lars (Ramcke, STORMWARRIOR – Anm. d. Red.) auch persönlich getroffen, und die beiden sind wirklich extrem cool und ganz und gar nicht abgehoben oder so. Natürlich haben wir die beiden nicht einfach wahllos eingeladen, nur um mit ein paar coolen Namen zu protzen, sondern Franks Vocals passen einfach perfekt zu „Her Crimson Tears“, und wenn du mal genau hinhörst, verstehst du auch was ich meine. Eigentlich wollte ich erst Kinderstimmen mit in diesen Song integrieren, aber als ich mir mal wieder die X-WILD-Alben angehört habe wusste ich, dass es keine bessere Stimme für diesen Song gibt als die von Frank! Und Lars‘ Vocals passen einfach perfekt zu „Legions Of Truth“, einem Double-Bass-Neckbreaker ganz im Stil eines HELLOWEEN-Frühwerkes. Und nachdem Lars und STORMWARRIOR dieses Erbe angetreten sind, gibt es nunmal keine bessere Idee als mit diesem Song gemeinsam mit Lars Tribut zu zollen und auch unsere Freundschaft mit STORMWARRIOR in dieser Art hochleben zu lassen. CRYSTAL VIPER sind allgemein sehr von klassischen Heavy-Metal-Bands beeinflusst, insbesondere von deutschen Acts wie GRAVE DIGGER zum Beispiel. Übrigens ist auch Manni (Schmidt, GRAVE DIGGER – Anm. d. Red.) mit dabei und kitzelt mit einem wunderbaren Gitarrensolo noch einmal alles aus einem Song heraus.
Euer letzter Gig liegt erst wenige Tage zurück. Ihr habt in Spanien gespielt. Bist du zufrieden mit dem Gig und euren spanischen Fans?
Natürlich, ich bin echt begeistert! Wir hatten eigentlich nur echte Metalheads vor uns, Leute, die unsere Texte kannten, mitsangen und uns zeigten, wie wichtig unsere Musik für diese Menschen wirklich ist. Auch die Organisatoren haben einen ganz hervorragenden Job gemacht und haben sich die ganze Zeit um uns gekümmert. Uns fehlte wirklich nichts. Außerdem ist Spanien eines der schönsten Länder, die ich je besucht habe!
Werdet ihr auch mal nach Deutschland kommen und ein paar Gigs spielen?
Ich kann’s kaum erwarten auch mal wieder in Deutschland zu spielen. Unsere Shows in Deutschland waren bisher immer fantastisch! Ich glaube wir spielen im nächsten Jahr auf dem Keep It True, aber ich bin mir jetzt nicht sicher, ob’s bei euch vorher noch ein paar Gigs geben wird…
Kommen wir langsam zum Ende. Was hälst du eigentlich von Bands wie VOLBEAT oder TOXIC TASTE, der deutschen Antwort auf Spaß und Rock’n’Roll?
Ich habe bisher weder VOLBEAT noch TOXIC TASTE gehört, aber VOLBEAT scheinen schon mächtig abzuräumen, zumindest von dem, was man so lesen kann. Wenn ich mal etwas mehr Zeit habe, werde ich mir diese beiden Bands ganz bestimmt auch mal anhören…!
Vielen Dank für das Interview. Die letzten Worte gehören dir:
Ich danke dir für das Interview und das Interesse. Hail to all the Metalheads from Germany!
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Stile | Heavy Metal, True Metal |
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